Der "Vermisstenfall" Maike Thiel
06.06.2024 um 22:01Origines schrieb:Hut ab vor den Rechtsanwälten, die erfolgreich ein Wiederaufnahmeverfahren durchzusetzen (das ist einfach bei der geltenden Rechtslage sauschwer) und auch vor den Gerichten, die entsprechenden Anträgen stattgeben. Denn sie treten ihren Kollegen des Prozessgerichts gegen das Schienbein. Noch mutiger: Das ursprüngliche Urteil auseinander zu nehmen und dem Gericht schwere Rechts- und Sachfehler vorzuwerfen. Das LG München hat das im Fall Gendetkzi getan, obwohl es zu Anfang den Wiederaufnahmeantrag abgelehnt hat. Die Justiz macht einfach Fehler und es ist anzuerkennen, dass sie (leider viel zu selten) dazu steht. Und ohne entsprechend engagiert Anwälte würde sich nichts tun, weil die "objektivste Behörde der Welt", die StA, nie Fehler erkennen möchte.Meiner Meinung nach siehst Du es einzig und allein so, dass es bei einer Wiederaufnahme darum geht, dem verurteilenden Gericht eine Fehler nachzuweisen. Strate sieht das ja auch so, jedenfalls schwadroniert er das in der Doku.
Gerade § 359 (5) StPO nennt ja aber als Voraussetzung für die Wiederaufnahme, dass neue Tatsachen beigebracht werden, die eben dem urteilenden Gericht nicht vorgelegen haben. Da geht es also gerade nicht darum, dem urteilenden Gericht einen Fehler nachzuweisen, sondern darzulegen, dass sich der Fall und das Tatgeschehen nach Kenntnis der neuen Tatsache anders darstellen, als sie es zum Zeitpunkt der Urteilsprechung getan haben.
Und auch in den anderen Absätzen von §359 ist die Voraussetzung für eine Wiederaufnahme nicht, nachzuweisen, dass das urteilende Gericht einen Fehler gemacht hat.
Die Anwälte, die ihr Versuche der Wiederaufnahme gerne medienwirksam darstellen, tun halt immer so, als ginge es um hahnebüchende Fehlurteile und die Justiz würde sich dagegen sperren, dieses Fehlurteile auszubügeln. Aber die Wiederaufnahme ist ja eben nicht dazu gedacht, etwas zu korrigieren, was schon damals durch Fehler des entscheidenden Gerichts ein Fehlurteil war, sondern dazu, Urteile, die erst nachträglich als falsch erkannt werden konnten, zu korrigieren.
Bandini schrieb:Da dürfte man den Mund doch eher aufmachen wollen als fest zu schließen. Zumal das ja auch zwei verschiedene Personen waren und ich kann mir vorstellen, dass man da differenziert, denn der Angriff von hinten ist der gefährlichste: wenn ich die Chance hätte, dem konkreten Angreifenden, sagen wir mal, zwischen die Beine zu treten, damit er sofort aufhört oder zumindest den Angriff kurzzeitig unterbricht, kann ich das nachvollziehen. Aber der eine bringt mich um und ich wende meine geringe Energie dafür auf, einen anderen zu beißen? Finde ich schwerer nachvollziehbar. Auch wenn der Hass meinem gewünschten Partner gegenüber sicher in dem Moment explodiert.Es war ja so, dass Maike auf dem Beifahrersitz saß, Michael S. auf dem Fahrersitz und Manfred S., der auf dem Rücksitz saß, sie dann von hinten erdrosseln wollte. Er hat also nach hinten gezogen, Maike dadurch gedrosselt, aber eben auch am Sitz fixiert, wodurch er für die nicht in Reichweite war, um sich gegen ihn zu wehren.
Als das Erdrosseln nicht gleich funktionierte soll Michael S. ihr dann seinen Unterarm auf dem Mund gedrückt haben, weil sie um ihr Leben bettelte und um ihr die Luftzufuhr abzudrücken. Wenn sie also schrie/bettele und er ihr dann den Arm auf den Mund drückte, finde ich es schon naheliegend, in den Arm zu beißen, um sich zu wehren. Er ist ja sozusagen in unmittelbarer Reichweite der Zähne.
Bundesferkel schrieb:Wo sagte er das konkret?Folge 1, ab ca. Minute 15: Vorstellung Strate, erst geht es um seine "prominenten Mandanten" (Was schon Quatsch ist, weil weder Vera Brühne, noch Monika Weimar noch Gustl Mollath "prominent" sind. Die Fälle sind recht bekannt und haben großes Echo in den Medien bekommen, was aber eben an den aufwendigen Prozessen und dem langen, und teils erfolgreichen Bemühen um Wiederaufnahme liegt, wozu bei Strate eben auch gehört, den Fall in die Medien zu schleppen.) Und dann sagt die Stimme aus dem Off, dass Strate "bei solchen Verfahren in der Regel pro bono" arbeitet.
Dafür hätte ich gerne mal einen Beleg.
abgelenkt schrieb:Allerdings unwahrscheinlich, dass durch das Nicht-Vorhandensein einer Narbe eine "Lüge" nachgewiesen wäre - eher allenfalls ein Anzeichen für ungenaue Erinnerung oder Beschreibung.Genauso sehe ich das auch. Eine Lüge kann damit ganz sicher nicht nachgewiesen werden, denn es kann ja auch sein, dass sich die beiden Zeuginnen einfach geirrt haben. Das jemand als Zeuge etwas sagt, was nicht den Tatsachen entspricht, bedeutet nicht automatisch, dass er lügt.
Und außerdem kann sich jemand in einem Detail seine Aussage irren, in anderen Aspekten aber zuverlässige Auskünfte geben. Genau das gleiche gilt für eine Lüge: weil jemand in Punkt A lügt, bedeutet das nicht automatisch, dass man ihm auch in Punkt B, C und D nicht glauben kann.