So lange "Ausländer" eine Minderheit darstellen, sind sie natürlich als Feindbild optimal. Auf Mehrheiten herum trampeln zu wollen, ist ja auch gefährlich. Die könnten sich wehren, wie schon Klein Adolf in der mecklenburg-vorpommerschen Klippschule für Kahlköpfe lernt.
Nee, dann lieber Minderheiten klatschen. Die hauen nicht zurück.
Für Rassismus, Antisemitismus, Schwulenhass und Behindertenfeindlichkeit braucht es nicht mal den persönlichen Kontakt: Ich kenne zwar keinen Ausländer, hasse ihn aber trotzdem. Nicht zuletzt aus diesem Grunde ist der Rassismus ja auch in den Regionen der BRD mit dem geringsten Migrantenanteil am stärksten verbreitet.
Ich möchte den Nazi sehen, der in Hamburg-Wilhelmsburg oder Berlin-Neukölln lauthals "Ausländer raus" skandierend ein Schild "National befreite Zone" aufstellt.
Das Phänomen, das ich, rein geschichtlich betrachtet, sehe, ist die Tatsache, dass früher das Kapital nationalistisch gesonnen war, das Proletariat hingegen internationalistisch. Heute ist es umgekehrt. Das Kapital ist international aktiv, und der Ex-Proletarier wählt NPD. Daimler, VW und Postbank werben auf türkisch und der Malocher ist stolz, ein Deutscher zu sein.
Hinzu kommt ein deutliches Sozialgefälle. Wer ganz unten auf der sozialen Hühnerleiter hockt, dort, wo sie am beschissensten ist, der möchte sich natürlich gern aus seinem eigenen Elend erheben, in dem er jemandan sucht, der noch ärmer dran ist als er selbst, auf den er herab sehen kann, auf den er buchstäblich mit dem Springerstiefeln drauftreten kann, um sich selbst zu erhöhen und sich so wenigstens ein ganz klein wenig als Herrenmensch zu fühlen.
Währenddessen hegt der Besserverdienende seine internationalen Geschäfts- und Sozialkontakte, schickt die Kinder zu Camps internationaler Organisationen, auf Schulen und Universitäten in anderen Regionen Europas oder Amerikas, spendet für die "Dritte Welt", hält sich fremdvölkische Hilfswillige für Haushalt, Garten und Kinderbetreuung, fährt ausländische Autos, trägt ausländische Klamotten, fährt mehrmals im Jahr in ferne Weltgegenden in Urlaub und isst selbstverständlich international.
Aktuelle Meldung aus dem SPIEGEL:
2016 hat es in Deutschland mehr als 3500 Angriffe auf Flüchtlinge und Flüchtlingsunterkünfte gegeben. Dabei wurden 560 Menschen verletzt, unter ihnen 43 Kinder, wie die Zeitungen der Funke-Mediengruppe am Sonntag unter Berufung auf eine Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Parlamentsanfrage berichtet.
Demnach wurden 2545 Angriffe auf Flüchtlinge außerhalb ihrer Unterkünfte gezählt. Hinzu kamen 988 Angriffe auf Flüchtlingsheime - das waren nur geringfügig weniger als im Vorjahr mit 1031 Angriffen. Zudem wurden 217-mal Hilfsorganisationen oder freiwillige Asyl-Helfer attackiert.
"Das sind nahezu zehn Taten am Tag", sagte Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion. "Muss es erst Tote geben, bevor die rechten Gewalttaten als ein zentrales Problem der inneren Sicherheit eingestuft werden und ganz oben auf der Agenda der Innenpolitik stehen?"
Die Bundesregierung verurteilt die Gewalt gegen Flüchtlinge "aufs Schärfste", heißt es in dem Funke-Bericht. Dem Bundesinnenministerium zufolge handele es sich um vorläufige Zahlen.
Zu den Hintergründen gibt es in dem Bericht keine konkreteren Informationen. Das Bundeskriminalamt geht aber zumindest bei dem Großteil der Angriffe auf Unterkünfte von einer rechtsextremen Motivation aus.
jus/AFP
Quelle:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/fluechtlinge-mehr-als-3500-angriffe-auf-fluechtlinge-im-jahr-2016-in-deutschland-a-1136334.html