@fumo Ich finde die Vorschläge von
@Doors @Heide_witzka etc.
konstruktiv. Das mit der Krankheit würde ich auch lassen, denn es löst das Problem nicht.
Denke das du dich mit dem Islam ernsthaft befasst, zeugt schon von Respekt und Interesse und wird von deinem Gegenüber honoriert. Natürlich kannst du nicht ankommen und nach paar Bücher und Artikel sagen, du verstündest die Religion besser als die Strenggläubigen,
mit etwas Hintergrundwissen kannst du aber argumentieren, und innerislamische Sichtweisen aufzeigen, die es eben auch gibt.
wie
@Doors schon erwähnte, ist die Kriminalisierung und Verteufelung der Homosexualität im Islam ein neueres Phänomen.
Für Rumi, Hafiz, Abu Nawas und hunderte andere Lyriker gehörten homoerotische Verse so selbstverständlich zu ihrer Dichtkunst, weil homosexuelle Beziehungen in der islamischen Welt des 8. bis 18. Jahrhunderts in einem Maße akzeptiert waren, von dem Mann im christlichen Abendland nur träumen konnte.
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Das alles ist freilich lange her. Mit der europäischen Kolonialarmee fand auch die homophobe Sexualmoral des Westens Einzug in die einst liberale islamische Welt. Und auch die Gegenbewegung zum Einfluss des Westens - der Islamismus des 19. und 20. Jahrhunderts - wandte sich gegen jene liberalen Gesellschaftsentwürfe, die über Jahrhunderte das Liebes- und Sexleben der islamischen Welt geprägt hatten.
https://www.heise.de/tp/features/Als-Muslime-im-Westen-als-schwul-galten-3380087.html?seite=all Heute lehnen alle islamischen Rechtsschulen Homosexualität ab, werden Schwule in fast allen islamischen Ländern kriminalisiert. Auch Abu Nuwas Gedichte wurden Opfer der neuen islamischen Homophobie. Im Jahr 2001 ließ das ägyptische Kulturministerium 6 000 seiner Gedichtbände öffentlich verbrennen. (2)
https://www.hintergrund.de/allgemein/islam-und-homosexualitaet-die-geschichte-einer-verlorenen-liebe/http://lynxx-blog.blogspot.ch/2011/09/homosexualitat-im-islam-theorie-und.htmlThomas Bauer:
http://www.forum-islam.ch/de/?we_objectID=154Der Koran ist die wichtigste Quelle des Islams. Er gilt, wie schon gesagt, als direkte Offenbarung Gottes an den Propheten Muhammad. Die zweite wichtige Quelle - weitaus umfangreicher als der Koran - ist die Sunna, der "Brauch" des Propheten, wie er in Form vieler Tausender von Überlieferungsberichten (Hadith) in umfangreichen Werken (meist 9. Jahrhundert n.Chr.) gesammelt wurde. Eine Anzahl solcher nachkoranischer Überlieferungen legt dem Propheten Muhammad Worte in den Mund, denen zufolge er jene verdammt "die das tun, was das Volk Lots getan hat", ja sogar zur Tötung und Steinigung der "Sodomiter" (luti) auffordert. Auffälligerweise fehlen diese Aussprüche jedoch in den beiden bedeutendsten Hadith-Werken, Sahih al-Buchari und Sahih Muslim, und große Gelehrte des Islam haben diese Überlieferungen als unsicher oder gar unecht verworfen. Hier ist besonders der berühmte Ibn Hazm al-Andalusi zu nennen, der in seinem umfangreichen juristischen Werk al-Muhalla (um 1030 n.Chr.) die von der Mehrheit der alten Rechtsgelehrten angeführten Hadith-Begründungen für Todesstrafen bei "Sodomie" (lutiyya, liwat) allesamt widerlegt. (Ibn Hazm ist übrigens der Verfasser des bekanntesten arabischen Liebesbuches, Das Halsband der Taube, in dem auch Liebe zwischen Männern thematisiert wird, die nach dem Verfasser allerdings keusch zu bleiben hat.) Die Tatsache, dass klarsichtige Gelehrte solche extremen