Habt ihr ein erfülltes Leben?

Ich finde, jeder ist für die Erfüllung seines Lebens selbst verantwortlich.

-Anna- schrieb am 05.11.2023:Meine Eltern haben sehr viel und hart gearbeitet.

Bei meiner erwähnten früheren Freundin war das nicht direkt so. Der Vater war bei der Bundeswehr. Da hatte er einen ganz geregelten Dienst und ging schon mit 53 Jahren in Pension. Danach hat er aber weitere Jobs gemacht wie z.B. als Busfahrer gearbeitet. Den großen Garten hat er auch noch besorgt. Die Mutter hatte mit der Hochzeit ihren Beruf aufgegeben und hat sich um Haus und Kinder gekümmert.

-Anna- schrieb am 05.11.2023:Speziell meine Mutter hatte so gewisse Vorstellungen, in welchen Bahnen mein Leben verlaufen sollte. Gute Ausbildung, Arbeiten, Heiraten und eine Familie gründen.

Ich glaube, das haben die meisten Eltern und zeigen das mehr oder weniger offen.
Es beruhigt Eltern, wenn sie das Gefühl haben, dass alles in geregelten Bahnen verläuft.
Es gibt ja Fälle, wo das eben nicht so ist und wo man sich viele Sorgen machen muss.

-Anna- schrieb am 05.11.2023:Anfang 20 nach einer schweren Erkrankung stellte sich heraus, dass ich keine Kinder haben kann. Ich habe mich schon sehr früh damit arrangiert, aber meine Mutter hat noch heute damit zu kämpfen, dass sie nie Enkelkinder haben kann. Das nur mal als Bespiel.

Das tut mir Leid. Ich kann mir vorstellen, dass das nicht leicht ist, wenn man sich das gewünscht hat.
Eine Bekannte von mir hatte noch drei Geschwister (1 ist bereits verstorben) und keiner der 4 hat Nachwuchs bekommen und das hätten sich deren Eltern definitiv gewünscht.

-Anna- schrieb am 05.11.2023:dass Kinder nun mal ihre eigenen Wege gehen und nicht den Fußspuren der Eltern folgen.

Manche machen auch bewusst das Gegenteil, um sich abzugrenzen.

-Anna- schrieb am 05.11.2023:Ich habe mich mit dieser Art von Thematik kaum befasst und habe auch keine Erfahrungen darin, kann mich also Diskussionsmäßig nicht auf Deiner Augenhöhe bewegen, sprich, ich kann dazu nicht viel sagen.

Das geht mir in dieser Hinsicht auch so.

Laura_Maelle schrieb am 05.11.2023:wodurch Wille und Vorstellung an einem Strang ziehen.

Ich würde meinen, dass Wunsch und Wille schon mal die Basis bilden. Wenn kein ernsthafter Wille da ist werden Projekte oder Vorhaben wohl erst gar nicht oder nur halbherzig ausgeführt oder auch abgebrochen.

Laura_Maelle schrieb am 05.11.2023:Man muss ja zuerst daran glauben, es sich also vorstellen können, um den Willen für eine Handlung zu dieser Zielvorstellung zu entwickeln

Genau.

Cherymoya schrieb am 05.11.2023:Ich finde, jeder ist für die Erfüllung seines Lebens selbst verantwortlich.

Da gebe ich Dir Recht. Das darf man von anderen nicht erwarten.

nairobi schrieb:Ich glaube, das haben die meisten Eltern und zeigen das mehr oder weniger offen.
Es beruhigt Eltern, wenn sie das Gefühl haben, dass alles in geregelten Bahnen verläuft.
Es gibt ja Fälle, wo das eben nicht so ist und wo man sich viele Sorgen machen muss.

Da auch mein Leben keinesfalls in "geregelten Bahnen verlaufen ist", habe ich dergleichen nie von meinen Kindern verlangt. Die leben ihr Leben und ich lebe meines. Da wir alle nur dieses eine haben, wovon ich als glaubensfreier Mensch mal ausgehe, liegt es an uns, was wir daraus machen.

Das Leben muss keinen Spass machen, es muss auch nicht schön sein, nicht mal glücklich oder auch nur zufrieden machen. Das steht nirgendwo festgeschrieben. Wir müssen es nur irgendwie bis zum Ende durchhalten.

Dummerweise wird man nicht vorher gefragt, in welche Welt man hinein geboren werden will - und ob überhaupt.
Aber wenn ich schon mal da bin, ungefragt, dann will ich auch sehen, was ich aus meinem Leben machen kann.

Jeder kriegt bei seiner Geburt eine Box voller LEGO geschenkt, sagt meine philosophische Irin. Welche Steine es sind, ob man aus den Steinen überhaupt irgendwas bauen kann, liegt nicht an uns. Aber wenn wir etwas daraus bauen können und wollen, dann liegt es an uns, was wir daraus machen.

