Familie geht über alles? Oder doch nicht?
20.01.2014 um 15:28Und zum eigentlichen Fall, wenn man sich die beiden Urteile genau anschaut, hat man zwei sehr unterschiedliche Fälle. Der eine war der Fall einer Frau, die sich immerhin 13 Jahre um den Sprößling gekümmert hat und ihm dann lediglich eine Ausbildung nicht ermöglicht hat (auch den Zeitumständen geschuldet, wie im Urteil ausgeführt). Im andern Fall sind die Anfangsumstände, das Verhältnis vor der Scheidung, bzw. ob und wieviel Unterhalt der Sohn im Kindesalter vom Vater erhielt, nicht geschildert, aber daß der Vater von sich aus "jegliche Beziehung abgebrochen" hat (u. a. durch "ausdrückliche" Enterbung) läßt tief blicken, wahrscheinlich war er von Anfang an ein typischer "Rabenvater", der vom eigenen Nachwuchs nichts wissen wollte und lediglich in der bestehenden Ehe (bis zur Scheidung) an ihn "gebunden" war.
Ein Gericht, das alle Fälle ohne Berücksichtigung der Einzelheiten über den gleichen Kamm schert, spricht vielleicht Recht, ist aber mit Sicherheit nicht gerecht. Und auch Gerichte spiegeln die wechselnden Ansichten der Zeit wider, wozu auch z. B. Ansichten zu Unterhaltspflicht und "familiären Solidargemeinschaften" zählen.
An der grundsätzlichen Unterhaltspflicht, wie gesetzlich niedergelegt, wird sich auch zukünftig nichts ändern, aber die individuell geprägten Ausnahmefälle, in denen abweichend entschieden wird, werden sich häufen, und die jeweiligen Umstände eines Falles werden offener betrachtet werden als es vor zehn oder dreißig Jahren noch der Fall gewesen wäre. Übrigens gibt es heute schon Möglichkeiten, "Rabeneltern" rechtlich auszuhebeln: wer z. B. nie Unterhalt ans Kind bezahlt hat und auch nie einen Ersatz (z. B. in Form von Kinderpflege) geleistet hat, obwohl eins davon oder beides möglich gewesen wäre - bei Unmöglichkeit, etwa einem dauerkranken und chronisch verdienstunfähigen Vater, wäre es etwas anderes - hat später im Gegenzug keinen Unterhaltsanspruch gegen das Kind (z. B. Gerichtsbeschluß OLG Koblenz 15 UF 605/99).
Wenn stattdessen jemand anders, z. B. ein Pflegevater, die "familiäre Solidargemeinschaft" wahrgenommen hat, gibt es auch die Möglichkeit, alle Unterhaltsansprüche auf diese andere Person zu übertragen, so daß auch hier der Rabenvater leer ausgeht.
Schwieriger wird die Entscheidung für ein Gericht, wenn die "Solidargemeinschaft" erst nach Ablauf des Kindesalters massiv geschädigt wird, dann muß wirklich etwas Übles im Raum stehen (z. B. sexueller Mißbrauch oder der zitierte "Schuß in die Brust"), um den Unterhaltsanspruch abzuerkennen. Eine reine Kontaktverweigerung (bei der es ja meist um nichts schlimmeres geht als um gekränkte Egos...) ist unter solchen Umständen eine sehr wackelige Begründung und wird im Normalfall als einziges Kriterium nicht ausreichen.
Unterhalt beruht auf Gegenseitigkeit, die Unterhaltspflicht der Eltern für ein (hilfloses, geschäftsunfähiges, einkommensloses) Kind entspricht der Unterhaltspflicht des Kindes für die (hilflosen, geschäftsunfähigen, vermögenslosen) Eltern. Alles was dazwischen liegt, hat ein Gericht unter normalen Umständen nicht zu interessieren, die Frage für die Gerichte ist also immer, was gilt noch als "normale Umstände" und was nicht mehr.
Ein Gericht, das alle Fälle ohne Berücksichtigung der Einzelheiten über den gleichen Kamm schert, spricht vielleicht Recht, ist aber mit Sicherheit nicht gerecht. Und auch Gerichte spiegeln die wechselnden Ansichten der Zeit wider, wozu auch z. B. Ansichten zu Unterhaltspflicht und "familiären Solidargemeinschaften" zählen.
An der grundsätzlichen Unterhaltspflicht, wie gesetzlich niedergelegt, wird sich auch zukünftig nichts ändern, aber die individuell geprägten Ausnahmefälle, in denen abweichend entschieden wird, werden sich häufen, und die jeweiligen Umstände eines Falles werden offener betrachtet werden als es vor zehn oder dreißig Jahren noch der Fall gewesen wäre. Übrigens gibt es heute schon Möglichkeiten, "Rabeneltern" rechtlich auszuhebeln: wer z. B. nie Unterhalt ans Kind bezahlt hat und auch nie einen Ersatz (z. B. in Form von Kinderpflege) geleistet hat, obwohl eins davon oder beides möglich gewesen wäre - bei Unmöglichkeit, etwa einem dauerkranken und chronisch verdienstunfähigen Vater, wäre es etwas anderes - hat später im Gegenzug keinen Unterhaltsanspruch gegen das Kind (z. B. Gerichtsbeschluß OLG Koblenz 15 UF 605/99).
Wenn stattdessen jemand anders, z. B. ein Pflegevater, die "familiäre Solidargemeinschaft" wahrgenommen hat, gibt es auch die Möglichkeit, alle Unterhaltsansprüche auf diese andere Person zu übertragen, so daß auch hier der Rabenvater leer ausgeht.
Schwieriger wird die Entscheidung für ein Gericht, wenn die "Solidargemeinschaft" erst nach Ablauf des Kindesalters massiv geschädigt wird, dann muß wirklich etwas Übles im Raum stehen (z. B. sexueller Mißbrauch oder der zitierte "Schuß in die Brust"), um den Unterhaltsanspruch abzuerkennen. Eine reine Kontaktverweigerung (bei der es ja meist um nichts schlimmeres geht als um gekränkte Egos...) ist unter solchen Umständen eine sehr wackelige Begründung und wird im Normalfall als einziges Kriterium nicht ausreichen.
Unterhalt beruht auf Gegenseitigkeit, die Unterhaltspflicht der Eltern für ein (hilfloses, geschäftsunfähiges, einkommensloses) Kind entspricht der Unterhaltspflicht des Kindes für die (hilflosen, geschäftsunfähigen, vermögenslosen) Eltern. Alles was dazwischen liegt, hat ein Gericht unter normalen Umständen nicht zu interessieren, die Frage für die Gerichte ist also immer, was gilt noch als "normale Umstände" und was nicht mehr.