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Als Mutti in den Westen ging

35 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: DDR, Westen, Osten ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
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Als Mutti in den Westen ging

gestern um 13:50
Es ist 1989 und die Mauer ist gefallen. Deutschland ist wiedervereint. Menschen feiern in den Straßen. Einige DDR-Bürger machen sich direkt auf den Weg in den Westen. Um die Welt zu sehen, um die Freiheit genießen zu können, für ein besseres Leben, um was zu erleben, um Leben zu können wie man möchte ... und ließen dabei einfach ihre Kinder zurück.

Ich bin über die Berichte gestoßen und es lässt mich nicht los.
Manchmal wird der Nachwuchs sogar fast ohne Essen in der elterlichen Wohnung eingesperrt und seinem Schicksal überlassen.
Kleine Kinder, alleine in der Wohnung eingesperrt und einfach abgehauen. Teilweise ohne Information was da gerade passiert.

https://www.google.com/amp/s/www.mdr.de/geschichte/ddr/deutsche-einheit/mauerfall/verlassene-kinder-in-der-ddr-zurueckgelassen-100~amp.html
Diese Eltern sind ja gegangen, weil sie ein besseres Leben wollten. Aber ihren Kindern haben sie zugemutet, da zu bleiben, wo sie nicht bleiben wollten.
Quelle: https://www.google.com/amp/s/www.mdr.de/geschichte/ddr/deutsche-einheit/mauerfall/verlassene-kinder-in-der-ddr-zurueckgelassen-100~amp.html
Egoismus. Endlich kann ich was erleben. Die meisten dieser Eltern oder viele davon waren ja auch einfach gestrickt. Die haben hier in der DDR auch nicht viel geleistet. Aber jetzt haben sie gedacht, wir kriegen mehr Geld im Westen, auch ohne Arbeit. Und da waren ihnen die Kinder ganz egal.
Quelle: https://www.google.com/amp/s/www.mdr.de/geschichte/ddr/deutsche-einheit/mauerfall/verlassene-kinder-in-der-ddr-zurueckgelassen-100~amp.html

Wie viele Fälle es genau gab, ist nicht bekannt. Verlässliche Zahlen gibt es nicht, aber um Einzelfälle handelt es sich ebenfalls nicht. Es wird von hunderten Kindern gesprochen.
Ein besonders schweres Schicksal erleidet Andreas.
Andreas' Mutter kann gefunden werden, in einem Dorf bei Celle.
Sie erklärt warum sie ihr Kind alleine gelassen hat.
Ja, Andreas, das mache ich aber nicht. Ich hole dich nicht ab. Du weißt auch ganz bestimmt warum. Du wolltest mich ja nicht mehr sehen. Du hast ja zu mir gesagt: Dich will ich nicht sehen in Erfurt. Du brauchst mich überhaupt nicht zu besuchen. Das war ein großes Problem mit Andreas, was schon im Kindergarten anfing. Da wurde mir schon gesagt, dass er bockig ist. In der Schule wurde es nachher viel schlimmer. Da hat er seine Hausaufgaben nicht gemacht und meinte, ich hätte ihm nichts zu sagen.
Quelle: https://www.google.com/amp/s/www.mdr.de/geschichte/ddr/deutsche-einheit/mauerfall/mauerfall-verlassene-kinder-wende-mauer-100~amp.html

Was ist denn da bei den Eltern schief gelaufen? Das sind ja keine Einzelfälle mehr.

