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Zerstört die moderne Gesellschaftsform unsere Psyche?

246 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Gesellschaft, Psyche, System ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Zerstört die moderne Gesellschaftsform unsere Psyche?

15.01.2017 um 20:36
Die Bilder und die Leere - warum Facebook unglücklich macht

Wissenschafter haben 28 Studierende herausgepickt und ihnen innerhalb von zwei Wochen jeden Tag fünf Nachrichten geschickt – mit Fragen zu ihrem subjektiven Befinden, dem Nutzen ihrer Facebook-Seite, wie oft sie seit der letzten Nachricht in direktem Kontakt mit anderen Menschen standen und wie einsam sie sich fühlten. Die Ergebnisse sind erstaunlich:

Die Wissenschafter haben feststellen können, dass die Nutzer, die zwischen den Befragungsperioden auf Facebook surften, sich unglücklicher fühlten als vor dem Besuch der Plattform. In der zweiwöchigen Befragungszeit liess sich ein Zusammenhang zwischen dem Facebook-Verhalten und dem Zuwachs von Angst- und Einsamkeitsgefühlen feststellen. Kurz: Die Verwendung von Facebook hat die Interview-Teilnehmer grösstenteils nicht glücklicher, sondern unglücklicher gemacht.

Wie ist das zu erklären? Wissenschafter um die Informationexpertin Hanna Krasnova von der Humboldt-Universität zu Berlin haben in einer kürzlich veröffentlichten Studie dargelegt, dass Facebook gefährlich sei, weil es einen «Vergleichsdruck» hervorrufe, dem viele Nutzer nicht standhalten könnten. Facebook-Nutzer würden sich ständig mit inszenierten Fotos und Texten konfrontieren, die den Eindruck erweckten, als ob alle anderen ein glücklicheres, erfolgreicheres und erfüllteres Leben führten als man selbst. Dies münde in Eifersuchts- und Minderwertigkeitsgefühle.
Könnte noch weitere Passagen zitieren, aber wen es interessiert, der kann sich ja am besten einfach mal den kompletten Artikel durchlesen:

http://www.nzz.ch/feuilleton/die-bilder-und-die-leere-1.18169218


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Zerstört die moderne Gesellschaftsform unsere Psyche?

16.01.2017 um 05:35
@outandabout_

Ein schöner Beitrag der NZZ.
Sind wir doch in einem permanenten Stresszustand, scheinbarer Interaktion und Selbstdarstellung in den sozialen Medien.

Besonders der Informationsmüll im Internet und TV erzeugt am Ende nur ein Rauschen.

Stanislaw Lem, einer der wichtigsten SF Autoren und Philosoph, der diese Entwicklung schon in den 60er beschrieb, weigerte sich konsequent einen Internetanschluss zu besitzen. Kluger Kopf.

Aber auch im Realen Leben:
100 Meter Hauptstrasse ist mit einem Informationsoutput besetzt, der Unterschwellig viele Überfordert.
Informationsverschmutzung.

Gesundheitsterrorismus in den Medien:
Früher hast du 'ne Bockwurst gegessen und gut war. Heute quälst du dich mit Cholesterin, Laktose, HDl, LDl, Nitrosamine herum. Und jede Studie hat andere Ergebnisse was du vermeiden sollst. Dr. Google empfielt:
Blutdruck und Zuckerwerte, Lipidspiegel und Freie Radikale, Vitamine und Hormonspiegel bitte beachten ! Kein Zucker! Keine Kohlenhydrate abends ! Achtung ! Transfette !

Werden wir zu Dick fahren wir mit dem Auto ins Fitnesscenter.

Pin und TAN und EBAN merken, und bitte immer den Browser, das Antivirenprogramm und das Betriebssytem aktuell halten.

Du bist nie fertig. Es gibt immer was zum Optimieren.

Die heute noch engagierten Zwanzigjährigen sind später die Ausgebrannten Vierziger.
Das Leben ist Veränderung. Nur das Tempo macht Krank.

Und wir leben in keiner Gesellschaft mit "Wir-Gefühl"mehr. Wir sind Einzelgänger, jeder gegen jeden, die wie Zufällig lose in einem Zweckverbund agieren.

Huh, jetzt habe ich mich aber abreagiert. ;)


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Zerstört die moderne Gesellschaftsform unsere Psyche?

