Der Zodiac Killer
31.12.2024 um 16:21
Zu Lake Hermann Road:
Die Vorgeschichte und die Ereignisse am 20.12.68 in Vallejo wurden hier diskutiert: an der LHR in unmittelbarer des Tatorts, wurde Stunden vor dem Mord ein großes Drogendepot ausgehoben . Das Drogengeschäft in Vallejo wurde von einer auch hierzulande bekannten Rocker-Gang kontrolliert, deren kalifornischer Ableger spätestens beim nordkalifornischen Altamont-Konzert 1969 demonstriert hatte, daß man auch damals schon ein bißchen mehr als ein gewöhnlicher Motorrad-Club war. Noch am selben Abend gab es eine mit Randale verbundene Razzia bei den Angels.
Faraday , Milchgesichtsträger und Pfadfinder, aber auch Ringer und offenbar kein Kind von Traurigkeit, prügelte sich mehrfach mit dem Dope-Versorger seiner Highschool, zuletzt am Tag seiner Ermordung. Es gab weitere , beidseitige Gewaltandrohungen und den Hinweis Faradays, daß er ihn verpfeiffen werde - eben genau an dem Tag, wo das Drogendepot entdeckt wurde!
Die Ermittler gingen anhand der Spurenlage initial davon aus, daß (mindestens) zwei Täter am Werk waren. Der leitende Ermittler Leslie Lundblad stand aus Altergründen bereits kurz vor´m Ende seiner Laufbahn und hatte Schwierigkeiten , sich mit dem "neuen, industrialisierten" Benicia /Vallejo zurecht zu finden , das in den Jahren zwischen 67 und 69 von einer Reihe von Drogenmorden erschüttert wurde.
Als Mordermittler hatte er eher wenig Erfahrung. Trotzdem schien er zunächst mal die neu erlangte Aufmerksamkeit zu genießen und posaunte in den Tagen nach dem Doppelmord, wie noch heute in den bekannten Video-Tuben zu bestaunen ist, frei von der Leber weg seine persönlichen Theorien zum Fall in die Mikros, die sich allerdings auch von Tag zu Tag änderten.
Mal hielt er "einen 16jährigen" für den HV, der hinter Betty Lou her und eifersüchtig auf Faraday gewesen sein soll, dann sprach er offen von einem Thrill-Killer oder als nächstes von einem (galt damals noch als Skandal) offen homosexuell lebenden Mann aus Vallejo als wahrscheinlichem Täter. Heute würde jeder Mordermittler ,z.B. wegen der Preisgabe von Täterwissen, die Hände über den Kopf zusammenschlagen, aber Lundblad lieferte weiter fleißig Blaupausen für mögliche Nachahmer.
Nur Drogen als Motiv schloß er kategorisch aus, weil das seiner Ansicht nach "saubere Kids" waren. Am Rande, Lundblads eigener Sohn war eher weniger "sauber" , der wurde später selbst wegen Mordes verurteilt. An dieser Stelle sei auch erwähnt , daß das angebliche Täterwissen in den ersten Zodiac-Briefen zur LHR nicht wirklich Täterwissen gewesen sein muß (10 Schüsse, Name der Munition, Lage der Opfer). Lundblad ließ die Tat rekonstruieren. Die großen Zeitungen der Region, die "Vallejo Times" , sowie der Examiner und der Chronicle aus SF berichteten nicht darüber. Ein kleineres Format aus Vallejo namens "News" dagegen schon. Lundblad ließ Fotos zu: die genaue Position der zehn (!) Hülsen sowie die Nahaufnahme (!) einer Hülse - auf der der Name der Munition stand. Der Briefeschreiber musste letztlich nur bis 10 zählen können - oder eben den Polizeibericht kennen.
