ich fand es schon damals - beim Verschwinden der jungen Frau - etwas irreführend wie vehement bestimmte Persönlichtkeitsmerkmale überbetont wurden.
Es gibt aber auch Menschen, die genau so durchweg positiv, ausgeglichen und überall beliebt sind.
Bei so einem Verschwinden machen sich natürlich alle, die die Person kannten Gedanken darüber, ob es einen Suizid hätte geben können, oder ob jemand auf sie hätte wütend sein oder sich von ihr hätte zurückgewiesen fühlen können.
Nicht sofort, aber ganz sicher in den folgenden Wochen und Monaten.
Es ist aber sehr schwer, aus dem, was einem dazu dann einfällt, den Grund für das Verschwinden zu ziehen:
Ich kannte eine Person, die sich in den Monaten vor ihrem Suizid mit allen möglichen Leuten, auch bis dahin guten Freunden und der geliebten Schwester, sehr heftig gestritten hatte. Auch beim Job gab es laut ihren Aussagen einige, die sie regelrecht hassten und verfolgten, weshalb sie gekündigt hatte.
Dabei wirkte sie sehr energiegeladen und kämpferisch, voller Pläne für die Zukunft, und niemand hätte für möglich gehalten, dass sie je ihre Tochter im Stich lässt.
Wäre sie nicht aufgefunden worden und der Suizid eindeutig gewesen, hätte man sich vermutlich immer Gedanken gemacht, ob nicht jemand sie getötet hat. Im Affekt oder auch geplant, und durchaus auch möglicherweise von ihr selbst provoziert.
Erst im Nachhinein und aufgrund des Abschiedsbriefes war das Verhalten als schwere Depression und Vorbereitung auf den Suizid eindeutig zu erkennen.
Eine andere Person war tragisch verunglückt und es fand sich kein einziger Mensch, dem je etwas negatives oder auch nur kritisches zu der Persönlichkeit eingefallen wäre.
Selbst untereinander verfeindete Personen hatten jahrelang diesen Menschen zum gemeinsamen Freund. Die Nachrufe und Charakterisierungen haben exakt so gelautet, wie die auf Tanja. Einen Suizid hätten alle, die sie kannten, kategorisch ausgeschlossen.
Man munkelte kurz über ein Verbrechen, schloss das dann aber auch gleich einmütig und ebenso kategorisch aus. Dieser Mensch hatte einfach keine Feinde.
Aber nur der absolut einwandfreie Leumund desjenigen, der beim Unfall anwesend war, verhinderte Verdächtigungen eines Todschlags nach Vergewaltigung oder dem Versuch,obwohl der Unfall gerade bei der sportlichen, vernünftigen Person geradezu unmöglich erschien.
Es ist eben nicht ganz so einfach, Kriminalfälle zu lösen, ohne die exakten Umstände zu kennen.
Egi schrieb:Denkt mal an German Wings. Konnte sich auch niemand vorstellen. Sonst hätte man den Copiloten wohl kaum weiter fliegen lassen.
Ja, aber nach seinem Tod wurde bekannt, bei wie vielen Ärzten er war, welche Diagnosen er hatte, welche Medikamente er einnahm, was er im Internet recherchiert hatte ....
Und auch in den anderen Fällen von Suizid lassen sich im Nachhinein oft Motive und Vorzeichen rekonstruieren.