Der folgende Artikel ist aus dem Jahr 2014.
Für Betroffene wie Brigitte S. scheint es für Vergangenheitsbewältigung noch zu früh. Offenbar wird die eigene Heim- und Pflege-Vergangenheit von vielen nach wie vor verschwiegen. In einem DDR-Heim gelandet zu sein, werde noch immer als Stigmatisierung angesehen
Hinter der eigenen Mauer des Schweigens kann nicht zugegeben werden, dass man den eigenen Eltern offenbar nicht wichtig genug war, um mitgenommen zu werden. Und es scheint noch ein anderes Phänomen hinzuzukommen: Die eigenen Eltern müssen geschützt werden – gleichgültig, wie schmerzhaft deren Entscheidung war.
Quelle: https://www.diepresse.com/4574711/die-verlassenen-kinder-hinter-der-mauer


Jetzt haben wir 2025, vielleicht können sich mittlerweile mehr verlassene Kinder öffnen und über dieses Thema berichten.
Vielleicht gibt es hier im Forum auch ehemalige DDR Kinder die ihre Erlebnisse schildern können oder auch Eltern oder Verwandte um die andere Seite zu zeigen. Da fehlt mir tatsächlich etwas. Ich kann mir nicht vorstellen, dass hunderte von Kindern zurück gelassen werden, nur damit man ein tolles neues Leben im goldenen Westen ohne störenden Anhang starten kann.
Wie denkt ihr über die damalige Situation. Wollten einige Eltern ihre Kinder vielleicht tatsächlich später nachholen?


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Als Mutti in den Westen ging

gestern um 14:50
Zitat von TeegardenTeegarden schrieb:Ich bin über die Berichte gestoßen und es lässt mich nicht los.
Das verstehe ich gut.
Ich kenne die Doku und sie hat mich wirklich sehr mitgenommen und lange beschäftigt.
Ganz furchtbar.

Ganz schlimm ist die "Mutter" von Andreas.
Und auch die 3 Brüder, die mit ein paar Klappstullen alleine in der Wohnung zurückgelassen wurden haben mich sehr bewegt.

Sehr anrührend und hoffnungsvoll ist die Geschichte von dem kleinen Jungen mit der Gehbehinderung, der so eine tolle Pflegemutti gefunden hat.


Was mich zutiefst empört ist, dass die Eltern nicht zur Verantwortung gezogen wurden.
Vor allem die Mutter, die ihre Kinder ohne die Versorgung sicher zu stellen in der Wohnung gelassen hat.
Die hätten dort verhungern können.


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Als Mutti in den Westen ging

gestern um 14:59
Zitat von TeegardenTeegarden schrieb:Was ist denn da bei den Eltern schief gelaufen?
Vermutlich hat das Leben in einem Überwachungsstaat, aus dem man nicht entkommen konnte, mehr Spuren bei Menschen hinterlassen, als man sich so vorstellen kann.

Plötzlich winkt die Freiheit und die Befreiung vom alten Leben und zwar so stark, dass man ohne Rücksicht wirklich alles hinter sich lassen will, eben auch die Kinder im alten Leben.
Sowas häufte sich ja damals, das muss ja einen Grund haben.

Vielleicht kann man sich ja jetzt ungefähr vorstellen, was das mit einem machte, dass man so hart einen Cut machen muss.

(Ich verteidige das nicht, ich versuche nur, das nachzuvollziehen).


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Als Mutti in den Westen ging

gestern um 15:10
@coronerswife
Das mag sicher Spuren hinterlassen haben.
Reicht aber nicht als Erklärung.
Die DDR hatte glaube ich ca 17 Mio Einwohnerinnen.
Die überwältigende Mehrheit hat ihre Kinder nicht verlassen.
Es wird Gründe geben, die in der persönlichen Biographie und der Petsönlichkeit der Eltern lagen.
Genau wie bei Eltern "im Westen" die ihre Kinder vernachlässigt oder misshandelt haben. Das gab und gibt es ja auch zur Genüge.
Bei den DDR Schicksalen gibt rs einfach diese zeitliche Häufung, die der historischen Situation geschuldet ist, dass ganz plötzlich Kontrollmechanismen weg fielen und man sich offenbar straflos seiner Verantwortung entziehen konnte.


