Zur heutigen Freilassung der Leslie van Houten ,"Manson Family"nach 53 Jahren Knast noch mal ein paar Gedanken zur Verbindung Zodiac/ Manson:
Ich bin der Überzeugung, daß der Zodiac-Killer rein ideologisch gar nichts mit der Manson-Family am Hut hatte, geschweige denn, daß Bruce Davies der Bay Area -Killer ist, im Gegenteil, wahrscheinlicher ist, daß Letzterer die damalige Gegenkultur ablehnte.
Und doch ist es mMn ziemlich offensichtlich, daß die Morde der Manson-Family in der ersten August-Hälfte 1969 das Verhalten des Zodiac entscheidend mitbeeinflußt haben.
Jede der Zodiac-Taten ist einzeln für sich betrachtet einfach nur feige ausgeführt: einer Sechzehnjährigen fünfmal in den Rücken geschossen, zwei Teens im Auto mit der Taschenlampe vor den Schüssen geblendet, auf Gefesselte eingestochen und einem Taxifahrer überraschend in den Hinterkopf geschossen.
Ich setze noch einen drauf und sage, daß die Serie nicht nur endete, weil der Killer nach der Nacht von Presidio Heights zu feige für eine Fortsetzung war, nachdem ihm ein Zufall wie ein Sechser im Lotto den Allerwertesten gerettet hat. Sie endete auch, weil ihm Ereignisse, auf die er keinen Einfluß hatte, den Spaß verdarben und zwar immer genau dann, wenn er sich selbst auf der Welle sah.
Man sollte die Zodiac-Taten mal in einen sowohl lokalen (Bay Area) wie auch gesamt-amerikanischen Zusammenhang setzen und diesbezüglich eine grobe Time-Line erstellen, ich möchte aber zuvor noch folgendes anmerken:
Die Angriffe auf Jensen/Faraday und Ferrin/Mageau werden von allen praktisch als identisch gewertet - sind sie aber nicht!
Der Täter hat das Paar in der LHR aus dem Wagen aussteigen lassen!
Ich bin überzeugt, daß er primär nicht in Tötungsabsicht an den Wagen ran getreten ist. Faraday schien allerdings ein Fighter zu sein. Der hatte sich noch am Abend seiner Ermordung, als er schon in Gesellschaft von Jensen war, geprügelt .
Spoilerhttps://www.allmystery.de/themen/km65378-44#id30518959Ich vermute, daß die Schüsse erst fielen, als Faraday eine Gelegenheit sah, dem alten Sack mit dem Schmerbauch die Waffe entwenden zu können.
Nachdem er die beiden nun, zunächst ungeplant, getötet hatte, merkt er später , daß ihn dieser Doppelmord einen Kick gegeben hat. Darlene und Mike dagegen läßt er am BRS gar nicht erst aussteigen, sondern schießt sofort, nachdem er sie zuvor geblendet hat.
Er hat aus seiner ersten Attacke gelernt, als ihm (Hypothese) der Junge Widerstand leistete und das Mädchen fast in der Dunkelheit entkommen wäre! Hätte Betty Lou noch ein paar Meter geschafft, wäre sie ihm wahrscheinlich in der abgelegen Finsternis der LHR entkommen. Deswegen bringt er für den zweiten Angriff am BRS direkt mal eine Taschenlampe mit.
Dieses unterschiedliche Verhalten an beiden Tatorten ist für mich ein Indiz, daß der Doppelmord an der LHR sein Erstlingswerk war! Kein Ray Davies in Oceanside, keine Domingos/Edwards in Lompoc und erst Recht keine Cheri Bates in Riverside. Beim zweiten Angriff geht er jedenfalls ökonomischer vor - aber da wollte er im Gegensatz zum ersten mal auch gezielt töten.
Aber jetzt zur Timeline und den zeitgeschichtlichen Umständen, die m.E. die Zodiac-Taten beeinflußt - oder anders gesagt, ihm in schöner Regelmäßigkeit dazwischengefunkt haben:
Kurz vor Weihnachten 1968 geschieht der Überfall an der LHR, zwei Teens sterben.
