Szczepan Twardoch - MorphinEine sehr skurrile Geschichte von Konstanty Willemann, einem Sohn eines schlesischen Offiziers mit einer Polin. Sein Vater war bei der Geburt 17, seine Mutter etwa 40. Sein Vater Deutscher, der im Ersten Weltkrieg zum verunstalteten Krüppel wurde (Gesicht eine einzige Narbe, Schwanz verloren).
Konstanty Willemann ist ein Schönling, ein Dandy, ein Autoliebhaber, ein Trinker, ein Morphinist, verheiratet mit einem Kind, Liebhaber einer vierteljüdischen Edelnutte Salomé, finanziell ausgehalten von seiner Mutter, als am 1. September 1939 die Deutschen Polen überfallen. Er selbst sieht sich nicht als Polen, nicht als Deutschen, nicht mal so richtig als Schlesier, sondern als Konstanty Willemann. Gebetsmühlenartig wird immer wieder, bis zum Schluss, wiederholt: "Ich bin Konstanty Willemann." Er sieht sich als "Mischling ohne Vaterland".
Den Abwehrkrieg gegen die Deutschen kämpft er als Reservist bei den Ulanen, kehrt wieder nach Warschau zurück, auf Anordnung seines Schwiegervaters verlässt ihn seine Frau mit ihrem gemeinsamen Sohn (sein Schwiegervater hat die Alkohol-, Drogen- und Frauenexzesse satt).
Die erste Zeit der deutschen Besatzung im zerbombten Warschau verbringt er mit Hilfe des Geldes, das ihm seine Mutter zusteckt, in den verbliebenen Nobeletablissements, mit seiner Salomé. Bis er in einer der Bars Kontakt zum polnischen Widerstand findet. Da er Deutsch wie ein Wiener spricht, erhält er den Auftrag, nach Budapest zu fahren, um Geheimdokumente nach Polen zu schmuggeln.
Sein Vater gibt ihm seine Uniform der deutschen Geheimen Feldpolizei, und in einem Chevrolet fährt er mit der polnischen Partisanin Dzidzia in einem Chevrolet über Bardejow, Kaschau, Miskolc nach Budapest, um seinen Auftrag zu erfüllen. Dieser Teil des Romans ist wirklich beeindruckend: Beide sind inkognito als "deutscher Offizier mit seiner Geliebten" unterwegs, in Südpolen erschießt Konstanty polnische Widerständler, die sie überfallen, die Tristesse des zerbombten Südpolen und die Armut der Slowakei wird eindringlich beschrieben, und dann der Reichtum des vom Krieg (noch) verschonten Ungarn. In Budapest kommen sich beide menschlich sehr nahe, ohne miteinander zu schlafen. Dies wollen sie sich für einen besonderen Augenblick aufheben, nicht für eine Nacht des Rausches und des Fressens.
Konstanty trifft seinen Kontaktmann und fährt mit einem Mikrofilm alleine im Zug nach Warschau zurück, Dzidzia bleibt in Budapest. In Warschau versucht er erfolglos zu seiner Frau und zu seinem Sohn zurückzukehren, so endet der Roman bei Salomé, dessen jüdischer Geliebter vor Konstanty davonläuft.
Ich bin Konstanty Willemann, und keine Frau herrscht über mich. Ich bin Konstanty Willemann und niemandem zu Diensten. Ich bin Konstanty Willemann und diene weder Polen noch den Deutschen, weder Gott noch Teufel, ich diene niemandem. Ich bin Konstanty Willemann und kein Soldat, bin kein Offizier. Ich bin nicht gut, ich bin nicht böse. Ich bin Konstanty Willemann.
Fazit: Ein Roman, der zu Beginn schwer zugänglich ist, aber in der zweiten Hälfte immer beeindruckender wird. Wer bereit ist, sich durchzukämpfen, endet mit einem beeindruckenden Leseerlebnis.