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"L'Amour Toujours" als rechte Hass-Hymne

1.050 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Club, Disco, Volksverhetzung ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

"L'Amour Toujours" als rechte Hass-Hymne

08.03.2024 um 12:50
Zitat von -VOLLSTRECKER--VOLLSTRECKER- schrieb:Mich wundert schon nein wenig diese riesige Aufregung. Was mich aber noch viel mehr wundert ist, dass sich niemand darüber aufregt, was da gerade mit Tesla passiert, warum ist das so?
Gut, ausgerechnet von mir kommt das jetzt, der ja selbst nicht immer streng beim Thema bleibt, aber dennoch: Vorfall Tesla ist/wäre hier der falsche Thread.

Warum neigen meinem Eindruck nach gerne viele Rechte dazu (allgemein) von ganz bestimmten Themen abzulenken und auf Linksextremismus mit dem Finger zu zeigen? Oder auch nur auf den Verdacht auf Linksextremismus?
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:Radikal ist immer schlecht.
Besonders wenn das Radikale als Oberbegriff zumindest objektiv als gleich zu bewerten ist/wäre. Angriff auf besonders heikle Infrastruktur wie bspw. die Stromversorgung unseres Landes ist immer gleich schlecht - auch (für mich) unabhängig der Motive und des beabsichtigten Zwecks der Verantwortlichen.

Mord genauso. Jeder Mord ist als gleich schlecht mal so ausgedrückt zu bewerten - mit minimalen Unterschieden lediglich beim Schuldgehalt. (Bspw. mit dem Zusatz der Besonderen Schwere der Schuld und sich von anderen Morden nochmals unterscheidend)




Grundsätzlich gibt es aber Abstufungen bei Radikalität und die sowohl moralisch als auch rechtlich unterschiedliche Bewertungen zulassen.

Kann sowohl Objektive - wie auch subjektive Merkmale betreffen.

Bspw. würde ich nicht jeden Hate-Speech als gleich schwer oder fatal bewerten - je nach reinem Inhalt und/oder auch je nach Intention bzw. beabsichtigtem Zweck.

Dasselbe bei Protest/Protestformen

Usw...


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"L'Amour Toujours" als rechte Hass-Hymne

08.03.2024 um 12:52
Zitat von -VOLLSTRECKER--VOLLSTRECKER- schrieb:Mich wundert schon nein wenig diese riesige Aufregung. Was mich aber noch viel mehr wundert ist, dass sich niemand darüber aufregt, was da gerade mit Tesla passiert, warum ist das so?
Mach einen Thread dazu auf oder schreib es in den Linksextremismus Thread, niemand hält dich davon ab. Hier in dem Fall reden wir vom einem Rechten/Rechtsextremen Phänomen, wo ausländerfeindliche Parolen in die Mitte der Gesellschaft getragen werden und ein dulden/ normalisieren davon, wäre ein absolutes NoGo.


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"L'Amour Toujours" als rechte Hass-Hymne

08.03.2024 um 13:05
Zitat von AnfimiaAnfimia schrieb:Mach einen Thread dazu auf oder schreib es in den Linksextremismus Thread, niemand hält dich davon ab. Hier in dem Fall reden wir vom einem Rechten/Rechtsextremen Phänomen, wo ausländerfeindliche Parolen in die Mitte der Gesellschaft getragen werden und ein dulden/ normalisieren davon, wäre ein absolutes NoGo.
Das ist richtig, allerdings wird das vom Klientel nicht verstanden, man muss die Leute da abholen, wo sie angekommen sind.
Auch die extreme Linke hat keine bessere Moral.

Es handelt sich auch nicht um die Mitte der Gesellschaft, sondern um Loser, die Rattenfängern auf den Leim gehen.


15. März 2022
Aktivitäten völkischer Gruppen in NRW
Kleine Anfrage von Verena Schäffer
Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022

Völkische Gruppen sind insbesondere in ländlichen Regionen in NRW seit vielen Jahren aktiv. Der Antwort auf die Große Anfrage 22 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen“ (Drs. 17/11081) zufolge sind ehemalige Mitglieder der in den Jahren 2008 und 2009 verbotenen Vereine „Collegium Humanum“ und „Heimattreue Deutsche Jugend“ weiterhin in der rechtsextremen Szene in NRW aktiv. Über die „Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensmäßiger Lebensgestaltung e.V.“ steht in der Antwort auf unsere Große Anfrage, dass Kontakte des Vereins zur rechtsextremen Szene in NRW nicht ausgeschlossen werden können. Im Jahr 2021 gab es Hinweise auf Aktivitäten der „Anastasia Bewegung“ in NRW, die versucht haben soll, eine Immobilie zu erwerben. In der Sitzung des Innenausschusses vom 8. Dezember 2021 teilte das Innenministerium mit, dass es Kenntnis über Aktivitäten der „Anastasia Bewegung“ hat, diese jedoch kein Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes sei. (Vorlage 17/6112)

Anfang September 2021 fanden Durchsuchungen bei neun Rechtsextremen statt, denen die Bildung einer bewaffneten Gruppe vorgeworfen wurde. Ein Beschuldigter lebte in Nordrhein-Westfalen (Vorlage 17/5740). Ein führendes Mitglied dieser Gruppe soll nach Einschätzung von Expertinnen und Experten zur völkischen Szene gehören.1

