MissMary schrieb:Religion: Es ist inzwischen "nicht mehr normal", dass Leute einer Religion angehören und wird auch nicht mehr so offen artikuliert
Die Erfahrungen habe ich, als ich noch tief im Christentum und Kloster steckte, auch gemacht. Gerade diverse Kollegen der Krankenpflegeschule haben das zum Anlass genommen, jegliche meiner Handlungen, und sei es nur, dass ich für einen weiteren Kollegen einen Amigurumi-Hasen gehäkelt habe, abzuwerten oder generell mich lächerlich zu machen.
Als dann noch aufkam, dass wir im Kloster auch nur mit Wasser kochen und ich da sogar eine Partnerin hatte, die eben sehr viel älter war, als ich…da war‘s halt dann ganz aus.
Allerdings war ich, so tief ich in dem Sumpf auch steckte, selbst sehr kritisch gegenüber diesen eher fundamentalistischen Katholiken. Wir hatten in unmittelbarer Nähe zum Kloster ein solches Ehepaar wohnen…sie waren grundsätzlich beim Gottesdienst in der ersten Reihe der Kirche zu finden und sangen am lautesten, damit Gott sie auch sehen und hören kann (O-Ton), draußen hat man sie nur laut den Rosenkranz betend und mit selbigem wedelnd angetroffen.
Kurz: sie haben aus ihren Glauben ein goldenes Kalb gemacht, wie man es sich hier in einigen Diskussionen sieht. Bei keiner Person aus klösterlichen Einrichtungen habe ich das so massiv erlebt, wie bei weltlichen Gläubigen…meistens Leute, die spät zur Religion gefunden haben.
Naja…vorbei. Heute stecke ich noch tiefer in anderen spirituellen Sümpfen.
Meriruka schrieb:Hier in Deutschland ist das Wort ja geradezu zu einem abwertenden Begriff geworden, fast zu einem Schimpfwort von der Sorte Menschen, die gerne so Floskeln verwenden wie "das wird man ja wohl noch sagen dürfen"!
Volle Zustimmung.
Das, was man halt so am Stammtisch zu hören bekommt. Was man noch sagen dürfen will…letztlich das berühmte „Ich hab‘ ja nix gegen ____, aber…“.
Beispiele lasse ich jetzt raus.
Man möchte halt an den, wie es hier jemand schrieb, „alten Traditionen“ festhalten.
Und „woke” ist nur okay, wenn es einem selbst Nutzen bringt; wie Feminismus uns das Wahlrecht oder halbgare Gleichberechtigung gebracht hat. Aber ‘ne dunkelhäutige Arielle? Das geht zu weit.
Oder gar ein polyamores Schneewittchen?
Mal sehen, was los ist, wenn aus den Frauen verbrauchenden (und schlagenden) James Bond eine männervernaschende Jane wird.
Das sind die gleichen, die Asexuelle lächerlich machen, Homosexuelle eklig finden, die denken, Frauen sollten nicht Auto fahren, die Jugend soll den Mund halten, weil sie sowieso nichts weiß vom Leben und überhaupt der N*ger an der Ecke da, der schaut immer so komisch, der will mich bestimmt ausrauben.
Leider keine Ironie.
Die meisten dieser Stammtischbrüder und -schwestern würden sich ganz schön anschauen, würden wir wirklich die alten Traditionen wieder einführen. Ein paar Schläge für die Ehefrau, wenn sie Widerworte gibt, davon abgesehen muss jede Handlung einer Frau mit Vater oder Ehemann angesprochen werden, Arbeiten und Führerschein nur nach Erlaubnis…
Depressionen und andere psychische Erkrankungen werden nicht behandelt, sondern unter „Der/Die spinnt!“ auf Lebenszeit in die Psychiatrie gesteckt.
Freie Berufswahl? Nope!
Homosexuell? Pech! Ab in den Knast mit dir.
Was? Keine Kinder? Keinen Mann? Du alte Jungfer, bei dir stimmt wohl was nicht, dass dich keiner will!
Was? Als Frau ohne Mann keine Jungfrau mehr? Igitt!
Was? Du, als Alleinstehender Mann hattest noch nie Sex? Was stimmt mit dir nicht?
Ausländer? Sind eh alle kriminell.
Dann bin ich lieber woke. Woke bedeutet nicht, alles gut zu heissen, bspw. haben wir bei Pädosexualität und Kindesmissbrauch fast alle die gleiche Meinung.
Aber woke bringt „Leben und leben lassen“ mit sich. Und die Diskussion hatten wir gerade im Thread um Geheimnisse im Leben. Die
Neugier Sucht auf die Leben und Geheimnisse anderer, um diese zu erfahren und dann zu bewerten und beurteilen, steht Toleranz und „woke“ ziemlich im Weg.
Bin ich froh, dass selbst mein (heterosexueller) Großvater (*1930) unendlich tolerant und feministisch war, aber er hatte auch eine starke unabhängige Mutter und am Ende homosexuelle Freunde…von ihm habe ich das „woke“. Liegt also nicht an der Generation.