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Als Mutti in den Westen ging

gestern um 15:12
Zitat von fischersfritzifischersfritzi schrieb:Das mag sicher Spuren hinterlassen haben.
Reicht aber nicht als Erklärung.
Wahrscheinlich erklärt es das nicht zu 100%, aber es ist trotzdem auffällig. Ich weiß von keiner Häufung von verlassenen Kindern in der sonstigen Geschichte Deutschlands (Nach dem Krieg).


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Als Mutti in den Westen ging

gestern um 15:19
Zitat von coronerswifecoronerswife schrieb:. Ich weiß von keiner Häufung von verlassenen Kindern in der sonstigen Geschichte Deutschlands (Nach dem Krieg).
Nein, ich auch nicht.
Aber das habe ich ja oben geschrieben, mit dem Zusammenbruch entstand ein Vakuum, durch dass man sich der Verantwortung entziehen konnte.
Offenbar war das gesellschaftlich sehr geregelte und normierte Leben auch ein Schutzfaktor für die betroffenen Kinder.
Auffällig finde ich das natürlich auch.


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Als Mutti in den Westen ging

gestern um 15:42
Zitat von coronerswifecoronerswife schrieb:Sowas häufte sich ja damals, das muss ja einen Grund haben.
könnten zerrüttete ehen gewesen sein.

in der früheren Ostzone war auch die scheidungsrate ziemlich hoch.


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Als Mutti in den Westen ging

gestern um 15:43
Zitat von shuhmanfushuhmanfu schrieb:in der früheren Ostzone war auch die scheidungsrate ziemlich hoch.
Hab ich auch schon drüber nachgedacht, wie die Scheidungsraten waren. Hast du mal ne Quelle dafür?


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Als Mutti in den Westen ging

gestern um 15:46
In den achtziger Jahren wurde jede zweite Ehe geschieden (1960 15 Prozent, 1975 30 Prozent). Die hohe Zahl der Scheidungen wurde sicher durch das unkomplizierte Scheidungsverfahren erleichtert. Auch in der DDR bestanden die traditionellen Feste der Silbernen und der Goldenen Hochzeit fort.

Deutsche Demokratische Republik - Ehe und Familie
Quelle: google

das habe ich gerade mal gegoogelt. die zahlen waren mir nicht geläufig.


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Als Mutti in den Westen ging

gestern um 15:47
Zitat von TeegardenTeegarden schrieb:Es ist 1989 und die Mauer ist gefallen. Deutschland ist wiedervereint. Menschen feiern in den Straßen. Einige DDR-Bürger machen sich direkt auf den Weg in den Westen. Um die Welt zu sehen, um die Freiheit genießen zu können, für ein besseres Leben, um was zu erleben, um Leben zu können wie man möchte ... und ließen dabei einfach ihre Kinder zurück.
Freiheit für die einen, Verlassenwerden für die anderen. Ich verstehe nicht wie Eltern sowas ihren Kindern antun konnten.

Wenn man die Chance hatte in die Freiheit ( Westen) Zuflüchten lässt man seine Kinder nicht zurück.

Einzige Ausnahme, die ich mir hier noch vorstellen kann, das man angst davor hat auf der Flucht passiert was, dann lässt man die Kinder aber nicht alleine zurück.
Zitat von TeegardenTeegarden schrieb:Kleine Kinder, alleine in der Wohnung eingesperrt und einfach abgehauen. Teilweise ohne Information was da gerade passiert.
während die einen den Aufbruch feierten, blieben die Schwächsten hilflos zurück. eigentlich auch unbegreiflich das die Eltern nie zu Verantwortung gezogen wurden.
Zitat von coronerswifecoronerswife schrieb:Vermutlich hat das Leben in einem Überwachungsstaat, aus dem man nicht entkommen konnte, mehr Spuren bei Menschen hinterlassen, als man sich so vorstellen kann.

Plötzlich winkt die Freiheit und die Befreiung vom alten Leben und zwar so stark, dass man ohne Rücksicht wirklich alles hinter sich lassen will, eben auch die Kinder im alten Leben.
Sowas häufte sich ja damals, das muss ja einen Grund haben.

