Cyenita schrieb am 11.11.2017:Meine 15 Jahre alte Pflegeschwester hat auch ADHS und zu behaupten diese Krankheit sei eine Erfindung ist eine Frechheit.
Absolut!
Ich habe mir, ehrlich gesagt, nur einige Posts auf der ersten Seite angesehen und die waren zu
100.00% Bullshit!Spätestens bei der Aussage: "
Da gabs eine Southpark Folge..." habe ich fast k*tzen müssen, entschuldigt bitte.
Wer in diesem Bereich keine Ahnung hat, soll einfach den Mund halten.
AD(H)S ist eine Krankheit, die als solche eingestuft wird, wie auch Depressionen. Die sind ja auch nicht
phantom.
Wer mir also sagt, AD(H)S sein eine Phantomkrankheit, der irrt nicht nur, sondern sollte ich vor solchen Äußerungen erst einmal einarbeiten.
Da ich 8 Seiten Posts übersprungen habe, weil es mir daher ehrlich gesagt zu blöde wurde, hier mal etwas über AD(H)S.
Übrigens:
Mein Wissen habe ich ich als indirekt betroffener und durch Besuche von Selbsthilfegruppen, Ärzten, Vorlesungen und Büchern. Fragt mich also nicht nach Links.
Ich bin insofern betroffen, da wir in der Familie einen Fall von ADHS haben.
Zuerst mal die Erklärung, was ADHS bedeutet:
Aufmerksamkeits
defizit-/
Hyperaktivitäts
störung
Das H ist nicht bei jedem betroffenen generell gegeben und muss diagnostiziert werden.
Die Krankheit wirkt sich dahingehend aus, dass durch Dopaminmangel gewisse, bei jedem betroffenen andere, Informationen nicht im Gehirn transportiert werden können. Dies geschieht dadurch, dass Fresszellen, die an sich überschüssiges Dopamin entsorgen sollen, bedingt durch einen genetischen Defekt, zu viel Dopamin fressen und so Informationen gar nicht ihr Ziel erreichen.
Etwas 30% der betroffenen sind Mädchen, der Rest Jungen. Die Krankheit wird ausschließlich durch Vererbung übertragen und kann einzelnen Generationen überspringen, sodass z.B. der Opa es hat, der Sohn dann nicht, aber dessen Sohn es dann wieder hat.
Meist macht sich die Krankheit ab ca. dem 3. Lebensjahr bemerkbar.
Betroffene reagieren sehr unterschiedlich darauf. Der eine sitzt still in der Ecke, scheinbar völlig abwesend, der andere ist der berühmte
Zappelphilip. Dazwischen gibt es unendlich viele Facetten.
Generell ist ADHS unheilbar, da es sich um einen Defekt im Gehirn handelt, den man sogar per MRT sichtbar machen kann.
Medikamente, wie das weit verbreitete Ritalin, Concierta, oder ähnliche wirken der Krankheit entgegen, indem sie dem Köper Dopamin zuführen und das in einer Menge, die die Fresszellen nicht mehr bewältigen können. So können die betroffenen dann in dem meisten Fällen beinahe
normal leben, sich konzentrieren, arbeiten, etc.
Ein Beispiel, was ADS (Ich lasse das H mal weg, da oben erklärt) bewirkt.
Angenommen ich telefoniere gerade, dann klingelt der Postbote und draußen fährt ein lautes Auto vorbei. So weit, so gut.
Ich werden den Gesprächspartner bitten, kurz zu warten, da es geklingelt hat. Dann öffne ich, nehme das Paket entgegen und beachte das Auto allenfalls kurz, ohne aber näher drauf eizugehen. Sollte ein weiteres Ereignis eintreffen, werde ich diesem eine gewisse Priorität geben und entsprechend handeln.
Gleiche Situation, aber aus Sicht eines ADSlers:
Ich lege den Hörer weg, weil mich das Auto mehr interessiert. Ich öffne die Tür und sehe den Postboten, werde es aber vielleicht für einen dummen Zufall halten, dass er gerade kommt, wo ich die Türe öffne, denn das Auto hat immer noch die höchste Priorität gerade ud die Kingel habe ich vergessen/überhört, wegen des Autos.
Ich nehme, eher nebenher das Paket entgegen und schaue dem Auto nach. Erst wenn dieses weg ist, gehe ich zurück ins Haus.
Das Telefonat habe ich inzwischen so weit verdrängt, dass ich mich darum gar nicht mehr kümmere.
Sollte noch ein Ereignis eintreten, wird dieses augenblicklich die höchste Priorität bekommen.
Ich weiß nicht, ob das verständlich ist, es ist ein sehr schweres Thema, das selbst in der Familie immer wieder unnötig auch zu Streitsituationen führte.
AD(HS)Sler leben permanent mit verdrehten Prioritäten, nehmen oft Dinge wahr, die ein normaler Mensch gar nicht erkennt und sorgen so dafür, dass sie sich selber im Weg stehen, weil sie von den kleinsten Veränderungen/Gegebenheiten abgelenkt werden
Eine Diagnose ist in jedem Fall aber eine langjährige Prozedur und das Leben damit sehr oft Folter. sowohl für den erkrankten, als auch für sein Umfeld. Es erfordert, wenn nötig, eine sehr gezielte Medikation, die während des Wachstums auch laufend angepasst werden muss. Eine Tablette und der Schmerz ist weg, so einfach ist es leider nicht.
AD(H)Sler brauchen feste Regeln, für alles und jedes. Sie reagieren, im Gegensatz zu gesunden Menschen, sehr viel stärker auf Belohnungen oder Bestrafungen. Daher sind solche Leute z.B. bei Computerspielen oft schneller und besser als gesunde, da sie sofort belohnt oder bestraft werden (Game over). Das ermöglicht das RL gar nicht, was zu einem Teufelskreis führen kann.
Mit dem Erwachsenwerden bestehen gute Chancen, dass die gesunde Gehirnhälfte die Funktionen der geschädigten z.T. übernimmt/ersetzt, sodass viele bestoffene ohne Medikamente fast normal leben können. Bei ca. 25% der betroffenen aber wird es sich nicht
auswachsen, wie man sagt. Auf alle Fälle sind erkrankte keine schlechteren Menschen, manchmal sogar eher die besseren, wie ich finde und ich habe durch unseren Fall schon viele kennen gelernt.
Aber gut, ich möchte keine Enzyklopädie dazu schreiben. Es ging mir nur so´n bisschen auf die Nerven, dass hier einige etwas schreiben, obwohl sie wahrscheinlich keine Ahnung vom Thema haben. Wer Fragen hat, kann sie mir gerne stellen, aber ich sage gleich, ich bin weder Arzt, noch geschult, aber ich habe über viele Jahre hinweg täglich meine Erfahrungen gesammelt und mich, soweit ich konnte, auch fachlich ein gutes Stück eingearbeitet.
Mit ist nur eines sehr wichtig, daher nochmals:
AD(H)S ist eine anerkannte Krankheit und gehört nicht in die Kategorie der Simulation, der Phahantomkrankheiten oder in die der Phantasie. Hier würde ich mir allgemein eine höhere Akzeptanz wünschen.
Gucky.