Überlieferungssprüche als unecht entlarvten, hat jedoch andere nicht daran gehindert, diese gefälschten Muhammadworte weiter zu propagieren, und so finden sie sich heute in den gebräuchlichen Hadith-Sammlungen sowie in den frommen Werken über Moral, Sitten und Recht. Schließlich bediente sich das in den ersten Jahrhunderten nach Muhammad entstehende islamische Recht dieser Aussprüche, um schwere Strafen für homosexuelle Vergehen festzulegen. Dabei interpretierten sie, ausgehend von der herrschenden Meinung bezüglich der koranischen Lot-Geschichte, die Sünde Sodoms als homosexuellen Analverkehr (lutiyya, liwat - analog zu lateinisch sodomia) und genau dieses Verbrechen sollte schwer bestraft werden: durch Steinigung, Herabstürzen von einem Berg oder gar durch Verbrennen bei lebendigem Leibe; letztere Strafe sollte die Vernichtung Sodoms nachahmen, ist jedoch sicherlich eine Übernahme aus dem christlich-römischen Recht.
Wirft man nun einen Blick in die islamische Geschichte, so stellt man fest, dass eben gerade diese grausamen Strafen im Allgemeinen nicht angewandt wurden. Ganz im Gegenteil: Homosexualität, jedenfalls in der Form der Knabenliebe, war gang und gäbe - sie galt beispielsweise als Standeslaster gerade der Richter - und von "Sodomiterverfolgungen" wie im europäischen Spätmittelalter konnte keine Rede sein.
Schließlich gab und gibt es im Koran ja auch Stellen, die homoerotisch gefärbt sind. Sowohl im heiligen Buch als auch in der Prophetenüberlieferung, dem Hadith, gibt es versteckte erotische Anspielungen auf Jünglinge und Knaben, die ja im Vorderen Orient stets als begehrenswerte Sinnbilder für Schönheit, Liebe und Sexualität stehen - das arabische Wort für 'Jüngling' (ghulam) kommt von einer Wortwurzel mit der Bedeutung "von fleischlicher Begierde übermannt werden." In den koranischen Paradiesesbeschreibungen gibt es nicht nur die "großäugigen Jungfrauen" (volkstümlich Huris genannt), deren Geschlecht im Koran übrigens ambivalent ist (arab. hur in Sure 52:20 und 56:22 kann männlich und weiblich sein), sondern auch Jünglinge, die den Paradiesesbewohnern gehören und ihnen Wein ausschenken: "Burschen, die sie [die Paradiesesbewohner] bedienen, (so vollkommen an Gestalt) als ob sie wohlverwahrte Perlen wären, machen unter ihnen die Runde", heißt es in Sure 52:24 und Sure 56:15-18 beschreibt das üppige Leben der Gläubigen im Jenseits so: "Auf golddurchwirkten Ruhebetten liegen sie behaglich einander (gegenüber), während ewig junge Knaben die Runde unter ihnen machen mit Humpen und Kannen (voll Wein) und einem Becher (voll) von Quellwasser". Dies nimmt bereits die Figur des Schenken (saki) vorweg, der in der späteren islamischen Dichtung (z.B. bei Schamseddin Hafes) der Inbegriff des Geliebten, ja sogar Symbol für Gott ist.
Dass Knaben oder Jünglinge als besonders begehrenswert und verführerisch galten, bezeugen zahlreichen Überlieferungen. Selbst der Prophet Muhammad soll einmal einen Jüngling in einer Versammlung hinter sich plaziert haben mit dem Hinweis, dass der Blick zur Versuchung führen könne. Muhammad selbst, heißt es in einigen Überlieferungen, soll Gott "in schönster Gestalt" erblickt haben, spätere Mystiker sahen Gott in der Gestalt eines schönen jungen Mannes oder eines "Türken mit schiefsitzender Seidenmütze" (Türken aus Zentralasien galten als besonders schön). Homoerotische Vorstellungen, wenn auch stark sublimiert, waren mit dem religiösen Denken besonders der Mystiker engstens verwoben.