Mein Lebensmotto ist eher: Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Ich habe mein Leben stets als Herausforderung begriffen, die ich anzunehmen habe.

Andere mögen das anders empfinden. Das will und kann ich auch nicht verändern. Sie leben ihr Leben - und ich meines.

Doors schrieb:Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren

Klingt wie ein Spruch aus einem chinesischen Glückskeks.

Was ist denn der Hintergrund für deine multiplen Kämpfe? Bist du einfach nur anti oder kämpfst du für eine große Sache?

Oder geht es dir um das kämpfen an sich? In etwa wie Conan der Barbar.

Was treibt dich wirklich an?

ElvisP schrieb:Klingt wie ein Spruch aus einem chinesischen Glückskeks.

Ja, damals in den 1970ern, als die westdeutschen Spontis noch Texte für maoistische Glückskekse schrieben.

Ich kämpfe für mich, Egoist der ich bin - und für die, die meiner Hilfe bedürfen, Altruist, der ich bin.

Was mich antreibt?

Unabhängigkeit ist für mich das höchste Gut. Natürlich bin ich immer zu Kompromissen gezwungen, denn ich lebe nicht allein auf einer einsamen Insel, sondern im, zugegeben, dünn besiedelten Nordfriesland. Trotzdem sind aber immer andere Menschen um mich herum. Ich muss überlegen, was ich will und was andere von mir wollen oder wollen, dass ich es will. Das erfordert Klarheit des Denkens und über die eigenen Ziele, Mut zum Konflikt, die Kraft zur Durchsetzung und eben die Fähigkeit zum Kompromiss. Ob in der Partnerschaft, im Job, in der Nachbarschaft, im gesellschaftlichen Engagement.

Nächsthöchstes Gut wäre so etwas wie Gerechtigkeit. Das war es, was mich im Laufe eines langen Lebens immer motiviert hat, mich auch für andere einzusetzen.

@Doors
Du scheinst wirklich in jeder Hinsicht zu wissen, was Du willst und was Dich antreibt. Als glaubensfrei würde ich das nicht bezeichnen, denn Du glaubst an gewisse Werte, wie Gerechtigkeit, Altruismus, Familiensinn, Gemeinschaftssinn, Umweltschutz, Tierliebe etc.

Cherymoya schrieb am 05.11.2023:Ich finde, jeder ist für die Erfüllung seines Lebens selbst verantwortlich.

Ja, das finde ich auch. Und nur dann ist ein selbstbestimmtes Leben mit einer eigenen Lebenssinngebung möglich.

Ich interessiere mich sehr dafür, wenn Menschen versuchen, die beste Version ihrer selbst zu werden. Da die Menschen sehr unterschiedlich sind, findet jeder eine andere Lösung.

Ich habe meine Lösung gefunden. Für mich geht es nun mehr um eine verbesserte Umsetzung meiner Lebensziele.

@DanBo

Habt ihr ein erfülltes Leben?

Ist ein Leben, nicht ein Mosaik aus Licht und Schatten? Nach meiner Erfahrung besteht das Leben aus Höhen und Tiefen, es gibt Phasen wo man sehr glücklich ist und Phasen wo es nicht so ist. Mit Ende zwanzig wurde ich z. B. von der Frage heimgesucht, welchen Beitrag ich denn zur Welt bzw. für die Menschheit leiste? Die Antwort fiel sehr dünn aus – nicht sehr viel. Das war dann ein Umstand, der mich wirklich sehr tief betrübte. Das gab mir das Gefühl, kein unbedingt erfülltes Leben zu führen, einfach nur ein völlig sinnloses Dasein zu führen und das wiederum zog mich echt runter.

Ich stellte dann aber relativ schnell fest, wie dieses Gefühl der Leere verblasste, sobald man beginnt, Gutes zu tun und dem Tun einen tieferen Sinn gibt. Dann regte sich in mir auch ein echt seltsamer Drang, unbedingt etwas erschaffen zu müssen, also etwas mit meinen Händen aufzubauen (dieses Gefühl habe ich heute noch^^). Das tat ich dann auch, ich baute ein Gartenhaus, dann pflasterte ich sogar einen Gartenweg (und noch ganz viele andere Sachen), ich fing auch an mich mit JavaScript und Python zu beschäftigen. Heute bin ich zwar kein Profi-Programmierer, aber ich kann kleine Programme schreiben, die ich für sehr hilfreich erachte.

Na jedenfalls, das und sowas gab mir dann interessanterweise das Gefühl erfüllt zu sein. Einfach nur arbeiten gehen, reisen, Party machen usw. hat mich jedenfalls nie so richtig erfüllt. Aber wenn ich Zeit mit meinen Lieben verbringe (mit meiner Familie, meinem treuen Hund usw.), in der Natur unterwegs bin und sinnvolle Sachen tue, dann fühle ich mich in diesen kostbaren Augenblicken wirklich erfüllt und glücklich, in meinen Zwanzigern war mir die Wichtigkeit dieser gar nicht so klar.

