Nerven euch die Ausländer in Deutschland?

Grymnir schrieb:Spätestens wenn es zu den Themen Ehrenmord, Zwangsehe, Genitalverstümmelungen oder Vollverschleierung kommt, offenbaren sich dem Leser die Probleme, die Gegenkulturen mit sich bringen können.

Trifft das denn auf die meisten Ausländer zu, die sich nicht als Deutsche identifizieren?

Vollständige Integration bedeutet für meine Verständnisse nicht, dass man sich als Deutsche/r betrachtet. Einen gewisses Zugehörigkeitsgefühl, ja. Von den Ausländern zu verlangen, sich als deutsch zu identifizieren, ist mehr als anmaßend.

Beispiel:
Meine Großeltern stammen nicht aus Deutschland, sie haben allerdings jahrzehntelang als Gastarbeiter hier gelebt. Die deutsche Sprache konnten sie nie fehlerfrei anwenden, haben bis heute immer gebrochen deutsch gesprochen (viele würden sich an dieser Stelle schon aufregen - sie sollen gefälligst anständig deutsch lernen), konnten sich aber immer gut mit Deutschen verständigen.

Sie waren sowohl mit deutschen, als auch mit portugiesischen Familien befreundet. Die meiste Zeit haben sie aber mit portugiesischen Freunden verbracht, weil es das Einzige in ihrer unmittelbaren Umgebung war, dass sie mit ihrer Heimat verbunden hat.

Das deutsche Essen haben sie vergöttert. Bratensoße, Kroketten, deutsches Gebäck, Weißwurst, Sauerkraut (ja, echt :D)... Auch fanden sie die Landschaft hier schön  - die Eifel bspw, da waren sie immer gerne spazieren.

Dennoch waren einige Aspekte der deutschen Mentalität und Kultur selbst nach Jahren befremdlich für sie. An das Klima konnten sie sich auch nie wirklich gewöhnen.

Meine Großeltern haben Deutschland geliebt. Nicht etwa so, wie ein Deutscher, mit deutscher Familie, der hier geboren und aufgewachsen ist. Sondern auf ihre Weise. Mein Opa kam zu Lebzeiten immer wieder gerne nach Deutschland und meine Oma tut es noch. Eine gewisse Verbundenheit hatte immer Bestand, aber niemals hätten sie behauptet, Deutsche zu sein und deutsch verhalten haben sie sich auch nicht.

Inwiefern nervt einen das als Deutsche/r denn?

So. Da ich diesen Thread gerade durch Zufall wieder gesehen habe, erzähle ich jetzt mal eine kleine Geschichte.

In meinem Karatekurs sind ein paar Flüchtlinge. Einer von ihnen ist regelmäßig da; die anderen habe ich schon länger nicht gesehen, aber das tut hier nichts zur Sache. Sie machen alle gut mit, sind sehr freundlich und lächeln viel. Das heißt, ihr Mund lächelt, aber die Augen? Die lächeln nie mit. Wer ihnen in die Augen schaut, bekommt einen Eindruck davon, was sie durchgemacht haben müssen... wer ihnen in die Augen schauen und diesen Schmerz sehen kann und ihnen dann immer noch erzählt, sie sollten dahin zurückgehen, wo sie herkommen, muss verdammt herzlos sein.

@Grymnir
Dieses unsere Werte verinnerlicht haben hört sich ziemlich okult an. Bei einer Gesellschaft die vom.Berliner Punk bis zum Bayrischen Politiker reicht ist von "unseren" Werten zu sprechen ziemlich nebulös. Auch dieses "verinnerlicht zu haben" ist ein unüberprüfbare Anforderung. Vielleicht hat man sich desshalb mehr zu einer Gesellschaft entwickelt die den Tatbestand bewertet und nicht ominöse verinnerlichte Werte. Dies gehört eher zu den Religionen welche innere Werte bewerten. Und man sollte sich bewahren davor den Staat zur Ersatzreligion zu machen. 

Auch ich hätte "unsere Werte" in Zeiten von Volkswagen und Hoeness gern mal definiert. Oder geht es nicht um Euro?

@Doors
völlig richtig.

