Do-X schrieb: Der Bildungsgrad/Arbeit haben oder nicht, ich finde, man sollte nicht Menschen daran bemessen, sondern an der Hingabe, wie sie es schaffen, trotz aller Unstände ihren Nachwuchs in Liebe und Würde großzuziehen.
Das stimmt natürlich - aber bei unserem "Klientel" ist es leider oft so, dass das Kind Mittel zum Zweck (=Sicherung einer Beziehung und damit Sicherung eines bestimmten Lebensstandards) ist, nicht geliebtes Überbleibsel einer gescheiterten Beziehung. Ich habe mal außerhalb der Schule ehrenamtlich ein Kind betreut, das in Deutschland gezeugt wurde, dann kam es zur Trennung, die Mutter ging ins fremdsprachige Ausland, traf dort zehn Jahre später einen Mann, der zur Bedingung machte, dass das Kind nicht mit im Haushalt - dann nahm sie das Kind, flog es nach Deutschland, zum Vater, zu dem 10 Jahre kein Kontakt bestand. Die beiden konnten nicht einmal miteinander sprechen, da das Kind kein Deutsch konnte - ich habe dann mitgeholfen, dass das Kind schnell Deutsch lernte. Vom Schmerz, Mutter, Heimatland und Lebensumfeld verloren zu haben nicht zu sprechen. Und es gab glücklicherweise schnell eine emotionale Annährung von Vater und Sohn (und von der Stiefmutter, die das mittrug und einfach nur Mitleid mit dem Kind hatte).
Do-X schrieb:Natürlich weiß man nicht, ob der Nachwuchs später bereit dazu ist, ob er nicht selber krank wird oder vorher stirbt, aber rein aus gesundheitspolitischer Sicht werden Kinder irgendwann mal - außer, dass sie die Renten und säntliche Pflichtversicherungen garantieren - das Non plus Ultra sein.
Das wird die Frage sein ... auch, ob es geht. Ich habe zwei alleinstehende Tanten um die 80, die im gleichen Dorf wohnen, ehrlich ist es mein Mann, der da unterstützt und Tante 1 mit zum Einkaufen nimmt. Ich würde es mit Vollzeitjob und drei Kindern, Haus und Garten gar nicht schaffen, noch eine zeitintensive Baustelle aufzumachen. Wenn meine Eltern pflegebedürftig werden (das Verhältnis ist eh nicht eng) würde ich echt lieber jemanden auf 520€ Basis anstellen, der das dann übernimmt mit dem Einkaufen, den Arztbesuchen, etc.
Do-X schrieb:Mir tun nur die Menschen leid, die einen sehnlichen Kinderwusch haben, der nicht erfüllt werden kann. Noch nicht ...
Ja, das muss echt total doof sein. Aber ich glaube, ein Tabuthema ist auch, was du tust, wenn deine Kinder gar nicht zu dir passen. Das ist ja bei uns in der Familie der Fall. Meine Eltern können mit meinem Bruder und mir so absolut nichts anfangen, daher sind Zusammenkünfte oft sehr gestelzt - oder werden vermieden. Ich habe ja vor Jahren unsere Mutter dabei "erwischt", wie sie ihren Geburtstag in einem Lokal gefeiert hat - mit mindestens 20 Leuten, wir aber nicht eingeladen waren. Sie hat uns mittags zum Kaffee gebeten - abends habe ich gearbeitet und noch eine Kollegin heimgefahren, die kein Auto hatte - und fuhr am Lokal vorbei, wo das Auto meiner Schwester und meiner Eltern stand. Da war schon klar - hier wird gefeiert, aber ohne uns. Mein Bruder und ich fühlen uns so elternlos, obwohl sich unsere Eltern, glücklicherweise, mit Ü80 noch bester Gesundheit erfreuen. Aber sie nehmen diese Rolle in unserem Leben nicht ein.
Roesti schrieb:Als ob sich der Wert einer Person für die Gesellschaft nur dadurch definiert, wieviel Geld sie dem Staat einbringt.
Das habe ich auch nicht geschrieben. Wir haben aber Kinder an unserer Schule, die sehr ungeliebt sind. Die (oft alleinerziehenden) Elternteile leben von Sozialhilfe und versuchen oft, durch Beziehungen ihren sozialen Status zu verbessern. Dabei ordnen sie dieses Interesse über das Interesse ihrer Kinder. Wir haben Kinder, die nicht ausreichend zu Essen bekommen, die ohne Intervention der Schulsozialarbeit immer die gleichen Klamotten tragen, ... kurz - elementare Lebensbereiche werden völlig vernachlässigt. Oft passiert dann Folgendes: Das Kind fühlt sich ungeliebt und sehnt sich nach Familie - wird früh und ohne Ausbildung schwanger - wird verlassen - und ist im gleichen Zyklus wie auch schon die Eltern vor ihnen.