Medienberichten zufolge will die Reichsbürger Gruppierung „Königreich Deutschland“ in Sachsen Immobilen kaufen, um dort „Gemeinwohldörfer“ zu errichten.2 In der völkischen Szene ist der Erwerb von Immobilen zur Gründung von abgeschotteten Gemeinschaften, in denen die völkische, antisemitische und rassistische Ideologie ungestört gelebt und gelehrt werden kann, eine wesentliche Strategie.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zu den Aktivitäten völkischer Gruppen in NRW vor?
Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zur Vernetzung der völkischen Szene mit der (übrigen) rechtsextremen Szene vor?
Welche Immobilien in NRW befinden sich im Besitz von Personen aus der völkischen Szene?
Welche Veranstaltungen der völkischen Szene haben in den letzten zehn Jahren in NRW stattgefunden? (Bitte Datum, Ort, Thema/Art der Veranstaltung und Teilnehmendenzahl angeben.)
Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zu völkischen Wehrsportgruppen bzw. Wehrsportveranstaltungen in NRW vor?


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"L'Amour Toujours" als rechte Hass-Hymne

08.03.2024 um 13:30
https://gruene-fraktion-nrw.de/parlament/aktivitaeten-voelkischer-gruppen-in-nrw/


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"L'Amour Toujours" als rechte Hass-Hymne

08.03.2024 um 15:28
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:Dogwhisteling ist eine beliebte Masche von Rechtsextremisten.
Ich muss zugeben, dass ich diesen Begriff gar nicht kannte. Deshalb musste ich nachschauen bei Wikipedia:
In politics, a dog whistle is the use of coded or suggestive language in political messaging to garner support from a particular group without provoking opposition. The concept is named after ultrasonic dog whistles, which are audible to dogs but not humans. Dog whistles use language that appears normal to the majority but communicates specific things to intended audiences. They are generally used to convey messages on issues likely to provoke controversy without attracting negative attention.
Quelle: Wikipedia: Dog whistle (politics)

Übersetzt durch den Google Translator lautet das so:
In der Politik ist eine Hundepfeife die Verwendung verschlüsselter oder suggestiver Sprache in politischen Botschaften, um die Unterstützung einer bestimmten Gruppe zu gewinnen, ohne Opposition zu provozieren. Das Konzept ist nach Ultraschall-Hundepfeifen benannt, die für Hunde, nicht aber für Menschen hörbar sind. Hundepfeifen verwenden eine Sprache, die für die Mehrheit normal erscheint, dem beabsichtigten Publikum jedoch bestimmte Dinge mitteilt. Sie werden im Allgemeinen verwendet, um Botschaften zu Themen zu übermitteln, die Kontroversen hervorrufen könnten, ohne negative Aufmerksamkeit zu erregen.
Dieses Phänomen des Dogwhisteling habe ich auch kennengelernt: damit wird ausländerfeindliche Gesinnung transportiert.


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"L'Amour Toujours" als rechte Hass-Hymne

08.03.2024 um 15:36
Zitat von -VOLLSTRECKER--VOLLSTRECKER- schrieb:Mich wundert schon nein wenig diese riesige Aufregung. Was mich aber noch viel mehr wundert ist, dass sich niemand darüber aufregt, was da gerade mit Tesla passiert, warum ist das so?
Hmm- wenn das hier so etwas in diese Richtung werden soll: "Schlägst du meine Kinder, schlag' ich deine Kinder": Ich persönlich lehne Links- und Rechtsextremismus gleichermaßen ab. Sowohl die Ziele, als auch die Methoden.

Ich sehe jetzt einfach keine Grundlage, den Brandanschlag auf die Tesla-Stromversorgung (vermutlich linksextrem motivierte Tat) in Zusammenhang mit dem hier diskutierten Phänomen zu erörtern. Beides ist abzulehnen - da erschöpft sich auch die Gemeinsamkeit schon weitgehend.
Zitat von FüchschenFüchschen schrieb:Diese Menschen haben nicht verstanden, dass sie etwas in ihrem eigenen Leben ändern müssen, um sich wohler zu fühlen. Statt dessen suchen sie einen Sündenbock, dem sie alle eigenen, negativen Gefühle auferlegen können und aus dem Dorf jagen. Das ist eine uralte Zeremonie, die wohl einem Urbedürfnis solchermaßen veranlagter Menschen entspricht.
Die Altersgruppe, die heute in Discotheken bzw. Clubs, teils auch auf Dorffesten feiert, dürfte doch im wesentlichen der Altersgruppe U30 angehören. Klar, es sind auch mal Ältere dabei, aber gegen Ende 20 verlagern sich doch bei vielen Menschen die Interessen, man zieht nicht mehr dauernd um die Häuser: Die Mehrzahl der Leute auf einer Tanzfläche dürfte sogar deutlich jünger sein.

Das vorausgeschickt, müssten es also eher junge Leute sein, die die hier diskutierte Parole grölen. Für mich ist da ein logischer Bruch: Es handelt sich doch um die Generation, die bereits mit Handy und Internet aufgewachsen ist ("digital natives"), die vielfach die halbe Welt bereist hat, teils im Ausland studiert hat und die bereits in einer Umgebung groß geworden ist, in der Menschen mit Migrationshintergrund von Anfang an dabei waren. Mehr noch, diese Generation besteht ja ihrerseits bereits gut zur Hälfte aus Menschen mit einer, wie auch immer gearteten, Migrationsgeschichte.

