Jan hat es sich bestimmt bequem gemacht an jenem Abend des Tribunals, ein alkoholfreies Bierchen gefloppt und mit sich im Einklang "An Tagen wie diesen" mitgeschnurrt.
Manchmal möchte man sich wundern. Wenn Böhmi aufgrund mangelnden Talents es nur noch schafft mit hetzerischer Denunziation wirkliche Aufmerksamkeit zu genieren, natürlich für die übergeordnete, echte gute Sache, dann wird ihm im Land der Böhmermänner ein Denkmal gebaut.
Wo Wallraff einst den investigativen Journalismus nutzte, um ein gewisses Selbstverständnis von menschenunwürdigen Strukturen aufzudecken, liefert heute "unser aller Böhmi" Fynn Kliemann zur besten Sendezeit direkt den Behörden aus. Und spätestens als der nicht mal anwesende Fynn an die Wand gedrückt wurde und das "Fernsehgericht" mit Schaum vor dem Mund selbst den privaten Erwerb eines Wasserturms verschwörungstheoretisch mit den Worten kommentierte, "der erste sympathische Immobilienmogul", (lach, zwinker) war klar, dass Mr. Kliemann so richtig rausgext werden sollte.
Ein wenig müffelte die heilige Kuh des investigativen Journalismus in diesem Moment aber nach Selbstjustiz. Ach ja, man frägt sich woher eigentlich die ganzen empfindlichen Daten stammen, was ist das eigentlich für eine illustre Geheimdienst-Truppe, die Jans Zukunft da so sichern. Haben sie Fynns Handy geklaut, einen V-Mann eingeschleust, Freunde bestochen oder arbeiten sie gar mit der Polizei zusammen? Die Fragen verpuffen, nachher frägt ja niemand mehr nach den Mitteln. Schließlich wurde jemand gelöscht, ein Verräter weniger für eine bessere Welt, einer der sich gerechter gegeben hat, als er tatsächlich ist. Der Wolf im Schafspelz oder der nächste "Graf Koks von der Gasanstalt", einer der so merkwürdig anders ist als "wir", einer der versucht Kohle zu machen und dabei altbekannte marktwirtschaftliche Banalitäten wie das "Soziale Engagement" manipulativ einsetzte. Naja, wer da oben noch ganz dicht ist und wer nicht, das sagt immer noch der große TV-Hampelmann selbst und fungiert dabei wie ein Rettungsring, an welchem man sich verzweifelt festklammert, nur um das drohende Gefühl der eigenen subjektiven Bedeutungslosigkeit sowie der eigenen Verlogenheit mal eben abzuschütteln. Jan ist einer der aufräumt und ohne Rücksicht auf Verluste die egoistischen Volksfeinde markiert, um sich dabei auch noch unbeliebt zu machen. So unbeliebt...
Genauer gesagt existiert keine Welt ohne Lüge, ohne Täuschung, ohne Manipulationen. Wir manipulieren uns und unsere Umwelt in Sachen Ausreden, Beziehung, Lebensläufen, Verpackungsschwindel u.s.w. Man lässt weg was schadet und versucht es so darzustellen, dass Mehrwert entsteht. IKEA ist neben Adidas glaube ich eine der beliebtesten Unternehmensmarken in Deutschland, trotz oder wegen Ingvar Kamprad etc., trotz Indonesien, OECD-Verstößen... Wahrscheinlich dürften selbst die allermeisten Stammkunden von "Eine-Welt-Läden" bei den oben genannten Marken ordentlich zugreifen... Tja, selektive Wahrnehmung lässt grüßen, so sind wir Menschen nun mal. Die eigenen Widersprüche werden schnell mal aussortiert.
Natürlich war das so nicht koscher was Fynn da machte. Dafür muss er natürlich die Verantwortung bei den zuständigen Stellen übernehmen, doch was da im Moment abläuft gleicht eher einer öffentlichen Hinrichtung! Ihm die Abgabe der geringfügig unvollkommenen Masken zu Gunsten eines Flüchtlingslagers als besonders bösartig anzukreiden, seinen wie auch immer gearteten Charakter als toxisch zu denunzieren ist für mich ziemlich daneben.
Was Böhmermann da abgezogen hat, erinnert mich eher an einem persönlich motivierten Rachefeldzug für den er gut bezahlt wird und darüber hinaus auch noch persönlich in Form von Credibility profitiert. Kann sich keiner ausdenken, man kennt sich persönlich, auch über Olli Schulz gibt es eine Verbindung und dann so eine Aktion. Asozial - jemanden hinter seinen Rücken mies auszuspionieren, um ihn dann derart ans Messer zu liefern, nur weil er einen Fehler gemacht hat.
In einer Stellungnahme sagt Fynn auf die Frage ob er seine profitablen Geschäftsinteressen nicht besser vermitteln hätte müssen: " Ich hätte es machen sollen, weil ich einfach die letzten Jahre so mich selbst mit der Vorstellung umhüllt habe, dass ich das alles nur für den guten Zweck mache, und das ist einfach falsch. Und ich habe mir das selber vorgegaukelt, vor allem habe ich dann genossen in diesem Licht zu stehen... v.a. hätte ich es mir viel früher eingestehen müssen". Klingt irgendwie ehrlich und nach Einsicht.
Stellungnahme: Fynn Kliemann äußert sich zu Böhmermanns Maskenbetrug-Vorwurf | WDR aktuell
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