paranomal schrieb:Kritiker kann natürlich ersteinmal jeder sein. Das Poblem hier ist jedoch dass doe notwendigen theoretischen Betrachtungen schon tiefergehende Kenntnis von Dialektik und co. voraussetzt. Ohne diese bleibt zwar die gewisse 'intuitive Einsicht', die aber immer auf einer vulgären Ebene bleibt und daher jederzeit selbst dem verdinglchten Bewusstsein (Ideologie) zum Opfer fallen kann.
Ah, ok. Das ist mehr als aktuell, wenn man sich anschaut, wie simplifizierend, ideologisch eingefärbt, teils wuterfüllt und paranoid die meisten reaktiven (Mikro-)Bewegungen im Moment ausfallen, leider auch auf akademischem Niveau. Als Rezipient, der die tiefergehende Kenntnis nicht oder nur auf rudimentärer Basis hat, fällt man diesem Schema allzu leicht in die Maschen. Wobei sich da ein Problem auftut: Jene Menschen, die an diesem Zeitpunkt nicht abgeholt werden, haben eine Weggabelung vor sich. Sie fallen entweder zurück in die Totalität der jeweiligen Klasse oder passen sich der jeweiligen Alternativ-Ideologie an, die nicht weniger totalitär sein muss. Der Anspruch ans 'revolutionäre Subjekt' scheint mittlerweile so groß zu sein, dass sein Potential nicht bestärkt wird. Das Konzept einer Revolution der intellektuellen Kandidaten funktioniert nicht, da die Machtverhältnisse inzwischen komplett aus den Fugen geraten sind und das scheint bombenfest zementiert zu sein. Es braucht wieder das Gespräch mit dem 'Proletariat', wenn man so will. Das war ja die zentrale Idee des historischen Liberalismus.
paranomal schrieb:Auch wenn die hierfür verwendeten psychoanalytischen Modelle für die heutige individualpsychologie eher unterkomplex erscheinen, so kann man gerade mit dem 'Strukturmodell der Psyche' auf soiologischer Ebene sehr gut die Zusammenhänge erläutern.
Das Strukturmodell der Psyche hat seine Wichtigkeit. Aber es kann das Ausmaß der psychischen Zersetzung der Subjekte, die sich in den letzten zweihundert Jahren ergeben hat, nicht oder nur begrenzt aufzeichnen (vom Ansatz her nur anhand der Persönlichkeitsniveaus). Das Modell stammt aus einer Zeit, die vom mechanistischen Weltbild geprägt war. Es wird den psychischen Auswirkungen nicht gerecht. Ich glaube, dass man in Zukunft heutige Psychoanalytiker in den Diskurs unbedingt miteinbetten muss, um den Kontakt zu den real vorherrschenden Verhältnissen nicht weiter zu verlieren, stattdessen aufzufrischen.
paranomal schrieb:Die Kritische Theorie hatte natürlich unter dem Eindruck des Faschismus im Westen (und des totalitären Sozialismus im Osten) sehr große Angst vor Massenbewegungen. Dies ging so weit, dass man sich für ein buchstäbliches Bilderverbot für Utopien aussprach.
Vielleicht hat dieser Rückzug (Schutzmechanismus) mit dazu geführt, dass der Geist der kritischen Ideen meist nur noch auf Hohn trifft und als realitätsfernes utopisches Gedankenkonstrukt diskreditiert wird. Der Zerfall demokratischer Prinzipien, die Auslösung parteiprogrammatischer Ideale und der Verlust an Gestaltungsmacht seitens der Linksintellektuellen steht jetzt jeder liberalen Bewegung im Weg.