Da die "Drogenspur" kategorisch ausgeschlossen wurde, stockten die Ermittlungen irgendwann. Am Independence Day des folgenden Jahres wurde auf dem Parkplatz des "Blue Rock Springs"-Park Darlene Ferrin erschossen und Mike Mageau schwer verletzt. Gegen 0:40 Uhr ging beim Vallejo PD der Anruf des vermeintlichen Täters ein, der behauptete , auch der Killer von der LHR zu sein. Ob es diesen Anruf so, wie wir ihn kennen, tatsächlich gegeben hat, geht aus den Polizeiakten nicht hervor, doch dazu später mehr.
Ca. zwei Wochen nach BRS, in der zweiten Juli-Hälfte, stehen mehrere , stadtbekannte Kriminelle vor der Verurteilung wegen eines aus dem Ruder gelaufenen Tankstellenüberfalls, bei dem es einen Toten gab. Sie bieten der Polizei einen Deal an: sie würden den Schützen der "Lake Herman Road"-Morde nennen und behaupten, selbst am Tatort anwesend gewesen zu sein, geben Täterwissen preis. So bestätigen sie z.B.die Annahme der Ermittler, daß mehrere Leute vor Ort waren und Betty Lou Jensen vor Davis Faraday erschossen wurde.Ich persönlich dachte immer, daß sie nach dem Schuß auf Faraday auf der Flucht in den Rücken geschossen wurde. Der Täter erschoß allerdings erst Zeugin Jensen und drückte Faraday noch den Spruch: " Siehst du, das bis du jetzt auch noch Schuld , weil du sie mit rein gezogen hast", bevor er Faraday mit einem Schuß hinter das Ohr hinrichtete.
Der Schütze soll ein Mann namens Ott gewesen sein, Spitzname "Big Red", der im Auftrag der Rocker das Drogengeschäft in Vallejo organisierte. Eben dieser Ott, der ein Jahr zuvor der Hauptverdächtige in einem sehr ähnlichen Mord an einem anderen, vermeintlichen "Singvogel" war, aber aus dubiosen Gründen nie verurteilt werden konnte. Denn einerseits war er Polizeiinformant, andererseits erhielten mehrere Mitglieder des Drogendezernats des Vallejo PD später Disziplinarverfahren wegen Korruptionsverdacht, unter anderem der "Zivilermittler" und von uns diskutierte Richard Hofmann, der "zufällig" auch als erster am BRS-Tatort war. Es sah also erst mal danach aus, als habe nach dem 1967er Mord , aus welchen Gründen auch immer, jemand seine Hand schützend über "Big Red" gehalten. Nach den LHR-Morden aber zog sich für diesen die Schlinge nun langsam zu - bis er ein paar Tage später durch die Briefe und das Cipher eines vermeintlichen Psycho-Killers an die Vallejo-Times, den SF-Examiner und den SF-Chronichle wieder entlastet wurde !
Zu Blue-Rock.Springs:
“I want to report a murder. If you will go one mile east on Columbus Parkway you will find kids in a brown car. They were shot with a nine millimeter Luger. I also killed those kids last year. Goodbye.”
So kennen wir den Text des vermeintlichen Täters. Der erste und für vier Tage einzige schriftliche Hinweis in den Polizeiakten auf diesen ominösen Anruf stammt aus dem Bericht Richard Hofmanns vom frühen Morgen des 5.Juli. Der Anrufer soll laut Hofman folgendes gesagt haben : "I shot them . I used 9 mm". Nicht mehr und nicht weniger. Keinen Hinweis auf LHR und erst recht kein Geständnis.
Mit den erwähnten 9mm offenbarte der Anrufer übrigens auch kein Täterwissen. Die Info zum Kaliber war zu diesem Zeitpunkt bereits lange über den Polizeifunk raus, weil sich mittlerweile auch Hofmann vom Tatort aus beim Revier gemeldet hatte. Polizeifunk abhören schien zu dieser Zeit Volkssport gewesen zu sein. Elektrofirmen warben aktiv damit, mit ihren Geräten auch "Polizeifunk hören" zu können. Die Streifen waren angewiesen worden, achtsam zu sein , da der Schütze vorraussichtlich mit einer "9 mm Luger" bewaffnet sei.
