Frauen - oben ohne in der Öffentlichkeit?

CosmicQueen schrieb:Freizügigkeit ist nicht unbedingt eine Frage der Erziehung

Das Zauberwort lautet: "nicht unbedingt", dh, muss nicht sein, kann aber dennoch auch sein. Es entscheidet sich nicht eindeutig für eine Position, sondern schließt eben die andere nicht aus.

„Menschliche Körperscham scheint nicht kulturspezifisch zu sein“

Quelle: https://www.geo.de/magazine/geo-kompakt/6156-rtkl-schamgefuehle-so-erklaeren-forscher-unsere-angst-vor-der-bloesse

So weit waren wir schon. Es gibt sie, aber
1. sind die betreffenden Regionen doch kulturspezifisch, was
2. den Verdacht nahe legt, dass diese eben von der sozio-kulturellen Prägung abhängen.

Und hier haben wir ein nicht zu übersehendes Indiz für die Annahme, dass Körperscham mehr sozio-kulturell beeinflusst als rein biologisch:

Kinder haben meist kein Problem damit, sich nackt zu zeigen. Oft müssen sie von Erwachsenen aufgefordert werden, sich Kleidung überzuziehen.

Quelle: ebendort

Erst im Grundschulalter wandelt sich der Blick.

Quelle: ebendort

Ja, tut er, das klärt aber nicht die Frage, warum oder würde gar belegen weil die Biologie es so wolle. Es ist weitaus wahrscheinlicher, dass die Kinder deshalb nicht mehr nackt im Kindergarten oder der Schule sitzen, weil es die andern auch nicht tun, weil die Eltern sie eben in die Kleider gesteckt haben.
Zum Anderen fangen weltweit nicht alle Schule für Kinder im selben Alter an, dennoch gehen sie alle angezogen dort hin. Was wiederum gegen eine plötzlich auftauchende, genetische Körperscham, speziell die Geschlechtsteile betreffend, spricht.
Das tut übrigens auch die Tatsache, dass sich genetisch-biologische Entwicklungen nicht auf die Sekunde gleich bei allen Menschenentwickeln,. Es müssten also stets Kinder in den ersten Klassen sitzen, die diese Entwicklung noch nicht erreicht hätten also nackt. Tun sie aber nicht, weil der Konformismusdruck sie eben bekleidet.

FKK-Anhänger stellen dann bei ihren Sprösslingen Prüderie fest: Der Nachwuchs verhüllt plötzlich sogar im Nudistenmilieu die Genitalien.

Quelle: ebenso

Wie so oft, sind pauschale Aussagen selten richtig.
Die Verfasserin jener Zeilen war wohl noch nie an einem FKK Strand, an dem sich nämlich nicht jeder Nachwuchs ab dem VS Alter seine Genitalien verhüllt.
So eine platte, aber unwahre Aussage lässt den Rest des Artikels auch nicht in einem wohl recherchierten Licht erscheinen.

off-peak schrieb:Ja, tut er, das klärt aber nicht die Frage, warum oder würde gar belegen weil die Biologie es so wolle. Es ist weitaus wahrscheinlicher, dass die Kinder deshalb nicht mehr nackt im Kindergarten oder der Schule sitzen, weil es die andern auch nicht tun, weil die Eltern sie eben in die Kleider gesteckt haben.

Dagegen spricht eben dieser Absatz:

.Eine ähnliche Erfahrung machten Angehörige eines israelischen Kibbuz, die ihre Kinder zum schamfreien Umgang mit dem anderen Geschlecht erziehen wollten: Die Jungen und Mädchen rebellierten so lange gegen die gemeinsame Nutzung der Schlafräume, Duschen und -Toiletten, bis die Kibbuzautoritäten nachgaben.

Und aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass das nur zu einem geringen Teil mit "Erziehung" zu tun hat. Meine Oma, meine Mutter, sind ständig nackt vor uns Kindern rum gelaufen, ich fand's nicht toll als Jugendliche. Dann ist es auch noch mal was anderes, ob man sich vor seiner eigenen Familie nackt zeigt, oder vor fremden Menschen. Genitalscham ist deshalb aus meiner Sicht eben zum großen Teil genetisch bedingt, was auch dieser Satz bestätigt