Anders als vor vielen Jahren, besteht auch für diese Generation kaum ein Wettbewerb um Ausbildungsstellen, oder um Arbeitsplätze - wir haben Fachkräftemangel, sogar Stellen mit vergleichsweise geringer Eingangsqualifikation können derzeit nicht besetzt werden. Einzig die Wohnraumsituation ist schwierig, aber das ist besonders in Ballungsgebieten der Fall.

Vor diesem Hintergrund sehe ich keine ökonomische Erklärung für die von @Füchschen angesprochene Unzufriedenheit. Die junge Generation hat im Schnitt erhebliche Geldmittel zur Verfügung, muss keinen Wehr- oder Zivildienst leisten, hat Zugriff auch alle Wissensquellen, kann sich gesellschaftlich und politisch einbringen. Mit ihrer Elterngeneration hat ein Großteil wenig bis keine Probleme.

Die Parolen "Ausländer raus" und "Deutschland den Deutschen" kommen mir vor, wie aus der Zeit gefallen- welcher Art von Unzufriedenheit will man also Ausdruck verleihen? Woran stört man sich bei den "Ausländern", außer an ihrer bloßen Anwesenheit?

Oder ist es am Ende alles eben doch ein Ausdruck völkisch-nationaler, ethnisch-exklusiver Denkweise?


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"L'Amour Toujours" als rechte Hass-Hymne

08.03.2024 um 15:48
Zitat von sallomaeandersallomaeander schrieb:Für mich ist da ein logischer Bruch: Es handelt sich doch um die Generation, die bereits mit Handy und Internet aufgewachsen ist ("digital natives"), die vielfach die halbe Welt bereist hat, teils im Ausland studiert hat und die bereits in einer Umgebung groß geworden ist, in der Menschen mit Migrationshintergrund von Anfang an dabei waren. Mehr noch, diese Generation besteht ja ihrerseits bereits gut zur Hälfte aus Menschen mit einer, wie auch immer gearteten, Migrationsgeschichte.
Man kann ja auch nicht die gesamte jüngere Generation von heute über einen Kamm scheren. Weder in ihrem Denken noch in ihrem Erlebten, ihren Wohn- und Arbeitsverhältnissen, ihrer Bildung usw....


Ich glaube nicht, dass sich die liberale-weltoffene jüngere Generation, die ja nur einen Teil der heutigen jungen Generation ausmacht, zu ganz bestimmten Hass-Reden oder Hass-Parolen/Gesängen hätte verleiten lassen.
Zitat von sallomaeandersallomaeander schrieb:Fachkräftemang
Der - einschließlich der normale Arbeitermangel je nach Branche und wo keine höheren Qualifikationen nötig wären - ohne die ganzen Ausländer bzw. überhaupt ohne die ganzen Menschen mit Migrationshintergrund noch gravierender wäre.

Ohne die Ausländer wäre Deutschland und der geregelte Alltag einschließlich das Privatleben vieler Menschen schon längst zusammengebrochen.


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"L'Amour Toujours" als rechte Hass-Hymne

08.03.2024 um 15:48
Zitat von sallomaeandersallomaeander schrieb:Das vorausgeschickt, müssten es also eher junge Leute sein, die die hier diskutierte Parole grölen. Für mich ist da ein logischer Bruch: Es handelt sich doch um die Generation, die bereits mit Handy und Internet aufgewachsen ist ("digital natives"), die vielfach die halbe Welt bereist hat, teils im Ausland studiert hat und die bereits in einer Umgebung groß geworden ist, in der Menschen mit Migrationshintergrund von Anfang an dabei waren. Mehr noch, diese Generation besteht ja ihrerseits bereits gut zur Hälfte aus Menschen mit einer, wie auch immer gearteten, Migrationsgeschichte.
Das ist nicht das Klientel von Dorfdiscos, das sind eher Leute die keinen höheren Bildungsabschluss haben, sondern eine Ausbildung als Landwirt, Garten und Landschaftsbauer, Baumschule Autoschrauber oder Dachdecker gemacht haben.


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"L'Amour Toujours" als rechte Hass-Hymne

08.03.2024 um 15:58
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:Garten und Landschaftsbauer,
Mein alter Ausbildungsberuf.
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:sondern eine Ausbildung als Landwirt, Garten und Landschaftsbauer, Baumschule Autoschrauber oder Dachdecker gemacht haben.
Allerdings kann man auch unter diesen nicht alle Menschen über einen Kamm scheren.

Zudem sind (sollen) viele mit fremdenfeindlicher Neigung auch arbeitslos sein. Da könnte ich mir schon vorstellen, wie auch früher schon, dass für diese Misere gerne den Ausländern die Schuld gegeben wird. Aber man kann auch nicht alle Arbeitslosen über einen Kamm scheren.


Davon mal ab, dass Fremdenfeindlichkeit einschließlich Rassismus auch unter gebildeteren Schichten vorkommt. Oder auch in sogenannten christlichen-erzkonservativen-bürgerlichen Kreisen, obwohl Gott und Jesus alle Menschen unabhängig ihrer Herkunft und Hautfarbe und sexuellen Orientierung lieben würde.

