@Becky Du bist ein Vorbild für die Menschheit! Wenn alle Deinen beispiellosen Charakter hätten, wäre die Erde ein liebevoller, friedlicher, zufriedener Ort ohne Gewalt, Hass, Armut und vor allem ohne Egoismus. Du hast ein behindertes Kind zur Welt gebracht, pflegst es aufopferungsvoll, verzichtest auf Deine eigenen Bedürfnisse – und das absolute Highlight: Du liebst Dein Kind über alles und würdest es niemals gegen ein Gesundes tauschen – Hut ab, Du bist einer der wenigen Menschen, die ich bewundere!
Du hast geschrieben, dass Deine Freunde aufhören zu fragen, ob Du mit ihnen etwas unternehmen willst. Die müssen enorm umdenken und sich anders organisieren. Es müsste einer auf Dein Kind schauen und ein anderer mit Dir etwas unternehmen. Jetzt stellt sich mir die Frage, was wäre Dein größter Wunsch? Einmal ausschlafen, die Stille genießen oder unter Leute kommen und für ein paar Stunden den Alltag vergessen? – Das musst Du für Dich entscheiden. Es ärgert mich auch, dass Du in der verschwindend kleinen Zeit, die Du ohne Kind verbringst, den Haushalt machen musst. Das könnten Deine Freunde für Dich erledigen. Das ist für Leute mit „normalem“ Leben ein nicht so großer Aufwand. Wenn jeder nur ein paar Stunden pro Woche von seiner heiligen Freizeit Dir zur Verfügung stellt, hast auch Du etwas auf das Du Dich freuen kannst. Ich kann mir gut vorstellen, dass es Dir schwer fällt, Hilfe anzunehmen, aber bitte tu es.
Zu Deiner Frage, ob ich behinderte Kinder habe: ich habe einen Gen – Defekt, den ich an alle drei Kinder vererbt habe (ich will nicht genau nennen, welchen, damit mich „Bekannte“ nicht erkennen). Meine Kinder hatten von Geburt an Therapien und Spitalsaufenthalte (zum Teil auch in der Intensivstation). Ich weiß genau was es heißt, bei Behörden um Kostenübernahme von Therapien anzusuchen. Vor allem wenn man vollzeitberufstätig ist, wollen einem alle kostspielige Privattherapien und Behandlungen aufdrücken. Man hat mir eingeredet, dass es für Kassentherapien sehr lange Wartezeiten gibt und sie kürzere Einheiten haben. Ich ließ aber nicht locker und erreichte, dass die Therapien im Babyalter ambulant im Spital auf Kassenkosten stattfanden. Dann erfuhr ich, dass es Kinderkrippen und Kindergärten gibt, die ein auf jedes Kind zugeschnittenes Therapieangebot anbieten. Aber die nächste Hürde war, dass diese meistens nur halbtägig waren. Mein Partner war zwar zu Hause bis das jüngste Kind zwei Jahre alt war, dann konnte ich ihn aber nicht mehr davon abhalten, wieder Vollzeit arbeiten zu gehen. Ich war also unter enormen Zeitdruck zwei der wenigen Ganztagesplätze zu bekommen. Einen in so einer Kinderkrippe, den anderen im Kindergarten. (das älteste Kind ging schon zur Schule) Natürlich war diese Einrichtung einige Kilometer von unserem Wohnort entfernt, aber ich kämpfte trotzdem um die Plätze. Ich besorgte etliche Gutachten, wurde von einem Amtsarzt zum nächsten geschickt,… mein Glück war es, dass die wenigsten Eltern von Kindern mit besonderen Bedürfnissen Vollzeit arbeiteten. Ich konnte vorweisen, dass ich immer gleich nach dem Mutterschutz wieder Vollzeit einstieg und mein Partner hatte die Bestätigung von seinem Dienstgeber, dass er ab dem zweiten Geburtstag wieder Vollzeit übernommen wird – ich konnte mein Glück gar nicht glauben, als ich die Zusage für beide Plätze erhielt! Jetzt ging es nur noch um Beantragung der Kostenübernahme. Wir verdienen zwar eher wenig, trotzdem war der Selbstbehalt für beide Kids bei € 700,-- pro Monat. Wir mussten zwar sehr sparsam leben, aber es war finanzierbar. Die Therapien dort haben enorm geholfen, aber man musste daheim auch jeden Tag üben. Das mittlere Kind ging nach 3 Jahren Kindergarten in eine ganz normale Schule (hat nur mehr zwei mal pro Woche Nachmittags Therapie), das jüngste wird noch fast zwei Jahre dort bleiben aber es wird dann auch auf eine ganz normale Schule gehen.
Natürlich ist meine Situation nicht Ansatzweise mit der von
@Becky vergleichbar. Meine Kinder werden nach Abschluss der Therapien ein ganz normales, selbstständiges Leben führen. Ohne meinen Partner hätte ich nie Vollzeit arbeiten können. Mir ist sehr wohl bewusst, dass das ein Privileg ist. Auf Hilfe aus der Familie können wie beide nicht zählen, ich habe keine und bei der meines Partners muss man jede Kleinigkeit dreimal „zurückzahlen“ – da verzichten wir gerne drauf!
Ich bin deshalb so selten auf Allmy, weil ich fast keine Zeit dafür habe. Ich bin entweder arbeiten oder bei meinen Kids (letzteres ist für mich die schönste Freizeitgestaltung), mit denen ich weiterhin jeden Tag übe. Auch wenn mich hier die wenigsten verstehen, es macht mich wütend, wenn Leute ein Leben auslöschen, nur weil sie selbst „Leben“ wollen. Geld, Ausgehen, auf Urlaub fahren, Freizeit ist das Wichtiger als ein Menschenleben? Ich könnte das alles nicht mehr genießen, wenn ich wüsste, dass mein Kind deshalb hat sterben müssen.