16.01.2017 um 09:08
Zitat von HyperboreaHyperborea schrieb:Stanislaw Lem, einer der wichtigsten SF Autoren und Philosoph, der diese Entwicklung schon in den 60er beschrieb, weigerte sich konsequent einen Internetanschluss zu besitzen. Kluger Kopf.
Lem war 70, als das Internet relevant wurde. Kein Wunder, dass er das nicht noch mit gemacht hat, das dürfte damals die allermeisten seiner Altersgenossen genau so gemacht haben.
Zitat von HyperboreaHyperborea schrieb:Früher hast du 'ne Bockwurst gegessen und gut war.
Bist nicht angeschnallt Auto gefahren, hast dich beim Sex nicht geschützt und hast von vielen anderen Dingen nichts gewusst, die Dein Risiko zu sterben oder krank zu werden, erhöhen.
Da muss man sich die Frage stellen, ob Glücklichsein durch Unwissenheit wirklich so erstrebenswert ist.
Zitat von HyperboreaHyperborea schrieb:Dr. Google empfielt:
Da liegt eines der wirklichen Probleme. Die "falsche" Benutzung des Internets.
Zitat von HyperboreaHyperborea schrieb:Pin und TAN und EBAN merken, und bitte immer den Browser, das Antivirenprogramm und das Betriebssytem aktuell halten.
Von diesen Dingen muss ich mir nur die PIN merken. 4 Ziffern. Da hält sich der Stress doch sehr in Grenzen.
Ich sehe da eher den gegenteiligen Effekt: Mir wird viel mehr abgenommen. Navigation, Telefonnummern, Termine - alles mehr oder weniger automatisiert. sehr komfortabel aber es fehlt die Motivation, es "manuell" zu machen.
Zitat von HyperboreaHyperborea schrieb:Und wir leben in keiner Gesellschaft mit "Wir-Gefühl"mehr. Wir sind Einzelgänger, jeder gegen jeden, die wie Zufällig lose in einem Zweckverbund agieren.
Weil es uns individuell zu gut geht. Wir sind nicht darauf angewiesen, uns mit anderen abzugeben, um einigermaßen zu überleben.
Zitat von HyperboreaHyperborea schrieb:Huh, jetzt habe ich mich aber abreagiert.
Um ehrlich zu sein, waren das aber nur Scheinprobleme. Also Dinge, die in Wahrheit anders sind, als Du sie wahr nimmst und beschreibst.


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Zerstört die moderne Gesellschaftsform unsere Psyche?

16.01.2017 um 09:33
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Da muss man sich die Frage stellen, ob Glücklichsein durch Unwissenheit wirklich so erstrebenswert ist.
Diese Frage aus dem Kontext genommen, würd ich sie direkt mit einem deutlichen JA beantworten.
Der Kontext lag bei dir auch auf Sicherheit, und Sicherheit im -Verkehr allein, macht nicht wirklich glücklich. Oder findst doch?

Falsche Benutzung des Internet?
Mhm. ..wer lehrt die Menschen denn den "richtigen" Umgang?
Schule? (Ha ha)
Eltern?
Jobcenter?
Arbeitgeber?
...Wer?
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:es fehlt die Motivation, es "manuell" zu machen.
Ah...Gutes Stichwort "Motivation"
Wenn Menschen alles mögliche sinnvolle und sinnlose abgenommen oder vorgekaut wird, ja das kann dann schon eine Art Lethargie hervorrufen.
Wozu dann noch denken.
Wozu im topmodernen Auto noch konzentrieren.
Zb.
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Wir sind nicht darauf angewiesen, uns mit anderen abzugeben, um einigermaßen zu überleben.
Das sag mal jemanden der wg Einsamkeit lieber sterben würde.
Das sag mal den alten und hilfsbedürftigen, die auf der strasse sich selbst überlassen werden.
Wir sind sehr wohl auf unsere Mitmenschen angewiesen wenn wir glücklich sein wollen, wenn wir lieben wollen...usw
Nur zur zeit merken das die meisten nicht. Ist ja alles so komfortabel.
Mit einem klick mitten im Leben?
Leider nicht.


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Zerstört die moderne Gesellschaftsform unsere Psyche?

