Ist Jammerei das neue Wohlfühlen?

Hallo.

Mir fällt in letzter Zeit verstärkt auf, daß alles in meinem Umfeld jammert,seufzt und sich scheinbar selber sehr leid tut.

Manche-ich rede hier von Menschen zwischen 25 und 45Jahren, machen sogar regelmäßige "Seufz"- und "Aua "-geräusche, um zu zeigen, wie sehr die Knochen schmerzen oder wie schwer Ihnen alles im Leben fällt.

Zumal ich mir denke, daß z.b. Rückenschmerzen nicht besser werden, wenn man ständig Auaaua sagt.
Vielleicht merken sie es auch selber nicht.

Wie gesagt, mir fällt das die letzten Monate extrem auf.

Ob die Jammerei, -also daß man damit andere Menschen gewollt oder ungewollt beschäftigt-
die Lebenssituation, also quasi die Wellness , verbessert?

Ich frage mich das wirklich?
Ein anderer Grund für diese Heulerei fällt mir nämlich nicht ein.

Sei es ein Mann, der dir beim Date stundenlang erzählen kann, daß die (böse) Ex nicht erlaubt hat, daß er seine Star Wars poster ins Wohnzimmer hängen darf oder die Freundin, die sich regelmäßig vom Mann betrügen und schlagen lässt, sich aber nicht trennen kann, weil sie sonst ihre tolle Wohnung nicht alleine finanzieren kann.

Selbst Menschen in meinem Kreis, die früher normal waren, sind mittlerweile so.
Als ob es ansteckend ist. ...

Fühlt man sich vielleicht besser , wenn man immer rumweint und nicht alles in sich hineinfrisst?

Wenn man keine wirklichen Probleme mehr hat, steigen halt die kleinen Probleme zu wirklichen auf. Dazu kommt, dass wirklich jeder dank sozialer Medien anderen alles mitteilen will. Irgendwas ist immer, was doof ist, bei jedem, in jedem Moment. Sei es nur der unbequeme Stuhl, das Genervtsein, weil man eigenlich schon läääängst wieder zum Friseur hätte gehen müssen und sich deswegen unwohl fühlt oder oder oder.
Natürlich gibt es noch welche mit richtigen Problemen, die jammern aber erfahrungsgemäß weniger.

Whitelight schrieb:Fühlt man sich vielleicht besser , wenn man immer rumweint und nicht alles in sich hineinfrisst?

Kommt auf den Menschen an. Wenn mir was Blödes passiert, geht es mir immer besser, wenn ich mit jemandem drüber geredet hab, andere öffnen sich kaum und fressen alles in sich rein. Auch nicht immer gut, wenn man alles immer nur mit sich selbst ausmacht.

@coronerswife
Ja, klar.
Jeder erzählt mal etwas von sich, das ist ja auch normal.
Alles in sich hineinfressen soll man ja auch nicht.
Aber was verspricht sich eine Person davon, wenn sie immer das fortwährende Thema erwähnt?

Eine Bekannte von mir jammert seit Jahrzehnten über ihr Kind, was mit über 30 noch zuhause wohnt und sich bedienen lässt.

Immer die gleiche Leier....er macht dies, jenes, blablabla.
Die Situation ändert sich nicht, im Gegenteil, dem Sohn wird nichtmal gesagt, daß er sich nach ner Wohnung umgucken soll.

Aber jeder andere muß sich diese Schauergeschichten anhören....stundenlang, pausenlos.

Wie soll man denn mit so ner scheiße umgehen?
Es macht müde, daß Menschen, die man eigentlich mag einen ständig und immer belasten.

Whitelight schrieb:Wie soll man denn mit so ner scheiße umgehen?

Versuchs's mit richtiger Hilfestellung, gibt vernünftige Tipps. Wer sich aber dazu entscheidet, nichts zu unternehmen, der leidet halt noch nicht genug. Irgendwann ist bei mir dann auch Mitleid alle. Man muss sich schon schützen, sonst zieht einen die Grütze selbst mit runter.
Wer leiden möchte, soll das tun, aber dann helfen auch die Tipps und die Energie, die man selbst da reinsteckt, nicht mehr.


Wenn sich was bewegt und wirklich was passiern soll, kannst du deine Hilfe ja wieder anbieten. Ich würde schon sagen, dass ich das nicht mehr hören kann und sie ja offenbar nichts ändern will.

@coronerswife
Das hab ich -meiner Meinung nach- getan.
Wohnungsanzeigen herausgesucht, geredet.

Letzendlich hieß es nur, ich würde mir alles so leicht vorstellen und "vielleicht passiert Dir das mit Deinen Kindern später genauso".

