KillingTime schrieb:Aber werden die denn bei euch nicht elektronisch erfasst? Mit Namen und Akte, wo alles drin steht, Krankheiten, Familie usw.?
Das weiß ich nicht und frage auch nicht nach.
Darüber hört man zwischen Tür und Angel von Security oder Sozialarbeitern und Sonstigen. Aber die sind sicherlich vertraglich an irgendeine Art von Schweigepflicht gebunden und erzählen ohnehin wahrscheinlich nur das was sie sagen dürfen oder so bisschen im Vertrauen erzählen.
Und ob Innenministerium oder Regierungspräsidium, da will gefühlt ohnehin keiner Verantwortung übernehmen. Ich glaube, bei solchen Fragen muss öffentlicher Druck her, damit sie ansatzweise beantwortet werden.
KillingTime schrieb:Ich sehe das als ernstes Problem an. Was innerhalb der Unterkünfte passiert, ist mir zwar letztlich auch egal, aber wenn ich mir vorstelle, dass diese Menschen bei uns "integriert" werden sollen, dann ist diese Vorstellung schon etwas bizarr.
Fast jeden Tag kann ich das sehen, ältliche Sozialarbeiterinnen schleppen Gruppen von Flüchtlingen durch die Stadt, ausschließlich junge, gutgenährte Männer in Lederjacken, gutgelaunt, die Sozialarbeiterin erzählt denen irgendwas. Manchmal auch Großfamilien, die aussehen, als stammten sie aus dem Kosovo. Oder in den MUFL-Gruppen, da gibt es männliche Erzieher, aber wenn ich die sehe, frage ich mich auch, hat so ein MUFL vor denen Respekt? Achtet er seinen Betreuer? Oder wird hinterher auf arabisch gelacht und gekichert und sich belustigt über die dumme Kartoffel?
Es gibt tatsächlich Leute, die gutgenährt und gut gekleidet durch die Gegend laufen. Ich vermute mittlerweile stark, dass zum Beispiel so manche Schwarzafrikaner etwa aus Italien nach D kommen bzw. in Italien ein Auskommen hatten, aber wegen der wirtschaftlichen Lage dort nach D gekommen sind. Und das sieht man den einzelnen dann halt auch an. Manch andere, diese Info ist ja mittlerweile gesichert, haben schon Jahre in der Türkei gelebt und dort irgendwas an Auskommen gehabt, bis sie entschieden haben, nach D zu kommen. Die kommen auch nicht unbedingt in Lumpen nach D.
Die, die tatsächlich/direkt aus dem Heimatland kommen, indem Krieg oder sonstiger Konflikt herrscht, laufen in der Regel auch mit ihrer Situation entsprechenden Kleidern rum. Die haben auch oft diese Handys mit kaputtem Display oder halt abgefuckte Handys.
KillingTime schrieb:Oder in den MUFL-Gruppen, da gibt es männliche Erzieher, aber wenn ich die sehe, frage ich mich auch, hat so ein MUFL vor denen Respekt? Achtet er seinen Betreuer? Oder wird hinterher auf arabisch gelacht und gekichert und sich belustigt über die dumme Kartoffel?
Ich persönlich glaube, man darf weder zu weit links noch zu weit rechts sein. Freundlich sein, wenn einem Freundlichkeit entgegengebracht wird. Wer unfreundlich ist, hat verschissen.
Wenn man sich normal verhält, und nicht so als hätte man ein besonders beschützenswertes Wesen noch ein widerwärtiges Wesen vor sich, dann geht das schon. Dann kommt auf beiden Seiten der Respekt. Normalerweise, also ich glaube einfach das ist die Regel, sind die Leutz dankbar. Lachen, nein. Die sind froh, wenn sie im fremden Land jemanden zum reden haben oder in gesellschaftliche Aktivitäten eingeschlossen werden. Wie du auch schreibst, sie wollen ja was von dir, und du im Prinzip nicht von ihnen. Wenn man es böse ausdrücken will, wenn einer nicht pariert, dann wird ihm/ihr auch nicht mehr geholfen oder die eigene Bereitschaft lässt nach. Und dann kommen sie auch schon von selbst und entschuldigen sich etc. Aber als ehrenamtliche/r ist man da ohnehin sehr frei.
