MrsEvilParasit schrieb am 11.05.2018:Wer suizid begehen möchte, tut es eh.
Dazu nochmal:
Es gibt wohl Studien, dass die Suizide in Ländern in denen es passive Sterbehilfe gibt sogar sinken.
Einfach weil totkranke Patienten WISSEN, dass es diesen Ausweg gibt. In irgendeinem Staat in den USA ist das legal (aber nur für Einwohner, also ist kein Sterbetourismus möglich), haben sie mal Bilanz gezogen, dass ein Großteil der ausgestellten Rezepte für das tödliche Medikament niemals eingelöst werden.
Die entsprechend Kranken besorgen sich das Rezept, weisen Angehörige an und wissen dann sicher:
"Es gibt einen sicheren Ausweg." und sind dann in der Lage von Tag zu Tag noch das Schöne zu würdigen, weil ihnen die Angst vor einem unwürdigen Dahinvegetieren oder massivem Leid nicht mehr im Nacken sitzt.
Das geht so in der Form aber in der Schweiz meines Wissens nicht, weil Natriumpentobarbital da nicht verschreibungsfähig ist, sondern zu den Medikamenten gehört, die einem Patienten zwar verordnet, aber nur durch medizinisches Fachpersonal zugänglich gemacht bzw verabreicht werden dürfen (das ist in Deutschland z.B. bei Narkosemitteln genauso).
Also das Rezept da für alle Fälle in den Schrank legen und schauen wie lang es noch gut geht, ist da soweit ich weiß nicht möglich und für "Sterbetouristen" eh nicht.
MadamMim schrieb:Aber wie funktioniert das denn genau? Braucht es dafür eine Patientenverfügung oder dergleichen?
Da kommt es erheblich darauf an, wie Deine Mutter gehen möchte.
Möchte sie an einem bestimmten Punkt aktiv sagen "jetzt ist genug", dann nutzt eine Patientenverfügung genau gar nichts.
Wie gesagt, "aktive Sterbehilfe" also das Verabreichen einer tödlichen Substanz ist auch in der Schweiz verboten.
Für den "assistierten Suizid" ist es unumgänglich, dass Deine Mutter alles Vorbereitungen wie Kontaktaufnahme, Ausfüllen der Anträge usw selbst übernimmt (natürlich kann dabei geholfen werden, wenn sie z.B. nicht mehr schreiben kann).
Wenn sie in der Schweiz bei Dignitas oder einer anderen Organisation sterben möchte, dann ist das nur möglich solange sie noch in einem Zustand ist in dem der Arzt vor Ort beurteilt, dass der Sterbewunsch von ihr ausgeht, sie muss also geistig noch zurechnungsfähig sein und das muss auch für jemanden der sie nicht kennt noch ersichtlich sein.
Außerdem muss sie noch in der Lage sein das Mittel selbstständig zu sich zu nehmen.
Also wenn jemand z.B. die Arme nicht mehr bewegen kann ist es zwar zulässig wenn jemand den Becher mit einem Strohhalm oder so hält, aber sie muss noch in der Lage sein das Medikament selbstständig einzunehmen, hierbei ist weniger wichtig, dass sie den Becher selbst halten kann sondern, dass eindeutig ist, dass sie genau weiß was sie da tut und sich das so ausgesucht hat.
Da jeder diesen Vorgang auch noch abbrechen kann (also den Kopf schütteln und das doch nicht trinken reicht), würde ich, auch wenn es fies klingt, die entsprechenden Kontakte lieber zu früh als zu spät herstellen, wenn Deine Mutter sich nicht mehr selbst äußern kann gibt es KEINE Möglichkeit mehr zur Durchführung dieses selbstbestimmten Sterbeprozesses.
MadamMim schrieb:Zum Hintergrund: Meine Mutter, an COPD erkrankt, hat mir eröffnet, dass sie nicht jämmerlich ersticken möchte, wenn die Krankheit fortschreitet.
Theoretisch gibt es für solche Fälle auch in Deutschland Hilfen.
Bei Patienten die von einem Atemgerät abhängig sind und feststeht, dass dies nicht mehr besser wird, dann ist in Deutschland theoretisch eine "indirekte Sterbehilfe" erlaubt.
Dabei würde sie dann eine tiefe Sedierung bekommen ehe das Atemgerät ausgeschaltet wird, sie würde dann technisch betrachtet zwar ersticken, aber die tiefe Sedation würde verhindern dass sie das bewusst miterlebt.
