starkiller69 schrieb:Woher soll die kommen? Vom Jahrzehntelang den selben, stumpfsinnigen Job machen? Vom jeden Tag den selben Dreck im Fernsehen anschauen (Tagesschau, Musikantenstadl, Tatort)?
In früheren Zeiten gab es noch Wissen und Fähigkeiten weiterzugeben - über Pflanzen, Heilkräuter, Tiere, Handwerk usw.
Was KANN denn ein heute alter Mensch noch? Vor der Glotze versauern? Im Supermarkt einkaufen?
Wenn ich auf die vergangenen fast 65 Lebensjahre zurück blicke, habe ich nicht das Gefühl, "Jahrzehnte lang den selben stumpfsinnigen Job" gemacht zu haben oder haben zu müssen. Ich habe mir auch mein Lebtag nicht "Dreck im Fernsehen" angeschaut.
Wenn ich mir das Leben in meinem Freundeskreis so ansehe und die Biographien vergleiche, stelle ich durchaus Ähnlichkeiten fest, wobei ich zugeben muss, dass einige Zeitgenossen in ihrem Leben noch mehr erlebt haben und bewegt haben als ich.
Nein, liebe Kinder: Nicht jeder über 50 (oder 30?) muss deshalb zwangsläufig ein seniler Volltrottel sein. Ebensowenig wie jeder unterhalb dieser Altersgrenze ein jugendliches Genie sein muss - selbst wenn er/sie sich dafür hält.
Irgendwann im Laufe seines Lebens hat man einen Punkt erreicht, wo einen nichts mehr allzusehr nerven kann. Dann ist man cool. Etwas später dann nervt einen gar nichts mehr. Dann ist man kalt. Und tot.
Grundsätzlich ist "Alter" keine Frage des Geburtsdatums, sondern der inneren Einstellung.
Niemand wird alt, weil er eine bestimmte Anzahl von Lebensjahren auf dem Buckel hat. Man wird alt, wenn man sich von seiner Fantasie und seinen Träumen final verabschiedet. Man sollte sie behalten, auch in dem Wissen, dass sie sich nicht immer oder nicht so wie gewünscht realisieren lassen. Im Laufe der Zeit wirft unsere Haut Falten, mit dem Verzicht auf Neugierde, Lernbereitschaft und Ideale aber wird auch unsere Persönlichkeit Falten werfen wie eine alte Hose.
Ich kenne frühvergreiste Mid-Twens, die Wertvorstellungen haben, die es mit denen meiner Grosseltern kurz vor Demenzeintritt aufnehmen können. Ich kenne lebensmüde Dreissiger, die glauben, mit Ehemann, Kindern und Hypotheken sei ihr Leben am Ende. Ich kenne verbrauchte Vierziger, die die Tage bis zur Rente zählen (Welche Rente, hä?).
Und ich kenne Menschen, die sich eben nicht "altersgemäss" verhalten: Siebzigjährige, die Berggipfel im Himalaya besteigen, Achtzigjährige, die ein Studium der Philosophie beginnen und Neunzigjährige, die auf der Bühne den Blues singen.
Ich habe die grosse, böse SECHZIG schon hinter mir gelassen. Na und? Eine Zahl, nichts weiter. Ich werde trotzdem in meiner verbeulten Karre laute Rockmusik hören, dass den Kids an der Fussgängerampel das Gel aus den Haaren fliegt, meine Frau und ich werden auf hanseatischen Nobelparties trotzdem Leute schockieren "Sie haben sich ihre Wohnung von einer Blindenwerkstatt einrichten lassen?" und meine Frau wird trotzdem in heissen Sommernächten nackt auf der Terrasse Pogo tanzen und "Hersham Boys" mitgrölen, dass die Spatzen tot vom Dach fallen.
Man hat im Laufe der Jahrzehnte genügend Dinge gesehen und/oder erlebt, dass man nicht mehr so leicht in Panik gerät, dass einen so schnell nichts mehr aufregt. Nennt es Abstumpfung oder Toleranz, Altersweisheit oder Altersschwachsinn.
Nach "Ruhe" strebe ich nicht unbedingt. Davon werde ich nach meinem Ableben mehr als genug haben. Vermutlich eine Ewigkeit.