Man merkt, daß keinerlei Änderung gewünscht wird.

Na ja.
Jeder ist seines eigener Glückes Schmied.

Am besten Ohren auf Durchzug in diesem Fall.

Manchmal höre ich Gespräche zwischen alten Menschen, z.b. in Geschäften.
Einige davon sind sowas von positiv, das ist schon kaum zu glauben.

Ich könnte mir vorstellen, daß Jammereien auch etwas mit ordentlichem Alltag zu tun haben könnten.

Mir fällt auf, daß gerade arbeitslose Personen in meinem Kreis die schlimmsten Jammerer sind.
Die bekommen den Haushalt, Termine nicht geregelt, schlafen nicht gut und alles tut weh .

@Whitelight
Jo, dann zieh dich raus.

Whitelight schrieb:Manchmal höre ich Gespräche zwischen alten Menschen, z.b. in Geschäften.
Einige davon sind sowas von positiv, das ist schon kaum zu glauben.

Ich könnte mir vorstellen, daß Jammereien auch etwas mit ordentlichem Alltag zu tun haben könnten.

Ältere Menschen sind da auch noch etwas anders. Die ziehen selbst aus Schlechtem/Negativen noch etwas Gutes bzw. lassen sich dadurch nicht völlig entmutigen. Trotz Altersarmut zb. bewahren sich viele ältere Menschen noch eine Einstellung dass das Glas halbvoll und nicht halbleer sei. In Tafeln zb. wird auch gelacht.
Jüngere können in der Tat besser jammern bzw. weniger mit Sorgen und Ängsten umgehen, so zumindest meine Erfahrungen.

@rhapsody3004
Ah, okay.
Da hab ich noch gar nicht drüber nachgedacht, daß es Menschen gibt, die mit Problemen gar nicht umgehen können.

Bisher bin ich davon ausgegangen, daß jemand, der ein Problem hat, dieses auch -egal wie- auch lösen will.

Und wenn nicht, dachte ich, wäre man zu bequem, um es zu lösen.

Das ist für mich eine ganz andere Sichtweise, daß es Menschen gibt, die es gar nicht können...

Allerdings sollte man es dann lernen.
Oder eben nicht.

Whitelight schrieb:Ob die Jammerei, -also daß man damit andere Menschen gewollt oder ungewollt beschäftigt-
die Lebenssituation, also quasi die Wellness , verbessert?

Durchaus denkbar für bestimmte Gruppen von Menschen.

Zum einen gibt es in diesem Teil der Welt schon einen Haufen höchst privilegierter und damit auch verwöhnter Papiertiger, die nicht selten schon die eigene Komfortzone verlassen, wenn sie mal persönlich den Müll runter bringen müssen. Vermutlich nagt bei manch einem diese Unbeholfenheit schon auch etwas am Selbstwert, wobei man das dann mit allerhand Geweine kompensiert oder irgendwie zu rechtfertigen versucht.

Zum anderen ist die Neidkultur meines Erachtens auch nicht gerade wenig verbreitet, und die hat meiner Beobachtung nach zur Folge, dass man sein Wohlbefinden gar nicht so sehr betonen möchte. Es eher hinter Abwertungen versteckt, eben absichtlich schlecht redet. Man will sich keine Feinde machen, wenn es einem zu gut gehen sollte, also macht man bei dieser Gruppendynamik des Jammerns einfach mit.

Beides Faktoren die wohl den "Wellness Faktor" steigern können, denke ich.

Ach wo denkst du hin. Menschen sind total verschieden. Selbst bei den Senioren gibt es schon gewaltige Unterschiede. Die einen sind sich zu schade für eine Tafel, obwohl dringend benötigt, jammern dann lieber rum - wieder andere packen es an, nehmen Tafeln in Anspruch und machen das Beste aus der Situation, sind sich nicht zu fein dafür.

Ausnahme stellen die dar, die sich tatsächlich schämen. Da verstehe ich jegliches Jammern, da eine enorme psychische Belastung, wenn man sich schämt für etwas, sich nicht traut.

Die jungen Leute "bei uns in D" sind übrigens Weltmeister im Jammern.

Ps.
Irgendwie hat das mit dem Zitieren gerade nicht so recht funktionieren wollen.

@navi12.0
Meinst Du, daß manche mit Geweine kompensieren, daß sie zu dämlich sind, dies und jenes zu erledigen?

Dann laufen sie doch Gefahr, daß man sie erst recht als "zu blöd für alles" einschätzt?!

