Traditionen - weitergeben oder fallen lassen?

@Paulette
Ich finde Traditionen schön und auch wichtig. Man sollte sie so lange erhalten wie es geht und natürlich auch an die Kinder/Enkelkinder weitergeben. Es gibt verschiedene Bräuche/Traditionen, in meiner Familie, auf die ich mich auch jedes Jahr wieder freue. Wie zum Beispiel an Weihnachten mit meiner Mutter den Baum schmücken oder meine Oma lässt mich an Ostern immer noch den Korb im Garten suchen ... (Ich bin 21) :D Das wird schon immer so gemacht und das werde ich auch irgendwann meinen Kindern weitergeben. Ich finde, das gibt einem ein Stück Sicherheit und natürlich stärkt es auch die Bindung untereinander.

Paulette schrieb:2.p.s. anbetracht der Tatsache, dass wir eine Menge Neubürger bei uns integrieren werden in den nächsten Jahren, wäre es doch auch mal spannend sich zu überlegen, was erzählen wir denn, was bei uns Tradition ist und warum wir diese oder jene Tradition pflegen?

Ich könnte mir gut vorstellen, dass, wenn sich die Neubürger mit ihren Traditionen und Festen mit den Ureinwohnern vermischen.

So kenne ich eine Familie, die jüdische als auch christliche Wurzeln hat. Dort feiert man Weihnuka. Das ist Weihnachten mit geschmückten Baum und Chanukka mit dem Kerzenleuchter. Meist fallen Weihnachten und das jüdische Chanukka in dieselbe Zeit, so dass man entweder hintereinander oder alles zusammen feiert.

Die Moslems haben auch schöne Familienfeste. Das Zuckerfest nach dem Ramadan zum Beispiel ist so eines.

Schliesslich haben "wir" auch Valentinstag, Muttertag, Halloween, den 8. März, den 1. Mai übernommen. Oktoberfeste gibt's in jedem Kuhkaff im Norden, in Hamburg gibt's japanisches Kirschblütenfest und British Day - und überall, wo mal ein Ire war, St. Patricks.

Ungläubige, muslimische und christliche Kinder stellen in Kitas zum Nikolaus ihren Stiefel hin. Dänische Nachbarn adaptierten die Schultüte und den Weihnachtsbaum von der deutschen Minderheit, wir übernahmen St. Hans von ihnen und die Biike von den Friesen.

Ich habe Familien aus Afghanistan, dem Iran, dem Irak und Somalia schon gezeigt, wie in Deutschland "Kindergeburtstag geht". Sie waren begeistert. Jetzt basteln wir Adventskalender und Weihnachtsbaumdeko. Bislang hat sich noch keiner darüber beklagt. Feiern tut jeder gern.

KillingTime schrieb:Ich halte deinen Vorschlag für sinnvoll. Kultur kann nur dort bestehen, wo Traditionen weitergegeben werden. Eine Gesellschaft ohne Traditionen und ohne Brauchtumspflege kann nicht in ihrer Form bestehen. Sie zerfällt und rutscht in die Bedeutungslosigkeit. Ich finde zwar manche deutsche Traditionen auch fragwürdig, aber sie sie dennoch *unsere*.

,,Hast du mal ne' Zigarette?" "Ja, Klar!" Eine ganz normale Situation – würde es sich dabei nicht um Kinder handeln. In Appenzell qualmen teilweise schon die Grundschüler, doch das ist hier kein ungewohntes Bild.  Die Kinder dürfen sich ganz offiziell eine Zigarette, "Krumme" oder Pfeife anzünden – zumindest an bestimmten Tagen. Der Grund: eine alte Tradition. 

KillingTime schrieb:obwohl ich es nicht mag, bin ich der Ansicht, dass es erhalten werden muss, bevor es von anderen Sitten und Gebräuchen verdrängt oder überlagert wird oder in Vergessenheit gerät.

http://m.rp-online.de/panorama/ausland/schweiz-in-appenzell-duerfen-kinder-rauchen-aid-1.5440864

@Paulette
@KillingTime

Doors schrieb:. Feiern tut jeder gern.