In der Nacht sind interessanterweise noch mehr Anrufe beim Vallejo PD eingegangen. Laut Polizeiakten sind Ferrin/Mageau früher attackiert worden als öffentlich gerne kolpoltiert wird, nämlich schon so gegen 23:55 am 04.07. Das ist die Zeit, als der Sohn des Parkwächters die Schüsse gehört und das Auto mit durchdrehenden Reifen hat wegfahren hören. Der erste Anruf kam von den drei "Hippie-Teens", die auf dem Parkplatz mit Feuerwerk Faxen gemacht hatten. Die mussten dafür aber erstmal einen 10minütigen Fußweg zum Telefon zurücklegen.
Da Unabhängigkeitstag war und anscheinend jeder irgendwie besoffen, bekifft oder auf Streiche aus, war Telefonistin Nancy Glover offenbar genervt und hat den Anruf laut Aussage der Teens zunächst nicht ernst genommen. Anschließend sind diese zu einem Verwandten des Mädchens gegangen, der wohl ehemaliger Cop war und haben ihn gebeten, mit einem Anruf im Revier ihrer Aussage noch mal Nachdruck zu verleihen. Daß Hoffman schon am Tatort war, konnten sie nicht wissen. Der Verwandte rief also selbst noch mal im Revier an und beschwor Nancy Glover, die Telefonistin und keine Kriminalistin war, die Angelegenheit Ernst zu nehmen . Er endete mit den Worten, daß der Schütze "auch die Kids im letzten Jahr getötet haben könnte" (!) .
In den nächsten drei Tagen haben sich alle Medien der Region auf den Überfall gestürzt und man war sich ziemlich schnell einig, daß der BRS-Killer auch der Täter von der LHR gewesen sein muß. Die schriftliche Stellungnahme von Glover wurde erst vier Tage nach dem Anruf verfasst. Vollkommen abweichend von Hoffmanns Aussage schreibt sie nun , daß der Anrufer auch LHR gestanden hat . Ob die arme Nancy streßbedingt und unter Einfluß der Medien in ihrer Stellungnahme die Inhalte mehrerer Anrufe in kurzer Abfolge miteinander vermengt hat , oder ob es vielleicht jemandem im Vallejo PD sogar gelegen gekommen sein könnte, daß man plötzlich einen Serienmörder suchte, bleibt offen ;-)
Mageau hatte beim Vallejo-PD zwar keine Konsumentenakte, wie wegen der durchgeknallten, mehrschichtigen Kleidung vielleicht zu vermuten war, sondern eine Akte als (Serien)Einbrecher. Man trug in diesen Kreisen damals mehrere Schichten Klamotten übereinander , um, falls man gesehen wird, schnellstmöglich auf der Flucht einen Farbwechsel vornehmen zu können . Der Independance-Day war neben Weihnachten und Thanksgiving der perfekteste Tag des Jahres für Einbrüche , weil alle Welt wegen der Paraden, Feuerwerke , etc. außer Haus war und wegen der Sommerwärme nicht immer Türen und Fenster einbruchsicher verschlossen hatte. Offenbar wurde vermutet, daß Mageau am Tatabend entweder schon einen Beutezug hinter sich oder eben noch geplant hatte.
Die Aussage, daß Darlene vor ihrer Ermordung "außergewöhnlich viel Geld" zur Verfügung hatte, ist ein Gerücht, das auschließlich auf der Aussage ihrer Chefin und lockeren Freundin, der Inhaberin des "Pancake House" beruht. Die habe Darlene nach einem Kleidungsstück gefragt, das ihr (der Chefin) gefiel und D. nannte den Namen des Bekleidungshauses. Die Chefin hätte geantwortet, daß noch nicht mal sie sich einen Kauf dort leisten konnte. Im Nachhinein wird aber eher angenommen, daß Darlene , die Hobby-Näherin war, es geschafft hatte, irgendwelche Stoffreste von dort zu organisieren und sich selbst was geschneidert hat.
