Danke
@AngRa, dass du die Fragen von
@Catfight beantwortet hast. Ich will das aber zum Anlass nehmen, mal eine Zusammenfassung für User und alle, die es werden wollen, hereinzustellen. Um den Eintrag überschaubar zu halten, habe ich nur einen Bogen über die wichtigsten Fakten gespannt. Details sind zwar wichtig, würden den Rahmen dieses Postings aber sprengen und werden hier sowieso immer wieder diskutiert.
Sollte ich Fehler eingebaut oder wichtige Dinge vergessen haben, bitte korrigieren bzw. ergänzen.
Quellen: Die Neue, Tiroler Tageszeitung, Die Ganze Woche, Kurier, Echo, ORF, Georg_H und diverse Beiträge der Allmy-User.
Zur Vorgeschichte:Daniela Kammerer (DK) aus Pürbach/NÖ kam im Wintersemester 2004/2005 als 19-Jährige nach Innsbruck, um am MCI "Management und Recht" zu studieren. In Innsbruck bezog sie ein Zimmer im Internationalen Studentenhaus in der Rechengasse. DK war also zum Tatzeitpunkt im zweiten von insgesamt acht Semestern.
Zur Tatnacht:Am 22. Juni 2005 verließ DK mit ihrem Fahrrad das Studentenhaus in der Rechengasse und machte sich auf den Weg zu einer Party im Gebäude der Katholisch Österreichischen Hochschulverbindung "Alpinia" in der Zollerstraße, wo sie einige Freunde bzw. Studienkollegen traf. In der Zollerstraße wurde DK im Laufe des Abends in eine verbale Auseinandersetzung mit einer zweiten Person verwickelt, die aber laut Zeugenaussagen relativ harmlos war und bald wieder geschlichtet wurde. Am 23. Juni 2005, gegen zwei Uhr, verließ sie das Fest zusammen mit drei weiteren Personen: ihrem Studienkollegen TB aus Niederösterreich sowie einer weiteren männlichen und einer weiblichen Person. Man ging zu Fuß, die beiden Männer schoben jeweils das Fahrrad der beiden Frauen. Ziel war das Karl-Kunst-Heim in der Dreiheiligenstraße 9 (DHS9), in dem TB mit einem Zimmerkollegen ein Doppelzimmer bewohnte.
Über die nächsten ca. zweieinhalb Stunden ist öffentlich sehr wenig bekannt. Laut Aussage von TB befand er sich zuletzt mit ihr in seinem Studentenzimmer, wo über "verflossene Beziehungen" geredet wurde. Gegen 4.25 Uhr soll DK das Studentenheim in der DHS9 mit 2,4 Promille Blutalkohol verlassen haben. Laut erstem Zeit-Weg-Diagramm des LKA Tirol begab sich DK danach in die Bogenmeile.
Zeit-Weg-Diagramm des LKA Tirol (Zirka-Angaben):4.25 Uhr: Dreiheiligenstraße 9
4.30 Uhr: Kreuzung Ing.-Etzel-Str./Kapuzinergasse
4.30 Uhr: Höhe Cafe Plateau
4.45 Uhr: Eisgrotte Amraserstraße (gegenüber Hallenbad)
4.50 Uhr: DK wird bei den Telefonzellen am Leipzigerplatz mit zwei Messerstichen ins Herz und in den Rücken erstochen. Klingenlänge: ca. 16 cm. Die Tatwaffe wurde bis heute nicht gefunden.
5.04 Uhr: Ein Frühpensionist, der DK findet, setzt den Notruf ab.
Wichtig: Laut diesem ersten Zeit-Weg-Diagramm fuhr DK die Strecke bis zu den Telefonzellen mit dem Fahrrad (im Diagramm heißt es: "vermutliche Fahrtstrecke"). Die Rekonstruktion ergab, dass DK wahrscheinlich auf dem Weg zu einem Freund in Pradl war und bei den Telefonzellen telefonieren wollte, weil ihr Akku leer war.
Ein Augenzeuge sagte später aus, er habe gegen 4.45 Uhr in der Amraserstraße auf der Höhe des Hallenbades eine betrunken wirkende männliche Person mit schulterlangen blonden Haaren gesehen, die Richtung Telefonzellen ging.
Es gibt auch Ohrenzeugen, die sich allerdings widersprechen: Zu Beginn war die Rede von einem Streit bei den Telefonzellen zwischen einer Frau und einem Mann, der akzentfrei Deutsch oder Deutsch mit leichtem Akzent sprach. Zuletzt (2014) meldete sich eine Ohrenzeugin sogar öffentlich im Fernsehen, die überzeugt davon ist, der Mann habe nur gebrochen Deutsch gesprochen.
Im Zuge der Ermittlungen gerieten anfangs mehrere Verdächtige ins Visier des LKA Tirol. Öffentlich bekannt wurde davon nur ein Bosnier, der in U-Haft genommen, aber nach einer Gegenüberstellung wieder entlassen wurde (für weitere mögliche Verdächtige verweise ich auf die Liste von
@sunnudagur auf Seite 179). Warum dieser Bosnier überhaupt in den Fokus der Ermittler geriet, bleibt offen. In dem Zusammenhang gab es eine mysteriöse Begebenheit: Monate nach der Tat langte auf dem Handy von DK ein SMS aus Bosnien ein. Laut einem Zeitungsbericht soll der Inhalt in etwa "Daniela, bist du wirklich tot?" gelautet haben. Ein Ermittlerteam machte sich auf den Weg nach Bosnien, die Spur verlief aber im Sand. Wie alle anderen Spuren auch, weshalb der Fall zu den Akten gelegt wurde.
