RedRobin schrieb:Höchstwahrscheinlich hat alles zusammen eine Rolle gespielt...
Ich glaube, genau das ist der Knackpunkt.
Die Beziehung zu Maria (eine tolle Frau, zu der ihm sicherlich sowohl Familie als auch Bekannte beglückwünscht haben und fest eingebettet in die Wertstrukturen des eigenen Elternhauses) und die damit einhergehende berufliche Ausrichtung (beide haben sich ja als Krankenpfleger kennengelernt, Maria hätte gerne Medizin studiert und CF hat sich dann im Zuge der Beziehung für genau diesen Weg entschieden - ein Weg der ihm wahrscheinlich sowohl von Seiten seiner eigenen Familie - zwei der anderen Brüder sind ja ebenfalls Ärzte - als auch von Maria und deren Umfeld viel Achtung eingebracht hat) waren genau die Folie, die er brauchte, um sein gewünschtes Außenbild zu festigen und zu formen.
Während Marias Studium war er damit lange Zeit in einer komfortablen Position. Nach Außen lief alles glatt, im Inneren konnte er schalten und walten, wie er wollte (Missbrauch in der gemeinsamen Wohnung etc..). Nachdem Maria plötzlich nach ihrem erfolgreichen Studium zu nah dran war, war dieses Doppelleben nicht mehr möglich. Gleichzeitig brach auch das Kartenhaus vom erfolgreichen Medizinstudium zusammen. Er war in einem Konflikt, dem er sich nicht stellen wollte.
Die Obsession bezüglich der Patientin hatte meiner Ansicht nach mehrere Hintergründe. Zum einen war die sexuelle Interaktion mit einer wehrlosen Person schon lange ein signifikanter Bestandteil seiner Sexualität. Zum anderen konnte er sich bei einer (vermeintlich! Wie wir in beiden Prozessen gesehen haben, handelt es sich bei der Patientin um eine sehr starke Persönlichkeit!) schwachen Partnerin selbst wieder stark fühlen und nach Außen erneut eine Rolle einnehmen, die ihm Achtung und Zuspruch gesichert hätte.
In seinen Augen hat der Tod von Maria alle Konfliktpotentiale beseitigt und gleichzeitig genau den Hintergrund geboten, um sich der Patientin auf manipulative Art anzunähern. Bei einer einfachen Trennung hätte er zu viel Verantwortung auf sich nehmen müssen. Dazu war er nicht fähig. Schon in der Schule hat er ja ein Trugbild von sich aufgebaut ("Der Kindergärtner der Domspatzen"). Mit der Realität seiner eigenen Person konnte er nie leben.
Die polizeiliche Arbeit, die des Staatsanwaltes und auch des Richters waren in diesem Prozess beispielhaft. Was im Sinne unserer Rechtsprechung in diesem Fall leider zu wenig Beachtung finden kann ist, welch zusätzlichen Schaden CF mit seinem Schauspiel der Familie in den Jahren nach der Tat zugefügt hat. Es ist wahrlich schon schlimm genug, ein geliebtes Familienmitglied zu verlieren. Die Scharade des Täter aber noch so hautnah mitzuerleben, Mitgefühl und Sorge für ihn zu spüren, an seiner Seite zu stehen...potenziert das Leid ins Unermessliche. Ich hoffe sehr, dass es ihm emotional irgendwann möglich sein wird, dieses Leid nachzuempfinden.
Noch mehr hoffe ich natürlich von ganzem Herzen, dass die Familie und die Freunde von Maria heilen können.