16.01.2017 um 09:49
Zitat von LemniskateLemniskate schrieb:Diese Frage aus dem Kontext genommen, würd ich sie direkt mit einem deutlichen JA beantworten.
Dazu gibt es sicher unterschiedliche Ansichten. Manche sind lieber glücklich und ignorieren Gefahren, andere nicht. Für beides gibt es belastbare Gründe, das so zu machen.
Ich neige eher dazu, zu wissen und mit den daraus resultierenden Sorgen umzugehen.
Zitat von LemniskateLemniskate schrieb:Der Kontext lag bei dir auch auf Sicherheit, und Sicherheit im -Verkehr allein, macht nicht wirklich glücklich. Oder findst doch?
Ein Sicherheitsgefühl macht bis zu einem gewissen Grad glücklich, irgend wann kippt es aber. Risiken machen zu einem gewissen Grad auch glücklich.
Aber mir ging es eher darum, ob ich Risiken kenne oder lieber nicht kenne.
Zitat von LemniskateLemniskate schrieb:Falsche Benutzung des Internet?
Mhm. ..wer lehrt die Menschen denn den "richtigen" Umgang?
Schule? (Ha ha)
Eltern?
Jobcenter?
Arbeitgeber?
...Wer?
Wer lehrt denn Menschen die anderen Dinge, die sie so im Leben nutzen? Eltern, Schule (im weitesten Sinne), Selbstreflektion eigener Handlungen etc. Das alles trägt dazu bei, dass man auch das Internet "richtig" benutzen kann. Dass man die potentielle Informationsflut bewerten und dass man beurteilen kann, welche Informationen belastbarer als andere sind. Es ist wie mit allen anderen Dingen, manche lernen besser als andere und manche haben bessere Lehrer als andere.
Wenn ich z.B. Google zur Diagnose meines Gesundheitszustandes verwende, mache ich etwas grundlegend falsch. Ich nutze ein Werkzeug auf eine Weise, für die es nicht geeignet ist. Wie wenn ich einen Nagel mit einer Zange in die Wand haue. Das kann funktionieren, aber mit dem Hammer geht es besser.
Zitat von LemniskateLemniskate schrieb:Wozu im topmodernen Auto noch konzentrieren.
Da bin ich zwiegespalten. Grundsätzlich ja, aber es ist ja nicht so, dass Menschen stehts in "alten" Autos ständig aufmerksam wären.
Zitat von LemniskateLemniskate schrieb:Das sag mal jemanden der wg Einsamkeit lieber sterben würde.
Das sag mal den alten und hilfsbedürftigen, die auf der strasse sich selbst überlassen werden.
Das kam falsch rüber. Natürlich ist Einsamkeit ein Problem.
Aber Maßnahmen, die wir gegen Einsamkeit getroffen haben - z.B. sich auch mit Menschen abzugeben, die man nur bedingt mag, Kompromisse bei anderen ein gehen etc. - werden zunehmend weniger offensichtlich. Ich lass lieber den Depp links liegen, weil ich ihn nicht unmittelbar brauche. Wenn ich aber andere dann doch brauche, ist es eher zu spät.
Es geht uns so gut, dass wir den Preis für Gesellschaft mehr als früher nicht zahlen wollen.


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Zerstört die moderne Gesellschaftsform unsere Psyche?

16.01.2017 um 09:54
@Lemniskate
Beispiel für den letzten Punkt:

Früher gab es mehr Generationenhaushalte. Es ging halt nicht anders. Der "Lohn" war, dass man im Alter nicht in dem Maße vereinsamte.
Aber den Preis für so ein Generationenhaushalt ist mitunter hoch. Man lebt u.U. Jahrzehnte mit Menschen zusammen, die man nicht mag. Wenn man nicht unbedingt muss, vermeidet man das - mit der Folge, dass man dann im Zweifel aber alleine ist.


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Zerstört die moderne Gesellschaftsform unsere Psyche?

16.01.2017 um 12:54
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Aber mir ging es eher darum, ob ich Risiken kenne oder lieber nicht kenne.
Das weiß ich doch. Relevantes will ich natürlich auch wissen und Sicherheitsgefühl ist ne prima sache. Doch -Glücklich- macht es mich nicht. Eher würd ich - zufrieden- oder -beruhigend- sagen.
Ich hatte dich aus dem Kontext zitiert ...weil ich der auffassung bin das zu viel Infos über dies und das und das dort drüben, überfordert. Überfordert zu sein ist für mich kein Zustand des Glücks.
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Wer lehrt denn Menschen die anderen Dinge, die sie so im Leben nutzen? Eltern, Schule (im weitesten Sinne), Selbstreflektion eigener Handlungen etc. Das alles trägt dazu bei, dass man auch das Internet "richtig" benutzen kann
Andere Ding des Lebens?
Mir fällt so spontan nix anderes ein was derart Generationsübergreifend neues Gebiet ist, wie das Internet und seiner Möglichkeiten.