Jep, und die Annnehmlichkeiten des Arbeitnehmers an diesen Tagen nicht buckeln zu müssen sind hier natürlich auch zu erwähnen, auch wenn manch Glaube nicht konform mit jeweiligem Feiertag ist.
Tja mit der lieben Tradition (gerade Weihnachten) kann ich persönlich nicht viel anfangen. Woran das liegt kann ich noch nicht mal gescheit begründen. Eventuell liegt es daran das dieses Fest bei uns daheim nicht im grossen Stil begangen wurde, unser Verwandtenkreis überschaubar war und in diesem sich eh keiner leiden konnte. Aber da ich ja diese Tristesse nicht weitergeben möchte tu ich alles daran das meine Tochter alle Facetten des Weihnachtsfestes kennenlernt und ausleben kann, mit der alten Geschichte dazu und später natürlich (wenn sie es mal versteht) mir dem Konsum usw.

@Laucott

Laucott schrieb:die Annnehmlichkeiten des Arbeitnehmers an diesen Tagen nicht buckeln zu müssen

Je nach Arbeit/ Arbeitgeber gibts noch etwas feines: Feiertagszuschlag. So mancher Arbeitnehmer freut sich darüber an Feiertagen zu arbeiten ... Extrageld ist nicht zu verachten

@slobber

Auch dies natürlich...:)

@Paulette

Schöner Thread, wie ich finde.

Bei uns Zuhause wurden früher die christlichen Feste ganz traditionell gefeiert. Weihnachten, Nikolaus, Ostern, Fronleichnam, St.Martin...

Da wir keine Kinder haben und ich nicht gläubig bin, erhalte ich die Tradition zwar weiter, aber in einer etwas abgespeckten Version und ohne Kirchenbesuche. Solche Dinge wie Eierfärben, weihnachtliches Festessen usw gibt es hier aber trotzdem.
Hätte ich Kinder, so würde ich zwar auch nicht zum Kirchgänger, aber die Geschichten hinter den Festen würde ich den Kindern vermitteln wollen und auch den damit verbundenen Zauber.
Ich finde, man sollte Kindern das nicht vorenthalten.

Gerade für kleine Kinder sind das Highlights, der Martin auf dem Pferd, das bange Warten auf den Nikolaus, die Eiersuche im Garten usw. Meine Kindheit wäre ohne all dies ärmer gewesen.

Zur Tradition gehören für mich gerade im Umgang mit Kindern auch das Vorlesen alter Märchen zB.

Was Neubürger aus anderen Kulturen betrifft, so bin ich dafür, daß wir selbstbewusst zu unseren Traditionen stehen, aber nicht abgrenzend, sondern als Einladung, sie gemeinsam zu begehen. Dazu gehört eine Offenheit von beiden Seiten.

Bei "erst essen wir Oma, dann spielen wir" musste ich jetzt doch schmunzeln.

Ich hoffe, ihr habt Oma nicht wirklich gegessen. Muss ja nicht sein, es gibt Alternativen ;-)

Weihnachten war für mich als Kind immer was besonderes, der Schnee, die Geschenke...allgemein das ganze Feeling. Möchte man seinen Kindern das gleiche Gefühl und die Freude vermitteln? Ja das möchte man.
Frage beantwort ...

Ich durfte Traditionen durch meine Eltern erleben u. werde sie weiterhin pflegen.

Weihnachten ganz besonders. In der Adventszeit backe ich mit meinen Kindern Plätzchen, die Wohnung wird geschmückt, die Weihnachtsartikel wie "The spinning Snowman" u. vieles andere mehr werden aufgestellt u. wir ziehen uns einigermassen festlich an usw.

Bevor ich auf die Welt kam, streute meine älteste Schwester, da war sie sieben, Zucker auf die Fensterbank. Damals glaubten wir auch noch an den Nikolaus.

Heute lachen die Kinder über vieles u. das ist sehr zu bedauern :(

So Ihr Lieben, ich mach jetzt mal der Reihe nach weiter.

Allen, die hier weiter geschrieben haben ersteinmal ein sehr herzliches DANKE, ich antworte jedem einzelnen, denn ich freue mich sehr, dass euch das Thema auch zum Mitmachen anregt. TOLL :-D

unterbrechen musste ich bei:

Streuselchen schrieb:Dieses Jahr wirds spannend, er wurde mittlerweile eingeschult und sämtliche Bescheidenheit ist abhanden gekommen :( ich bin gespannt ob ich den konsumwahn, der ihm eingetrichtert wurde von außen, wieder aberziehen kann.

