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17.12.2022 um 13:10Holly Goldberg Sloan - Glück ist eine Gleichung mit 7
Dieser von der kalifornischen Regisseurin und Autorin Holly Goldberg Sloan geschriebene und 2015 in deutscher Übersetzung veröffentlichte Kinderroman, der mit vielen Preisen ausgezeichnet wurde, ist sehr dick aufgetragen.
Die im kalifornischen Bakersfield lebenden Adoptiveltern der 12-jährigen Willow Chance (sprechender Name und sie ist PoC) verbrennen bei einem Autounfall, bei dem ein mit Sauerstoff beladener Kleintransporter explodiert (weniger geht nicht!), weil der Fahrer noch bei Rot über eine Kreuzung will und in das Auto der Adoptiveltern kracht.
In Willows Erinnerungen erfahren wir, dass sie vom Norden stammt, keine Erinnerung an die Eltern hat und hochbegabt ist. Sie ist so hochbegabt, dass sie wie ein wissenschaftliches Buch spricht, in sehr vielen Wissensgebieten Spezialistin ist, an der Schule den staatlichen Kompetenzcheck mit voller Punkteanzahl besteht und wegen des Verdachts auf Betrug einem Sozialarbeiter zugewiesen wird, der sie nicht nur den Test wiederholen lässt, sondern sie löst auch viele Aufnahmetests von Hochschulen aus verschiedenen Fächern mit Höchstpunkteanzahl. Im Garten ihrer Adoptiveltern legt sie mit wissenschaftlicher Akribie eine pflanzliche Oase an.
Diese Welt ist mit dem Tod der Adoptiveltern zerstört. Sie wird in ein Sozialheim gesteckt, von wo sie flieht, und sie taucht bei der Familie ihrer vietnamesisch-mexikanischen Schulfreundin Mia unter. Deren Mutter (Kind einer Vietnamesin und eines afroamerikanischen GI) betreibt ein Nagelpflegestudio und Mutter, Mia, ihr Bruder und nun Willow hausen in einer ehemaligen Garage. Als sich das Jugendamt zur Kontrolle ankündigt, geben sie die Adresse des Sozialbetreuers Dell (ein dicker, bärtiger Mann Mitte 30 in prekärem Arbeitsverhältnis und Messi) an und schmeißen diesen praktisch aus seiner zugemüllten Wohnung, die sie binnen eines Tages wohnlich gestalten. Dell schläft bei einem Nachbarn und kommt untertags in seine Wohnung, um mit dem Bruder von Mia fernzusehen.
Willow geht nicht mehr in die Schule, sie ist verwirrt und bedrückt, findet jedoch in dieser chaotischen Umgebung neuen Halt, hat jedoch Angst vor dem Gerichtstermin, der ihr neue, endgültige Vormundschaft bescheren wird. Doch zu ihrer Überraschung übernehmen die Mutter von Mia und ihr neuer Freund - ein mexikanischer Taxifahrer, den sie über Willow kennengelernt hat - die Vormundschaft und bekommen sie zugesprochen. Auch hat die Nagelpflegerin so viel Geld gespart, dass sie das gesamte Mietshaus, in dem Dell lebt, vom vorigen Eigentümer (einer Bank) kauft. Das Haus muss mindestens dreistöckig sein, da per Gesetz ein Aufzug vorgeschrieben ist! Damit sind wir in der Welt der Märchen.
Was hat es mit der Sieben im Titel zu tun? Willow hat als Kind immer in Schritten von Sieben gezählt, und die Sieben ist ihre Lieblingszahl. Am Ende wandelt sich ihre Vorstellung: Sieben Bezugspersonen sind ideal für ein Leben.
Dass Willow im Innenhof des Mietsgebäudekomplexes mit Genehmigung der Bank als Eigentümer Lavasteine entfernen lässt und dafür Sonnenblumen wie Bambus anbaut (ohne die anderen Mieter zu informieren oder gar zu fragen), in der Sozialeinrichtung problemlos ins Intranet eindringen kann, sei nur am Rande erwähnt. Weitere Genialitäten der 12-Jährigen erspare ich mir.
Das große Manko dieses sehr politisch korrekt geschriebenen Romans ist neben seiner Märchenhaftigkeit die Eindimensionalität der Charaktere. Auch wenn Willow am Ende sagt, man könne Menschen nie schubladisieren, wie es Dell macht (sie hat seine Aufzeichnungen aus seinem Computer gestohlen), passiert genau dies im Text. Problematiken werden zwar thematisiert, aber übersteigert dargestellt. Das hochbegabte Kind ist ein Wunderwuzzi (sie lernt auch in zwei Wochen fließend Vietnamesisch zu sprechen), der Sozialbetreuer des Schulamts ist dick, Messi, fast lebensunfähig, jedoch sehr nett, die vietnamesische Mutter ist eine Macherin, der Bruder von Mia ein pubertierender Schulversager, aber auch irgendwie nett ... Nur aus den abgegriffenen Mails ihrer Jugendamtsverantwortlichen lernen wir in Einzelsätzen von Problemkindern mit Familiengewalt, Drogensucht, Kriminalität, was jedoch sofort wieder verdrängt wird.