Vielleicht kann man sich ja jetzt ungefähr vorstellen, was das mit einem machte, dass man so hart einen Cut machen muss.

(Ich verteidige das nicht, ich versuche nur, das nachzuvollziehen).
Also ich zweifel daran das die Sehnsucht nach Freiheit und der Druck des Überwachungsstaates so groß sein kann, das man seine kinder hilflos zurück lässt statt sie noch irgendwo anders in sicherheit zubringen.
Zitat von fischersfritzifischersfritzi schrieb:Das mag sicher Spuren hinterlassen haben.
Reicht aber nicht als Erklärung.
Die DDR hatte glaube ich ca 17 Mio Einwohnerinnen.
Die überwältigende Mehrheit hat ihre Kinder nicht verlassen.
Es wird Gründe geben, die in der persönlichen Biographie und der Petsönlichkeit der Eltern lagen.
Genau wie bei Eltern "im Westen" die ihre Kinder vernachlässigt oder misshandelt haben. Das gab und gibt es ja auch zur Genüge.
Bei den DDR Schicksalen gibt rs einfach diese zeitliche Häufung, die der historischen Situation geschuldet ist, dass ganz plötzlich Kontrollmechanismen weg fielen und man sich offenbar straflos seiner Verantwortung entziehen konnte.
Da teile ich deine Ansicht. Es gibs keine Rechtfertigung dafür sein Kind zurückzulassen.


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Als Mutti in den Westen ging

gestern um 16:30
Über dieses Thema wurde bei uns im Freundeskreis auch gesprochen. Die Doku wurde, glaube ich, um 2020 rum gesendet. Eine junge Frau, selber 1988 noch aus der DDR abgehauen, erzählte uns etwas dazu, was mich lange beschäftigt hat. Es herrschte ja fast bis zur Wende Wohnungsmangel, aber wenn man verheiratet und schwanger war, gab es eine eigene Wohnung oft viel schneller.


Also eine sehr frühe Ehe und eine frühe Schwangerschaft als Mittel zum Zweck. So würde ich das bezeichnen. Die Scheidungsraten solcher Frühehen sprechen für sich. Dazu kam, dass Frau in der DDR dringend in der Produktion gebraucht wurde und schon sehr kleine Kinder in die Krippen und Horte gebracht wurden. Im Prinzip ja eine gute Sache, wenn Frau einen anspruchsvollen Beruf hat, aber das frühe Weggeben des sehr kleinen Kindes fördert nicht grade die Eltern-Kind Bindung.

Ja, und dann kam die Wende und das Tor in den "goldenen Westen" stand weit offen! Da waren verantwortungslosen Eltern die kleinen Kinder wohl ein Klotz am Bein!

Warum dieses Delikt, nämlich "Aussetzen in hilfloser Lage", nicht konsequent verfolgt wurde, ist mir bis heute ein Rätsel. Denn das waren mehr als nur Einzelschicksale! Ich hab auch einige Jahre als Scheidungskind in einem Kinderheim zugebracht, allerdings im Westen. Die Heime in der ehemaligen DDR sollen aber deutlich ärger gewesen sein, das weiß ich von Berichten von Bekannten, die "im Osten" in Kinderheimen untergebracht waren.


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Als Mutti in den Westen ging

