Tussinelda schrieb:was ist denn das für ein Argument?
Ein Argument aus meinem realen Leben. Leider ist genau das der limitierende Faktor. Parallel Elternzeit nehmen ist keine Alternative, weil das Kind dann früh in Fremdbetreuung muss. Die 14 Monate aufteilen würde nur gehen, wenn ich die zweite Hälfte mache, weil das erste halbe Jahr gestillt wird und ich das auch als nicht ganz unerheblichen Bonding-Faktor sehe. Heißt aber in meiner persönlichen Situation, dass ich für sieben Monate im neuen Job bin und dann erstmal Elternzeit mache. Das würde mich in den Beförderungsrankings doch ziemlich nach unten kicken. Meine Frau dagegen hat überhaupt keinen Verlangen danach eine Leitungsfunktion zu übernehmen. Sie sagt ihr Job ist eh schon stressig genug.
Beim ersten Kind hätte mir jegliche Elternzeit einen wichtigen Baustein in meiner Karriereplanung verwehrt. Meine Frau hat sich auch selbst dafür ausgesprochen, gerne das volle Jahr zu nutzen. Auch war es ihre Initiative jetzt Teilzeit zu arbeiten. Ich merke aber auch, dass ich mehr verpasst habe als mir lieb ist.
Den Rest kann ich zumindest aus meinem Leben nicht bestätigen. Schließtage der KiTa oder Krankheitstage teilen wir uns 50:50 auf. Wir hatten einen Plan, wie sie Vollzeit arbeiten könnte, wollte sie aber nicht. Anstrengend ist es trotzdem, weil es uns vor Ort einfach an dem Netzwerk fehlt, dass uns auch mal entlasten könnte.
Ich will hier nicht mein eigenes Leben zum Standard für die Allgemeinheit erheben. Aber anders herum sind Statistiken eben auch oft schwer auf das Individuum anzuwenden.
Ich bin ja im Kern vollkommen bei dir. Ich denke, dass es da allgemein sehr viel Bedarf gibt. Ich sehe aber auch das Problem, dass man in Teilzeit schwierig eine Arbeitsgruppe führen kann. Die Aufgaben, die es zu erledigen gilt, werden ja nicht weniger. In meinem Freundeskreis ist jemand, der einen Chef hat, der in Teilzeit arbeitet. Dadurch versinkt er in Arbeit, weil alle möglichen Aufgaben auf ihn weitergeschoben werden. Das kann auch nicht Sinn der Sache sein. Ein Chef muss präsent sein und führen und nicht Chef sein, um Chef zu sein.
Tussinelda schrieb:ist es ein Unterschied, ob Netzwerke schon seit Jahrhunderten existieren oder ob man sie erst etablieren muss?
Sicherlich. Politische Netzwerke lassen sich aber auch sehr gut neu etablieren. Klar, man profitiert davon, wenn man jemanden kennt, der jemanden kennt. Aber ich sehe keinen Grund, warum Frauen sich nicht mindestens genauso gut organisieren können sollen.