SuiGeneris schrieb:Das sind aber meistens die gleiche Sorte Mensch, die sich sowohl über Fluchen beschwert, für christliche Werte einsteht
und trotzdem das Recht auf Waffen verteidigt. Ja, das ist bigott, aber es ist so.
Ja absolut. Während meines Aufenthaltes dort war es nicht anders. Eine kleine Anekdote aus meiner Erfahrung dazu: Damals als ich dort war, bekam eine Person während der Sonntagsmesse einen epileptischen Anfall und brach in der Kirchenbank krampfend zusammen. Der Priester welcher eben noch das "Miteinander" und die "Gemeinschaft" wo jeder jedem hilft angepriesen und eingefordert hatte, ignorierte jedoch den Vorfall. Er sprach einfach lauter, versuchte sogar abzulenken, war sichtlich genervt. Auch die Personen in unmittelbarer Nähe reagierten zunächst nicht und taten so, als würde das alles überhaupt nicht stattfinden. Erst nach einigen Minuten griff schließlich ein Mann ein, indem er den Patienten recht grob ergriff und einfach aus der Kirche zog (ein -im Nachhinein betrachtet- völlig falsches Vorgehen, jedoch bei einem Laien vielleicht noch verzeihlich). Das tat er jedoch weniger aus Fürsorge oder Nächstenliebe um sich um die Person zu kümmern. Er tat es, weil dieser Krampfanfall die Messe störte und er davon genervt war. Diese seine Beweggründe habe ich tatsächlich kurz nach dem Vorfall erfahren.
Dies ist nur ein kleines Beispiel von vielen Anderen die ich damals in den USA wahrgenommen habe, welches das angesprochene Problem -zumindest im Kleinen- verdeutlicht und hier ganz gut passt, weil ja christliche Werte angesprochen wurden. Einerseits werden Werte nach außen hochgehalten, tatsächlich jedoch von sehr vielen Bürgern intern weder merklich gelebt noch in ausreichendem Umfang vermittelt. In manchen Fällen sogar mit Füßen getreten. MMn ein Grund mehr, diesen ganzen Warnwahnsinn aus den USA nicht so ernst zu nehmen und schon gar nicht zu kopieren, da er vor allem politischer Natur ist und nicht ausschließlich zu Schutzzwecken angewandt wird, so wie es sein sollte.
SuiGeneris schrieb:Das mit dem Kaffee geht ja auf einen realen Fall zurück. Da erlitt eine ältere Dame schwere Verbrennungen dritten Grades, da der
Kaffee extrem heiß war.
Ja das ist mir in dem Fall bekannt. Auch der Warnhinweis bzgl. der Microwelle soll -wie ich mal hörte- einen tatsächlichen Vorfall zugrunde liegen haben. Ob das tatsächlich so ist, entzieht sich jedoch meiner Kenntnis. Ich habe dazu nie eine belastbare Quelle gefunden. Was solche Beispiele jedoch verdeutlichen ist, dass es hier nicht wirklich um Unfallprävention/Gefahrenabwehr geht, sondern viel mehr um Rechtssicherheit.
Es gibt demzufolge zwei Typen von Hinweisen/(Trigger-)Warnungen: Die scheinbar Werteorientierten, tatsächlich jedoch politischen Warnungen und diejenigen die vor Verletzungs- und/oder Lebensgefahr warnen, tatsächlich aber mögliche Gerichtsprozesse und nicht die Gefahren an sich abwehren sollen. Dieser Umstand führt dann dazu, dass vor völlig unsinnigen Kleinigkeiten, bekannten Alltagsgefahren oder Umständen gewarnt wird, die nur bei konsequenter Nichtnutzung jeglichen Verstandes ggf. zu einer Gefahrensituation führen könnten und damit genauso blödsinnig wie überflüssig sind.
SuiGeneris schrieb:Das sieht du so, weil du dich vielleicht nicht in die Kultur dort einfühlen kannst. Content Warnings werden in den USA eben
sehr ernst genommen. Und da geht es eben ganz einfach darum, dass nicht jeder Sex, Drogen oder Gewalt sehen will.
Ich war selbst länger in den USA, habe auch entfernte Verwandte dort bei denen ich damals gewohnt habe, als ich zugegen war. Sie waren später auch auf Gegenbesuch in Deutschland. Ich habe also die USA außerhalb des Tourismus kennengelernt und sehr guten und ehrlichen Kontakt zu den "normalen" Durchschnittsbürgern gehabt. Insofern kann ich mich sehr gut in die Kultur einfühlen, was meine Sichtweise sogar verstärkt.
Ich habe dort zu der Zeit niemanden ernsthaft wahrgenommen, der diese Warnungen tatsächlich "sehr ernst" genommen hätte und ich hatte auch nicht den Eindruck, dass man diese Warnungen für unverzichtbar gehalten hätte. Allerdings muß ich einräumen, dass ich nicht in den bekannt religiösen Staaten im Süden weilte und meine Gastgeber den Demokraten und nicht den Republikanern zuzuordnen sind. Möglicherweise wurden einige "Content Warnings" deshalb eher belächelt als befolgt, zumindest solche welche die Werte betreffen. Am Ende des Tages halte ich es für ein Gerücht, dass eine große, überwiegende Mehrheit in den USA nichts sehen oder überhaupt in irgendeiner Form wahrnehmen will, was auch nur entfernt mit Sex, Drogen und/oder Gewalt zu tun hat. Nebenbei bemerkt sind amerikanische Jugendliche nicht besonders prüde, so wie es die Welt in den 50ern war wo ein entblößtes weibliches Knie schon für einen Skandal sorgen konnte. Die kennen sich schon erstaunlich gut aus und praktizieren die Liebe sehr oft auch schon vor dem 18. Lebensjahr, genauso wie auch Drogen ausprobiert werden und Gewalt eine Rolle spielt. Die Liedtexte kommen ja nicht von ungefähr.
Natürlich gibt es Ausnahmen. Sehr viele sogar. Aber das allein rechtfertigt nicht die Flut an bunten und genauso hässlichen wie überflüssigen Warnhinweisen und Triggerwarnungen. Diese Gruppe hat ihre "anständige" und eher zurückhaltende Lebensweise nämlich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht den Hinweisen/Warnungen zu verdanken, die sie vor "Unheil" bewahrten und den Seelenfrieden garantierten. Das lag vor allen Dingen schlicht an ihrem Umfeld, der Familie, der Erziehung ggf. mehrheitlich gleichgesinnten Freunden/Bekannten/Mitschülern. Dazu braucht es keine "Content Warnings".
Ich bleibe also dabei. Als Schutz vor tatsächlich hohem Risiko von Verletzung und/oder Gefahr für Leib und Leben sind Warnungen absolut gerechtfertigt und absolut sinnvoll. Triggerwarnungen können ebenfalls ihre Daseinsberechtigung haben, wenn sie unter ähnlichen Voraussetzungen (hohes Risiko von Traumata für eine deutlich wahrnehmbar große Gruppe der Gesamtgesellschaft) angewendet/vorgeschrieben werden. Von Warnungen vor Schimpfworten, heißen Heißgetränken, Trocknungsversuchen mittels Microwelle oder plätscherndem Wasser als möglichem Trigger für Ertrinkungsängste würde ich aber dringend absehen. Das ist überflüssig. Hier stehen Aufwand und Nervigkeit in keiner vernünftigen Relation zu Sinn und Notwendigkeit.