emz schrieb:Wenn das kein Tötungsdelikt gewesen sein soll, also kein Mord, kein Totschlag und was es da noch so gibt, da bin ich gespannt, als was er das dem Gericht verkaufen will.
Ich hatte lange überlegt mich beruflich irgendeinem Feld der Forensik zuzuwenden, deswegen ist der "Konsum" von Kriminaldokus und entsprechender Fachliteratur lange "alltäglich" gewesen und auch nachdem ich beruflich andere Wege ging blieb das eine Art Hobby.
Deswegen muss ich tatsächlich sagen, dass ich schwer verwundert wäre, wenn der TV nicht versuchen würde sich da rauszuwürmen.
Ob so eine Geschichte auch nur ansatzweise glaubhaft ist, das scheint in der Welt solcher Leute nicht so wichtig zu sein.
Ich erinnere mich mal an einen Staatsanwalt, der beinahe schon beleidigt wirkte, weil er meinte:
"Wir rechnen natürlich damit, dass der TV sich während der U-Haft eine Geschichte zurecht legt, die ihn besser, weniger schuldig aussehen lässt, aber dieser TV saß nu fast 2 Jahre in U-Haft und diese bescheuerte, haarsträubende Geschichte wählt er? Die Zeit hat doch echt mal für was Besseres gereicht."
Ich weiß nicht mehr was das für ein Fall war, aber ich konnte den Staatsanwalt schon irgendwie verstehen.
Je nach Täter und auch je nach Tat darf man damit rechnen, dass dem Verdächtigem scheinbar gar nichts zu doof ist und damit leben, dass Staatsanwalt, Richter und Nebenkläger beim Kopfschütteln ein halbes Schleudertrauma kriegen, wenn sie sich das über Stunden anhören dürfen und es gern mal so absurd wird, dass auch die Verteidigung nimmer so glücklich aussieht.
In diesem konkreten Falle rechne ich tatsächlich damit, dass die Glaubwürdigkeit und Vereinbarkeit seiner Story mit der Realität bei dem TV eine sehr untergeordnete Rolle spielen wird.
Das ist nicht die Sorte Mensch, die sagt "Ok, ihr habt mich." und gesteht. Im Bestfall lässt er seinen Anwalt reden.
Aber ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass er alles versuchen wird.
Ich tippe tatsächlich darauf, dass er behaupten wird Maria sei durch ihren Job, ihr Amt in der kath. Landesjugend, die bevorstehende Hochzeit usw so gestresst gewesen, dass sie ihren klugen Verlobten, der ja doch fast schon Arzt gewesen sei ... gebeten habe, ob er ihr nicht etwas zur Entspannung geben könne.
Als treu sorgender Verlobter wollte er ihr natürlich gerne helfen und ihr auch einen Vermerk in der Krankenakte ersparen
(mir erscheint der TV wie die "Sorte" die sich nicht zu peinlich sind ihr Opfer zu beschuldigen und schlecht dastehen zu lassen wo es nur geht, denn die Katze ist nu ausm Sack, so tun als habe das nichts mit ihm zu tun kann er jetzt nicht mehr).
Er habe natürlich, fürsorglich und verantwortungsbewusst wie er so ist nach der letalen Dosis gegoogelt und Maria natürlich genau gesagt, dass sie auf keinen Fall mehr nehmen darf als er ihr geraten hat.
Aber sie hat einfach nicht auf ihn gehört.
Irgendwann musste er feststellen, dass sie, natürlich ganz ohne sein Zutun, eine tödliche Dosis genommen habe.
Er wollte es Maria und ihrer Familie aber natürlich ersparen, dass dieser Skandal "Vorsitzende der katholischen Landesjugend stirbt an Überdosis" ihren Ruf beschmutzt und habe seine geliebte Maria deswegen selbst "bestattet", den Brandkalk (die Quellen werden sich ja nie einig ob es Brand- oder Löschkalk war) habe er benutzt, weil er den Gedanken wilde Tiere könnten sie ausgraben nicht ertragen konnte.
JETZT wisse er ja, dass er das nicht hätte tun sollen, aber er hat doch nur aus Liebe ihre Leiche verschwinden lassen...
Wenn sein Anwalt ihm nicht mit der Idee kommt einfach auf all die fehlenden Beweise und Verbindungen hinzuweisen und er sich direkt oder über seinen Anwalt äußert, dann erwarte ich ganz genau etwas mit diesem Ton:
Er sei der arme, treusorgende Verlobte, der doch nur helfen wollte und Marias Ruf schützen.
Ob er damit rechnet, dass ihm das irgendwer glaubt... das einzuschätzen überlasse ich den Seelenklemptnern.
Mr.Stielz schrieb:Die Beziehung zu Maria Baumer wird dem Tatverdächtigen schlicht zu anstrengend geworden sein, das sehe ich auch so. .
Wochenendbeziehung war OK, das hat ihm viel gegeben, ohne ihm zuviel abzuverlangen.
Ich bin mir schon sei einer Weile verhältnismäßig sicher, dass die Vorstellung es habe sich um eine Liebesbeziehung gehandelt mir als unpassend erscheint.
Ich zweifle nicht daran, dass Maria ihn geliebt hat, heiraten und ein gemeinsames Leben aufbauen wollte.