Ohne das Schamgefühl würden Menschen pausenlos an Sex denken

So ließe sich evolutionsbiologisch erklären, weshalb sich die Ur-Scham im Laufe der Menschwerdung weiterentwickelt hat: Das Verbergen des Geschlechtsverkehrs und der Genitalien gewährleiste ein ungestörtes Zusammenleben, meint Eibl-Eibesfeldt. Und das war vorteilhaft für ein Wesen, dem die Gruppe, das soziale Miteinander, als Lebensversicherung diente. Das schamhafte Verhalten verhinderte ständige Rivalitätskämpfe unter den frühen Hominiden.

aus dem Geo-Link

off-peak schrieb:Wie so oft, sind pauschale Aussagen selten richtig.
Die Verfasserin jener Zeilen war wohl noch nie an einem FKK Strand, an dem sich nämlich nicht jeder Nachwuchs ab dem VS Alter seine Genitalien verhüllt.
So eine platte, aber unwahre Aussage lässt den Rest des Artikels auch nicht in einem wohl recherchierten Licht erscheinen.

Wenn du das alles anzweifelst, dann belege doch das Gegenteil, deine Behauptung, Genitalscham wäre komplett anerzogen. Da wirst du wahrscheinlich nichts finden...

off-peak schrieb:als anstößig und sogar Tischbeine wurden mit Stoffdecken bedeckt, weil ihre Ausführung als Beine als obszön empfunden wurde.

Das ist ja witzig. Das war wahrscheinlich im Viktorianischen Zeitalter der Fall?
Kurze Internetrecherche ergab dies:

Züchtig ging es im viktorianischen England zu, als selbst Tischbeine als obszön galten und verhüllt wurden, obwohl die Königin selbst keine Kostverächterin war, wenn es um den Sex ging, schließlich hatte sie neun Kinder und war ihrem Mann Albert sehr zugetan.

Quelle: https://www.gesundheits-magazin.net/blog/liebe-beziehung/


Diese Quelle hingegen stellt das jedoch als Legende dar:

Lange Zeit kursierte gar die Legende, dass im Viktorianischen Zeitalter sogar Tisch- und Klavierbeine verhüllt wurden, da diese an die selten erblickbaren Damenbeine erinnerten. Entweder Tischdecken, oder gar spezielle „Höschen“, verdeckten den Blick auf das unanständig anmutende Holz. Erst als diese Legende gut etabliert war, stellte sich heraus, dass sie auf ein satirisches Tagebuch des Engländers Frederick Marryat zurückgeht, der die Verhältnisse in einem Mädcheninternat überdramatisch dargestellt hatte.

Quelle: https://trift.org/diary/obszoene-tischbeine

nairobi schrieb:Diese Quelle hingegen stellt das jedoch als Legende dar:

Das ist ja das Schöne am Internet: Man erhält jede Menge Informationen aller Art, die sich dann gerne widersprechen. ;)

Wie ich ja schon vermutete, macht es ja nicht wirklich Sinn, erst Tische mit sexy Beinen herzustellen, und diese dann wieder zu verhüllen. Sinnvoller wäre ja bei diesem Ausmaß an Prüderie, gleich im Vorhinein züchtige Tischbeine zu produzieren.

Habe mich gerade durch einige Bildchen gegoogelt, und alle gezeigten Möbel hatten anständige Beine, auch nackt. Allerdings in vielen Ausprägungen waren es Darstellungen von Tierpfoten. Aber nix verhüllt.

CosmicQueen schrieb:Genitalscham wäre komplett anerzogen.

Welchen "natürlichen" (evolutionären) Ursprung könnte es denn haben? Was spräche denn dafür, dass es nicht einfach eine gesellschaftliche Entwicklung ist?
Kleidung bietet neben den praktischen Attributen auch die Möglichkeit der Individualisierung. Des Schmuckes. Da bieten sich empfindliche Körperstellen auch an, eher da anzusetzen.
Woran würdest Du eine evolutionäre Entwicklung festmachen?

kleinundgrün schrieb:Woran würdest Du eine evolutionäre Entwicklung festmachen?

weil ein Mensch - im Gegensatz zum Tier - Sex ganz bewusst und mit viel Phantasie und Assoziationen erlebt.
Und so haben manche dann halt auch ihre - bewussten (oder manchmal auch unbewussten) - Phantasien, wenn sie nackte Körper sehen.

Oder kurz zusammengefasst: der Mensch kann bewusst denken und sich allerlei Dinge "ausmalen" 😉

Optimist schrieb:Oder kurz zusammengefasst: der Mensch kann bewusst denken und sich allerlei Dinge "ausmalen" 😉

dann kann "der Mensch" das aber auch bewusst lassen

Tussinelda schrieb:dann kann "der Mensch" das aber auch bewusst lassen

"der Mensch" könnte so Manches tun oder lassen, tut er aber nicht immer.
Mein Punkt war aber sowieso nur, den Unterschied zum Tier - evolutionstechnisch - zu benennen -> nämlich bezüglich Phantasie.

kleinundgrün schrieb:Woran würdest Du eine evolutionäre Entwicklung festmachen?