Fazit: Zu viel des Guten.
Dieser von der kalifornischen Regisseurin und Autorin Holly Goldberg Sloan geschriebene und 2015 in deutscher Übersetzung veröffentlichte Kinderroman, der mit vielen Preisen ausgezeichnet wurde, ist sehr dick aufgetragen.
Die im kalifornischen Bakersfield lebenden Adoptiveltern der 12-jährigen Willow Chance (sprechender Name und sie ist PoC) verbrennen bei einem Autounfall, bei dem ein mit Sauerstoff beladener Kleintransporter explodiert (weniger geht nicht!), weil der Fahrer noch bei Rot über eine Kreuzung will und in das Auto der Adoptiveltern kracht.
In Willows Erinnerungen erfahren wir, dass sie vom Norden stammt, keine Erinnerung an die Eltern hat und hochbegabt ist. Sie ist so hochbegabt, dass sie wie ein wissenschaftliches Buch spricht, in sehr vielen Wissensgebieten Spezialistin ist, an der Schule den staatlichen Kompetenzcheck mit voller Punkteanzahl besteht und wegen des Verdachts auf Betrug einem Sozialarbeiter zugewiesen wird, der sie nicht nur den Test wiederholen lässt, sondern sie löst auch viele Aufnahmetests von Hochschulen aus verschiedenen Fächern mit Höchstpunkteanzahl. Im Garten ihrer Adoptiveltern legt sie mit wissenschaftlicher Akribie eine pflanzliche Oase an.
Diese Welt ist mit dem Tod der Adoptiveltern zerstört. Sie wird in ein Sozialheim gesteckt, von wo sie flieht, und sie taucht bei der Familie ihrer vietnamesisch-mexikanischen Schulfreundin Mia unter. Deren Mutter (Kind einer Vietnamesin und eines afroamerikanischen GI) betreibt ein Nagelpflegestudio und Mutter, Mia, ihr Bruder und nun Willow hausen in einer ehemaligen Garage. Als sich das Jugendamt zur Kontrolle ankündigt, geben sie die Adresse des Sozialbetreuers Dell (ein dicker, bärtiger Mann Mitte 30 in prekärem Arbeitsverhältnis und Messi) an und schmeißen diesen praktisch aus seiner zugemüllten Wohnung, die sie binnen eines Tages wohnlich gestalten. Dell schläft bei einem Nachbarn und kommt untertags in seine Wohnung, um mit dem Bruder von Mia fernzusehen.
Willow geht nicht mehr in die Schule, sie ist verwirrt und bedrückt, findet jedoch in dieser chaotischen Umgebung neuen Halt, hat jedoch Angst vor dem Gerichtstermin, der ihr neue, endgültige Vormundschaft bescheren wird. Doch zu ihrer Überraschung übernehmen die Mutter von Mia und ihr neuer Freund - ein mexikanischer Taxifahrer, den sie über Willow kennengelernt hat - die Vormundschaft und bekommen sie zugesprochen. Auch hat die Nagelpflegerin so viel Geld gespart, dass sie das gesamte Mietshaus, in dem Dell lebt, vom vorigen Eigentümer (einer Bank) kauft. Das Haus muss mindestens dreistöckig sein, da per Gesetz ein Aufzug vorgeschrieben ist! Damit sind wir in der Welt der Märchen.
Was hat es mit der Sieben im Titel zu tun? Willow hat als Kind immer in Schritten von Sieben gezählt, und die Sieben ist ihre Lieblingszahl. Am Ende wandelt sich ihre Vorstellung: Sieben Bezugspersonen sind ideal für ein Leben.
Dass Willow im Innenhof des Mietsgebäudekomplexes mit Genehmigung der Bank als Eigentümer Lavasteine entfernen lässt und dafür Sonnenblumen wie Bambus anbaut (ohne die anderen Mieter zu informieren oder gar zu fragen), in der Sozialeinrichtung problemlos ins Intranet eindringen kann, sei nur am Rande erwähnt. Weitere Genialitäten der 12-Jährigen erspare ich mir.
Das große Manko dieses sehr politisch korrekt geschriebenen Romans ist neben seiner Märchenhaftigkeit die Eindimensionalität der Charaktere. Auch wenn Willow am Ende sagt, man könne Menschen nie schubladisieren, wie es Dell macht (sie hat seine Aufzeichnungen aus seinem Computer gestohlen), passiert genau dies im Text. Problematiken werden zwar thematisiert, aber übersteigert dargestellt. Das hochbegabte Kind ist ein Wunderwuzzi (sie lernt auch in zwei Wochen fließend Vietnamesisch zu sprechen), der Sozialbetreuer des Schulamts ist dick, Messi, fast lebensunfähig, jedoch sehr nett, die vietnamesische Mutter ist eine Macherin, der Bruder von Mia ein pubertierender Schulversager, aber auch irgendwie nett ... Nur aus den abgegriffenen Mails ihrer Jugendamtsverantwortlichen lernen wir in Einzelsätzen von Problemkindern mit Familiengewalt, Drogensucht, Kriminalität, was jedoch sofort wieder verdrängt wird.
Fazit: Zu viel des Guten.