Aber vielleicht ist ja genau das der Plan?
Man stellt sich blöd an und wird in Zukunft für nichts mehr gefragt, hat im Bestfall "noch irgendeinen Doofen " , der einen die Arbeit abnimmt.

@rhapsody3004
Ich glaube, daß das alles eine Sache der persönlichen Einstellung ist.
Sich nicht trauen, sich schämen und dafür z.b. nichts zu essen zu haben,
kann ich nicht nachvollziehen.

In dem Fall mit der Tafel sollte doch jedem einleuchten, daß man, wenn man über seinen eigenen Schatten springt, besser leben kann.

Wenn man es nicht macht und dann auch noch ständig darüber jammert, schmiert man es sich doch ständig selber neu aufs Brot.

Jeder geht nicht gerne irgendwo zum ersten Mal hin.Sei es nun ein neuer Job oder vielleicht die Tafel.
Aber, wenn man es dann geschafft hat, kann man doch stolz auf sich sein.


@navi12.0
Das ist mir übrigens auch schon aufgefallen, daß man besser gar nicht erzählen soll, wenn's einem gut geht oder wenn man einfach nur zufrieden ist.

Ist zwar immer alles ne Prioritätensache, wird aber nicht gerne gesehen.

Das scheint aber auch der Grund zu sein, warum manche TV-formate regelrecht boomen und das schürt noch den Neid.

@Whitelight
ist der EP nicht auch im Grunde Jammerei über die Jammerei von anderen? Und sich selbst irgendwie besser zu fühlen als die, die "immer jammern"? Oder die, die sich schämen?

@Tussinelda
Ich habe auf Dich und Deine Fragen bereits gewartet☺

Woraus schließt Du, daß ich mich besser fühle als die, die immer jammern oder sich schämen?

Ich hätte den EP natürlich auch ohne Beispiele schreiben können, fraglich wäre dann gewesen, ob man ihn hätte lesen und verstehen können?

@Whitelight
ich schrieb, sich besser fühlen kann als die, die jammern oder sich schämen. Sich quasi über sie erheben......zu was soll denn sonst der thread dienen? Du schliesst Dich ja von der Jammer- und Schämgruppe aus.

@Whitelight

Ich denke man muss unterscheiden, ob jemand jammert und sich dadurch Hilfe erhofft oder man sich lediglich den Mist von der Seele reden möchte. Wenn ich z.B. nur meine Psyche erleichtern und keine Hilfe möchte sage ich das in den meisten Fällen.

Ich kenne solche Fälle wie deine geschilderten auch zu genüge, evtl. sollte man auch mal nachfragen, ob Ratschläge gewünscht sind. Wie jemand mal zu mir sagte: "Ungefragte Ratschläge sind im Grunde auch nur Schläge." Wenn sich jemand "ausweint" dann geht man automatisch davon aus, dass die Person Hilfe möchte aber dem ist nicht immer so.

Das man irgendwann keinen Bock mehr hat sich das alles anzuhören, egal ob die Person Hilfe möchte oder nicht, kann ich sehr gut nachvollziehen. In dem Falle wäre es angebracht die Person darauf anzusprechen.

@Whitelight
Aua sagen lenkt vom schmerz ab, das kann ich dir aus erfahrung sagen. Bin wohl auch nen jammerlappen, sag aua, aknn das problem aber nicht lösen :(

Ich habe mir in der Jugend mal 3 Wirbel zertrümmert und habe auch öfters Rückenschmerzen, ich habe eine Schwerbehinderung und wenn ich als nicht alter Mensch im Bus frage ob sich ein anderer aufstehen kann, da ich Rückenschmerzen beim Stehen habe wurde ich angeschaut als sei ich ein Simulant, sodass ich beim Arzt und im Bus nun nichtmehr frage und lieber mir eine Morphium einwerfe.

Das ewige Gejammer ist Teil der deutschen Identität. Die Deutschen sind ein Volk des Jammerns; schon immer gewesen.

Lexter schrieb:Das ewige Gejammer ist Teil der deutschen Identität. Die Deutschen sind ein Volk des Jammerns; schon immer gewesen.

Sieht man auch daran:
Jammern Deutsche zu viel?

Dauernd jammernde und traurige Menschen

Nimmt "Neo-Problembedingtes-Jammern" in unserer Gesellschaft zu?

Gibt es bei Allmy mittlerweile zu viele "Jammer-Threads"?

Auf Allmy wird mindestens so viel übers Jammern gejammert, wie das Jammern der Deutschen im echten Leben.

Die Menschheit jammert mehr. Gibt es keine wirklichen Probleme, werden welche erschaffen. Siehe political correctness, genderzeugs etc.