Doors schrieb:Oder geht es nicht um Euro?

nein
Es geht auch um sowas wie "Gleichwertigkeit von Frauen"

@Optimist

Was Gleichwertigkeit von Frauen als allgemein-gesellschaftlichen Wert angeht, da muss auch die Gesellschaft "IDUL" (In diesem unseren Lande, H. Kohl) noch eine Menge leisten. Aber das hatten wir ja schon in anderen Threads zur Genüge.

Doors schrieb:Was Gleichwertigkeit von Frauen als allgemein-gesellschaftlichen Wert angeht, da muss auch die Gesellschaft ".... noch eine Menge leisten

Das ist schon richtig.
Die gesellschaftlichen Missstände, wie zB. ungleicher Lohn, meinte ich aber gar nicht, sondern mehr die individuelle Sichtweise in der Bevölkerung.
Da sehe ich von Land zu Land schon ziemliche Unterschiede.
Bei uns ist es sicher mehr eine Minderheit von Männern, welche Frauen als Menschen 2. Klasse sehen und in anderen Ländern sieht das die  Mehrheit so.

@Optimist

Für die Verteidiger von Frauenrechten (jedenfalls wenn es um die von Muslimen geht):

Nach meinen Erfahrungen mit geflüchteten muslimischen Frauen machen die sich, sobald sie nicht mehr dem Gruppendruck in Camps ausgesetzt sind, durchaus auch schon selber "frei". In Familien brechen erstaunliche Konflikte aus, wenn Frauen, also Mütter und Töchter, plötzlich entdecken, welche Freiheiten sie hierzulande haben. Da erlebt so mancher traditionalistische Patriarch plötzlich sein blaues Wunder.

Frauen lernen schreiben und sprechen, gehen in die Schule, üben sich im Fahrradfahren oder im Schwimmen, machen Berufspraktika, erfahren etwas über sexuelle Selbstbestimmung, Verhütungsmittel, Abtreibung, Scheidung, Verbot von ehelicher Gewalt etc. - da scheint mir partiell eine neue Frauenbewegung zu entstehen.

Auch muslimische Frauen kommen langsam, aber gewaltig!

@Intemporal

Daran nervt überhaupt nichts. Wenn du ein nervendes Beispiel haben möchtest, kann ich dir die türkischen Großeltern meiner Tochter beschreiben. Als ich damals als mögliche Schwiegertochter in ihr Leben getreten bin, waren sie bereits seit 30 Jahren in Deutschland. Zwei ihrer vier Söhne wurden hier geboren, auch der, mit dem ich zusammen war. Als ihr Sohn mich ihnen vorgestellt hat, haben sie mich als deutsche Hure beschimpft. In sehr, sehr gebrochenem Deutsch. Eigentlich haben sie auch  immer nur türkisch geredet, wenn ich da war, nur wenn es darum ging, mich zu beschimpfen oder Deutschland schlecht zu machen, haben sie sich ein paar deutsche Wörter abgerungen. Ihrem Sohn wollten sie eine feste Beziehung mit mir verbieten, aber Hörner abstoßen an der deutschen Hure ist ok. Er solle mich benutzen und dann wegwerfen, war die Ansage.

Als ich dann schwanger wurde, hat die Mutter geweint - vor Entsetzen. Als unser Kind da war, wollten sie es mir entziehen. Ich hätte nichts zu sagen, ich solle das Kind an die Großmutter abgeben, ich hätte eh keine Ahnung von Babypflege, ect....sagte die Frau, die es in 30 Jahren in Deutschland nichtmal geschafft hat, hier lesen und schreiben zu lernen. Als ich sie darauf ansprach, was sie bei ihrem niedrigen Bildungsstand meinem Kind überhaupt zu bieten hätte, sagte sie: Ist nur Mädchen...zum Einkaufe reicht. Sie meinte damit, dass ihrer Ansicht nach für das, was ein Mädchen zu tun hat, keine Bildung notwendig ist. Das war ihre feste Überzeugung, nach 30 Jahren Deutschland.

Nach einem Jahr hab ich mich dann von dieser Familie getrennt. Die Mutter hat meine Tochter, damals ein 1jähriges Baby, so heftig daran gehindert, mir in die Arme zu laufen, dass meine Tochter nach hinten fiel und mit dem Kopf zu Boden knallte. Der Vater hatte mich am Hals gepackt und versuchte derweil, mich die Treppen rückwärts runterzustoßen. Erst als andere Nachbarn durch das herzzereißende Geschrei meiner Tochter neugierig wurden, überließ man mir mein Baby und ließ mich gehen. Alles NUR, weil ich Deutsche bin.

