Der ultimative Ostalgie-Thread
04.08.2021 um 14:35
Udo Lindenberg habe ich es übrigens zu verdanken, dass ich nie Grenzdienst leisten musste, obwohl ich zu den Grenztruppen eingezogen wurde. Während der Grundausbildung gab es an 3 Tagen in der Woche Politunterricht. :D
Hört sich schlimmer an als es war, und es war auf jeden Fall besser als Nahkampf, Sturmbahn und Toiletten reinigen.
Na jedenfalls war eines Tages das Thema "Berufsverbot in der BRD" dran, da ging es u.a. um die armen kommunistischen Lehrer, die nicht unterrichten durften, der Rest fällt mir jetzt nicht mehr ein (hab wohl nicht richtig aufgepasst :D).
Man muss natürlich bedenken, ich war zu der Zeit gerade mal 18 Jahre alt, und zudem strohdoof, sonst hätte ich das nie gesagt, was ich da gesagt habe. In meiner grenzenlosen Blödheit habe ich mich also zu Wort gemeldet, und die These aufgestellt, dass es auch bei uns Berufsverbote gäbe.
In diesem Augenblick war mein Schicksal besiegelt. Egal was ich von nun an noch sagen würde, hätte wohl keinen Einfluss auf die nun folgenden Ereignisse mehr gehabt. Der Oberleutnant schaltete augenblicklich auf Schnappatmung um, zeigte mit dem Finger auf die Tür und schrie "Begeben sie sich augenblicklich auf ihre Stube und warten dort weitere Befehle ab!"
Dieser "Bitte" kam ich auch gleich nach, aber bevor ich die Tür erreichte, fragte er noch, wie ich das gemeint hätte. Und da brachte ich dann das Beispiel mit Udo Lindenberg, oder versuchte es zumindest zu bringen, aber da folgte schon der nächste Schrei "RAUSSS!"
Nach 2 Stunden auf der Stube hatte ich mich wieder etwas beruhigt und dachte, vielleicht kommt ja nix mehr ... was sich dann aber als falsch heraus stellte. Kurz darauf stand der UvD mit seinem GUvd im Zimmer, und befahl mir ihm zu folgen.
Ich wurde dann in ein kleines Zimmer geführt und sollte mich dort setzen. Der GUvD wurde als Posten zurückgelassen und hielt vor der geöffneten Tür Wache. Nach ca. 20 Minuten erschien dann ein Oberst, was bemerkenswert war, da ich in meiner ganzen Zeit zuvor maximal einen Oberstleutnant zu Gesicht bekommen hatte. Ich war denen offenbar wichtig. :D
Der Mann stellte sich kurz vor und dann saßen wir uns lange wortlos gegenüber (gefühlt ca. 5 Stunden ... in echt ca. 2 Minuten).
"Genosse Soldat, ... wie kommst du (unter Genossen war es üblich sich zu duzen) zu der Annahme, der Fall Lindenberg ließe sich mit dem vergleichen, wass unzählige Lehrer in der BRD zu erleiden haben?"
Ich hab mich dann so gut wie es ging rausgeredet, die Fälle wären natürlich nicht vergleichbar, und ich dachte es gehöre zum Thema, wenn auch in der DDR Menschen ihren Beruf nicht ausüben können, was natürlich eine extreme Ausnahme darstellt, ... etc.
Dann hat er sich noch über meine zahlreiche Westverwandschaft informiert, ob ich diese Ansichten womöglich daher habe.
Und alles wurde natürlich aufgezeichnet, das Tonband stand direkt neben mir auf dem Tisch. Nach 2 Stunden beendete er das Gespräch, sagte aber, die Sache wäre noch nicht vom Tisch.
Die Grundausbildung habe ich dann ganz normal beendet, und kam danach zu einer Hundestaffel, wo ich zum Hundeführer ausgebildet werden sollte. Dort bekam ich dann "Wotan" zugewiesen, ein Prachtstück von einem Schäferhund. Das waren wohl die schönsten 2 Wochen meiner Dienstzeit, am liebsten hätte ich ihn mitgenommen. Normalerweise hätte die Ausbildung 6 Wochen gedauert, aber nach 2 Wochen kam plötzlich der Versetzungsbefehl zum Stab des Grenzkommandos Nord, nach Kalbe an der Milde.
In diesem Kuhdorf habe ich dann den Rest der 18 Monate in der Wachkompanie verbracht, was immer noch besser war als Grenzdienst. Daher nochmal im Nachhinein ein fettes DANKESCHÖN an Udo, du hast mir da wirklich den Arsch gerettet. :D