Oscar Pistorius, das Model, der Valentinstag und das war dann Notwehr
14.06.2014 um 11:35@psychiatrist
Danke für die weiterführenden Erklärungen zum Krankheitsbild GAD.
Ich bin ebenfalls davon überzeugt, dass sich die Diagnose Vorsters nicht bestätigen wird. In keinem Fall kann ich erkennen, dass eine Angststörung vorliegen könnte, die so bedeutend ist, dass dies juristisch Berücksichtigung finden kann.
Ich vermute auch, dass die Einbringung Vorsters ein letzter Versuch war, eine halbwegs stimmige Verteidigungsstrategie zu präsentieren. Da nach einer Version OPs die Angst Auslöser für das Abfeuern der Schüsse gewesen sein soll, wollte man „irgendwas“ mit Angst gerne noch von einem Experten vor Gericht bestätigt wissen. Eine GAD in ganz leichter Ausprägung lässt sich sicher notfalls für jeden begründen, wenn man dies als klares Ziel vorgibt und einen Fachmann nur lang genug nach möglichen Anhaltspunkten suchen lässt.
Da Vorster nur ein privates Parteigutachten präsentiert, das vom Beschuldigten selber (bzw. seiner Verteidigung) beauftragt wurde, kann sie sich bei ihren Darstellungen vor Gericht auf die Aspekte beschränken, die ihr bzw. ihrem Auftraggeber wichtig erscheinen. Auf OP möglicher Weise belastende Aspekte muss sie nicht eingehen – sofern sie im Kreuzverhör danach nicht explizit gefragt wird.
Wie bereits dargestellt bin ich zudem der Auffassung, dass gerade dann, wenn sich die Störung insbesondere in Form von Angst vor Kriminalität äußert, man nur von einer krankhaften Form sprechen kann, wenn diese Sorge ganz besonders übertrieben ist. Da sich eine solche Angst objektiv (gerade auch in SA) begründen lässt und weit verbreitet ist, müssen hier besonders hohe Anforderungen an den Ausprägungsgrad vorliegen, damit man überhaupt von einer krankhaften Störung sprechen kann.
Zumindest nach deutscher Rechtsprechung sind für die Beurteilung der Schuldfähigkeit in erster Linie der Ausprägungsgrad der Störung und ihr Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit entscheidend. Für die Beurteilung der Schwere der Störung ist maßgebend, ob es im Alltag außerhalb des angeklagten Delikts zu Einschränkungen des beruflichen und sozialen Handlungsvermögens gekommen ist. Erst wenn das Muster des Denkens, Fühlens oder Verhaltens, das gewöhnlich im frühen Erwachsenenalter in Erscheinung tritt, sich im Zeitverlauf als stabil erwiesen hat, können die psychiatrischen Voraussetzungen vorliegen, die rechtlich als Merkmal der „schweren anderen seelischen Abartigkeit“ angesehen werden. Bedeutsam ist somit insbesondere, ob es sich bei der vermeintlichen Störung nicht um Persönlichkeitsmerkmale handelt, die ohnehin innerhalb der Bandbreite menschlichen Verhaltens liegen. Schon Vorster hat ausgeführt, dass es im Alltag OPs nicht zu gravierenden Einschränkungen gekommen ist. Er war im Gegenteil auf höchstem Niveau sportlich erfolgreich, gut sozialisiert und führte ein normales Leben.
Gegen das Vorliegen einer rechtlich bedeutsamen Erkrankung können des weiteren zum Beispiel ein planmäßiges Vorgehen bei der Tat, ein komplexer Handlungsablauf in Etappen, die Möglichkeit anderen Verhaltens unter vergleichbaren Umständen oder das Hervorgehen des Delikts aus dissozialen Charakterzügen angesehen werden. Auch hier kann ich Gründe erkennen, warum bei OP keine rechtlich bedeutsame Störung vorliegt.
Selbst wenn man eine Störung feststellt, kann sich diese nur dann strafmindernd auswirken, wenn sie in ursächlichem Zusammenhang mit der Tat steht und sich bei der Tatbegehung auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit auswirkt. Dabei ist u.a. zu klären, ob die Steuerungsfähigkeit im Vergleich mit dem „Durchschnittsbürger“ in einem solchen Maß verringert war, dass die Rechtsordnung diesen Umstand berücksichtigen muss.
Zu dieser Frage hat Vorster überhaupt keine präzisen Angaben gemacht. Sie schloss aus, dass OP nicht in der Lage sei, das Unrecht seiner Tat zu erkennen und nach dieser Einsicht zu handeln. Demnach ist er grundsätzlich schuldfähig und kann bestenfalls in seiner Steuerungsfähigkeit eingeschränkt sein. Wie und in welchem Umfang sich das Störungsbild auf die Steuerungsfähigkeit bei der Begehung der Tat tatsächlich ausgewirkt hat, gibt sie nicht an und will die Bewertung dem Gericht überlassen. Das ist aber fachlich gar nicht in der Lage, eine solche Bewertung vorzunehmen. Normaler Weise hätten Aussagen dazu bereits Teil Vorsters Gutachten sein sollen, aber für diese Bewertung hat die großzügig bemessene Zeit von 2 Sitzungen an 2 Tagen wohl wirklich nicht mehr gereicht.