Du sprichst von selbstreflexion?
Teenager und Kids mit 10 Jahren zb, haben davon leider nicht viel, bis garnichts.
Sie benutzen das teil einfach.
Über die weitreichenden Konsequenzen denken die nicht nach und auch über mögliche Zusammenhänge zwischen Ihrem tun, und damit der Gestaltung ihrer Generation und der danach, ebensowenig.
Das ist aber wie gesagt kein Einzelfall Phänomen sondern betrifft (weltweit) ganze Generationen.
Grade/auch unter Kindern und Jugendlichen ist die zahl der depressiven gestiegen.
https://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article137984700/Zahl-depressiver-Kinder-nimmt-dramatisch-zu.html
Hinzu komme die exzessive Nutzung des Internets und damit ein veränderter Schlaf-Wach-Rhythmus. „Durch veränderte Lebenswelten haben die Kinder auch weniger Möglichkeiten zu kompensieren – sie gehen viel weniger raus.“ Dabei sind gerade frische Luft, Licht und Bewegung die beste Therapie.
Veränderte "Lebenswelten"
Hatten wir sowas derart drastisches schon mal?

Ich denke das nur wenige auf dauer mit all dem neuen, Schritt halten können. Und das uns diese moderne gesellschaftlich zum Nachteil verändern wird.
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Früher gab es mehr Generationenhaushalte.
Früher?
Ohne dieses Konzept hätten wir Menschen sicher nie so lang überlebt.
Das wir "Heute" Optionen haben mag für den einzelnen richtig/wichtig und gut sein. Aber so ganzheitlich betrachtet finde ich bedauerlich das dieses konzept ausstirbt.


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16.01.2017 um 13:50
Zitat von LemniskateLemniskate schrieb:Überfordert zu sein ist für mich kein Zustand des Glücks.
Absolut. Die Frage ist da vermutlich, wer wo seine Grenze zieht. Manche verzichten bewusst auf Informationen, andere möchten lieber alles wissen. Keines dieser Vorgehen ist ein Patentrezept. Es ist eine Geschmacksfrage. Eine emotionale Entscheidung.
Zitat von LemniskateLemniskate schrieb:Mir fällt so spontan nix anderes ein was derart Generationsübergreifend neues Gebiet ist, wie das Internet und seiner Möglichkeiten.
Das stimmt natürlich. Auch wenn Merkel für ihr "Neuland" kritisiert wurde, Unrecht hatte sie nicht. Es fehlen Erfahrungswerte, die es an anderer Stelle gibt.
Aber es sind nun doch schon einige Jahrzehnte, so dass zumindest die grundlegenden Dinge (was bietet das Netz und was bietet es nicht oder nur scheinbar) doch so weit verbreitet sind, dass man es zumindest wissen kann, wenn man möchte.
Das gilt sicher nicht für Deine 10jährigen, die damit selber klar kommen müssen - aber für die 10jährigen, die ein "normales" soziales Umfeld haben.
Zitat von LemniskateLemniskate schrieb:Hatten wir sowas derart drastisches schon mal?
Letztlich ist es nur ein großes schwarzes Brett, an das jeder was anfügen kann. Sicher in der Größe ohne Beispiel.
Aber gravierende soziale Änderungen passieren nicht so selten. Da wird aus einer faschistischen Diktatur eine Demokratie. Etwas völlig anderes. Klar, ist nicht gestern passiert - aber so ewig her ist es nicht und die Menschen kamen relativ schnell damit zurecht (die meisten Menschen).
Das Internet hat nun den Charme, dass es zwar gewaltig und einigermaßen neu ist, aber doch überschaubar. Es steht halt viel Müll drin und man muss "nur" wissen, wie man Müll von Nützlichem unterscheidet. Dem Grunde nach keine gewaltige Leistung. Und in Ansätzen ist der Konsum anderer Medien (Zeitungen) nicht viel anders. Auch hier haben sich mit der Zeit Kontrollmechanismen etabliert, die die Gefahr der Verbreitung von Müll reduzieren (Pressekodex etc.).
Zitat von LemniskateLemniskate schrieb:Aber so ganzheitlich betrachtet finde ich bedauerlich das dieses konzept ausstirbt.
Es stirbt aus, weil es die - zumindest gefühlt - schlechtere Lösung ist. Der Preis des Zusammenlebens ist in Summe höher (oder sieht höher aus) als der Nutzen. Menschen gehen sich halt auch gerne mal auf den Keks - und wenn die Motivation, dies zu ertragen zu klein oder zu weit weg ist, dann geht man lieber getrennter Wege.
Wenn man alt und alleine ist, sieht das sicher anders aus. Aber das ist dann eher zu spät.