Das ist ebenfalls eine spannend Frage:

Sind wir "Deutschen" im Sinne von allen Menschen, die in Deutschland leben und sich hier wohl fühlen, also sind wir denn bescheiden?
Haben wir eine bescheidene Kultur?
Leben wir in Bescheidenheit?
Gehört Bescheidenheit in unsere Lebenstradition?

Bin gespannt, wie ihr das seht!

@Paulette

Oft kommt es mir leider so vor, als würden wir den Hals nicht voll genug bekommen.
Wo Kinder oft mit einem tollen Geschenk zufrieden sind, schieben wir ihnen noch 3 nach weil wir denken das eins einfach zu wenig wäre.

Ubd das kann man nahezu auf alles übertragen.

Hallo @Doors,

danke für deine interessanten Beiträge.

Mich würde nun noch interessieren, wie das bei dir persönlich ist?

Welche Tradition ist dir wichtig? So wichtig, dass du sie auch "Fremden" erklären würdest in der Hoffnung, dass sie diese respektieren und/oder sogar mitmachen, wenn sie in Deutschland leben?

@borabora

Das hat meine Mutter auch gemacht, als sie sich ein Geschwisterchen wünschte. Würfelzucker auf die Fensterbank für den Klapperstorch... ;-) Hat auch geklappt :-)

@BobGray

Wie schön :)

Streuselchen schrieb:Wo Kinder oft mit einem tollen Geschenk zufrieden sind, schieben wir ihnen noch 3 nach weil wir denken das eins einfach zu wenig wäre.

Da muss ich sofort an meine Schwester denken^^

Paulette schrieb:Leben wir in Bescheidenheit?

Wo fängt Bescheidenheit an u. wo hört sie auf? Wenn ich mich mal so umschaue im Bekanntenkreis, täte einigen Leuten Bescheidenheit ganz gut. Wird fälschlicherweise oft als Neid ausgelegt, was vollkommender Quatsch ist.

Hallo @aero,

sehr schöner Beiträge von dir, meinen herzlichsten Dank. Hat mich gefreut zu lesen, wie du die Tradition Weihnachten betrachtest.

Zu dem hier habe ich einen Gedanken, den ich auch gern mitteilen möchte:

aero schrieb:Etwas wo man sich das ganze jahr drauf freute, darauf sparte und davon träumte, auch mit bescheidenen dingen eine freude zu machen. Vllt. auch dadurch den zusammmenhalt in der familie zu stärken.

Früher war das mal der Jahresurlaub für uns. Ich finde schon, dass das auch eine Tradition ist, zusammen mit der ganzen Familie verreisen zu können. Ich würde das liebendgern erhalten aber leider können sich das die meisten ja gar nicht mehr leisten.
Vielleicht gehen manche Traditionen auch verloren, weil sie mit dem Konsumverhalten zu tun haben? Man spart ja das ganze Jahr nicht mehr sooooo streng, wie das noch meine Eltern machten.
Wir leben doch eher gern im HIER und JETZT sozusagen, was ja auch bedeutet, man will die Dinge auf der Stelle und alles lieber gleich genießen.

dir einen sehr herzlichen Gruß und danke für dein Mitmachen hier :-D

@SeahawksHeart

Bei uns sagten die Eltern immer, daß etwas "zum Wünschen übrig bleiben muss".
Auch wir bekamen EINEN Herzenswunsch zu Weihnachten erfüllt, das war aber zB ein Spiel, eine Puppe oder so etwas, nichts für mehrere hundert Mark.

Ich kenne Familien, in denen die Kinder tagelang mit Auspacken beschäftigt sind. Irgendwie abartig. Oder wenn es zu Nikolaus schon die Spielekonsole ist. Bei uns brachte der Nikolaus noch Mandarinen, Nüsse und etwas Schokolade, allenfalls eine Kleinigkeit wie zB ein Hörspiel. Das hat locker gereicht.

Hallo @slobber,

danke auch dir für deine interessanten Beiträge.

Lustig fand ich deine Aussage:

slobber schrieb:Jeder darf das eigene(!) Osternest suchen und finden!

Das ist ja spannend, wie macht ihr das denn oder wie nächtest du das machen?
In der Tradition ist es ja ein Erwachsener, der für die Kinder die Ostereier versteckt....doch nicht gleich ein ganzes Nest, das soll doch vollgesammelt werden...so jedenfalls kenne ich das......erzähl doch mal, wenn du magst, klingt echt spannend.

Herzensgruß dir und DANKE für dein Hiersein