gestern um 17:23
Zitat von fischersfritzifischersfritzi schrieb:Ich kenne die Doku und sie hat mich wirklich sehr mitgenommen und lange beschäftigt.
Ganz furchtbar.
Ich konnte mir tatsächlich nur einzelne Ausschnitte davon anschauen. Die ganze Doku habe ich nicht gepackt. In Schriftform ging es dann besser, deshalb habe ich auch darauf zurück gegriffen.
Zitat von fischersfritzifischersfritzi schrieb:Vor allem die Mutter, die ihre Kinder ohne die Versorgung sicher zu stellen in der Wohnung gelassen hat.
Die hätten dort verhungern können.
Ich erinnere mich an die frühen 2000er Jahre. Zu dem Zeitpunkt habe ich selbst im Osten gelebt. Was damals sehr in den Medien auftauchte waren Mütter die ihre Kleinkinder alleine ließen und diese verhungerten. Ich erinnere mich leider nur noch gut an den Fall Kevin und Tobias aus Frankfurt/Oder. Aber es wurde im Osten viel darüber debattiert wieso und warum es fast ausschließlich Fälle aus dem Osten in die Medien schafften.
Ich habe keine Ahnung ob es da eine Häufung gab oder das ein subjektiver Eindruck war.
Einige Personen vertraten damals den Standpunkt in der DDR wäre das nicht passiert, da der Staat sich um alles gekümmert hat. Ist vielleicht ein Ansatz warum es schon nach der Wende dazu kam.
Zitat von coronerswifecoronerswife schrieb:Plötzlich winkt die Freiheit und die Befreiung vom alten Leben und zwar so stark, dass man ohne Rücksicht wirklich alles hinter sich lassen will, eben auch die Kinder im alten Leben.
Sowas häufte sich ja damals, das muss ja einen Grund haben.
Mh, ich versuche echt mich in diese Menschen zu versetzen, aber um es mal krass auszudrücken, die haben für eine Banane und ein wenig Kohle ihre eigenen Kinder elendig verrecken lassen. Sorry, musste so krass mal raus.
Zitat von locutuslocutus schrieb:Einzige Ausnahme, die ich mir hier noch vorstellen kann, das man angst davor hat auf der Flucht passiert was, dann lässt man die Kinder aber nicht alleine zurück.
Es war ja nach der Wende. Also keine Flucht mehr aus der DDR. Vielleicht hatten einige doch noch Angst oder so. Keine Ahnung.
Zitat von MerirukaMeriruka schrieb:Warum dieses Delikt, nämlich "Aussetzen in hilfloser Lage", nicht konsequent verfolgt wurde, ist mir bis heute ein Rätsel. Denn das waren mehr als nur Einzelschicksale!
Das wird leider den damaligen Wirrungen der Wiederverinigung geschuldet sein. Da haben ehemalige DDR und BRD keine Meisterleistung gebracht.
Es kamen durch die Wende ungefähr 16,5 Millionen Menschen dazu. Die waren dann alle BRD Bürger, von heute auf morgen. Da waren bestimmt die Ämter mit allen möglichen Kram überlastet.
Auch das ist keine Entschuldigung, vielleicht ein Ansatz einer Erklärung. Ich weiß nicht ob die Heime immer solche Kinder gemeldet haben und wie dann der weitere Verlauf war. Schlimm für die betroffenen Personen.


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Als Mutti in den Westen ging

gestern um 17:54
@Teegarden


Ich hoffe doch, dass alle in verschlossenen Wohnungen zurückgelassenen Kinder frühzeitig aufgefunden worden sind. Das war mir bis heute gar nicht bekannt, ich wusste nur von Kindern, die aus Hort oder Krippe nicht abgeholt worden sind. Mir ist nicht bekannt, ob die zurück gelassenen Kinder jemals Gegenstand polizeilicher Ermittlungen waren. Heute sind diese Fälle ja allesamt verjährt, leider!


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Als Mutti in den Westen ging

gestern um 18:30
Zitat von MerirukaMeriruka schrieb:Ich hoffe doch, dass alle in verschlossenen Wohnungen zurückgelassenen Kinder frühzeitig aufgefunden worden sind.
Das hoffe ich auch. Leider konnte ich aber keine Angaben dazu finden. Also überhaupt nichts. Auch die Zahlen der verlassenen Kinder sind kaum greifbar, das Thema hat in der breiten Öffentlichkeit wenig interessiert.
Zitat von MerirukaMeriruka schrieb:Mir ist nicht bekannt, ob die zurück gelassenen Kinder jemals Gegenstand polizeilicher Ermittlungen waren. Heute sind diese Fälle ja allesamt verjährt, leider!
Das weiß ich auch nicht. Befürchte da wird weniger passiert sein. Ich hoffe alle Betroffenen konnten oder können noch mit ihrer Lebensgeschichte Frieden schließen. Auch wenn sie als Kind unter denkbar schlechten Bedingungen gestartet sind.