Das hatte ich weiter oben bereits aus dem Geo-Artikel zitiert und scheint mir auch sehr logisch.

Ohne das Schamgefühl würden Menschen pausenlos an Sex denken

So ließe sich evolutionsbiologisch erklären, weshalb sich die Ur-Scham im Laufe der Menschwerdung weiterentwickelt hat: Das Verbergen des Geschlechtsverkehrs und der Genitalien gewährleiste ein ungestörtes Zusammenleben, meint Eibl-Eibesfeldt. Und das war vorteilhaft für ein Wesen, dem die Gruppe, das soziale Miteinander, als Lebensversicherung diente. Das schamhafte Verhalten verhinderte ständige Rivalitätskämpfe unter den frühen Hominiden.

Zudem könnte der Sex im Verborgenen vor Gefahren bewahrt haben. „Während des Aktes ist der Mensch so an seinen Partner hingegeben, dass er die Umwelt nicht mehr klar wahrnimmt und daher verwundbar ist“, sagt Eibl-Eibesfeldt. Wenn er ständig entblößte Geschlechtsorgane sähe, würde das unentwegt Begierden wecken. Und die wiederum würden den Menschen von anderer Beschäftigung ablenken.

@CosmicQueen
OK, ich verstehe.
Aber logisch ist es nicht - weil bei den Vorfahren des Menschen solche "ständigen Revierkämpfe" eben auch nicht stattfanden. Da gibt es offensichtlich andere Mechanismen, welche das regeln.
Ich möchte gar nicht in Abrede stellen, dass optische Reize eine wichtige Rolle in der sexuellen Attraktion spielen - aber warum sollte "plötzlich" - nach vielen Millionen Jahren der Evolution auch innerhalb sozialer Gruppen - so eine Notwendigkeit entstanden sein?
Also völlig unplausibel ist es nicht - Laktosetoleranzen u.ä. haben sich auch erst später zu einem Merkmal herausentwickelt, das sich (in manchen Gesellschaften) durchsetzte. Aber dagegen spricht, dass es dann auch in isolierteren Gruppen ggf. anders sein könnte.
Wenn nicht diese "Schamsache" sehr früh entstanden ist - aber dann wären wir wieder viel näher an den "schamlosen" Vorfahren.

Kurz: Es spricht einfach sehr viel mehr für eine soziale Sache.

kleinundgrün schrieb:Kurz: Es spricht einfach sehr viel mehr für eine soziale Sache.

Nein, daran zu erkennen, dass selbst Schimpansen sowas wie ein Schamgefühl besitzen. Steht aber alles in dem Artikel, den ich verlinkt hatte. Da sich aber die Wissenschaft auch hier nicht 100%ig und abschließend einig ist, kann man da wohl unterschiedlicher Meinung sein. Wer weiß, ob sich diese soziale Sache nicht aufgrund der genannten sexuellen Assoziationen entwickelt hat, die ein entblößtes Geschlechtsteil eben automatisch auslöst. Ich bin der Meinung, dass das genauso sein kann.

CosmicQueen schrieb:Nein, daran zu erkennen, dass selbst Schimpansen sowas wie ein Schamgefühl besitzen.

Aber ganz anders. Da ist es eine Art der Unterwerfung. Sie zeigen z.B. kein sexuelles Interesse, wenn ein ranghöheres Männchen zugegen ist. Wahrscheinlich, weil sie so einem Konflikt frühzeitig aus dem Weg gehen.

Aber ja: Konfliktbegrenzung aufgrund der Reduktion optischer Reize kann auch angeboren sein. Aber so naheliegend, wie Du es darstellst, finde ich das nicht. Das Argument "alle Menschengruppen haben irgend eine Schamgrenze in der Bedeckung" kann eben für beide Annahmen sprechen. Sowohl dafür, dass es vorgegeben ist - aber auch dafür, dass es rien gruppendynamische Gründe hat und Gruppen, die eine Verhüllung praktizieren, dauerhafter existieren.

