@CMO interessanter Beitrag!
CMO schrieb:Mir ist beim Lesen dieses Threads aufgefallen, dass es sich hier nahezu ausschließlich um die Einzelhandelssortimente Elektronik und Bekleidung dreht. Das erscheint mir auch durchaus legitim da speziell in diesen beiden Sortimenten die großen Stärken des E-Commerce liegen. Zum Einen (Elektronik) aufgrund der stationär kaum abzubildenden Angebotsvielfalt + Preise. Zum Anderen (Bekleidung) zusätzlich zu den genannten Vorteilen auch noch wegen der sehr kundenfreundlichen Retouren-Abwicklung.
jein. Natürlich eignen sich die Warentypen besonders für Onlinehandel, aber nicht nur aus den von Dir genannten Gründen.
Bei Bekleidung spielt Auswahl und insbesondere Präsentation auch eine sehr große Rolle! Leider ist es eben so, dass die meisten Bekleidungsgeschäfte, egal ob einzelne Geschäfte oder Ketten zumeist ein sehr vergleichbares Sortiment, sowohl was Warentypen, wie auch Größen angeht. Es spielt dann (fast) keine Rolle, ob in einer Einkaufszone 2, 5, 10 oder 20 Bekleidungsgeschäfte liegen, die Auswahl wird mit der Zahl der Läden nicht größer, es gibt einfach nur die gleiche Ware in noch mehr Läden... Wer sich nicht dem gerade aktuellen Modediktat unterwerfen will und/oder wer eine vom Durchschnitt weiter abweichende Größe haben will, für den ist die Auswahl im stationären Handel klein bis nicht-existent.
Und darüberhinaus ist die Ware in sehr vielen Bekleidungsgeschäften sehr unübersichtlich angeordnet. Es mag für die Händler Vorteile haben und es wird sicher von Herstellern, insbesondere solchen höherpreisiger Ware so gewünscht, aber für mich als Kunden ist es extrem nervig, wenn Ware nach Hersteller oder Kollektion getrennt einsortiert wird, wenn regulärpreisige Artikel und Sonderangebote des gleichen Warentyps getrennt voneinander untergebracht sind, wenn Aktionsartikel vom Stammsortiment getrennt einsortiert werden. Es gibt sicher Kunden, die sich daran nicht stören, die "einfach mal rumgucken" wollen, aber wenn ich in ein Bekleidungsgeschäft gehe, habe ich zumeist recht genaue Vorstellungen von dem, was ich haben will, und bei mir sorgt das "Durcheinander" dann für Einkaufsstress. Ich möchte die Ware nach Warentyp, Größe, Farbe, Material sortiert finden, ich möchte beispielsweise nach einem "grünen Baumwollpullover mit Rundhalskragen in Größe 56" suchen können und an der Stelle dann alle Artikel auf einen Blick finden, die diese Kriterien erfüllen. Es macht mich nervös und löst Stress bei mir aus, wenn die Pullover von Designer X im ersten Stock, die von Hersteller Y im Erdgeschoss, die im Sonderangebot im Eingangsbereich und die mit Biobaumwolle im Nebengebäude zu finden sind. Und wenn ich dann einen Verkäufer brauche, um mich zu den verschiedenen Angeboten zu lotsen, dann empfinde ich das nicht als "Kundenservice", sondern als Kaschierung eines vom Geschäft veranstalteten Chaos! In den meisten Online-Kleidungs-Shops hingegen kann ich sehr einfach durch Filter und Sortierung die Ansicht auf die für mich interessanten Artikel beschränken. Das ist meiner Ansicht nach dann ein viel besserer Service als der Verkäufer, der mir hier was zeigt, dann dort, dann wieder woanders und mich damit nur kirre im Kopf macht...
Bei Elektronik spielt sich auch noch eine ganz große Rolle, dass die Produkte sehr schnell veralten und daher nur wenige Händler einen solchen Durchsatz haben, dass sie es sich leisten können, ein relevant breites Angebot vorzuhalten. Aber auch damit einhergehend, dass es schon eines sehr motivierten und fähigen Verkäufers bedarf, um dabei noch die Marktübersicht zu behalten und einigermassen fähig beraten zu können. Was mich gleich auf den nächsten Punkt bringt:
CMO schrieb:persönliche Beratung durch einen Media Markt Mitarbeiter
CMO schrieb:stationären Elektronik-Fachgeschäften
1) dass jemand mal "MediaMarkt" und "Fachgeschäft" in einem Absatz zusammenführen würde, hätte ich nie erwartet... Man erlebt doch immer wieder was Neues
2) dass jemand bei MediaMarkt mal überhaupt Beratung erhält und dann sogar noch gut und richtig, das hätte ich bislang auch ins Reich der Legenden geschoben.