Wünsche allen ein schönes Wochenende!
Danke für die weiterführenden Erklärungen zum Krankheitsbild GAD.
Ich bin ebenfalls davon überzeugt, dass sich die Diagnose Vorsters nicht bestätigen wird. In keinem Fall kann ich erkennen, dass eine Angststörung vorliegen könnte, die so bedeutend ist, dass dies juristisch Berücksichtigung finden kann.
Ich vermute auch, dass die Einbringung Vorsters ein letzter Versuch war, eine halbwegs stimmige Verteidigungsstrategie zu präsentieren. Da nach einer Version OPs die Angst Auslöser für das Abfeuern der Schüsse gewesen sein soll, wollte man „irgendwas“ mit Angst gerne noch von einem Experten vor Gericht bestätigt wissen. Eine GAD in ganz leichter Ausprägung lässt sich sicher notfalls für jeden begründen, wenn man dies als klares Ziel vorgibt und einen Fachmann nur lang genug nach möglichen Anhaltspunkten suchen lässt.
Da Vorster nur ein privates Parteigutachten präsentiert, das vom Beschuldigten selber (bzw. seiner Verteidigung) beauftragt wurde, kann sie sich bei ihren Darstellungen vor Gericht auf die Aspekte beschränken, die ihr bzw. ihrem Auftraggeber wichtig erscheinen. Auf OP möglicher Weise belastende Aspekte muss sie nicht eingehen – sofern sie im Kreuzverhör danach nicht explizit gefragt wird.
Wie bereits dargestellt bin ich zudem der Auffassung, dass gerade dann, wenn sich die Störung insbesondere in Form von Angst vor Kriminalität äußert, man nur von einer krankhaften Form sprechen kann, wenn diese Sorge ganz besonders übertrieben ist. Da sich eine solche Angst objektiv (gerade auch in SA) begründen lässt und weit verbreitet ist, müssen hier besonders hohe Anforderungen an den Ausprägungsgrad vorliegen, damit man überhaupt von einer krankhaften Störung sprechen kann.
Zumindest nach deutscher Rechtsprechung sind für die Beurteilung der Schuldfähigkeit in erster Linie der Ausprägungsgrad der Störung und ihr Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit entscheidend. Für die Beurteilung der Schwere der Störung ist maßgebend, ob es im Alltag außerhalb des angeklagten Delikts zu Einschränkungen des beruflichen und sozialen Handlungsvermögens gekommen ist. Erst wenn das Muster des Denkens, Fühlens oder Verhaltens, das gewöhnlich im frühen Erwachsenenalter in Erscheinung tritt, sich im Zeitverlauf als stabil erwiesen hat, können die psychiatrischen Voraussetzungen vorliegen, die rechtlich als Merkmal der „schweren anderen seelischen Abartigkeit“ angesehen werden. Bedeutsam ist somit insbesondere, ob es sich bei der vermeintlichen Störung nicht um Persönlichkeitsmerkmale handelt, die ohnehin innerhalb der Bandbreite menschlichen Verhaltens liegen. Schon Vorster hat ausgeführt, dass es im Alltag OPs nicht zu gravierenden Einschränkungen gekommen ist. Er war im Gegenteil auf höchstem Niveau sportlich erfolgreich, gut sozialisiert und führte ein normales Leben.
Gegen das Vorliegen einer rechtlich bedeutsamen Erkrankung können des weiteren zum Beispiel ein planmäßiges Vorgehen bei der Tat, ein komplexer Handlungsablauf in Etappen, die Möglichkeit anderen Verhaltens unter vergleichbaren Umständen oder das Hervorgehen des Delikts aus dissozialen Charakterzügen angesehen werden. Auch hier kann ich Gründe erkennen, warum bei OP keine rechtlich bedeutsame Störung vorliegt.
Selbst wenn man eine Störung feststellt, kann sich diese nur dann strafmindernd auswirken, wenn sie in ursächlichem Zusammenhang mit der Tat steht und sich bei der Tatbegehung auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit auswirkt. Dabei ist u.a. zu klären, ob die Steuerungsfähigkeit im Vergleich mit dem „Durchschnittsbürger“ in einem solchen Maß verringert war, dass die Rechtsordnung diesen Umstand berücksichtigen muss.
Zu dieser Frage hat Vorster überhaupt keine präzisen Angaben gemacht. Sie schloss aus, dass OP nicht in der Lage sei, das Unrecht seiner Tat zu erkennen und nach dieser Einsicht zu handeln. Demnach ist er grundsätzlich schuldfähig und kann bestenfalls in seiner Steuerungsfähigkeit eingeschränkt sein. Wie und in welchem Umfang sich das Störungsbild auf die Steuerungsfähigkeit bei der Begehung der Tat tatsächlich ausgewirkt hat, gibt sie nicht an und will die Bewertung dem Gericht überlassen. Das ist aber fachlich gar nicht in der Lage, eine solche Bewertung vorzunehmen. Normaler Weise hätten Aussagen dazu bereits Teil Vorsters Gutachten sein sollen, aber für diese Bewertung hat die großzügig bemessene Zeit von 2 Sitzungen an 2 Tagen wohl wirklich nicht mehr gereicht.
Wünsche allen ein schönes Wochenende!