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16.01.2017 um 14:18
Stanislaw Lem in einem Zeit- Interview:

...Wer hinter der Verweigerung zur Computerisierung nur eine schrullige Marotte eines alternden Denkers vermutet, liegt falsch. Denn auch, was das Internet betrifft, erwies sich Lem als weitsichtig. Im Jahre 1954, bevor überhaupt an das World Wide Web zu denken war, entwarf er bereits Computernetze und ließ in seinem Roman Lokaltermin die Vorläufer der Suchmaschinen vom Stapel. Seine "Insperten" führten als "Experten für Suchkunde" Untersuchungen zu Themen der "allgemeinen Ariadnologie und Labyrinthik" durch und kamen schon damals zu dem Ergebnis, die "Informationsumwelt" sei "von einer fürchterlichen Menge an Unsinn und Lügen verschmutzt". Seither hat Lem die Beschäftigung mit dem Phänomen des
information overload nicht mehr losgelassen...

Quelle:
http://www.zeit.de/2005/31/P-Lem/seite-1


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16.01.2017 um 14:49
Zitat von postcrysispostcrysis schrieb:Ah, ok. Das ist mehr als aktuell, wenn man sich anschaut, wie simplifizierend, ideologisch eingefärbt, teils wuterfüllt und paranoid die meisten reaktiven (Mikro-)Bewegungen im Moment ausfallen, leider auch auf akademischem Niveau. Als Rezipient, der die tiefergehende Kenntnis nicht oder nur auf rudimentärer Basis hat, fällt man diesem Schema allzu leicht in die Maschen. Wobei sich da ein Problem auftut: Jene Menschen, die an diesem Zeitpunkt nicht abgeholt werden, haben eine Weggabelung vor sich. Sie fallen entweder zurück in die Totalität der jeweiligen Klasse oder passen sich der jeweiligen Alternativ-Ideologie an, die nicht weniger totalitär sein muss.
Ja das stimmt wohl soweit. Allerdings bildet das Klassengefüge selbst die Totalität. Genau darin lag auch einer der großen Denkfehler im Marxismus-Leninismus. Man wollte zwar die 'Klassenlose Gesellschaft', aber abstrahierte diese vom Proletariat. Was dabei herauskommt sieht man unter anderem am 'Armutssozialismus' in Kuba. Auf ideologischer Ebene wurde das dort wiederum mit einer tugendhaften Überhöhung der Mittellosigkeit und der damit verbundenen Luxusfeindlichkeit verdeckt.
Zitat von postcrysispostcrysis schrieb:Es braucht wieder das Gespräch mit dem 'Proletariat', wenn man so will. Das war ja die zentrale Idee des historischen Liberalismus.
Der Liberalismus ist (dem ursprünglichen Begriff nach) leider nicht radikal genug. Er schaffte zwar die Emanzipation von den Zwängen des Feudalismus, aber war gleichzeitig blind für die neuen Sachzwänge in die er sich dadurch selbt begab. Das liegt einfach in den polittheoretischen Grundlagen des Liberalismus, der Freiheit lediglich durch die Abwesenheit von staatlichen Zwängen definiert.
Zitat von postcrysispostcrysis schrieb:Das Strukturmodell der Psyche hat seine Wichtigkeit. Aber es kann das Ausmaß der psychischen Zersetzung der Subjekte, die sich in den letzten zweihundert Jahren ergeben hat, nicht oder nur begrenzt aufzeichnen (vom Ansatz her nur anhand der Persönlichkeitsniveaus). Das Modell stammt aus einer Zeit, die vom mechanistischen Weltbild geprägt war.
Die Rezeption war ja auch zur Zeit der Verwendung in der Kritischen Theorie deutlich selbstreflektierter als noch bei Freud und vielen seiner direkten Schüler. Auch wenn man hier deutliche Unterschiede zwschen dem Gebrauch bei Adorno und Fromm und auch Marcuse feststellen kann. Gerade für einen empirischer ausgelegten Gebrauch ist sicher auch die Rezeption im Rahmen der Neurowissenschaften interessant. Auch wenn hier natürlich die Vorsicht vor blindem Positivismus geboten ist.
Zitat von postcrysispostcrysis schrieb:Vielleicht hat dieser Rückzug (Schutzmechanismus) mit dazu geführt, dass der Geist der kritischen Ideen meist nur noch auf Hohn trifft und als realitätsfernes utopisches Gedankenkonstrukt diskreditiert wird.
Der Status Quo scheint allgemein wohl so alternativlos und auf ideologischer Ebene essentialisiert, dass bereits der Gedanke ans Andere als zu belächelndes Sektierertum gilt.