Aber ich nehme nicht mehr an, dass das je das Ziel des TV gewesen ist.
Früher war es mal nicht ganz unüblich, dass Männer, die sich ihrer eigenen Homosexualität bewusst waren Ehen schlossen die eine möglichst gute Fassade abgaben.
Frauen aus Familien von gutem, gesellschaftlichem Stand, aber auch aus einem Teil der Gesellschaft in denen eine gewisse "Oberflächlichkeit" normal ist, niemand zu tiefgründige Fragen stellt und die meisten Leute froh sind, wenn man ihnen das Bild das sie "glauben" sollen einfach direkt vor die Nase stellt.
Ich vermute ganz ähnliche Absichten bei dem TV.
Diese "Vorlieben" sind doch nicht erst gestern bei ihm aufgetaucht.
Ich vermute, das es durchaus eine Zeit gegeben hat in der Maria der Hauptgewinn für ihn war.
Der Gedanke in eine angesehene, katholische Familie einzuheiraten...
Ein soziales Umfeld, das auf mich den Eindruck erweckt als würde viele dort selbst bei einem Verdacht lieber wo anders hin schauen, damit sie nicht mit der Brüchigkeit ihrer heilen Fassaden umgehen müssen (es lässt sich ja nicht leugnen, dass dieses Umfeld es ihm auch nach Marias Verschwinden noch unglaublich leicht gemacht hat ziemlich glimpflich aus seinen Aktionen herauszukommen).
Aber dann kommt der wichtige Punkt den
@Mr.Stielz einbringt:
Das böse Erwachen, dass Maria zwar aus dem perfektem Umfeld für so eine nette Fassade herkommt.
Aber sie war eben vermutlich kein braves, Heimchen am Herd, das still ins Kissen weint, wenn sie "Dinge" mitbekommt und dennoch dafür sorgt, dass das heile Bild erhalten bleibt.
Dazu erscheint sie mir viel zu integer.
Hätte sie Verdacht geschöpft ..oder (was bei ihrem Ruf und ihrer Stellung nicht unwahrscheinlich gewesen wäre) eines seiner Opfer hätte sich ihm anvertraut.
Sie hätte ihn nicht direkt bloßgestellt und rausgeworfen..
ABER, sie wäre der Sache auf den Grund gegangen.
Statt ihm die perfekte Fassade zu liefern, hätte sie es sein können, die ihn "enttarnt".
Das hatte er im Vorfeld vermutlich nicht so richtig durchdacht und nun da sie zusammenlebten und die Hochzeit näher rückte muss ihm deutlich geworden sein, dass die Frau, die er als "perfektes Alibi" gewählt hatte seinen Untergang hätte einläuten können.
emz schrieb:Ich kann dem Motiv mit der unerfüllten Liebe zu der ehemaligen Patienten nicht so recht folgen
Ich auch nicht.
Ich habe aber mal ein Paper gelesen, indem sehr hübsch erklärt wird, dass viele Staatsanwälte sich damit abgefunden haben, dass "das Volk", egal ob direkt betroffen oder nicht gern ein Motiv erklärt bekommen möchte.
Manchmal haben Täter aber einfach nur einen gehörigen Sockenschuss und es gibt kein Motiv und gleich gar keins, dass für normale Menschen nachvollziehbar erscheint.
In diesem Fall ist der TV meiner (laienhaften) Ansicht nach grade genau "grenzwertig bescheuert".
Also "bekloppt" genug um wirklich zu glauben, dass er da noch irgendwie alle davon überzeugen könnte, dass er doch der Gute ist und die Annahme er könne die Meinung anderer manipulieren auch nicht ablegen wird.
Aber genauso sicher bin ich mir, dass er in vollem Umfang schuldfähig ist.
Wenn er wirklich der Täter ist (das ist ja noch nicht im Rahmen eines Prozesses nachgewiesen), dann zweifle ich definitiv nicht daran, dass er zu jedem Zeitpunkt wusste, dass er keinen anderen Menschen töten darf und jede Handlung zur Verbringung und zur "Unauffindbarmachung" der Leiche ganz bewusst durchgeführt wurde mit dem Plan unbescholten davonzukommen.
Ich denke nicht, dass sich hier ein "nachvollziehbares Motiv" finden lässt, einfach weil ich in der Schüssel des TV eine Menge Sprünge sehe.
Aber ich sehe eben keinen davon als so "tief" an, dass ich daran zweifle, dass er zu jedem Zeipunkt ganz genau wusste was er tut und Recht und Unrecht hätte unterscheiden können, wenn er denn gewollt hätte.
Weiß jemand von Euch ob der Richter ein Gutachten, dass ihn als "nicht schuldfähig" ausweist ohne wenn und aber so hinnehmen muss oder ob er trotzdem urteilen dürfte, dass er mehr Anhaltspunkte dafür sieht, dass der TV sehr wohl wusste was er tut?
Handelt es sich um ein Gutachten, dass Verteidigung oder Staatsanwaltschaft gern haben möchten um irgendwas zu untermauern, oder hat der Richter es in Auftrag gegeben um sich ein möglichst objektives Bild vom Zustand des TV machen zu können?