@LivingElvis Vielen Dank für deine Antwort. Wegen eines Computerproblems melde ich mich erst heute zurück, um deine Fragen zu beantworten:
LivingElvis schrieb:Aha....hast Du jemals schlecht Zeugnis wider Deinen Nächsten abgelegt? Wenn ja, wie kannst Du damit leben, wenn es gegen Dein Wertesystem verstößt.
Warum sollte das beim morden anders sein? Weil die Tat an sich moralisch schlimmer bewertet wird?
Zunächst einmal stelle ich mich moralisch nicht über den Täter, auch wenn ich noch niemanden umgebracht habe. Denn dieser Täter ist ein Sünder vor Gott und ich bin es auch, weil ich gegen Gottes Gebote schon oft verstoßen habe. Ich habe nun durch meinen Glauben die Möglichkeit, meine Sünden abzuladen. Allerdings mit der Auflage, mich bessern zu sollen.
Das ist meine Antwort, wie ich damit leben kann.
Bei Mord kann man leider den toten Menschen nicht mehr lebendig machen. Aber für den Täter gibt es grundsätzlich drei Wege. 1. Verdrängen; 2. Sich selbst bedauern, dass man bei der Tat Fehler machte und sich erwischen ließ; 3. Sich in einen langen Selbsterkenntnisprozess hineinbegeben, warum man gewalttäig ein Problem gelöst hat und nicht anders, woraus sich dann evtl. Zukunftsperspektiven ergeben können.
Wenn oben mal von jemand anderem geschrieben wurde, dass er keinen Gedanken mehr an den Täter verschwendet, so ergeht es mir hier anders. Ich möchte wissen, wie jemand, der in guter Umwelt, sozialer Kontrolle und Überschaubarkeit, normaler Dorfgemeinschaft, funktionierendes Erziehungs- und Schulwesen, Freundeskreis, Beziehungen, Medienkompetenz, Kommunikationsfähigkeit, herrlichste Natur und Idylle, funktionierendes Vereinsleben und Sportmöglichkeiten usw. aufwuchs, wo der Pschychiater von auffälliger Unauffälligkeit sprach, wie kann da so ein - ich will es mal Persönlichkeitszwang nennen - wie kann sich so ein Zwangsverhalten bilden, wie kann man sich da so sehr weigern, die Offensichtlichkeit des vermutlichen Tatmotives zuzugeben (man hat ja Diebesgut bei ihm gefunden) und muss da stattdessen nun noch das Opfer als eine sexuelle Gefährdung Jugendlicher hinstellen. Von dem unglaublichen Tat-Nachverhalten ganz zu schweigen.
Hast du da eine Erklärung?
Akzeptiert: der Täter ist kein Psychopath. An Hare's Theorie gefällt mir eh nicht, dass er von "angeboren" spricht. Da bin ich eher skeptisch.
Ich sprach von Außensteuerung und dachte dabei an Davis Riesman's klassisches Soziologiewerk: "Die einsame Masse", in welchem er die Charkterbildung in verschiedenen Epochen beschreibt und dabei drei Idealtypen eingeführt hat, nämlich den traditionsgeleiteten, den innengeleiteten und den außengelenkten Charaktertypen. Selbstverständlich gibt es in der Realität Mischformen.
Und bei diesem Täter hier scheint mir nach seinem eigenem Fehlverhalten nun die Aufrechterhaltung seiner Stellung in der peer group, in Familie und Dorf, eben die Wahrung seines Sozialprestiges das höherwertige Gut gewesen zu sein, demzuliebe er jemandem anderen das Leben nahm, weil er wahrscheinlich keinen anderen Ausweg sah. Aber warum sah er keinen Ausweg (vorausgesetzt, meine Annahmen und Vermutungen treffen zu!)
Es geht mir nicht um Neugiere oder Sensationsgier oder was auch immer. Ich kann es einfach nicht verstehen, wie man sich an seiner Stelle und Lage (vorbehaltlich des Zutreffens der Annahmen) so verhalten kann, und suche eine plausible Erklärung dafür.