Carl138 schrieb:Dann regte sich in mir auch ein echt seltsamer Drang, unbedingt etwas erschaffen zu müssen, also etwas mit meinen Händen aufzubauen (dieses Gefühl habe ich heute noch^^). Das tat ich dann auch, ich baute ein Gartenhaus, dann pflasterte ich sogar einen Gartenweg (und noch ganz viele andere Sachen)

Das lässt mich an ein Märchen denken,
wo ein Mann Arbeit, Haus, Hof und Garten verlor,
aber seine Frau immer das Gute sah.

Nachdem sie auch das Gartenhäuschen verloren,
entwarf sie ein Papierhaus,
das sie in den Schlossgarten wehte,
wo der König sie aufnahm
und sie mit ihrem Papierhaus berühmt wurden.

Dieses Märchen erinnert mich wiederum an Jesu Worte,
sich wie die Vögel unter Gottes Himmel nicht zu sorgen,
denn für sie ist gesorgt.

Die Eidechse kannst du mit den Händen fangen,
und sie findet sich doch in den Palästen der Könige.
(Bibel: Sprüche 30,28)

STERNTALER

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Laura_Maelle schrieb:Du scheinst wirklich in jeder Hinsicht zu wissen, was Du willst und was Dich antreibt.

Das wusste ich allerdings schon ziemlich früh und sehr deutlich. Offenbar auch "nachhaltig", denn an meinen Motiven hat sich nicht viel geändert. Die musikalische Motivation war vielleicht das hier:

Ich will nicht werden was mein Alter ist

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Doors schrieb:Das wusste ich allerdings schon ziemlich früh und sehr deutlich. Offenbar auch "nachhaltig", denn an meinen Motiven hat sich nicht viel geändert.

In der Umsetzung warst Du aber offenbar kreativer als der Alte im Video. :)

Also ging es nicht nur ums Arbeiten und Überleben, sondern auch um Arbeitssinngebung über die Grundbedürfnisse hinaus.

@Laura_Maelle

Mir ging es natürlich auch immer um Arbeit, aber nicht nur um Erwerbsarbeit, sondern auch um politische, kulturelle, soziale Aktivität. Da bin ich schon durchaus preussisch diszipliniertes Arbeitstier.

Doors schrieb:Mir ging es natürlich auch immer um Arbeit, aber nicht nur um Erwerbsarbeit, sondern auch um politische, kulturelle, soziale Aktivität. Da bin ich schon durchaus preussisch diszipliniertes Arbeitstier.

Ja, die preußischen Werte wurden durch das römische Reich etabliert, wo der griechisch-römische Stoizismus eine breite Annahme beim Volk & Adel fand. Diese stoizistisch-preußische Lebenshaltung stärkt den eigenen Lebenskampfwillen.

Laura_Maelle schrieb:Diese stoizistisch-preußische Lebenshaltung stärkt den eigenen Lebenskampfwillen.

Bei mir kam dann noch ein kräftiger Schuss Marxismus-Leninismus hinzu.

Doors schrieb:Bei mir kam dann noch ein kräftiger Schuss Marxismus-Leninismus hinzu.

Eine politische Kampfansage kann natürlich auch ganz schön powern. :)

Du willst etwas verändern in Deinem Umfeld. Das habe ich auch immer versucht.

Laura_Maelle schrieb:Du willst etwas verändern in Deinem Umfeld.

Mit wechselnden Erfolgen und Niederlagen habe ich das Zeitlebens versucht. Ich hoffe, das hört bis zum bitteren Ende auch nicht auf.

Doors schrieb:Mit wechselnden Erfolgen und Niederlagen habe ich das Zeitlebens versucht. Ich hoffe, das hört bis zum bitteren Ende auch nicht auf.

Bist Du vielleicht auch etwas desillusioniert diesbezüglich? Tust Du es für Deine Kinder?

Ich denke jetzt primär an meine Familie dabei.

Laura_Maelle schrieb:Bist Du vielleicht auch etwas desillusioniert diesbezüglich? Tust Du es für Deine Kinder?

Desillusioniert werden kann nur, wer sich Illusionen macht. Ich habe mir nie welche gemacht.
Ob ich es für meine Kinder mache? Ich glaube nicht. Ich war schon politisch aktiv, bevor ich Kinder hatte.

Doors schrieb:Desillusioniert werden kann nur, wer sich Illusionen macht.

Oder sich zu große Ziele setzt. Meine körperliche Gebrechlichkeit ist sozusagen meine Desillusionierung.

@Laura_Maelle

Körperliche Einschränkungen setzen natürlich Grenzen. Der Geist ist willig...
Aber es gab und gibt immer auch Menschen, die trotz körperlicher Handicaps grosse Ideen entwickelt haben.