Mehr Bedeutung wird der Aussage Darlenes gegenüber ihrer Schwester Christine beigemessen, daß "bald was Großes passieren und man von ihr in der Zeitung lesen würde". Die Cops untersuchten mehrere mögliche Motive außerhalb des willkürlichen Mordes eines Zodiac-Killers auf: so fand eine der Auseinandersetzungen von Faraday und diesem Dealer an Darlenes Arbeitsplatz statt. Wurde sie abgesehen von der Prügelei zweier Jugendlicher Zeugin von irgendwas, das sie besser nicht gesehen hätte? Sie datete mit Buzz Gordon und Richard Hofman bekanntermaßen mindestens zwei Cops des Drogendezernats, dessen Aktivitäten teilweise dubios waren : hat sie einem von denen von irgendeiner Beobachtung erzählt , die sie publik machen wollte , das von undurchsichtigen Cops in die "entsprechenden Kreise" weitergeleitet wurde ? Hatte einer dieser Date-Cops in einer Bettgeschichte selbst was an Darlene verplappert, was er später bereute und womit sie ihn nach einem Streit unter Druck setzte?
Selbst in Richtung "profaner Raubüberfall" wurde ermittelt: schließlich wollten die beiden laut Krankenbett-Aussage Mageaus an diesem Abend bei "Mr. Ed´s" essen gehen und D. wollte Bruder Leo noch Dope besorgen. Die Geldbörsen von beiden wurden gefunden, die von MM lag neben ihm - leer, genau wie die von Darlene! Passt hinten und vorne nicht zum geplanten Dinner mit anschließendem Drogenkauf! Apropos Drogenkauf: durchaus realistisch, daß genau dabei was schief gelaufen ist, was z.B. erklären würde, warum das Auto, in dem der spätere Schütze saß, zunächst mal wieder gefahren und später wiedergekommen ist (Bestellung aufnehmen und Holen, bei der Abwicklung läuft was schief). Anderer Ansatz: Mageau hatte seine Diebesware dabei und wollte sie auf dem Parkplatz an einen Hehler verticken, als was schief lief. Interessant ist m.E. , daß sich MM gleich für 22 (!) Jahre in Panik verpisst hat, während ein Hartnell nach LB sowas offenbar nicht für nötig hielt. MMn wußte Mageau vielleicht nicht, wer in persona auf die beiden geschossen hatte, aber schon, worum es in der Sache ging! Vielleicht weil er noch im Hinterkopf hatte, wie es David Faraday ergangen ist?
In diesem Zusammenhang sei mal mit der romantischen Suggestion von Graysmith widersprochen, daß die Tatorte "Lover´s Lanes" gewesen sind: primär waren die Parkplätze am Lake Hermann und Blue Rock Springs Plätze bekannt für die Abwicklung krummer Geschäfte , romantisch ist es dort eher selten zugegangen. Thema Graysmith: der wollte sein 86er Buch, das den ganzen Hype um den Cold Case ZODIAC erst wieder aufleben ließ, eigentlich schon 1980 veröffentlichen. Aber nicht mit Arthur Leigh Allen als Zodiac, sondern William Joseph Grant, dem stadtbekannten Schwulen, den Lundblad auf dem Kieker hatte! Damit war Graysmith Verleger aber nicht einverstanden. Der gute Robert musste sein Projekt komplett neu schreiben und hatte in der Zwischenzeit viel quality- time mit den Detectives Barwart und Mulanax vom Vallejo - PD verbracht ( und nicht mit "Star-Bulle" Dave Toschi, wie Graysmith immer gerne durchblicken ließ). Die beiden Cops meinten, er könne statt Grant doch ALA als HV nutzen (!).