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Als Mutti in den Westen ging

gestern um 18:30
Habe, obwohl ich selbst ein Jahr vor der Grenzöffnung als 7 Jähriger mit meinen Eltern die DDR verlassen habe davon noch nichts gehört..
In Dokus, Reportagen, von Zeitzeugen etc. Aber das bedeutet ja nicht, dass es nicht so gewesen sein kann, dass es nicht solche Fälle gegeben haben kann.

Es ist ein sehr außergewöhnliches Ereignis gewesen, das Millionen von Menschen betroffen hat. Da sind Menschen dabei aus ganz unterschiedlichen sozialen Umfeldern, auch Menschen in geistig schlechter Verfassung, in einem Staat der viele Menschen sehr repressiv behandelt hat und in dem seelische Probleme sehr stark unterdrückt wurden.

Also, was ich sagen will ist - es wundert mich nicht dass in außergewöhnlichen Situation außergewöhnliche Einzelfälle passieren.

Aber ich würde das nicht direkt an DDR festmachen, an ehemals Ostbürgern etc. Wie oft fällt ein Interrimsstaat in sich zusammen, damit wir da Vergleiche ziehen können. Es sind Dinge die passieren, und die im einzelnen in den letzten Jahrzehnten von Familientherapeuten und Psychologen aufgearbeitet hätten werden sollen.


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Als Mutti in den Westen ging

gestern um 18:42
Zitat von DeadPoetDeadPoet schrieb:Aber ich würde das nicht direkt an DDR festmachen, an ehemals Ostbürgern etc.
Na aber doch natürlich. Das ist ja immerhin topic.
Und es hat ja stattgefunden, genau wegen des Ereignisses des Mauerfalls und genau um diese DDR geht es und dass es eben viele Kinder gibt, die einfach zurückgelassen wurden. Kinder, die Jahre, Jahrzehnte später Kontakt zu ihren leiblichen Müttern, Eltern aufnehmen wollten. Vielfach abgelehnt.
Es sind ihre Kinder. Bis heute hart traumatisierte Menschen.

Und doch scheint es keine tiefergehende Bindung gegeben zu haben. Wer sonst könnte einfach so kleine Kinder sich selbst überlassen. Ob sie gefunden werden, überleben oder nicht - völlig egal - den Anschein hat es ja zumindest.

Mich hat diese Doku auch verstört.
Zitat von DeadPoetDeadPoet schrieb:Also, was ich sagen will ist - es wundert mich nicht dass in außergewöhnlichen Situation außergewöhnliche Einzelfälle passieren.
Es sind ja eben keine Einzelfälle. Darum genau geht es ja.


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Als Mutti in den Westen ging

gestern um 18:57
Zitat von fischersfritzifischersfritzi schrieb:Das mag sicher Spuren hinterlassen haben.
Reicht aber nicht als Erklärung.
Die DDR hatte glaube ich ca 17 Mio Einwohnerinnen.
Die überwältigende Mehrheit hat ihre Kinder nicht verlassen.
Es wird Gründe geben, die in der persönlichen Biographie und der Petsönlichkeit der Eltern lagen.
Genau wie bei Eltern "im Westen" die ihre Kinder vernachlässigt oder misshandelt haben. Das gab und gibt es ja auch zur Genüge.
Bei den DDR Schicksalen gibt rs einfach diese zeitliche Häufung, die der historischen Situation geschuldet ist, dass ganz plötzlich Kontrollmechanismen weg fielen und man sich offenbar straflos seiner Verantwortung entziehen konnte.
Das hatte Fischers Fritzi schon ganz schön geschrieben, könnte ich so unterschreiben.

