Pika schrieb:wenn wir es weniger moralisch betrachten würde doch keiner das kranke Kind mitnehmen, will man ja schließlich gute "Ware" und keine beschädigte..
Die Moralkarte zu spielen oder sich über die Formulierung "Ware", "Handel" etc zu empören ist zwar sehr einfach, vor allem, wenn man es sich schön gemütlich in seinem gepolstertem Stuhl machen kann, aber alles was nach der Geburt passiert, scheint dabei völlig nebensächlich zu sein.
Wie viele haben denn schon selbstgemachte Erfahrungswerte mit einem behinderten Menschen gemacht? Wer weis schon wie man sich den tatsächlichen Alltag innerhalb derer 4 Wände vorstellen darf?
Ein Rollstuhlfahrer bringt andere Einschränkungen/Belastungen mit sich als ein Kind mit Down-Syndrom oder ein Epileptiker oder ein stark geistig Behinderter.
Selbst die, die schon eigene Kinder haben, erfahren zwar was ein Kind beim Aufwachsen für Phasen durchläuft. Dass Babys in anderer Weise schwierig sein können als Kleinkinder oder Pubertierende.
Aber immerhin weis man dabei, dass die Kinder irgendwann selbstständig werden (so hofft man zumindest).
Jetzt stellt euch mal vor, also lehnt euch im Anschluss wirklich mal nach hinten und durchdenkt, ob ihr damit klar kämt viele Jahrzehnte hinweg ein Kleinkind im Haus zu haben.
Wenn das Kind körperlich eine normale Entwicklung durchläuft, aber geistig auf dem Niveau eines 4-5 Jährigen stehen bleibt.
Dann sitzt man nach 25 Jahren mit einer Person in seiner Wohnung, die vielleicht weder Schreiben, noch richtig Lesen kann, sich nicht die eigenen Schuhe binden kann und nach wie vor die kindliche Unruhe eines Kleinkindes besitzt.
Da sitzt also ein 100 Kilo schwerer, 190 großer Vierjähriger, der nun ständig bockt und der aber die körperliche Kraft eines Erwachsenen hat und diese auch in unkontrollierbarer Weise einzusetzen weis - der einen unter Umständen sogar regelrecht zusammenschlagen kann, wenn er ausrastet.
Stellt euch das mal vor, das Leben mit einem erwachsenen Vierjährigen - ohne die Aussicht, dass es irgendwann noch anders/besser wird und diese Person wohl niemals selbstständig wird oder sogar auszieht. (Außer dass man ihn irgendwann einmal in eine Pflegeeinrichtung steckt.)
Wenn jemand meint, dass er dieses Extra an Belastung nicht haben möchte, dann ist Moral auch hinfällig.
Die Moral scheint sich doch einen Dreck darum zu scheren, ob ein Kind nach der Geburt im Weisenheim landet, wenn die Eltern sich nicht drum kümmern wollen. Das Kind ist zwar dann auf der Welt, aber wie "normal" kann die Kindheit schon werden, wenn man aus Sicht der Eltern gar nicht da sein sollte...
Wer so aufwachsen durfte, der wird sich ganz bestimmt herzlichst bei den Moralisten bedanken...
Man muss sich mal selbst in den Arm zwicken und die Träumerei bei Seite schieben, dass alle Eltern in der Lage seien, ein Kind sozial wie auch emotional anzunehmen oder der extra Belastung einer Behinderung ja angeblich sowieso gewachsen wären.