Ein möglicher Täter für BRS ist der im Thread auch schon mal diskutierte Ex von Darlene, Jim Crabtree aus San Francisco, vor dem sie panische Angst hatte und der unter keinen Umständen ihren Wohnort rauskriegen sollte. Crabtree passte exakt zur Täterbeschreibung Mageaus , der den Schützen seitlich unmaskiert gesehen hat. Crabtree ist möglicherweise auch der "Stalker" gewesen,von dem Darlenes Babysitter erzählte. Wie dem auch sei, Motive und Szenarien gab es genug, bis plötzlich Briefe und Ciphers ankamen - wenige Tage, nachdem der Mord an der LHR aufgeklärt schien - Warum denn genau zu diesem Zeitpunkt und nicht unmittelbarer nach dem Angriff am Blue-Rock-Springs , dazwischen lagen vier Wochen ?
Zu Lake Berryessa :
Der Messerangriff am LB ist die einzige Aktion, bei der Shooter Zodiac seines Modus operandi änderte. Und die einzige Aktion, auf die er nie in seinen Briefen eingegangen ist, nicht ein einziges mal - und die einzige Aktion, mit der er für alle Zeiten seine Existenz zweifelsfrei hätte belegen können!
Er hätte zum Beispiel statt der Mühe, seine vorangegangenen Taten inkl. der Daten, des Fadenkreuzes und des Zusatzes "by knife" auf Hartnells Autotür zu kritzeln, dort einfach nur die Signatur "Zodiac" hinterlassen brauchen! Taten und Fadenkreuz-Branding waren der Öffentlichkeit nach dem kompletten Abdruck des ersten Briefes in der Vallejo-Times bekannt, der Name Zodiac vor der Attacke am Lake Beryessa noch nicht. Nach den ersten beiden Angriffen sprach man in den Medien bis dato lediglich vom "Code-Killer".
Er hätte z.B. auch auf die aufgerissene Packung Kondome eingehen können, die auf der Decke von Shepard und Hartnell lagen und die der Öffentlichkeit lange vorenthalten wurden. Das Paar, das kurz vor der Trennung stand, wollte ein letztes mal "Quality-Time" in der Abgeschiedenheit des Seeufers verbringen.
Er hätte in einem Brief den Napa-Ermittler korrigieren können, der den Text auf der Autotür im Fernsehen rezitierte und dabei, aus welchen Gründen auch immer, den Zusatz " by knife" unterschlug. Gekommen ist keine Reaktion auf Lake Berryessa - weil der Briefeschreiber, der sich Zodiac nannte und möglicherweise Zugriff auf die Akten aus Vallejo und Solano County hatte, aber eben keinen Zugriff auf die aus Napa und deswegen die genauen Umstände am Tatort gar nicht kannte?
Der erste Hauptverdächtige im LB-Fall war Park-Ranger Dennis Land, der Shepard und Hartnell nach dem Notruf der beiden Fischer gefunden hat. Dieser Verdacht erhärtete sich in kurzer Zeit so sehr, daß man Land nicht nur für den Killer am See, sondern für den Zodiac selbst hielt. An dieser Stelle sei direkt mal vermerkt, daß zwei Jahre später am LB an ähnlicher Mord wie der an Cecilia Shepard stattfand, das Opfer hieß Lynda Kanes. Auch hier geriet Dennis Land schnell in den Fokus.
Die Park-Ranger waren über ein System miteinander verbunden, mit dem man untereinander kommunizieren und über eine Zentrale geortet werden konnte.
Dennis Lands letzte Ortung war 16 Minuten vor dem Angriff auf Shepard/Hartnell, in dem weitläufigen Gebiet gerade mal eine halbe Meile vom Tatort entfernt. Danach ist die Funkverbindung auf unerklärliche Weise erstmal gekappt. Sie wird erst wieder erneuert, als sich Land lange nach der Entdeckung der Opfer am Tatort befindet. Woher wußte er denn vom Tatort und war sogar zuerst vor Ort, wenn er gar nicht erreichbar war? Hartnell, der versuchte , wegen Hilfe zur Straße hoch zu robben, sagt, er habe sich erst mal zu Tode erschreckt, als er Dennis Land sah, weil er dachte, der Killer sei zurück gekommen. Erst der Anblick der Uniform habe ihn beruhigt.