@Interested

Ja, es stimmt das betrifft die DDR, es sollte auch aufgearbeitet werden. Wenn sich der MDR dieser Thematik annimmt, hat das ja auch Gründe. Die Vergangenheit aufzuarbeiten, auch die nicht so schönen Dinge ist wichtig. Es war nicht nur Jubel und Heiterkeit am Brandenburger Tor. Da ist viel mehr passiert, und das sollte aufgearbeitet werden.

Meine Perspektive war jetzt nur, es gibt generell Menschen in unserem Land, und auch überall anders die psychische Probleme haben, die in problematischen Lebenssituationen sich befinden, die mit Süchten zu kämpfen haben, etc. Auch soziale Umfelder, Milleus in denen Gewalt ausgeübt wird, in denen Missbrauch herrscht oder geduldet wird. Die DDR war ein Land, das sicherlich nach außen hin das Bild der starken sozialistischen Frau vermittelt, die im Betrieb arbeitet UND eine gute Hausfrau ist. Der soziale Zwang war recht groß. Alleinstehende Frauen mit Kind oder "Patchworkfamilien" waren nicht Usus.. Die ganze Gesellschaft ist quasi mit der Last der zweiten Weltkrieges, aber ohne das Wirtschaftswunder des Westens "so weiter gelaufen" Es gab keine gesellschaftliche Öffnung, und soziale und psychologische Probleme wurden unter den Teppich gekehrt - mal ganz simpel geschrieben.

Jedoch, stellen wir uns x-beliebige Großstadt vor, Hamburg, Berlin, Frankfurt - wieviele Menschen in sozial prekären Situationen gibt es dort wohl - und wie würde sich das auswirken wenn über Nacht sämtliche staatliche Ordnung in sich zusammenfällt. Also, es ist sicherlich sinnvoll aufzuarbeiten, aber es ist glaub ich nicht DAS politische oder historische Thema, sondern mehr ein psycho-soziales Thema. Aber super interessant, auf jeden Fall.


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Als Mutti in den Westen ging

gestern um 18:58
Zitat von DeadPoetDeadPoet schrieb:Also, was ich sagen will ist - es wundert mich nicht dass in außergewöhnlichen Situation außergewöhnliche Einzelfälle passieren.
Keine Ahnung ab wann es für dich Einzelfälle sind. Die Zahlen schwanken ja ziemlich stark.
Verlässliche Zahlen gibt es angeblich nicht. Ein Mal wurde von hunderten Kindern in Berlin allein berichtet, ein anderes Mal von 50, dann wieder von vielen hunderten in ganz Ostdeutschland. Im Jänner 1991 berichtet die „Welt am Sonntag“ von 17.500. Der Politikwissenschaftler Klaus Schroeder spricht in einem ZDF-Interview 2010, dass „bis zu 100.000 Eltern ihre Kinder alleingelassen haben“. Die meisten seien aber zurückgekehrt, die Kinder aus Heimen oder von Verwandten zurückgeholt worden.
Quelle: https://www.diepresse.com/4574711/die-verlassenen-kinder-hinter-der-mauer

Weder sind hunderte noch 100.000 Einzelfälle für mich. Impliziert ja auch schon das Wort.


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Als Mutti in den Westen ging