Bildung und Erziehung schützen nicht vor Hass und Abneigung als Oberbegriffe. Ebenso wenig vor Ängsten und Vorurteilen.

Die falsche Erziehung kann sogar Fremdenfeindlichkeit fördern bzw. können Kinder vom Elternhaus negativ geprägt worden sein.


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"L'Amour Toujours" als rechte Hass-Hymne

08.03.2024 um 16:03
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Davon mal ab, dass Fremdenfeindlichkeit einschließlich Rassismus auch unter gebildeteren Schichten vorkommt. Oder auch in sogenannten erzkonservativen-bürgerlichen Kreisen.
Das sind dann die Anstifter.
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Bildung und Erziehung schützen nicht vor Hass und Abneigung als Oberbegriffe. Ebenso wenig vor Ängsten und Vorurteilen.

Die falsche Erziehung kann sogar Fremdenfeindlichkeit fördern bzw. können Kinder vom Elternhaus negativ geprägt worden sein.
Das bestreite ich auch gar nicht, es gibt halt Rattenfänger, die eine perverse Ideologie verbreiten.


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"L'Amour Toujours" als rechte Hass-Hymne

08.03.2024 um 16:15
Zitat von sallomaeandersallomaeander schrieb:Vor diesem Hintergrund sehe ich keine ökonomische Erklärung für die von @Füchschen angesprochene Unzufriedenheit. Die junge Generation hat im Schnitt erhebliche Geldmittel zur Verfügung, muss keinen Wehr- oder Zivildienst leisten, hat Zugriff auch alle Wissensquellen, kann sich gesellschaftlich und politisch einbringen. Mit ihrer Elterngeneration hat ein Großteil wenig bis keine Probleme.
Ich denke, es ist richtig was @rhapsody3004 schreibt:
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Man kann ja auch nicht die gesamte jüngere Generation von heute über einen Kamm scheren. Weder in ihrem Denken noch in ihrem Erlebten, ihren Wohn- und Arbeitsverhältnissen, ihrer Bildung usw....
Bleiben wir mal bei Kalbach, Hessen, wo die Parolen in der Disco gegrölt wurden.
Die prozentuale Aufteilung der Gesamtfläche nach der Nutzung ergibt folgendes Bild:

Landwirtschaft: 47%
Wald: 40%
Wasserfläche: 1%
Unland: 1%
Gebäudeflächen und Straßen: 11%

Bei den landwirtschaftlichen Flächen dominiert die Grünlandnutzung mit 66% vor den Ackerflächen.
Weiß jemand, was "Unland" ist?

Quelle: https://www.gemeinde-kalbach.de/gemeinde-und-rathaus/zahlen-daten-fakten

Die Einwohnerzahl ist wohl eher dörflich geprägt mit insgesamt 6541 Einwohnern.


Gemeinde Kalbach
Quelle: https://www.gemeinde-kalbach.de/gemeinde-und-rathaus/zahlen-daten-fakten

Ich höre in dem Videoclip aus Kalbach Männerstimmen grölen. Und sie grölen eben nicht "Ausländerinnen raus!", sondern "Ausländer" raus. Ich höre da viele eifersüchtige Männerstimmen.


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08.03.2024 um 16:18
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:Das sind dann die Anstifter.
Ja, aber auch nicht ausschließlich nur.

Aber sagen wir so: ein höherer IQ+höhere Bildung+Fremdenfeindlichkeit und Rassismus ergeben erst recht einen sehr gefährlichen Cocktail.
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:Das bestreite ich auch gar nicht, es gibt halt Rattenfänger, die eine perverse Ideologie verbreiten.
Umso schlimmer nochmal, wenn es sich dabei um Rattenfänger aus der Politik handelt.

Aber Rattenfänge gibt es natürlich nicht nur in der Politik.
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:as ist nicht das Klientel von Dorfdiscos
Ich bediene jetzt mal selbst Vorurteile:

Unter vielen (nicht allen) kann ich mir folgenden Typus ähnlich meines Vaters (Baujahr 1953) vorstellen:

Extrem schon krankhaft heimatverbunden und bis heute auch nichts anderes als Deutschland oder auch nur ihr Bundesland oder gar nur ihre jeweilige Stadt oder Dorf kennengelernt.

Auch kulturell wird versucht nur deutsche Kultur (wenn möglich) zu konsumieren: Musik, Film, Essen und was alles unter Kultur sonst noch so fallen kann.

Ebenso wird der Freundes- und Bekanntenkreis sehr streng selektiert aussehen. Oder auch wo bevorzugt nur eingekehrt wird - zum Essen, Feiern usw....

Usw....

Das könnte ich mir bei vielen, nicht allen, vorstellen. Und das besonders in eher ländlichen Gegenden.

Menschen in bspw. Großstädten dürften ja internationales Flair zumindest hier und da eher gewohnt sein. Wobei es natürlich auch Fremdenfeindlichkeit und krankhafter Patriotismus auch unter Großstädtern gibt.

Ps.
Mein Vater hat aber im Gegensatz zu vielen anderen Patrioten bzw. Pseudo-Patrioten nichts gegen Menschen anderer Herkünfte und Hautfarben.