Es war anschließend noch Unterstützung vom Jugendamt notwendig, bis wir endgültig in Sicherheit waren. Hab eine zeitlang mit meiner Kleinen im Frauenhaus gewohnt.

Das wäre für mich persönlich ein Beispiel für wirklich schlechte Integration. Und ja, ich nehme zur Kenntnis, dass es nur EIN Beispiel ist und viele, viele andere Ausländer in Deutschland ganz anders sind und selbst viele Türken bei dieser Story nur fassungslos den Kopf schütteln würden. Davon kenne ich zum Glück auch genug. Was mir passiert ist, war echt schon ein Härtefall. Prägt aber trotzdem, ich habe durchaus gewisse Ängste, vor bestimmten Personenkreisen.

@Doors

Doors schrieb:Nach meinen Erfahrungen mit geflüchteten muslimischen Frauen machen die sich, sobald sie nicht mehr dem Gruppendruck in Camps ausgesetzt sind, durchaus auch schon selber "frei".

das freut mich.
Aber lassen sich denn das die Paschas ohne Widerstand zu leisten, gefallen?

@Optimist

Lassen sich deutsche Paschas die Freiheitsbestrebungen ihrer Frauen ohne Widerstand gefallen?

Nö - ab wer Freiheit will, der wird sie erkämpfen müssen. Hier und andernorts.

@Doors
okay, stimmt schon.

@LucyFee
traurige Geschichte. ☹

LucyFee schrieb:Nach einem Jahr hab ich mich dann von dieser Familie getrennt. Die Mutter hat meine Tochter, damals ein 1jähriges Baby, so heftig daran gehindert, mir in die Arme zu laufen, dass meine Tochter nach hinten fiel und mit dem Kopf zu Boden knallte. Der Vater hatte mich am Hals gepackt und versuchte derweil, mich die Treppen rückwärts runterzustoßen. Erst als andere Nachbarn durch das herzzereißende Geschrei meiner Tochter neugierig wurden, überließ man mir mein Baby und ließ mich gehen. Alles NUR, weil ich Deutsche bin.

schlimm, dass sowas heutzutage noch passieren kann.

Und ja, ich nehme zur Kenntnis, dass es nur EIN Beispiel ist und viele, viele andere Ausländer in Deutschland ganz anders sind und selbst viele Türken bei dieser Story nur fassungslos den Kopf schütteln würden. Davon kenne ich zum Glück auch genug.

das lässt hoffen.

Und auch verknorzte Eltern sind kein auf Ausländer zutrefrendes Beispiel, leider. Da hat der Freund/die Freundin auch bei Einheimischen mal die falsche Haarlänge, Konfession oder Hautfarbe.

@wichtelprinz

Nach Ansicht meiner Schwiegermutter habe ich auch die falsche Konfession - nämlich gar keine. Dafür bin ich aber wenigstens kein Engländer.

@Doors
Ich hatre auch schon die falsche Haarlänge. Bei einem Kolkegen hatte die Freundin die falsche Hautfarbe. Alles schon von bei Einheimischen erlebt.

LucyFee schrieb:Alles NUR, weil ich Deutsche bin.

bei diesem Beispiel von @LucyFee gings nun offensichtlich um die Nationalität - DESWEGEN war sie das "rote Tuch" und nichts richtig an ihr.
Es gibt eben in allen Nationen Rassisten, nicht nur in D.

Rückblickend erscheint mir interessant, dass ich mit meiner ersten Frau, immerhin Muslima und aus einem arabischen Land stammend - und auch "so aussehend", in den 1970ern in der Öffentlichkeit Hamburg überhaupt kein Problem hatte. Ob das heute in Dresden auch so wäre? Ob Menschen damals toleranter waren? Oder verkehrten wir nur in den "falschen Kreisen"?

Jojo rassistisches Verhalten nervt. Hat aber sehr wenig mit dem nationalen Status des Rassisten zu tun sondern eben mal wieder mit dem Verhalten. Einem Verhalten das jede Nationalität an den Tag legen kann.

@wichtelprinz

Dass eine Krankheit weit verbreitet ist, macht sie nicht besser erträglich.

@Doors
Die hamburger werden sich gedacht haben:"hauptsache kein bayer." :D