Dann passiert knapp sieben Monate gar nichts. Der Täter hat Angst, daß es jederzeit bei ihm an der Tür klopfen könnte und man ihn abholt, vielleicht braucht er aber auch eine gewisse Zeit, um das zu verarbeiten, was die Tat unerwarteter Weise mit ihm selbst gemacht hat:
nämlich ziemlich angeturnt ! (
(" Ich jage Menschen. Das ist besser, als wenn einem bei einem Mädchen einer abgeht" Erster Brief) Jedenfalls beschließt er, sich diesen Kick noch mal zu geben und sinniert, daß es ihn als besonders hartgesotten erscheinen lassen könnte, wenn er sich anschließend telefonisch mit der Polizei in Verbindung setzt und direkt auf den Zusammenhang der Morde hinweist. Schließlich ermittelte das Solano Sheriff Departement sofort im LHR-Fall , wenn auch erfolglos, in Richtung Beziehungstat, da sowohl Betty Lou wie auch David Ansatzpunkte dafür boten.
Vielleicht waren sowohl Polizei , wie auch lokale Presse und die Einwohner Vallejos (und Benicias) tatsächlich zunächst mal beeindruckt, daß sich ein selbsternannter Serienkiller in der Nacht zum 05.07.telefonisch outete .
Wenn auch nur höchstens für elf Tage !Dann startet Apollo 11 und ein kurze Zeit später haben die Amerikaner den "Wettstreit der Systeme" um die erste Mondlandung für sich entschieden , live verfolgt von ca. einer halben Milliarde Menschen vor den Fernsehschirmen!
Falls es der Teenie-Killer , wovon auszugehen ist, zumindest in Vallejo auf die Titelseiten geschafft hatte, verschwindet er im nationalen Freudentaumel wieder im Lokalteil!
Einmal angefixt durch das öffentliche Interesse muß sich der Mann nun überlegen, wie er zurück in die Schlagzeilen kommt. Er entsinnt ein blödsinniges Cipher, in dem irgendein Scheiß steht und schickt es zum ersten August gleich an mehrere Zeitungen auch außerhalb Vallejos , in der Hoffnung, daß wenigstens einer auf ihn anspringen wird. Schließlich kündigt er ja weitere Morde an diesem Wochenende (2./3.August) ab, wenn er nicht auf Seite eins gebracht wird.
Er landet bekannterweise nirgendwo als Headliner und trotzdem begeht er an betreffendem Wochenende keine weiteren Morde. Er ist zwar feige, aber nicht dumm und muß mit verstärkter Polizeipräsenz auf den Straßen rechnen.
Zum Ausklang des Wochenendes werden am dritten August in San Jose, ebenfalls in der Bay Area, auf unglaublich brutale Weise die beiden vierzehn-bzw. fünfzehnjährigen Picknickerinnen Kathie Snoozy und Debra Furlang mit hunderten Messerstichen dahingemetzelt. Die Tat bleibt zunächst ungeklärt und schafft es natürlich auf die Titelseiten in der Region, Ausschnitte davon wurden hier mehrfach gepostet.
Wieder ist der Vallejo-Killer am Zug, um nicht in der Versenkung zu verschwinden und er liefert erneut: am 07.08. geht ein Brief ein, in dem er sich selbst neben dem Fadenkreuz-Branding auch mit " This is the Zodiac speaking" einen Markennamen verpasst. Das Interesse dürfte er zunächst mal zurückgewonnen haben, zumal zu diesem Zeitpunkt nicht mal klar ist , ob der Vallejo-Shooter nicht auch der Messer-Killer von SJ sein könnte.