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"L'Amour Toujours" als rechte Hass-Hymne

08.03.2024 um 16:36
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:
Davon mal ab, dass Fremdenfeindlichkeit einschließlich Rassismus auch unter gebildeteren Schichten vorkommt. Oder auch in sogenannten erzkonservativen-bürgerlichen Kreisen.

Das sind dann die Anstifter.
Ich glaube, es ist nicht so einfach, den Mechanismus zu erkennen, mit dessen Hilfe diese Fremdenfeindlichkeit im Laufe der Zeit so an Boden gewonnen hat, dass jetzt in einer Diskothek in Kalbach ganz unverblümt gegrölt wird, was man denkt.

Ja, es gilt, jeden einzelnen der Anstifter zu erkennen.

Wenn ich so darüber nachdenke, schwimmt die Fremdenfeindlichkeit auf einer Welle der Emergenz. Vorher wurden ganz viele Meme in der Netzkultur gestreut. Dahinter stecken gewiss gebildetere Schichten.


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"L'Amour Toujours" als rechte Hass-Hymne

08.03.2024 um 18:37
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:(Baujahr 1953)
Die Älteren wissen in der Regel noch was sich gehört und was nicht, das schlimmste ist der unverheirate Mittvierziger, der beruflich wenig erreicht hat, außer Kneipe, Dorfdisco, Muckibude und Angeln keine Hobbys hat, seine Eltern hatten eine kleine Nebenerwerbsstelle, das meiste Land ist bei der Flurbereinigung an den Nachbarn gegangen oder verpachtet, auf den restlichen Weiden und im Stall stehen 20 bis 30 Reitpferde.

So etwas gibt es en masse im südwestlichen Münsterland und am angrenzenden Niederrhein.


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"L'Amour Toujours" als rechte Hass-Hymne

08.03.2024 um 20:41
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:Die Älteren wissen in der Regel noch was sich gehört und was nicht,
Das mag insofern richtig sein, als das Grölen der im EP genannten Parolen wohl den allermeisten dieser Altersgruppe peinlich wäre, unabhängig davon, wie sie über das Thema denken.

Die Parolen sind nämlich glasklarer NPD-Sprech - ich erinnere mich noch an deren zynisch gemeinte "Gute Reise"-Plakate, die ausländisch anmutende Frauen von hinten mit dicken Einkaufstüten zeigten. Die habe ich selbst im Hamburger Umland hängen gesehen, übrigens unweit des Ortes, wo jemand vor einiger Zeit Gegendemonstranten einer AfD-Tagung mit dem Auto angefahren hat.

Wie ich schon ausführte, dürfte es sich bei den Leuten auf den Tanzflächen, die die Parolen grölen, und deren Claqueuren auf TikTok und in anderen sozialen Netzwerken, mehrheitlich um jüngere Menschen handeln.

Selbstverständlich repräsentieren sie nicht die vorherrschende Denkweise ihrer Generation; dass sich dann doch so viele mit solchen Parolen identifizieren, sie weiterverbreiten, "liken" oder gar eigene Memes und Shorts mit zustimmendem Unterton verbreiten, erschreckt dann aber doch.
Zitat von WurstsatenWurstsaten schrieb:So etwas gibt es en masse im südwestlichen Münsterland und am angrenzenden Niederrhein.
Wobei ich mir aber eben unsicher bin, ob Hass gegen Ausländer eben verstärkt dort grassiert, wo die eigene Biografie suboptimal verlaufen ist, oder ob solche Haltungen nicht auch von Menschen verbreitet und gesellschaftsfähig gemacht werden, die dazu, objektiv betrachtet, keine Veranlassung haben.

Es ist ja beispielsweise kein Geheimnis, dass ausländerfeindliche Politik oft dort Zuspruch und Unterstützung erfährt, wo kaum oder gar keine Menschen mit Migrationsgeschichte leben.

Wer mit seinem eigenen Leben unzufrieden ist, warum auch immer, sucht vielleicht nach Sündenböcken dafür. So weit habe ich auch die Beiträge von @Füchschen und @Wurstsaten verstanden.

Ich habe aber die düstere Ahnung, dass die Parolen eher Ausdruck einer diffus oder konkret empfundenen politischen Zugehörigkeit sind, es unter manchen Menschen quasi angesagt ist, so zu denken. Ich glaube auch einfach nicht, dass es denen allen so schlecht geht. Wer in der Lage ist, in der Disco Gesänge anzustimmen, gehört doch in meinen Augen keiner abgehängten, unglücklichen, unzufriedenen Gruppe an. Wer feiert, hat doch in der Regel Mittel und Gelegenheit dazu, und wer Parolen zu mehreren in der Öffentlichkeit grölt, weiß sich der Unterstützung anderer sicher.

Da sind in meinen Augen unweigerlich auch Leute dabei, denen es peinlich wäre, würde man sie in ihrer Familie oder am Arbeitsplatz mit ihrem Tun konfrontieren.