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Doors ehemaliges Mitglied

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Zerstört die moderne Gesellschaftsform unsere Psyche?

16.01.2017 um 16:27
Gibt es heute tatsächlich mehr psychisch Kranke als in früheren Zeiten? Oder gilt auch hier die Faustregel: Wer gesund ist, ist nur nicht gründlich untersucht?

Macht das Leben in der BRD tatsächlich mehr Hirnschwurbel als das beispielsweise in Nordkorea, Syrien oder Somalia?


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16.01.2017 um 17:16
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Das gilt sicher nicht für Deine 10jährigen, die damit selber klar kommen müssen - aber für die 10jährigen, die ein "normales" soziales Umfeld haben.
Normal, ist so ein Begriff mit dem ich in Sachen Mensch sein, irgendwie nicht viel anfangen kann.
Punkt ist doch, das es erheblich viele Kids sind die mit den Auswirkungen so gut wie alleine da stehen.
Die Familie muss da schon einigermaßen aufgeschlossen und weltoffen sein um das was ihre Kids beschäftigt und welchen Trends sie folgen selbst zu verstehen. So damit sie in der Sache, noch passende Argumente finden. Oder eben Hilfe anbieten können.
Zitat von DoorsDoors schrieb:Macht das Leben in der BRD tatsächlich mehr Hirnschwurbel als das beispielsweise in Nordkorea, Syrien oder Somalia?
Ich glaub nicht das man "hirnschwurbelei" irgendwie messen kann ^^
Vermutlich haben wir hier und in anderen Industriestaaten einfach andere Sorgen, die deshalb nicht minder oder schlimmer sind als andere.


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Zerstört die moderne Gesellschaftsform unsere Psyche?

16.01.2017 um 17:28
Zitat von LemniskateLemniskate schrieb:Normal, ist so ein Begriff mit dem ich in Sachen Mensch sein, irgendwie nicht viel anfangen kann.
Normal im Sinne von nicht extrem. So wie eben die meisten aufwachsen. Ein paar Freunde und eine einigermaßen nette Familie, die sich um die Belange ihres Nachwuchses kümmert.


