Sector7 schrieb:Ich finde immer, ein Einzelgänger macht es gleichermaßen sich selbst wie auch der Gemeinschaft schwerer. Versuche mal als Einzelgänger den Mount Everest zu besteigen oder ein Hilfsprojekt in Afrika auf die Beine zu stellen... Unmöglich!
Und wenn erst mal ein soziales Netzwerk besteht, die Gemeinschaft dich als lebensbejahende und offene Persönlichkeit wahrnimmt und deine Skills schätzt, dann entsteht auch gegenseitiges Interesse, was Freundschaften und Partnerschaften immens fördert, sogar quasi automatisiert!
Dass das Leben in einer Gemeinschaft mehr Sinn ergibt und mehr Spaß macht, kann man mMn. eben nur feststellen, wenn man es selbstbestimmt im Erwachsenenalter ausprobiert hat. Negative Erfahrungen aus einer abhängigen Aufwachsphase sollten nicht zu einer voreiligen Entscheidung führen, als Einzelgänger leben zu wollen.
Für die Entwicklung des Charakters bzw. der Persönlichkeit, aber zB auch für die Ausprägung von Individualität, ist das Feedback einer Gemeinschaft und das aktive Bewegen in derselben mMn. wichtig.
Zunächst einmal kann ich schon verstehen was du meinst und ich schätze, ich verstehe auch den Sinn hinter deiner Aussage. Du scheinst jemand zu sein, dessen Leben relativ positiv verlaufen ist - damit meine ich nicht, dass du niemals schlechte Zeiten oder Krisen zu bewältigen hattest, sondern, dass deine Entwicklung gesund verlaufen ist, du ein stabiles Selbstwertgefühl und eine allgemein positive Einstellung zu deiner Umwelt entwickeln konntest. Dazu gratuliere ich dir schon mal, das bedeutet, dass dir im Leben grundsätzlich viele Wege offen stehen!
Was es allerdings auch bedeutet, so habe ich zumindest beim Lesen deiner Zeilen das Gefühl, dass du dich nicht in Menschen hineinfühlen kannst, die so einen Weg nicht beschritten haben.
Damit meine ich Menschen, die bereits in ihrer frühesten Kindheit Gewalt - und Missbrauchserfahrungen gesammelt haben, die niemals eine sichere Bindung zu einer Mutter - oder Vaterfigur aufbauen konnten, die möglicherweise später Mobbingerfahrungen gemacht haben und desolaten Zuständen ausgesetzt waren. Menschen, die kein stabiles Selbstwertgefühl haben und deren Sicht auf ihre Umwelt eher negativ ist und für die Menschen keinen Gemeinschaftscharakter haben, sondern in erster Linie als "feindlich" zu betrachten sind.
Ich gebe dir recht, dass dies nicht der Normalfall ist. Und auch, dass es nicht unbedingt "natürlich" ist oder zumindest gesund ist. Dennoch gibt es diese Menschen (und Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen das Alleinsein dem Miteinander vorziehen).
Aber deine Feststellung, dass das Leben in der Gemeinschaft mehr Spaß macht, angenehmer ist und daher zwingend anzustreben ist, ist eben deine subjektive Einschätzung.
Es gibt Menschen, denen erst die Abkehr von der Gemeinschaft einen gewissen "Seelenfrieden" beschert hat, die kein Interesse daran haben, sich weiterhin toxischen zwischenmenschlichen Beziehungen auszusetzen, nur um sich der Allgemeinheit anzupassen und so zu tun, als seien sie "normale Menschen".
Wie gesagt - die Gründe, weshalb Menschen das Einzelgängertum bevorzugen sind vielfältig - nicht immer müssen drastische Erfahrungen dahinter stecken, aber häufig sind zumindest negative Erfahrungen mit Menschen der Fall und ich persönlich würde mir nicht anmaßen wollen, jemandem zu erklären, dass er damit "den Sinn des Lebens verfehlt hat".
Ich für meinen Teil finde den Gedanken nahezu lächerlich, mich in eine "Gemeinschaft" einzubringen und daraus Freude zu ziehen, wo ich doch nach Jahrzehnte langer Folter durch ebendiese "Gemeinschaft" endlich in meiner Einsamkeit ein kleines bisschen Frieden gefunden habe.
Menschen sind für mich keine potenziellen Freunde oder Mitstreiter - ich habe die Welt von Kindesbeinen an als feindlich erlebt und ich werde einen Teufel tun und nun, wo mir endlich meine Ruhe zugestanden wird, "an mir arbeiten", um aus mir das beste zu machen bzw. meine Talente der Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen.
Erst im Einzelgängertum konnte ich meine wahren Talente und Fähigkeiten entfalten, weil ich nicht mehr gezwungen war mich Tag und Nacht zu verstellen und irgendwelchen Konventionen und Normen gerecht zu werden, die ich aufgrund meiner Persönlichkeitsstörung schlichtweg nicht erfüllen kann.
Einzelgängertum bedeutet für mich somit maximale Freiheit und maximales Glück!
Dass Menschen dies nicht nachvollziehen können, weil sie einen völlig anderen Lebensweg beschritten haben, ist logisch und verstehe ich völlig. Ich gönne jedem ein Leben mit Freunden, Familie oder Partnern. Aber ich möchte das für mich persönlich einfach nicht und es ist mir ziemlich egal, ob andere das als Verfehlung oder Defizit betrachten - schließlich muss ich mit mir und meiner Welt zurecht kommen und das tue ich ohne Menschen eben deutlich besser.