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08.03.2024 um 21:15
Zitat von sallomaeandersallomaeander schrieb:Ich glaube auch einfach nicht, dass es denen allen so schlecht geht. Wer in der Lage ist, in der Disco Gesänge anzustimmen, gehört doch in meinen Augen keiner abgehängten, unglücklichen, unzufriedenen Gruppe an. Wer feiert, hat doch in der Regel Mittel und Gelegenheit dazu, und wer Parolen zu mehreren in der Öffentlichkeit grölt, weiß sich der Unterstützung anderer sicher.
In der Wohngegend meine Eltern gibt es einen Kiosk, da sitzen immer die gleichen Leute auf den Betonpollern und trinken Bier.
Der eine ist der uneheliche Sohn eines ehemaligen Abteilungsleiters bei der Stadt, der andere hat einen reichen Onkel, der ihn unterstützt. Beide fahren einen dicken Mercedes und haben viel Tagesfreizeit. Beide sind immer weiter nach rechts abgedriftet, angefangen hat das mit blöden Sprüchen über Ausländer, die ihnen die Arbeit wegnehmen, welche Arbeit? beide haben noch nie in ihrem Leben gearbeitet.

Meine Erfahrung ist, dass so etwas zumindest am Anfang aus Frust passiert.
Wenn mehrere mitgröhlen ist das für den Moment identitätsstiftend, und verfestigt sich recht schnell wenn das keine negativen Folgen hat.


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09.03.2024 um 17:14
Zitat von sallomaeandersallomaeander schrieb:Wer mit seinem eigenen Leben unzufrieden ist, warum auch immer, sucht vielleicht nach Sündenböcken dafür. So weit habe ich auch die Beiträge von @Füchschen und @Wurstsaten verstanden.
Genauso habe ich es gemeint.
Zitat von sallomaeandersallomaeander schrieb:Da sind in meinen Augen unweigerlich auch Leute dabei, denen es peinlich wäre, würde man sie in ihrer Familie oder am Arbeitsplatz mit ihrem Tun konfrontieren.
Ich kenne ganz unterschiedliche AfD-Befürworter. Einer z. B. befindet sich im engsten Familienkreis. Ihm ist gar nichts peinlich. Und er hat auch nie dieses Dogwhisteling gemacht; das braucht er ja auch nicht, weil man sich ja kennt in der Familie. Er hatte schon immer Extremsichten, die ich sonst nirgends gehört hatte, auch nicht in den Medien, also irgendwie scheint er ein Unikum zu sein. Der andere ist ein Nachbar ein paar Hauseingänge weiter; aber er hat erst vor kurzem vorsichtig durchblicken lassen, dass er eine Person bei der AfD ganz gut findet. Alle AfD-Anhänger, die ich persönlich kenne, sind ganz unterschiedlich in ihren äußeren Aktionen, ihrer Haltung und ihren Ansichten. Innerlich haben sie vielleicht alle ein Bedürfnis nach Sündenböcken, aber das könnte nur ein Psychologe herausfinden. Wobei ich mich gerade frage, ob nicht jeder gerne so etwas wie einen Sündenbock hätte, damit die Welt in Ordnung kommen kann. Das Bedürfnis nach Sündenböcken ist ja ein allgemeinmenschliches Phänomen.

Ich frage mich also immer noch erstaunt, ob es bei allen AfD-Anhängern oder Befürwortern bzw. Sympathisanten irgendeinen gemeinsamen Nenner gibt.

Vielleicht ist der gemeinsame Nenner einfach nur, dass sie inbrünstig nach einer Alternative suchen und da kommt ihnen der Name gerade recht, so dass sie hoffen, es wäre wirklich eine Alternative diese Partei, die sich „Alternative für Deutschland“ nennt?

Ich muss gestehen, ich war begeistert, als ich das erste Plakat der AfD in unserer Straße sah vor 10 oder 11 Jahren 😀 . Endlich mal eine Alternative, dachte ich 😀 . Aber ziemlich schnell erkannte ich, was und wer sich dahinter verbirgt 🙄 😩 .

Ich hoffe, dass alle AfD-Befürworter und -Sympathisanten bald erkennen, wer die AfD wirklich ist. Da ist gar nichts alternativ, genauso wenig, wie bei den Nationalsozialisten irgendetwas sozial war.


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"L'Amour Toujours" als rechte Hass-Hymne

09.03.2024 um 17:38
Zitat von FüchschenFüchschen schrieb:Ich glaube, es ist nicht so einfach, den Mechanismus zu erkennen, mit dessen Hilfe diese Fremdenfeindlichkeit im Laufe der Zeit so an Boden gewonnen hat, dass jetzt in einer Diskothek in Kalbach ganz unverblümt gegrölt wird, was man denkt.
Die Gründe bzw. Ursachen für Fremdenfeindlichkeit - ebenso konkreter auch für Rassismus können wirklich sehr individuell sein.

Ebenso müssen nicht immer erst irgendwelche Strippenzieher und Anstifter mit ihren direkten oder auch nur mittelbaren Methoden dafür verantwortlich sein, dass Fremdenfeindlichkeit an Nährboden gewinnen und auch immer mehr salonfähig bis in die Mitte hinein wachsen/werden kann.
Zitat von FüchschenFüchschen schrieb:Wobei ich mich gerade frage, ob nicht jeder gerne so etwas wie einen Sündenbock hätte, damit die Welt in Ordnung kommen kann. Das Bedürfnis nach Sündenböcken ist ja ein allgemeinmenschliches Phänomen.
Ja klar.

Aber auch da gilt es zu differenzieren.