Nun, die Zeit, als die Knabenliebe als die höchste Form der irdischen Liebe galt, ist vorbei. Heutzutage scheinen eher puristische Tendenzen das islamische Denken zu beherrschen. Der Orient war in früheren Zeiten sicherlich nicht für Prüderie und Leibfeindlichkeit berühmt, heutzutage erscheint jedoch die westliche Freizügigkeit, die überwiegend als moralische Zügellosigkeit wahrgenommen wird, als Bedrohung für die islamische Welt. Dies hat zur Folge, dass in orthodoxen islamischen Kreisen das Thema Homosexualität wieder diskutiert wird, leider aber überwiegend nur im völlig unkritischen Rückgriff auf die klassischen Gelehrtenmeinungen zur Lot-Geschichte und mit Bezugnahme auf die schweren Strafen des (meist nur in der Theorie existierenden) traditionellen Scharia-Rechts.
Eine wichtige Frage, nämlich die nach Liebe und Partnerschaft, wird in diesen Kreisen nicht gestellt.
Dabei heißt es doch im Koran (Sure 30:21), dass Gott für die Menschen Partner/Gatten geschaffen hat, bei denen sie Ruhe, Liebe und Barmherzigkeit finden; darin sei überdies ein Zeichen für Leute, die nachdenken.
Der Koranvers ist so formuliert, dass alle Personen männlich oder weiblich sein können. Das arabische Wort für "Partner" (zaudsch) kann also Männer oder Frauen bezeichnen, es muss nicht notwendigerweise "Ehegattinnen" bedeuten, wie die meisten Koranübersetzer schreiben. Jeder Mensch - auch der schwule Muslim und die lesbische Muslima - darf hierin eine grundsätzliche Anerkennung von Liebe und Partnerschaft erkennen. Das heißt also, dass auch für eine mann-männliche oder weib-weibliche Beziehung Platz im Islam sein kann und muss.
Im orthodoxen Islam und in fundamentalistischen Kreisen wird es zwar weiterhin keinen Platz für schwule und lesbische Muslime geben, doch es gibt durchaus liberale muslimische Gruppen, in denen die homosexuelle Orientierung von Mitgliedern kein Problem ist, und es gibt auch erste Ansätze zu einer modernen Koraninterpretation (verbunden mit einer mutigen Traditionskritik), die den heutigen Erkenntnissen und Bedürfnissen Rechnung trägt.
https://www.lsvd.de/homosexualitaet/homosexualitaet-religion/homosexualitaet-und-islam/wie-steht-der-koran-zur-homosexualitaet.html (Archiv-Version vom 22.09.2016)https://www.saiten.ch/liwat-lot-und-lueckenhafte-hadithen/https://www.heise.de/tp/features/Weder-suendhaft-noch-krankhaft-3362926.htmlAdonis zu Syrien:
Adonis: "Ich bin gegen den institutionalisierten Islam"
Er gilt als bedeutender Dichter der arabischen Sprache und hat gerade den Erich Maria-Remarque-Friedenspreis bekommen. Adonis' politische Haltung im Syrien-Konflikt ist umstritten. Im Interview erklärt er seine Position.
Adonis
DW: Sie haben trotz aller Proteste seitens der syrischen Opposition den Erich-Maria Remarque-Friedenspreis bekommen, eine hohe Anerkennung. Hat Sie das erstaunt?
Adonis: Irgendwie hat es mich nicht erstaunt, denn ich glaube, dass die Mitglieder der Jury große Intellektuelle sind, und die wahren Intellektuellen kennen meine Position. Sie haben einstimmig für mich votiert. Mich hat der Mut der Jury erstaunt. Sie haben einen ethischen Mut bewiesen, den ich bewundere.
