@siheila Ich bin noch dabei, mich in dien Darlie R. Fall einzulesen, daher halte ich mich noch zurück mit Bewertungen.
Deinen Worten hinsichtlich der Blutdruck-Thematik kann ich nur zustimmen.
Den Fall Riechmann kenne ich recht gut und ich denke da auch, dass der Ablauf anders gewesen ist, als wie von Riechmann dargestellt. Und das bringt uns tatsächlich zu einer extrem wichtigen Frage: wie geht man mit Falschaussagen etc. um?
Ich erlebe es immer wieder, fast in jedem Fall, den ich übernehme: die Tatverdächtigen versuchen sich erst einmal "herauszureden." Trotz tausender Krimisendungen und millionenfacher Krimilektüre will anscheinend kein Mensch begreifen, dass die
Miranda Rechte wirklich dazu da sind, einen Tatverdächtigen davor zu bewahren, sich um Kopf und Kragen zu reden:
Sie haben das Recht zu schweigen. Sie haben das Recht einen Rechtsanwalt zu konsultieren bevor Sie Fragen beantworten und bei der Vernehmung einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Alles was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden. ...
99% der Tatverdächtigen, ob schuldig oder unschuldig, glauben sie müssten beim ersten Zusammentreffen mit der Polizei sich herausreden. Und in 99% der Fälle machen sie alles nur schlimmer.
Die Polizei, besonders Kriminalbeamte, sind darin geschult, Verdächtige zu befragen und haben meist jahrelange Erfahrung. Der typische Tatverdächtige kommt plötzlich in die Situation und hat keinerlei Erfahrung (in der Tat sind diejenigen, die den Mund halten meist diejenigen, die bereits mehrfach vorbestraft sind und ihre Lektion gelernt haben).
Der Tatverdächtige meint aber, entgegen aller Wahrscheinlichkeit, dass 1. der Polizeibeamte ihm schon glauben wird, und 2. wenn er die "Wahrheit" ein wenig anreichert, das niemand bemerken wird.
Und das Schlimme ist, selbst und gerade diejenigen, die unschuldig sind, meinen oft 1. da sie unschuldig sind, müssten sie das der Polizei ja dadurch beweisen, dass sie reden und 2. sie müssten das aber noch intensiver darstellen, als es wahrheitsgemäss getan werden kann.
So, dann stehen sie also vielleicht die erste Befragung durch und gehen nach Hause und denken: Glück gehabt, der Polizist hat mir geglaubt.
Weit gefehlt. Der Polizist schreibt erst einmal nur auf, was der TV gesagt hat. Und dann beginnt der Polizist, die Aussage mit anderen Erkenntnissen zu vergleichen. Und dann kommt der Polizist zur zweiten Befragung. Und wieder redet der TV, diesmal aber weicht er schon in ein paar Details von der 1. Antwort ab.
Der Polizist registriert auch das, und seine Alarmglocken beginnen zu klingeln: In Folge untersucht er diesen TV noch genauer.
Die dritte Befragung findet statt. Und diesmal hat reitet sich der TV endgültig rein, denn er bleibt bei dem, was er vorher gesagt hat, da er nicht weiss, dass die Polizei längst festgestellt hat, dass einige Punkte so nicht gewesen sein können.
Und nun kommt es zur Festnahme. Dringender Tatverdacht.
Jetzt ist der TV perplex. Ihm schwant nun, dass es vielleicht doch nicht so sinnvoll war, die Wahrheit ein wenig anzureichern um nicht nur gut, sondern bestens auszusehen. Aber was nun? Wenn er jetzt zugibt, gelogen zu haben, dann glaubt ihm doch niemand mehr.
Tatsächlich: er hat sich in eine sehr schlechte Position hineinmanövriert. Gibt er zu, die Unwahrheit gesagt zu haben, beschädigt er seine Glaubwürdigkeit. Aber bleibt er beharrlich dabei, die Unwahrheit zu sagen, verliert er sie komplett.
Wenn ihn jetzt nicht ein Anwalt vor sich selbst rettet, wird der TV Kopf und Kragen verlieren.
Meine Erfahrung sagt mir, und das sage ich meinen Mandanten in so einem Fall immer: Polizei und Staatsanwaltschaft zu belügen ist das Schlimmste, was man in so einem Fall machen kann. Es ist weitaus besser, zuzugeben, dass man nicht die Wahrheit gesagt hat, und versuchen das zu erklären, als aus Angst vor den Konsequenzen nun dabei zu bleiben zu lügen und seine Situation noch zu verschlimmern.
Eine Jury handelt oft nach recht einfachen Denkmustern: wer einmal lügt, dem glauben wir nicht gerne. Aber wer zweimal lügt, dem glauben wir garantiert nicht mehr.
Könnte Darlie sich hier selbst in eine Ecke manövriert haben, aus der sie nicht mehr herauskam? Ich weiss es nicht. Aber ich habe das Gefühl, bisher, dass es zu viele Lücken in ihrer Darstellung der Tatnacht gibt. Ganz besonders habe ich Fragen und Zweifel hinsichtlich der Rolle des Ehemanns. Aber dazu werde ich erst mehr sagen können, wenn ich alle Protokolle des Prozesses durchgelesen habe.