Das Stiefel-Modell "Wingwalker" soll zwar nicht so häufig vorgekommen sein, was allerdings nicht auf die Schuhsohle selbst zutrifft ! Die ist unter anderem Handelsnamen auch unter den Schuhen anderer Firmen verarbeitet gewesen. Abdrücke dieser Sohle wurden am Tatort gefunden, erstaunlicherweise aber nicht am Wagen Hartnells, dessen Autotür der Zodiac-Killer verschönert haben soll. Dieselben Fußspuren wurden dann aber doch wieder an anderer Stelle gefunden: nämlich an einer kurzen Autozufahrt runter zum See in der Nähe des Tatorts. Diese Zufahrt war nur über eine Schranke passierbar - für die wiederum nur die Park-Ranger einen Schlüssel hatten!
Land war vor seinem Job als Ranger als Militärpolizist tätig, hatte also kriminalistische und kriminaltechnische Kenntnisse. Am Tatort verhält er sich aber wie der Elefant im Porzellanladen, rafft unverständlicherweiese die Decke mitsamt den auf ihr liegenden Gegenständen zusammen und wirft alles in seinen Truck. Erst nach Aufforderung händigt er die Sachen längere Zeit später der Spurensicherung aus, zu diesem Zeitpunkt natürlich längst kontaminiert mit seinen Abdrücken und Spuren. Nachdem Dennis Land immer tiefer in die Scheiße zu rutschen scheint, versucht jemand, nachträglich die Logdaten am Tattag in der Funkzentrale zu manipulieren....
Dennis Land , der wie Arsch auf Eimer auf das von den drei Studentinnen erstellte Phantombild des "Spanners" kurz vor der Tat passt, war zwar auf unerklärliche Weise als Erster am Tatort, den Wagen Hartnells hat er aber nicht entdeckt. Das ist, warum auch immer, seinem Bruder Raymond gelungen. Der könnte ihm theoretisch neben der Kritzelei auf der Autotür auch das Alibi mit dem Bekenneranruf bei der Napa Police verschafft haben, denn zu diesem Zeitpunkt befand sich Dennis noch am Tatort. Nach dem Mord sagte eine Freundin Cecilia Shepards bei Routineermittlungen aus, daß diese sich in letzter Zeit von einem Mann belästigt fühlt habe - dessen Name Raymond gewesen sein soll !
Für Dennis Land wurde es trotz Bekennerschrift des Zodiac auf der Autotür eng - bis ihn schon zwei Wochen später ein Taximord in San Francisco wieder aus der Schußlinie nahm....
Zu Presidio Heights, Cheri Bates und der damaligen Mediensituation :
Ab Sommer 1969 trieb ein Taxiräuber in San Francisco sein Unwesen , mit einem Modus Operandi, der uns bekannt vorkommen dürfte: er stieg jeweils im Theater-District ein, lotste die Fahrer nach Presidio Heights und raubte sie dort aus (!). Gewaltanwendung kam dabei so gut wie nicht vor. Man vermutete, daß der Täter entweder Koch war ,oder zumindest in einer Küche arbeitete, weil er während einer der Taten entsprechende Kleidung trug. Die Polizei ging davon aus, daß der Täter entweder Drogen-oder Spielsüchtig war, da er für einen relativ geringen Ertrag ein hohes Risiko ging ( Nebenbei: die Beschreibung der Kids WSH/Ecke Cherry passte ziemlich genau auf diesen Mann).
Bill Armstrong, Toschis Partner, der im Movie auch eine grössere Rolle spielt, hat entgegen der Darstellung Graysmith beim Mord an Paul Stine nie an einen Zusammenhang mit dem Zodiac-Fall geglaubt. Man glaubte zunächst, daß sich der Schuß des sonst eher gewaltarmen Serienräubers vielleicht zufällig gelöst haben könnte. Eine Arbeitshypothese war sogar, daß der Räuber Stines Hemd in Panik zerrissen haben könnte, um die Blutung zu stillen.