Ebenso kann unter einem Sündenbock auch nur ein staatliches System oder auch nur darin enthaltende oder fehlende Gesetze verstanden werden und was für mehr Unsicherheiten und prekäre Lebensverhältnisse einschließlich Armut unter den Menschen sorgen kann. Oder noch schlimmer Gewalttaten (wie bspw. Schusswaffengewalt oder andere Gewalt) begünstigen kann.

Kritik an Personen als auch an einem System oder auch nur an einzelne Bereiche eines Systems gerichtet sollte im Idealfall natürlich immer sachlich sein und wenn schon emotional - dann ohne bestimmte Menschen oder konkrete Menschengruppen pauschal abzuwerten. Insbesondere nicht in ihrem Menschsein.

Unter Menschen oder Menschengruppen können Migranten, Politiker, Arbeitslose als auch Superreiche usw... fallen.


Und ich sage es nochmal mal mit aller Deutlichkeit: Nichts rechtfertigt und entschuldigt Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Gar nichts!

Einzige Ausnahme, sollte man wirklich nicht Zurechnungsfähig sein und wirklich absolut gar kein Bewusstsein für einen bestimmten Sachverhalt haben.


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"L'Amour Toujours" als rechte Hass-Hymne

09.03.2024 um 19:43
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Und ich sage es nochmal mal mit aller Deutlichkeit: Nichts rechtfertigt und entschuldigt Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Gar nichts!
Das kann ich sofort unterschreiben.
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Einzige Ausnahme, sollte man wirklich nicht Zurechnungsfähig sein und wirklich absolut gar kein Bewusstsein für einen bestimmten Sachverhalt haben.
Die Leute, die fremdenfeindliche Gedanken hegen und äußern, sind zurechnungsfähig. Es wundert mich wirklich, wie jemand fremdenfeindlich und rassistisch sein kann. Und wenn sie unter Alkohol enthemmt sind, dann zeigt sich doch die wahre Gesinnung, wenn der Alkohol ihnen die Hürde genommen hat, fremdenfeindlich herumzugrölen.

Diese Leute sind also zurechnungsfähig und haben trotzdem gar kein Bewusstsein für diesen bestimmten Sachverhalt, dass Ausländer zu achten sind und ein Herumgrölen gegen Ausländer eine Missachtung darstellt. Wenn sie nicht enthemmt sind, dann gehen sie eben ins Dogwhisteling über.

Ich möchte kein Schlupfloch für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit haben in Form von mangelnder Zurechnungsfähigkeit.


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"L'Amour Toujours" als rechte Hass-Hymne

09.03.2024 um 21:13
Nun diskutieren wir hier recht produktiv über die Menschen, die sich nicht entblöden, in Clubs oder auf Dorffesten, zu einem bekannten Party-Hit rechtsextreme, ausländerfeindliche Parolen zu grölen. Wer das tut, was die Gründe dafür sind - ich denke, die geäußerten Vermutungen gehen teils in die richtige Richtung.

Nun habe ich aber im Eröffnungspost ja noch eine andere Frage aufgeworfen:
Zitat von sallomaeandersallomaeander schrieb am 02.03.2024:Sollte man das Spielen des Titels freiwillig vermeiden, sollte man ihn gar verbieten?
Hier wurde schon teils darauf reagiert, teils kritisch, mit der durchaus nachvollziehbaren Begründung: Was kann der Autor des Hits, was kann der Hit selbst dafür, dass er so missbraucht wird? Unterton: Wir lassen uns unsere Musik nicht verbieten.

Ich finde es nachvollziehbar, dass jemand, der den Titel in seinem ursprünglichen Kontext mag, mit ihm ausgelassene und frohe Partystimmung verbindet, vielleicht schöne Erinnerungen an diese Musik hat, von einem Verbot nichts wissen will. Vielleicht ginge es mir bei einem Titel, der mir etwas bedeutet, ähnlich.

Auf der anderen Seite aber, und das möchte ich zu bedenken geben, schickt sich der Titel an, zu einer rechtsextremen Chiffre zu werden. Eine lesenswerte Einführung zu rechtsextremen Chiffren gibt etwa die Konrad-Adenauer-Stiftung:
Codes und Symbole drücken, verschlüsselt oder unverschlüsselt, politische Botschaften aus und sind zugleich Erkennungszeichen für Rechtsextremisten untereinander. Solche Botschaften sind diffuser Ausdruck einer Weltanschauung, die im Kern die Ungleichwertigkeit von Menschen propagiert. Einige ihrer Ausdrucksformen, so Volksverhetzung oder das Zeigen von Symbolen des früheren Nationalsozialismus oder anderer rechtskräftig verbotener rechtsextremer Organisationen, sind strafbar. Zudem werden Rechtsextremisten, die sich offen durch ihre Äußerungen oder ihre Kleidung zu erkennen geben, in der Gesellschaft geächtet, werden von Linksextremisten bisweilen auch tätlich angegriffen.(1) Deshalb weichen Rechtsextremisten auf verdeckte Codes aus und chiffrieren (2) ihre Botschaften.
Quelle: https://www.kas.de/de/web/extremismus/rechtsextremismus/rechtsextreme-codes

Codes und Chiffren der rechtsextremen Szene sind Zahlenkombinationen wie "88", Daten wie der 20.04., aber auch Abkürzungen wie "ZOG". Auch bestimmte szenetypische Kleidung (oder Kleidermarken) dienen teils als Ausdruck einer rechtsextremen Einstellung.