Es gibt aber im Alltag oder in der Praxis zahlreiche liebenswürdige, höfliche erwachsene Flüchtlinge und auch Kinder mit gutem Benehmen. Ich könnte dir auf Anhieb eine in seinem Wesen bestimmt Ausnahmeerscheinung vorstellen, einen "jungen Mann" aus Afghanistan. Ganz toller Mensch, unheimlich angenehm und freundlich. Eine Familie aus Afghanistan, mit zwei erschreckend netten Eltern und drei Kindern, die sich top benehmen und eine für ihre Situation auffällige Schüchternheit mitbringen. Die Familie kannst nach Hause einladen. Ein elternloses Kind aus Syrien kann ich dir auch vorstellen, wo man gar nicht denkt bzw. was man vielleicht nie gedacht hätte. Insofern kann man ohnehin nicht pauschal der oder die Flüchtling sagen, weil es soviele außergewöhnliche Persönlichkeiten gibt, die es lohnt kennen zu lernen.
Das sind aber auch erfahrungsgemäß jene, die so gesagt direkt aus dem Dreck kommen und für den Krümel eines Kekses in D so wahnsinnig dankbar sind. Du drehst ihnen in einer Kleiderausgabe kaputte oder verfleckte Kleider an, oder die schlafen seit Monaten in einer Lagerhalle, oder die essen das, was ihnen vor die Nase gesetzt wird. Irgendwie ist ihnen das alles egal. Hauptsache sie haben ein bisschen Ruhe und Sicherheit vor Konflikten und wie sie sagen ein bisschen "Freiheit", vor in Afghanistan zum Beispiel den Islamisten. Es gibt ja Leutz, die haben am ganzen Körper Folterspuren, oder manche Kinder haben im Gesicht und am Körper sichtbare Narben von Schlägen, man frägt in der Regel nicht nach, aber ein Kind hat mir mal erzählt, iranische Polizisten schlagen die Leute ins Gesicht. Selbst manche Kinder haben keine Zähne mehr, wo man nicht weiß, was mit den Zähnen passiert ist. Vielleicht schlechte Zahnhygiene, vielleicht raus geschlagen etc. Nicht nachfragen, einfach übersehen.
KillingTime schrieb:Achtet er seinen Betreuer? Oder wird hinterher auf arabisch gelacht und gekichert und sich belustigt über die dumme Kartoffel?
Aber ich will nix beschönigen, nur sagen, dass ist wirklich dann das falsche Klientel in D, das gar nicht hier sein sollte. Es gibt auch Leutchen, die sind frustriert, weil sie sich D anders vorgestellt haben oder das Asylverfahren so lange dauert. Oder, gestern hat mir ein Flüchtling erzählt, er hat das Gefühl, in D soll mit Flüchtlingen Kasse gemacht werden. Die denken auch darüber nach, warum Sicherheitsfirmen Regierungsaufgaben oder Sozialarbeit in Flüchtlingsunterkünften erledigen oder organisatorische Defizite gefühlt manchmal nur mit Klüngeleien zu erklären sind. 1 Million Flüchtlinge, nicht aus humanitären Gründen wurde mir gesagt, sondern aus finanziellen oder so. Verschwörungstheorien, warum die Deutschen wirklich Flüchtlinge aufnehmen. Mein Vater zum Beispiel spekuliert auch, D bekommt aus dem Ausland finanzielle Hilfe für die Flüchtlinge oder so. Das sich daraus Antipathien von Flüchtlingen entwickeln können gehört dann wohl dazu.