gestern um 19:09
Zitat von DeadPoetDeadPoet schrieb:aber es ist glaub ich nicht DAS politische oder historische Thema, sondern mehr ein psycho-soziales Thema
Da bin ich absolut bei dir. Auch, was die anderen Beispiele anbelangt. Die will ich damit auch gar nicht wegreden. Sie sind ja allesamt existent. Sie machen aber nicht wett, was hier zur Diskussion steht.
Zitat von DeadPoetDeadPoet schrieb:Meine Perspektive war jetzt nur, es gibt generell Menschen in unserem Land, und auch überall anders die psychische Probleme haben, die in problematischen Lebenssituationen sich befinden, die mit Süchten zu kämpfen haben, etc. Auch soziale Umfelder, Milleus in denen Gewalt ausgeübt wird, in denen Missbrauch herrscht oder geduldet wird. Die DDR war ein Land, das sicherlich nach außen hin das Bild der starken sozialistischen Frau vermittelt, die im Betrieb arbeitet UND eine gute Hausfrau ist. Der soziale Zwang war recht groß. Alleinstehende Frauen mit Kind oder "Patchworkfamilien" waren nicht Usus.. Die ganze Gesellschaft ist quasi mit der Last der zweiten Weltkrieges, aber ohne das Wirtschaftswunder des Westens "so weiter gelaufen" Es gab keine gesellschaftliche Öffnung, und soziale und psychologische Probleme wurden unter den Teppich gekehrt - mal ganz simpel geschrieben.
Jedes Beispiel in seiner Art wäre vermutlich diskussionswürdig. In vielerlei Hinsicht.

Dennoch ist das und sollten die Zahlen von @Teegarden annähernd stimmen, schon ziemlich prägnant. Nehmen wir zur Gegenüberstellung die Gastabeiter und den Familiennachzug. Die ihre Kinder nachholten - ist es doch schon ein starker Kontrast zum Verhalten der Eltern beim Mauerfall.

Die einen lassen sorglos ihre Kiinder zurück, für ein besseres Leben im Westen, die anderen holen ihre nach, für ein besseres Leben im Westen. Letzteres ist für mich persönlich nachvollziehbarer.


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Als Mutti in den Westen ging

gestern um 19:20
Es gibt eben eine ganze Bandbreite von Eltern: Von Überhelikopereltern bis zu denen, die sich viel zu wenig kümmern und die Kinder verwahrlosen oder gar dann verlassen werden. Ich glaube, das ist auch schichtabhängig, nur können sich besser verdienende Schichten anders Freiräume schaffen: Feriencamps, AuPairs, ...

An unserer Schule sitzen auch viele Kinder in der Ganztagesbetreuung, obwohl die Mütter nur halbtags arbeiten und mittags überwiegend oder sogar immer daheim sind. Das geht ja auch ein wenig in die Richtung. Das "Verlassen" ist dann eben "next level".

Wir (im ehemaligen "Westen") erleben das im Alltag auch immer wieder, auch mit scheinbar gefestigten Eltern-Kind-Beziehungen. Vater zieht aus, wechselt die Arbeit, zieht vom Land in die nächste Großstadt, baut sich einen Bekanntenkreis auf, hat ggf. eine neue Beziehung und das Kind verliert immer mehr an Bedeutung. Nicht selten bricht der Kontakt ab. Wir haben jedes Jahr auf der Schulabschlussfeier einige Kinder, die wahnsinnig verletzt sind, dass der Vater bzw. die Mutter nicht mal zu dem wichtigen Termin kamen.

Da änderten sich über Nacht die Lebensumstände und damit auch die Möglichkeiten, die sich den Leuten boten. Wer weiß, wie lange es schon gegärt hat, das ist dann das sprichwörtliche Zigarettenholen, nur über die Grenze. Ich würde gar nicht so unbedingt Steine werfen, da man die Einzelgeschichten nicht kennt. Natürlich ist es moralisch völlig unvertretbar, das Kind so zu verlassen. Aber ... oft sind das Kurzschlussreaktionen oder eigene innere Konflikte, die erst lange unterdrückt wurden und dann Manifest werden.

Wir hatten auch eine Mitschülerin, die nach dem Abi nach New York als AuPair ging und sie fand "America" so cool, dass sie ziemlich überstürzt geheiratet hat (green card). Sie bekam einige Kinder, das Paar lebte sich auseinander, sie hatte tierisch Heimweh, das Verhältnis zu den Kindern war auch nicht gut ... sie hat dann auch einen Flug gebucht und lebt seither wieder in unserem Kaff. Die Kinder haben den Kontakt abgebrochen, weil sie verständlicherweise enttäuscht sind. Gut mit der Entscheidung geht es ihr auch nicht.


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