Nicht falsch verstehen, ich will Deine Erfahrung nicht anzweifeln oder kleinreden. Aber sie widerspricht diametral allem, was ich bei MediaMarkt je erlebt habe. Wenn man dort überhaupt mal einen Verkäufer antrifft, stellt sich zumeist nach wenigen Sätzen heraus, dass der noch weniger Ahnung hat als man selbst, und dass der auch keine Lust hat mit jemandem zu sprechen, der schwierigere Fragen stellt...
Eine Ausnahme gibt es, das sind manchmal Berater von Firmen, die dort in MediaMarkt oder auch anderen Läden speziell die Produkte ihres Arbeitgebers vorstellen. Ich weiss nicht, ob das heute noch so üblich ist, ich habe seit ein paar Jahren MediaMarkt & Co gemieden, aber vor etwa 10 Jahren war es sogar ziemlich üblich, dass dort Firmenvertreter ihre speziellen Stände hatten. Die konnten dann zwar nur zu ihrer eigenen Marke beraten, dafür aber zu den Produkten dieser Marke wirklich eingehend und vertrauenserweckend. Klar waren das nur Promoter, die genau ihre Marke bewerben sollten, aber oft habe ich mich lieber von jemandem beraten lassen, der wenigstens zu dieser Marke, zu diesem Produkt wirklich etwas sagen konnte, als von einem Verkäufer, die zwar offiziell neutral war, tatsächlich aber das verkaufen wollte, was gerade raus muss oder was die größte Marge verspricht und der darüber sonst keine Ahnung hatte...
CMO schrieb:Ich halte es offen gestanden sogar für ausgesprochen naiv zu glauben, man würde von Bloggern oder sonstigen Formen von Influencern objektive oder vertrauenswürdige Kauf- oder Produktempfehlungen erwarten können.
naja, wer sagt, im Internet gibt es keine brauchbaren Produktinformationen und dabei auf Werbe-Blogs und bezahlte Influencer verweist, der könnte genausogut sagen, dass es im Fernsehen keine brauchbaren Informationen gibt und dabei auf Shoppingkanäle verweisen, oder sagen, dass es in der Bibliothek keine brauchbaren Informationen gibt, weil die dort stehenden Zeitschriften Werbung enthalten.
Man muss schon sehr wenig Medienkompetenz mitbringen, um von Werbeblogs oder Influencern neutrale Produktinfos zu erwarten und um die Vielzahl von sehr nützlichen Informationsquellen im Internet zu ignorieren.
CMO schrieb:da es nach meiner Auffassung eben nicht stimmt, dass man durch eigene Recherche über Blogs und Foren an vergleichbar objektive Produktinformationen der selben Qualität gelangen würde.
das widerspricht ganz massiv meiner Erfahrung. Natürlich muss man seine Quellen mit Bedacht und Vorsicht wählen, aber es gibt meiner Ansicht nach sehr viele hervorragende Foren zu Spezialthemen gerade im Bereich Elektronik, die sehr wertvolle Informationen bieten.
Eine Hürde ist jedoch in der Tat, dass die wirklich guten Quellen mit Informationen zu spezieller und/oder neuer Elektronik sehr oft nur in Englisch, manchmal sogar nur in Chinesisch verfügbar sind. Wem die Sprachkenntnisse dann fehlen, ist da schlecht dran...
CMO schrieb:dass es neben diesen beiden Sortimentsbereichen auch noch eine riesige Menge anderer Produktgruppen sowie Dienstleistungen gibt, die für den stationären Einzelhandel sehr interessant sind,
...
CMO schrieb:Aus eigener Erfahrung kann ich sagen dass es trotz oder vielleicht gerade durch die rasante Entwicklung des Online-Handels auch für den stationären Einzelhandel Chancen eröffnet haben und eröffnen.
...
CMO schrieb:Nach meiner Auffassung sollte man daher den stationären Einzelhandel keinesfalls tot sagen. Es gibt sicherlich Modelle im stationären Einzelhandel, die durch den E-Commerce möglicherweise teilweise oder komplett ihre marktwirtschaftliche Daseinsberechtigung verloren haben. Es bleibt allerdings zu beachten dass sich gerade durch den Wegfall vieler solcher Geschäfte auch Versorgungslücken eröffnen, die der Online-Handel nicht gleichwertig abdecken kann.
Absolut richtig! Der Einzelhandel hat seine Berechtigung, darf aber nicht stur auf herkömmlichen Geschäftsmodellen beharren, sondern muss schauen, wie er sich auf die veränderten Marktbedingungen einstellt. Wem das gelingt, der wird auch überleben.