Wie sich später herausstellte, gab es zu Beginn einige Ermittlungsschwächen. So wurden wichtige Zeugen gar nicht oder nur telefonisch befragt, Alibis nicht überprüft.
2008 wurde der Fall im Zuge einer operativen Fallanalyse neu aufgerollt. Über neue Erkenntnisse dieser Bemühungen ist wenig bis gar nichts bekannt. Es dürfte aber sicher sein, dass erst während dieser Ermittlungen im Jahr 2008 der Zimmerkollege von TB (der letzte bekannte Kontakt von DK) befragt wurde, ob sich dieser zum Tatzeitpunkt im gemeinsamen Zimmer aufgehalten habe. Seine Antwort damals: Er könne sich nicht erinnern.
2008 wurde auch DKs Sarg geöffnet, weil sich darin tatrelevante Briefe ihres ehemaligen Freundes aus dem Bezirk Gmünd (NÖ) befunden haben sollen. Sie waren aber nicht mehr lesbar.
Bis 2013 tat sich wieder nichts. In diesem Jahr startete das Cold Case Management des BMI (Cold Case Team, CCT) neue Ermittlungen. Im Zuge dessen wurde auch der Zimmerkollege von TB neuerlich befragt. Dieses Mal sagte er aus, TB habe sich zum Tatzeitpunkt NICHT im Zimmer aufgehalten. TB sei nach der Tat sehr mitgenommen und erschüttert gewesen. Weiters wurden Hautschuppen unter dem Rock von DK gefunden, aus denen mit verfeinerten molekularbiologischen Methoden DNA isoliert werden konnte. Diese DNA wurde TB zugeordnet. Daraus schloss das CCT auf einen intimen Kontakt zwischen TB und DK. Es stellte sich auch heraus, dass es Zeugenaussagen gibt, wonach DK zu Fuß zu den Telefonzellen ging und ihr eine männliche Person auf einem Fahrrad folgte. Die DNA von TB wurde auch auf DKs Fahrrad gefunden.
Das fehlende Alibi, die Hautschuppen und die (neue) Erkenntnis bzgl. des Fahrrads nahm das CCT zum Anlass, U-Haft gegen TB zu beantragen, die auch verhängt wurde. TB wurde schließlich zu Weihnachten 2013, von Australien kommend, am Flughafen Wien festgenommen.
Die Tathypothese des CCT:TB habe sich DK gegen ihren Willen sexuell genähert. DK sei aus der Studentenwohnung geflüchtet, TB sei ihr auf ihrem Rad mit einem Messer gefolgt und habe sie bei den Telefonzellen erstochen. Laut Haftrichter soll er sich danach am Sillufer gereinigt und versteckt haben und danach wieder in seine Wohnung zurückgekehrt sein.Der Rechtsanwalt von TB deckte allerdings Ungereimtheiten auf, vor allem bzgl. der Hautschuppen. Die Interpretation der Ermittler und des Haftrichters, die Hautschuppen würden einen intimen Kontakt belegen, ist nachweislich falsch. Die Spuren können genauso durch Sekundärübertragung an die Rock-Innenseite gelangt sein. Also etwa über die Couch oder einen WC-Sitz. Auch TBs DNA auf dem Fahrrad lässt sich auch völlig unverdächtig erklären: Er hat das Rad ja Stunden vor der Tat geschoben.
Die dürftigen Indizien konnten schließlich eine U-Haft nicht mehr rechtfertigen, TB wurde nach sechs Wochen entlassen. Der Rechtsanwalt der Familie Kammerer reichte einen Fortführungsantrag ein, der von der StAw abgelehnt wurde. Ein Richtersenat muss noch die Letztentscheidung treffen.
Der letzte Stand:Es wurden Hautschuppen um die Einstichstellen gefunden. Daraus soll DNA isoliert werden. Es handelt sich dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit um tatrelevante Spuren.
Offene Fragen/Widersprüche:Die Ohrenzeugin, die einen Streit hörte, in dem der männliche Part "gebrochen Deutsch" sprach, wird vom CCT als unglaubwürdig bezeichnet. Warum?
Zu Beginn hieß es, DK sei mit ihrem Fahrrad zum Tatort gefahren. Heute heißt es, sie sei zu Fuß gegangen. Wie kommt es zu dieser Diskrepanz?
Wie kommt der Haftrichter auf die Theorie, der Täter habe sich am Sillufer versteckt? Gab es einen Hundeeinsatz?
Im Forum hat sich jemand gemeldet, der versichert, DK habe noch ihre Freundin nach Hause begleitet. Diese Information taucht aber öffentlich nirgends auf. Warum?
Der Zimmerkollege des letzten bekannten Kontakts des späteren Mordopfers wurde erst drei Jahre nach der Tat telefonisch zum Alibi befragt. Warum?
Der Bosnier war früh im Fokus der Ermittler, wurde aber erst Monate später einer Gegenüberstellung zugeführt. Warum?