Dieses mal dürfte die neu gewonnene Aufmerksamkeit noch kürzer gedauert haben, nämlich genau zwei Tage!In der Nacht auf den 09.08. geschieht in L.A. das amerikanische "Crime of the Century" , die Tate/La Bianca-Morde, die weltweit Aufmerksamkeit generieren und den sich mittlerweile im dritten Jahr befindenden kalifornischen "Summer of Love" endgültig beenden. Anschließend war für den Mann, der sich nun Zodiac nannte , in Sachen Schlagzeilen nichts mehr zu holen ,die Serie ruht für knapp drei Monate .
Wenn man so will, wird in den zehn Wochen zwischen BRS und LB gleich dreimal bis heute nachhallende amerikanische Zeitgeschichte geschrieben, wenn man das im August an der anderen Küste stattgefundene Woodstock-Festival noch dazu zählen möchte. Kein Mensch dürfte zu diesem Zeitpunkt mehr den nordkalifornischen Provinz-Shooter auf dem Schirm gehabt haben.
Kein Weg mehr zurück in die Schlagzeilen - es sei denn , man läßt sich wieder was ganz besonderes einfallen!
Natürlich sollten Hartnell oder Sheppard , am besten beide, der Nachwelt von der spektakulären Henkerskapuze am LB berichten.
Mir kann keiner erzählen, daß er beide töten wollte, zumal dann die Verkleidung überflüssig gewesen wäre.
Jemand , der zehnmal (Sheppard) bzw. sechsmal (Hartnell) mit einem 30 cm langen Messer in den Oberkörper gestochen wird, sollte nach menschlichem Ermessen in freier Natur liegend innerhalb kürzester Zeit verblutet sein! Stattdessen schaffen es die beiden, sich nach einer Dreiviertelstunde gegenseitig (!) zu befreien, durch Rufe auf sich aufmerksam zu machen , einen längeren Weg zur Straße zu robben (Hartnell) und der eintreffenden Polizei genaue Angaben zu machen (beide) , bevor sie ins Krankenhaus transportiert werden. Daß Cecelia dort nach zwei Tagen medizinischer Versorgung doch noch stirbt , finde ich überraschend und ist aus Sicht des Z wohl eher als "Kollateralschaden" zu werten.
Der Täter hinterläßt eine Signatur an Hartnells Auto, nennt die Zeitpunkt seiner Taten und betont in Bezug auf den Lake Beryessa "BY KNIFE" und die Uhrzeit "06:30"
Warum eigentlich?
Die Messages dahinter sind meines "Erachtens":
Wenn es Picknicker und ein Messer für eure Aufmerksamkeit braucht wie in San Jose oder am Cielo Drive in L.A.: bitte sehr, das kann ich auch! Vielleicht bin ich ja sogar sowohl der San Jose - (dort spielte die Uhrzeit 06:30 Uhr ebenfalls eine Rolle, wurde hier verlinkt) wie auch der Hollywood-Killer!"
Die Zodiac-Hysterie bricht in der Region aus, schön dargestellt im Hollywood-Blockbuster , als Jake Gyllenhaal alias Graysmith seinen Sohn schützen möchte, aber in jedem Radiosender und jedem Fernsehkanal nur Zodiac-Berichterstattung läuft.
Das gefällt unserem Mann, denn bis zu seiner nächsten Attacke nach LB vergehen nun nur noch zwei Wochen.
Nach dem Mord in PH hat man ihn fast bei den Eiern.
Der Schock scheint gesessen zu haben, er verarbeitet ihn durch besondere Großmäuligkeit, erzählt in der folgenden Korrespondenz von Schulbussen und Kiddies , die er einzeln abknallen möchte.
Es passiert allerdings gar nichts mehr .
Er ist zu feige weiterzumachen, zumal man nun auch weiß, wie er aussieht. Da kann er selbst hundertmal erzählen, daß er "in Wirklichkeit ganz anders aussehen würde".
Hätte ich an seiner Stelle aus Verzweiflung auch so verzapft.