Die Regelung in Göttingen, die Schwimmbäder betreffend, wird jetzt ausgeweitet:

In Göttingen können künftig an jedem Tag alle Besucherinnen und Besucher mit nacktem Oberkörper in Schwimmbädern schwimmen. Seit Mai war dies bisher nur an den Wochenenden in den vier städtischen Schwimmbädern möglich. Nun hat der Sportausschuss der Stadt mehrheitlich dafür gestimmt, die Regel auf alle Tage der Woche auszuweiten. »Die überwiegende Anzahl der Badegäste fand die Option gut«, sagte ein Sprecher der Stadt am Freitag.

Quelle: https://www.spiegel.de/panorama/goettingen-oben-ohne-baden-fuer-alle-dauerhaft-erlaubt-a-3bd8083b-c114-4a80-92ea-68ec2b5580ac

Aus obigem Limk:

In Göttingen können künftig an jedem Tag alle Besucherinnen und Besucher mit nacktem Oberkörper in Schwimmbädern schwimmen

wenn man schon so weit gehen will, weshalb dann nicht gleich nackig? Das wäre in meinen Augen konsequent - entweder richtig oder gar nicht, was soll diese halbe Sache?

Ist es denn - für wen auch immer - weniger schlimm, Brüste anzuschauen als Hintern und das was vorne ist?
Bei FKK-Stränden geht es doch auch, weshalb nicht in den Schwimmbädern?
Verstehe wer will, diese Inkonsequenz.

Und dann bin ich mal gespannt, wie viele Frauen diese Freiheit auch nutzen.

Optimist schrieb:Verstehe wer will, diese Inkonsequenz.

vielleicht solltest Du noch mal nachlesen, wieso es überhaupt dazu kam....was der Grund war, denn dann weißt Du auch, warum es nur um "oben ohne" ging, steht im link

Auslöser für den Beschluss war eine Person, die sich weder als Frau noch als Mann sieht. Im August 2021 ging sie oben ohne baden. Das Schwimmbad sah die Person als Frau an und sprach deswegen von einem Verstoß gegen die Badeordnung und erteilte ihr Hausverbot. Anschließend gab es Debatten in der Stadt – letztlich testeten die Schwimmbäder die Freigabe für alle Personen.

Quelle: https://www.spiegel.de/panorama/goettingen-oben-ohne-baden-fuer-alle-dauerhaft-erlaubt-a-3bd8083b-c114-4a80-92ea-68ec2b5580ac

und wurde hier ja auch entsprechend debattiert ;)

@Tussinelda
Ich habe in letzter Zeit auch hin und wieder Artikel gefunden, die dieses Thema aufgreifen.

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-schwimmbad-oben-ohne-1.5638027

https://www.welt.de/regionales/nrw/article239634021/Immer-mehr-Frei-und-Schwimmbaeder-erlauben-Oben-ohne-Schwimmen.html


Es gibt also doch ein Bedürfnis danach, sich nicht einschränken zu lassen.


Ich finde es gut.


@Optimist

Offensichtlich gibt es (noch) keinen großen Bedarf danach.

Oder die Menschen haben Angst vor nackten Penissen.
Bei einer Frau ist ja nun nicht wirklich viel zu erkennen.

Bundeskanzleri schrieb:Offensichtlich gibt es (noch) keinen großen Bedarf danach

das könnte eine Umfrage zeigen 😉 (wird schon einige Exhibitionisten geben, denke ich)

Bundeskanzleri schrieb:Oder die Menschen haben Angst vor nackten Penissen

das könnte ich nicht nachvollziehen.
Auf der einen Seite stehen heterosex. Frauen auf das Anhängsel, andererseits haben sie Angst davor? 🙂

Naja, wie gesagt, bin gespannt, wieviele Frauen das "oben ohne" mitmachen - hoffentlich wird das dann auch publiziert.

@Optimist
Das steht doch auch in dem link, das Schwimmbad betreffend, wie viele das so sind. Spielt aber doch keine Rolle, wer will, kann. Darum geht es doch.

Tussinelda schrieb:Spielt aber doch keine Rolle, wer will, kann. Darum geht es doch.

hab ich schon verstanden.

Dennoch sehe ich es so:
Von mir aus können sich Alle - und später vielleicht auch in weiteren Städten (wenn das "Schule macht") - nackig machen.
Dann haben halt diejenigen, welche durch ihre Erziehung und Sonstiges kaum mal eine nackte Frau gesehen hatten, gleich mal eine schöne Peepshow 😀

@Optimist
Aha. Nur darum geht es genau nicht. Das ist gewiss nicht das Ziel der Menschen, die oben ohne schwimmen wollen. Finde ich auch grenzwertig