Ob hier eine Patientenverfügung irgendwas nutzt oder es diesen Weg auch nur gibt wenn der Patient seinen Willen noch aktiv ausdrücken kann weiß ich nicht.
Allerdings schreibe ich bewusst, dass diese Möglichkeit theoretisch existiert, weil es wohl leider tatsächlich so ist, dass die deutsche Gesetzgebung diese Tiefensedation mit anschließender Abschaltung des Atemgerätes erlaubt, weil der Tod in diesem Fall durch den Arzt nicht herbeigeführt, sondern lediglich zugelassen wird.
In der Praxis habe ich aber zahlreiche Berichte von Patienten bzw deren Angehörigen gelesen, die vergeblich versucht haben einen Arzt zu finden, der sich für diese "Behandlung" bereiterklärt, denn verpflichtet ist ein Arzt leider nicht diesem Behandlungswunsch zu entsprechen.
Deswegen ist es zwar theoretisch möglich sich in die Richtung beraten zu lassen und zu sagen "Ok, sobald ich ein Atemgerät brauche gehen wir diesen Weg."
Man sollte aber eben bedenken, dass es keinen Garantie gibt, dass sich dann auch ein Arzt findet, der einen bei diesem Weg begleitet.
MadamMim schrieb:Kann mir daher evtl jmd hier beantworten, ob beispielsweise Angehörige dabei bleiben dürfen, ob sie es vorab via Patientenverfügung anordnen muss usw.?
Da der assistierte Suizid wie gesagt nur möglich ist solange der Patient den Willen noch selbst äußern kann und das Medikament selbstbestimmt einnehmen ist eine Verfügung hier nicht erforderlich, der Patient entscheidet einfach selbst wen er im Raum haben will oder nicht.
Allein "danach" gibt es einen Zeitraum in dem die Angehörigen das Zimmer verlassen müssen.
Da ein assistierter Suizid kein natürlicher Tod ist muss der Sterbebegleiter in der Schweiz nach Eintritt des Todes die Polizei rufen.
Das klingt schlimmer als es ist und die Begleiter sind auch darauf geschult Angehörige hier zu unterstützen, denn das ist einfach eine Standardprozedur, aber da Sterbehilfeorganisationen und Polizei sich in der Regel kennen ist mir nun kein Fall bekannt in dem diese Ermittlungen dann über ein Verständliches Ausmaß an "Nachgucken ob alles ablief wie es soll" hinausging.
Manche Sterbehilfeorganisationen filmen den Vorgang deswegen mit Einverständnis von Patient und Angehörigen, einfach um diese Ermittlungen zu vereinfachen.
Was die Rücküberführung angeht, also ob der Leichnam zurück nach Deutschland überführt wird (das dürfte sehr kostspielig sein) oder z.b. vor Ort kremiert und dann die Asche überführt und nach Deinen Wünschen beigesetzt, auch das sind Dinge die ihr sicher mit der Organisation besprechen könnt, die kennen sich da mit Sicherheit aus.
Ich wünsche Dir auf Eurem Weg viel Kraft.
satansschuh schrieb:Damit wäre ich einverstanden. Allerdings habe ich Zweifel daran, ob es funktionieren würde, mit einer Unterstützung Lebensituationen zum positiven zu verändern.
Es würde ja explizit darum gehen genau das rauszufinden und diese Therapeuten hätten auch eine ganz andere Aufgabe als die Leute vom Jobcenter.
Aber deswegen würde ich ja einen Zeitraum von 1-2 Jahren mindestens ansetzen.
Damit siebt man eben die aus bei denen es temporär ist, während Menschen die wirklich nicht mehr leben möchten auch einfach die Möglichkeit hätte diese 1-2 Jahre zu genießen in denen sie noch Neues kennenlernen und ausprobieren können und einfach wissen, dass am Ende ein Ausweg zur Verfügung steht sollten die positiven Erfahrungen und Veränderungen nicht ausreichend sein.
Allerdings wäre so etwas nur möglich, mit Klienten die sich auch auf das Programm einlassen, eine solche Arbeit mit jemandem der dann alles ablehnt und Gebetsmühlenartig wiederholt "bringt doch eh alles nichts, ich will nach Programmende eh sterben" ist den Therapeuten die sowas machen würden nicht zuzumuten und auch unfair jedem Steuerzahler gegenüber der solche Programme ja zwangsläufig mitfinanziert.