Weitere Bullshit-Ciphers gehen ein, an denen sich Rätselfreunde Jahrzehntelang die Zähne ausbeißen. Und in denen solche Belanglosigkeiten wie "Ich war gar nicht der Anrufer in der Jim Dunbar-Show" (wußten wir schon lange) oder
"ich habe viele Sklaven im Paradies" (sagtest Du bereits).
Was dem Killer wirklich wichtig ist, teilt er jedenfalls immer unverschlüsselt mit, so z.B., daß er mit den beiden Cops in der Jackson Street sogar gesprochen hat . Was mich bestärkt, daß diese ominösen Ciphers lediglich zur Legendenbildung dienen sollten und für eine Lösung des Falls vollkommen unwichtig sind.
Spätestens nach der "Schulbus-Drohung" geht es in der Region endgültig ab und unser Mann wähnt sich endlich da, wo er sich selbst sieht: der so ziemlich bekannteste und gefürchtetste Typ Kaliforniens zu sein.
Doch auch auch dieser Spaß endet für ihn wieder nach knapp drei Wochen:Suzy "Sadie" Atkins von der Manson Family verplappert sich am sechsten November im Knast, wo sie wegen eines anderen Delikts einsaß, gegenüber Mitgefangenen und offenbar dabei bezüglich der Tate-Morde soviel Täterwissen, daß der Fall endlich geklärt werden kann . Als man den irre dreinblickenden Manson als Mastermind der Bande identifiziert und das Motiv ("Rassenkrieg anzetteln") erfährt , generiert das weltweit Aufmerksamkeit. In Deutschland überschlägt sich die Springerpresse regelrecht.
Vier Tage später am 10.11. kommt der Konter des Z-Killers, der mal wieder von jetzt auf gleich ins zweite Glied oder noch tiefer runterrutscht: er droht nun sogar mit Bomben und behauptet , daß er für noch zwei weitere Morde in der Bay-Area im August verantwortlich ist .
Die Absicht dürfte klar sein: am LB wollte er suggerieren, daß er sowohl der SJ wie auch der Hollywood-Killer sein könnte. Aus dem letzteren Fall ist er nun wegen des Geständnisses von Atkins raus.
Laut Wiki waren die beiden einzig ungelösten August - Morde 1969 die an den beiden Teenagern Snoozy/Furlong. Also versucht er wenigstens hier noch einen Fuß in der Tür zu behalten. Die Teenie - Morde von San Jose wurden schließlich 1971 geklärt und wurden wie die Tate-Morde keinesfalls vom Zodiac-Killer begangen.
Zusammenfassend sehe ich die Korrespondenz des Zodiac zumindest während der akuten Serie zwischen 12/68 bis 10/69 lediglich als Reaktion auf Ereignisse, die ihn nervten. Die Daten wurden nicht zufällig gewählt. Die Serie endet nicht , weil er verhaftet wird, stirbt oder verzieht (übliche Theorien), sondern weil er ein ziemlich feiger Typ mit großer Klappe aus dem Off war, der nach PH aber sowas von nasse Füße bekommen hat. Und der Spaß verging, da ihm immer wieder Dinge in die Parade fuhren, auf die er keinen Einfluß hatte.
Noch wenige Briefe in den Jahren darauf , um noch nicht ganz in Vergessenheit zu geraten, aber irgendwann hatte selbst die Korrespondenz keinen Reiz mehr. War auch egal, die Legende war bereits geboren.
Er ist nie der klassische Serienkiller wie Kemper oder Bundy gewesen, die den Lustgewinn aus den Morden selbst gezogen haben. Der Bay-Area Killer hat den Lustgewinn aus der Aufmerksamkeit gezogen, die seine Taten nach sich zogen. Ihm war es egal, ob Mageau, Hartnell oder selbst Sheppard überlebt hätten. Die anderen Morde waren lediglich Mittel zum Zweck. Eine kurze Serie als Folge des mMn zunächst unbeabsichtigen Doppelmordes an der LHR, der einen Narzissten für einen Zeitraum von zehn Monaten auf den Geschmack gebracht hat.