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16.01.2017 um 20:38
Zitat von paranomalparanomal schrieb:Allerdings bildet das Klassengefüge selbst die Totalität.
Das Klassengefüge fällt - nur meine Sicht - stabil und totalitär aus, weil es dem Proletariat nicht auffällt (unter- bis unbewusstes Trieb- und Bedarfsmuster). Wenn das Klassenbewusstsein verloren geht, wird das Subjekt die Bedingungen, in die es hineingeworfen wird, nicht anrühren, nicht hinterfragen, sondern als gegeben hinnehmen und sich ihnen (von oben unterstützt mittels emotional positiv besetzter Konditionierung) unterwerfen, daher sogar verheiligen. Der Traum von Glanz, Gloria und "Elitärheit" wird beständig wach gehalten, sei es in Form von Positivismus, Konsumismus, Belohnung, Kampf oder materiell-ideellen Trends. Also nichts anderes als von unten her gesteuert, triebgesteuert, stammhirnbasiert, Erziehung zur Selbstsucht, Lähmung des Frontalhirns. Ungerechtigkeiten werden damit nicht nur irrelevant, sondern als notwendig definiert. Es wird eigentlich immer absurder, je mehr man sich reindenkt.
Zitat von paranomalparanomal schrieb:Der Liberalismus ist (dem ursprünglichen Begriff nach) leider nicht radikal genug. Er schaffte zwar die Emanzipation von den Zwängen des Feudalismus, aber war gleichzeitig blind für die neuen Sachzwänge in die er sich dadurch selbt begab. Das liegt einfach in den polittheoretischen Grundlagen des Liberalismus, der Freiheit lediglich durch die Abwesenheit von staatlichen Zwängen definiert.
Denke, das liegt auch an der Entmachtung und dem damit einhergehender Verlust an Gestaltungsmacht des linksliberalen Moments. Die Handlungsmaxime der Aufklärung, rumzugehen und zu diskutieren, wird (muss) nochmal aktuell werden. Die Idee der Demokratie, dass absolut jeder mitgestalten kann, können soll und darf, liegt nur noch als fragiles Rudiment vor. Die 'elitäre Menschenfeindlichkeit' ist ankonditionierter Bestandteil jeden Subjekts, egal ob nun dem oder dem politischen Lager angehörig. Was überwunden werden muss, ist der gigantische Wissens-, Macht- und Erfahrungsabgrund zwischen Proletariat und konstituierenden Klassen. Das geht allerdings nur mittels einer grundlegenden Überarbeitung des Liberalismus und daraus hervorgehenden Strategien zur Emanzipation von postfaktischen Limitierungen. Die Fokussiertheit auf staatliche Zwänge ist zu vereinfachend, stattdessen müssen Zwang, Macht und Freiheit umfängreicher behandelt werden, aber gleichzeitig auf einer Ebene, die nicht nur den kognitiv und empathisch Begabteren zugänglich ist.
Zitat von paranomalparanomal schrieb:Die Rezeption war ja auch zur Zeit der Verwendung in der Kritischen Theorie deutlich selbstreflektierter als noch bei Freud und vielen seiner direkten Schüler. Auch wenn man hier deutliche Unterschiede zwschen dem Gebrauch bei Adorno und Fromm und auch Marcuse feststellen kann.
Trotzdem ist die Triebtheorie insgesamt unzureichend, denn es gibt bereits erweiterte Erklärungsmodelle, die auf psychoanalytischer Ebene komplexer ausfallen und daher realitätsgetreuer sein müssen. Die Triebtheorie selbst ist ein Produkt des Positivismus. Adorno und Fromm konnten das Paradigma des determinierten, in sich versteinerten Bioautomaten Mensch nicht vollends abschütteln. Es fehlt der Fokus auf das im Menschen angelegte, revolutionäre Element (es besteht genau wie seine Kehrseite aus qualitativen und annähernd quantitativ messbaren Eigenschaften).
Zitat von paranomalparanomal schrieb:Der Status Quo scheint allgemein wohl so alternativlos und auf ideologischer Ebene essentialisiert, dass bereits der Gedanke ans Andere als zu belächelndes Sektierertum gilt.
Ich frage mich, was dann die Lösung oder erstmal die Konsequenz sein kann (sein wird). Der Status Quo kann eigentlich nur ein Zwischenstadium sein. Stagnation kann nur einen begrenzten Zeitraum haben. Wenn aber dieses Zwischenstadium so alternativlos und in sich versteinert ist, auf was läuft das dann hinaus, wenn sich ein natürlicher Abwehrmechanismus gegen ihn selbst einstellt? Ich mein, das können wir im Moment vielfach beobachten. Und quasi jedesmal in unterkomplexen Bahnen, was auch gar nicht anders sein kann, weil der Status Quo zu einem überkomplexen, schwer zu durchschauenden Monster geworden ist. Was wird passieren?


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Zerstört die moderne Gesellschaftsform unsere Psyche?

18.01.2017 um 01:15
Was ein Thread... Leider nicht früh genug reingeschaut.

Ja, ich schließe mich @postcrysis an.
Die Gesellschaft ist am Ende, komisch, dass immer von Fortschritt gesprochen wird.

Aber eine Frage bleibt: Nimmt das weiter seinen Lauf oder können wir die Kurve noch kriegen?


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18.01.2017 um 13:55
Fortschritt gibt es nur in den Kassen der Kapitalisten, die Menschheit degeneriert, finde ich.
Wenn man sich in den sozialen Medien umsieht, bekommt man das Grausen.
Wie man schreibt ist egal, die Definition von Worten ist egal. Nahezu nur Exreme, entweder total empathielos, oder überemo. Wenig Wissen über Dinge, wenig Logik und das allerschlimmste, Lernresistenz.
Ich weiß nicht, ob das immer schon so war, nur jetzt durch die vermeintliche Anonymität an die Oberfläche tritt, oder sich dort nur nicht so kluge Menschen treffen. Auf jeden Fall war es für mich in den Anfangszeiten des Internets erschreckend zu lesen, was in den Köpfen meiner Mitmenschen vor sich geht. Gruselig.