Ähnlich wie beim hier bereits benannten "Dogwhistling", eröffnen Chiffres eine zweite, verdeckte Kommunikationsebene. Nach außen wird ein harmloser Party-Hit abgespielt, aber jeder, der die neu hinzugekommene Bedeutung kennt, versteht sofort die Aussage:
Doch nun ist das eigentlich unverfängliche Lied in Verruf geraten. In sozialen Netzwerken ist es ein Trend geworden, den Refrain des Songs "umzudichten". Auf die Melodie, die im Original ohne Songtext auskommt, singen meist Jugendliche die fremdenfeindliche Parole "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus", ein Schlachtruf der Neonazi-Szene der 1980er Jahre.

Hit von Gigi D'Agostino ist zum Erkennungszeichen der Szene geworden

Den Anfang dieser zweiten unrühmlichen Karriere nahm der Song wohl bei einem Dorffest in der Gemeinde Bergholz in Mecklenburg-Vorpommern im vergangenen Oktober, wie der NDR berichtet. Dabei wurden mehrere Besucher gefilmt, wie sie eben jene fremdenfeindliche Parole zu dem Lied von D'Agostino grölten. Der Clip ist Teil einer Recherche des Recherchekollektiv "Katapult MV". Auf Tiktok und Instagram verbreitete sich das Video schnell und schlug insbesondere Wellen, weil mehrere Zeugen angaben, auch den Sohn des Bürgermeisters der Gemeinde gesehen zu haben, wie er den Schlachtruf mitsang.

Seitdem ist der ausländerfeindliche Gesang zu einem Trend und mittlerweile zum Erkennungszeichen der rechten und rechtsextremen Szene geworden – sowohl mit als auch ohne Gesang. Die eingängige Melodie findet sich heute in hunderten Videos, die rechtsextremistische Propaganda oder Ressentiments verbreiten.
Quelle: https://www.stern.de/politik/gigi-d-agostino--wie-ein-pop-hit-zur-hymne-von-rechtsextremen-wurde-34416280.html

"Trend" und "Erkennungszeichen". Hunderte von Videos. Stellt sich da nicht doch die Frage nach einem Verbot?

Es gibt bei uns durchaus verbotene Lieder, allen voran etwa das "Horst-Wessel-Lied", das von den Nazis gemeinsam mit der Nationalhymne gesungen, und sofort nach Kriegsende schon von den Besatzungsmächten verboten wurde. Das Lied, auch instrumental, ohne Text, aufzuführen, ist seitdem in Deutschland verboten.

Nun war das Horst-Wessel-Lied von Anfang an ein Kampflied, auch wenn die Melodie vermutlich bereits vorher existierte:
Das Horst-Wessel-Lied ist ein politisches Lied, das zunächst (ab etwa 1929) ein Kampflied der SA war und etwas später zur Parteihymne der NSDAP avancierte. Es trägt den Namen des SA-Mannes Horst Wessel, der den Text zu einem nicht genau geklärten Zeitpunkt zwischen 1927 und 1929 auf eine vermutlich aus dem 19. Jahrhundert stammende Melodie verfasste.
Quelle: Wikipedia: Horst-Wessel-Lied

Irgendwelche Pop- oder Party-Hits zu verbieten, kommt mir dagegen auch als ein starker Eingriff in die Kunstfreiheit vor. Aber, und darum geht es mir hier, wie soll man sonst verhindern, dass die Akteure der Rechten sich Stück für Stück Akzeptanzzonen für ihre Denkweise erarbeiten? Indem sie Bestandteile unserer Alltagskultur in einen problematischen Zusammenhang setzen?

Es steckt nämlich eine perfide Strategie hinter der Vorgehensweise, die umgedichteten Lieder gezielt zu verbreiten:
Kräfte der Neuen Rechten nutzen die entstandenen Bilder von den Dorffesten der Republik und eben die eingängige, ausländerfeindliche Parole mittlerweile gezielt, um sie flächendeckend zu streuen.

Vor einigen Tagen kündigte etwa der Rechtsextremist und langjährige Kopf der "Identitären Bewegung", Martin Sellner, in einem Video an, die deutsche Grenze überqueren zu wollen, obwohl es zu diesem Zeitpunkt Gerüchte gab, er sei in Deutschland zur Fahndung ausgeschrieben. Der Österreicher präsentierte sich gewohnt lässig und kündigte an, in einer Passauer Konditorei Kuchen essen zu wollen. Im Hintergrund lief beiläufig und scheinbar zufällig "L’amour Toujours", natürlich ohne die darauf gesungenen Parolen.
Quelle: https://www.stern.de/politik/gigi-d-agostino--wie-ein-pop-hit-zur-hymne-von-rechtsextremen-wurde-34416280.html

Den Mitgliedern der so genannten "Neuen Rechten" ist nämlich klar, dass man mit dem martialischen Auftreten der Rechten aus den 80ern heute nicht mehr weit kommt.

Heute infiltrieren sie lieber die Alltagskultur mit ihren Parolen - offenbar mit einem gewissen Erfolg.


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