DW: Die Kritik gegen Sie war nicht gegen Ihr literarisches Werk, sondern gegen Ihre politische Position in der Syrien-Krise gerichtet. Man beschuldigt Sie, nicht der syrischen Opposition beigestanden zu haben. Warum haben Sie so gehandelt?
Es gibt viele Oppositionsgruppen in Syrien, und ich unterstütze die inländische Opposition, die sich gegen jegliche Art von Gewalt positioniert. Sie wird von Haytham Manna und seiner Gruppe geführt. Ich war und bin gegen die (syrische) Opposition im Ausland, die gewalttätig und theokratisch ist. Sie ist mit den US-Amerikanern, aber auch mit den Europäer liiert. Aber die USA können nicht auf der Seite der Freiheit und der freien Völker stehen. Es ist ein Land, das durch die Vernichtung eines Volkes, der Indianer, entstanden ist. Das darf man niemals vergessen. Es ist das erste Land, das die Atombombe eingesetzt hat. Die USA waren nie auf der Seite der Demokratien, sie sind mit den schlimmsten Regimen der Welt, nämlich Saudi-Arabien und Katar, verbündet. Auch einige europäische Länder waren früher kolonialistisch und imperialistisch, teilweise benehmen sie sich bis heute so. Ich war und bin gegen diese Opposition.
Deutschland Osnabrück Preisverleihung Adonis
Adonis bei der Verleihung des Friedenspreises
Sie plädieren für eine komplette Trennung von Staat und Religion. Ist das realistisch in einer Ecke der Welt, wo die Leute sehr gläubig sind?
Warum denn nicht? Wenn Europa in der Lage war, Kirche und Staat zu trennen, warum sollten dann die Araber, die in ihrer früheren Geschichte sehr weit entwickelt und freizügig waren, nicht in der Lage dazu sein? Der Islam ist eine totalitäre Religion. Er mischt sich in das persönliche Leben der Menschen ein. Ich bin dafür, dass das Individuum die Freiheit genießt. Ich war und bin gegen den institutionalisierten Islam, der einer ganzen Gesellschaft mit Gewalt aufgezwungen wird.
http://www.dw.com/de/adonis-ich-bin-gegen-den-institutionalisierten-islam/a-19061918Denke das sind so die Instrumente die man anwenden könnte, um die rigiden GUT/SCHLECHT Raster des heutigen als einzig wahr angesehenen Islam zu durchbrechen, es muss dazu nichts neues dazu erfunden werden, sondern eher zurückbesonnen, also z.B. die erwähnte Sure 30:21 ;
die fruchtbarsten islamischen Zeiten waren nunmal die, wo Wissenschaftler, Dichter, Künstler, Freidenker willkommen waren, und nicht durch rigide Umsetzung von Koran und Hadhiten blockiert.
Nochmals den Syrer Adonis, den ich sehr schätze:
Sie empfinden die Religion als ein Hindernis im Entwicklungsprozess. Dabei gab es in der islamischen Geschichte durchaus Epochen, in denen Poesie und Wissenschaft weit verbreitet waren.
Außer zur Herrschaftszeit von Al-Khalifa Al-Ma'mun (Anmerkung der Redaktion: Herrscher von 786-833, der das Studium griechischer Philosophie in seinem Land förderte) wurden berühmte Denker und Schriftsteller umgebracht. Die Kalifen waren Despoten, sie haben nur die Geistlichen unterstützt. Die Dichter waren keine richtigen Muslime und glaubten nicht in dem wahren Islam. Man sollte die Geschichtsbücher in Frage stellen, denn sie wurden gefälscht. All diejenigen, die zur islamischen Kultur beigetragen haben, die Dichter, Philosophen und Denker, waren keine Muslime im wahrsten Sinne des Wortes. Das ist schockierend für diejenigen, die ein falsches Wissen von der islamischen arabischen Geschichte haben. Man braucht unbedingt eine neue Lesart.
Respekt übrigens vor deiner Aufgabe und der Ernsthaftigkeit, mit der du ihr nachgehst. Danke dafür.