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Zerstört die moderne Gesellschaftsform unsere Psyche?

18.01.2017 um 14:01
@oBARBIEoCUEo
Hast Recht.
Man soll zudem nur noch funktionieren.
Und das auch noch rund um die Uhr und dann noch fast geschenkt.
Es ist kaum noch Zeit, um richtig zu leben, alles ist nur noch in Hektik und at work, aber das, worauf es wirklich ankommt, existiert schon fast nicht mehr.
Deswegen hab ich es gefeiert, als “Keine Maschine“ vom Tim Bendzko raus kam. Spricht einem echt aus der Seele.


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18.01.2017 um 14:09
@sunshinelight

Ja, nach außen sieht das alles normal aus, dass es normal wäre, im Hamsterrad zu laufen. Wenn jemand mal nicht so funktioniert, gibt es Vorhaltungen, statt Unterstützung. Unter der Oberfläche sieht es aber anders aus.
Viele nehmen Tabletten, sind Alkoholiker, oder anderweitig abhängig, um zu funktionieren. Im Endeffekt tun sie sich das aber selber an.
Man muss ein Haus haben, und zwei Autos und zweimal im Jahr in den Urlaub, das neuste Iphone, Playstation, Markenklamotten und und und.
Das Einzige was man Gutes für sich selbst tun kann, ist, den ganzen Rotz nicht mitzumachen.
Die Leute besinnen sich erst, wenn der große Knall kommt.
So war es schon immer. Aufbau, Blüte, Zerstörung, Aufbau, Blüte, Zerstörung usw. ...
Ich denke, dass der Mensch an sich, einfach zu dumm zum Leben ist. :-D


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Zerstört die moderne Gesellschaftsform unsere Psyche?

18.01.2017 um 14:21
Zitat von oBARBIEoCUEooBARBIEoCUEo schrieb:Wenn man sich in den sozialen Medien umsieht, bekommt man das Grausen.
Ein bloßes Ergebnis einer verzerrten Wahrnehmung.

Die fallen eben die dummen Gedanken auf, und dank des Internets kann jeder seine dummen Gedanken absondern. Der Unterschied zu früher ist nur, dass Du das nicht so massiv mitbekommen hast. Ein dummer Spruch hat damals nur das Umfeld mitbekommen und kurze Zeit später war er vergessen.
Heute steht er im Zweifel für Millionen lesbar im Netz und nicht nur kurz sondern dauerhaft. Noch Jahre später kannst Du auf die blöden Äußerungen einer Person stoßen, die Du früher nicht mal gekannt hättest.
Zitat von oBARBIEoCUEooBARBIEoCUEo schrieb:Viele nehmen Tabletten, sind Alkoholiker, oder anderweitig abhängig, um zu funktionieren.
Ich glaube kaum, dass das zu nimmt. Die Menschen sind schon immer der Realität entflohen, wenn die Umstände entsprechend waren.
Zitat von oBARBIEoCUEooBARBIEoCUEo schrieb:Man muss ein Haus haben, und zwei Autos und zweimal im Jahr in den Urlaub, das neuste Iphone, Playstation, Markenklamotten und und und.
Wofür "muss" man das haben? Um von wem akzeptiert zu werden?
Zitat von oBARBIEoCUEooBARBIEoCUEo schrieb:So war es schon immer. Aufbau, Blüte, Zerstörung, Aufbau, Blüte, Zerstörung usw.
Blüte führt oft zu Dekadenz. Das ist schon richtig. Aber haben wir wirklich eine Phase der Dekadenz?


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18.01.2017 um 14:51
Zitat von DoorsDoors schrieb:Macht das Leben in der BRD tatsächlich mehr Hirnschwurbel als das beispielsweise in Nordkorea, Syrien oder Somalia?
Persönliche Freiheit macht meiner Ansicht nach vielen "Hirnschwurbel" (schönes Wort!), ist nicht nur Segen, sondern Fluch. Nicht jeder kann so viel Freiheit nutzen, benutzen und ertragen.

Oder anders gefragt: wer existentielle Ängste hat, hat vielleicht auch weniger Hirnschwurbel?


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