Der Fall Nelli Graf
30.07.2012 um 17:00Anzeige
Donnerstag, 12. Juli 2012- 01:52 Uhr
Von Stefan Küppers
Halle (WB). Heute startet die zweite Runde des Massengentests im Mordfall Nelli Graf. Der Leiter der Mordkommission, Ralf Östermann, hofft auf eine weiterhin hohe Teilnahmebereitschaft der Haller. Neun Monate nach dem Mord blickt der Chefermittler noch einmal auf die wichtigsten Zeugenaussagen und hofft auf neue Hinweise von Bürgern.
Am 14. Oktober 2011 um die Mittagszeit ist die 46-jährige Nelli Graf unter rätselhaften Umständen verschwunden und wird mit mehreren Messerstichen ermordet. Ein dreiviertel Jahr danach sind von heute an bis zu kommenden Samstag im Berufskolleg 2000 Haller aufgerufen, bei einem freiwilligen Gentest eine Speichelprobe abzugeben, die mit dem genetischen Fingerabdruck verglichen werden kann, den die Ermittler an dem Leichnam von Nelli Graf isolieren konnten.
Weil die Kripo davon ausgeht, dass der Mörder aus dem Wohnumfeld von Nelli Graf stammt ist für den zweiten Durchgang des Massengentests der Radius um das Wohnhaus der Familie Graf am Ahornweg von zunächst 750 auf 1500 Meter erweitert worden.
Die Kripo hofft auch trotz der wachsenden zeitlichen Entfernung zur Tat weiterhin auf neue Hinweise. Östermann bewertet im WB-Gespräch die bislang wichtigsten Zeugenaussagen in diesem Fall.
Pärchen im Wald
Während des ersten Massengentests berichtete ein Zeuge, dass er um die Mittagszeit gegen 13.30 Uhr am 14. Oktober ein älteres Pärchen im Waldstück an der Hachhowe habe spazieren sehen. Die Frau soll 55 Jahre alt, 1,75 Meter groß sein und dunkelblonde Haare haben. Auffällig an der Frau war eine rote Wind- beziehungsweise Regenjacke. Der Mann soll etwa 60 Jahre alt sein, zwischen 1,80 und 1,85 Meter groß sein. Er trug einen Schnäuzer und eine auffallend große Brille. Östermann: »Das Pärchen dürfte es geben, denn den Zeugen halten wir für glaubwürdig. Wir würden von dem Paar gerne wissen, ob ihm ungewöhnliche Dinge an diesem Tag in der Hachhowe aufgefallen sind.«
Bedrohung von Nelli Graf
Im Rahmen der ZDF-Sendung »Aktenzeichen X « im April sprach ein Zeuge davon, dass Nelli Graf möglicherweise etwa drei Monate vor ihrem Verschwinden von einer unbekannten Person bedroht worden sein soll. Östermann bewertet diese Aussage sehr zurückhaltend: »Es ist sehr ungewiss, ob die bedrohte Frau überhaupt Nelli Graf war, und der zeitliche Zusammenhang ist sehr vage.«
Zeugin am Pestalozziweg
Erst zu einem relativ späten Zeitpunkt im Mai hat sich eine Zeugin gemeldet, die Nelli Graf am Tag ihres Verschwindens um die Mittagszeit auf ihrem Fahrrad gesehen haben will, wie sie vom Künsebecker Weg nach links in die Pestalozzistraße in Richtung Hachhowe abbog. Sie hätte demnach Nelli Graf als letzte lebend gesehen. Östermann: »Wir halten diese Zeugin für sehr glaubwürdig, weil sie Nelli Graf persönlich kannte und sich an die von ihr getragene Sportjacke mit Aufdruck vom SC Halle erinnern konnte. Auch ihre Einschätzung der Tageszeit erscheint aufgrund anderer Fakten sicher.«
Fahrrad im Auto
Mit viel Zurückhaltung und Vorsicht bewertet Östermann eine frühe Zeugenaussage aus dem Herbst 2011, als eine Frau zwei Fahrzeuge im Bereich Hachhowe, also in der Nähe des Fahrradfundortes von Nelli Graf, gesehen haben will. Ein Fahrzeug mit Gütersloher Kennzeichen, dem ein Auto mit Paderborner Kennzeichen folgte, soll im Kofferraum ein Fahrrad transportiert haben. Östermann: »Bei dieser Zeugenaussage muss man Einschränkungen machen. Es ist nicht sicher, ob die Frau die Beobachtung wirklich am 14. Oktober gemacht hat. Außerdem kann sie sich außer den fragmentarischen Kennzeichen nicht an die Fahrzeugtypen oder die Farbe erinnern.«
Zeugen in Apotheke
In der Apotheke am Haller Bahnhof löste Nelli Graf am 14. Oktober um kurz nach 11 Uhr ein Rezept ein, bevor sie wieder nach Hause fuhr. Hier trug sie noch einen Mantel, bevor sie sich daheim die SC-Halle-Sportjacke überzog. Östermann: »Vielleicht hat auf ihrem Nachhauseweg noch jemand Beobachtungen gemacht.«
Leiche am Kölkenweg
Am 9. Februar wurde der Leichnam von Nelli Graf am Rand eines Waldstückes am Kölkenweg in Bokel/Kölkebeck gefunden. Da das angrenzende Maisfeld, das Sichtschutz bot, am Samstag, 15. Oktober, abgeerntet wurde, geht Östermann davon aus, dass die Leiche dort am 14. Oktober beziehungsweise in der folgenden Nacht dort vergraben wurde. »Bei Befragungen auf den umliegenden Höfen und Häusern hat sich nichts ergeben. Aber vielleicht hat ja doch jemand verdächtige Beobachtungen gemacht, zum Beispiel Fahrzeuge im Wald.« Östermann glaubt nicht, dass die Tat hier verübt wurde: »Nach meiner Erfahrung ist der Ablageort nicht der Tatort.«
Unabhängig davon erklärt der Kriminalhauptkommissar noch einmal, wieso die jüngste Zeugin, die Nelli Graf am 14. Oktober um kurz nach 12 Uhr auf dem Fahrrad in Richtung Pestalozzistraße gesehen haben will, als überaus glaubwürdig eingestuft wird: „Die Zeugin hat jeden Freitag denselben Tagesablauf und kann sich aus diesem Grund genau erinnern, dass Nelli Graf den Künsebecker Weg mit dem Rad in Richtung Alleestraße fuhr, um dann aber vorher nach links in die Pestalozzi-straße abzubiegen.” Offensichtlich kam sie also von zu Hause und nicht etwa aus der Stadt oder vom Einkaufen.
Ich biete hier mal eine einfache - spekulative - Erklärung an.Comtesse schrieb:Und warum fährt man mittags los, wo das Fleisch fürs Mittagessen in der Spüle wartet, ohne Geld, Schlüssel etc.? Das will mir einfach nicht in den Sinn: Wo wollte sie hin???
dann mußt du ja wissen wie die auffindesituation war ?Uhlenspiegel schrieb:Jo , hat sie geschrieben , stimmt aber so nicht !
Die Opferbekleidung und der aufgefundene Schmuck stammen von Frau Graf, die Statur des Leichnams entspricht der der Vermissten.
Hinweise für ein Sexualdelikt gebe es nach wie vor nicht, sagte er.