wagner schrieb am 21.01.2023:Natürlich können ein enormer Pflegeaufwand, Schmerzen oder auch eine ständige Erschöpfung einen Menschen zermürben. Am Ende bleibt, trotz vorhandener kognitiver Fähigkeiten, nicht mehr wirklich die Möglichkeit diese auch einzusetzen.
Das ist für ich auch der entscheidende Punkt beim Ganzen, ob da noch anhaltend intensive Schmerzen bestehen.
Ich weiß, wovon ich rede, denn ich habe eine chronische Schmerzkrankheit. In den akuten Schmerzschüben komme ich auch an meine Grenzen und bin dann auch nicht mehr groß fähig, z. B. in Foren zu schreiben. Dann frage ich mich schon auch, was nun wird mit mir.
Der Stoiker Epiktet verglich den Tod mit einem Steuermann. Wenn dieser ruft, muss ich alles unfertig liegen lassen. Gut ist, wenn ich bereits frühzeitig daran denke, dass er mich rufen könnte, und mich entsprechend auf den Tod vorbereite bzw. meine Lebensaufgaben zum Abschluss bringe und überhaupt rechtzeitig in meinem Leben aufräume, damit ich dann wirklich bereit bin, meine Familie allein zu lassen, sie "im Stich zu lassen", nicht mehr für sie da zu sein, denn sonst wird´s schwer, so als würde ich wie ein Schaf gebunden ins Totenschiff geworfen.
“Wenn auf einer Seefahrt das Schiff am Lande hält
und du steigst aus, um Wasser zu holen,
so magst du wohl nebenher eine Muschelschale auflesen
oder einen Tintenfisch;
dein Augenmerk aber muss aufs Schiff gerichtet sein,
und du musst dich immer wieder umsehen,
ob nicht vielleicht der Steuermann ruft.
Ruft er dich, so musst du alles liegen lassen,
damit du nicht gebunden in das Schiff geworfen wirst,
wie es mit den Schafen geschieht.”(Der Stoiker Epiktet)
Den ersten Ruf des Steuermanns an mich hörte ich im Jahr 2017, als meine 81-jährige Mutter starb. Da war ich ja auch bereits 49, zudem fortgeschritten chronisch krank und in die Wechseljahre eingetreten. So löste ich mich wie meine sterbende Mutter von einem Großteil unseres Besitzes und lagerte meinen Restbesitz ein in einen Lagerraum.
Vor dieser Zeit bestaunte ich mir relativ unbesorgt viele "Muscheln und Perlen am Strand" und sammelte sie als große Bibliothek, die ich dann größtenteils verkaufte nach diesem ersten Ruf des Steuermanns an mich, der mich zum Lebensstil des Minimalismus & Stoizismus führte.
Vor anderthalb Wochen hatte ich einen kleinen Unfall im Haushalt, der bei mir einen sehr starken Schmerzschub auslöste, sodass ich mehrere Tage und Nächte nicht mehr schlafen konnte wegen den Schmerzen. In dieser Zeit konnte ich auch hier im Forum nichts schreiben. Ich spürte dadurch deutlich den 2. Ruf des Steuermanns, sodass meine jetzige Motivation wieder ähnlich gelagert ist wie zur Zeit, als meine Mutter starb.
Ich muss mich noch besser vorbereiten und nochmal gründlich meine Angelegenheiten minimalistisch aufräumen und erledigen. Es ist noch zu wenig, auch wenn ich vom bisherigen Minimalismus & Stoizismus sehr stark profitieren konnte in den letzten Jahren.
Dieser 2. Ruf des Steuermanns an mich fühlt sich an, als würde ich wie ein Schaf in Richtung Schiff getrieben, mit einigen Schlagstockhieben. Ich war einfach zu wenig aufmerksam, hab mich zu sehr von den schönen Sternen im Sand faszinieren lassen und vergaß, was mir blüht, wenn ich mich nicht ausreichend beeile. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich noch die Kurve kriege. Es liegt in Gottes Hand. Noch ist meine Lebensaufgabe aber nicht erledigt.
Nachdem nun meine Motivation deutlich stärker wäre, ist es gerade nicht einfach für mich zu akzeptieren, dass mein aktueller Schmerzschub mich daran hindert vorwärtszumachen.