Im Hollywood-Movie und in der Darstellung von Robert Graysmith wird das Taxi nach der Tat gegen 22 Uhr direkt an Ort und Stelle von der Spurensicherung untersucht. Dem war aber nicht so. Die beiden Spurensicherer haben erst am nächsten Morgen gegen 5:30 Uhr ihren Dienst begannen und gegen 5:45 mit der Untersuchung des Wagens angefangen haben. Der Wagen wurde unmitelbar nach der Tat in eine frei zugängliche Garage des SFPD bzw. der Spurensicherung gebracht. Dort ist ein reges "Ständiges Kommen und Gehen" gewesen. Zutritt dort hatten z.B. Cops, die üblichen verdächtigen Journalisten der Rubrik " Crime", die auf Fotos aus waren und es ist noch nicht mal auszuschließen gewesen, das komplett Unbefugte durchgerutscht sein könnten.
Paul Stines Leichnam ging zur Gerichtsmedizin , wo er ausgezogen und anschießend direkt obduziert wurde. Seine Kleidungsstücke wurden in einen Raum neben der Garage des Taxis gebracht. Dem Polizisten, der bei der Entkleidung zugegen war und die Sachen zur Spurensicherung brachte , ist zu diesem Zeitpunkt nicht aufgefallen, daß das Hemd Stines außer den Blutflecken in irgendeiner Form beschädigt gewesen ist.
Am nächsten Tagbeginnt direkt die mediale Berichterstattung. Ein Journalist des Chronicle ,Keith Power, setzt das Gerücht in die Welt, daß das Fahrtziel "WSH Street/Ecke Maples" gewesen ist (sein könnte) , obwohl der Fahrtenschreiber des Taxis bis heute nicht gefunden wurde . Im Brief vom 13.10. (der mit dem blutigen Hemdsärmel) macht der Verfasser der Zodiac-Briefe einen Fehler: "This is the Zodiac speaking. I am the murderer of the taxi driver over by Washington St & Maple St last night, to prove this here is a blood stained piece of his shirt............."
Er erwähnt Washington/Ecke Maples als Tatort, obwohl wir wissen, daß dieser"Ecke Cherry" lag! Die Cops müssen den Brief, erst recht mit dem Stück blutigem Shirt, natürlich Ernst nehmen, der Fehler fällt aber natürlich auf und ihnen schwant, daß sich jemand in der Mordnacht zwischen 22 - 5:45 Uhr am Hemd Paul Stines bedient haben könnte. Auch der Zustiegsort im Theater District "Mason/Ecke Geary" ist zunächst nichts weiter als ein Gericht, weil dort vor dem Pinecrest Restaurant eine Zeugin behauptete, daß sie jemanden ein Taxi hat besteigen sehen , der der Beschreibung des "Zodiac" geähnelt haben soll.
Die Ermittler selbst gingen zunächst von einem Zustieg beim "Fairmont Hotel San Francisco" vier Blocks weiter aus - in dessen Küche zufällig ein Koch mit einer Raub-Akte arbeitete...
Als sich die Zodiac-Ermittler des FBI in Person von Mel Nicolai und des SFPD (Toschi/Armstrong) mit ihren Kollegen aus dem im Speckgürtel von L.A. gelegenen Riverside-PD wegen möglicher Übereinstimmung zum Mordfall Cheri Jo Bates trafen, war man sich ziemlich schnell einig, daß die Fälle nichts miteinander zu tun hatten. Es lag einzig am Veto des "Schriftexperten" Sherwood Morill, daß manche Experten Bates noch heute dem Zodiac-Killer zuordnen.
Kleine Bermerkung von mir am Rande: spätestens, seit man schon einige Jahre definitiv weiß, daß die "handwritten letters" im Bates-Fall ein Fake sind, ist der Zodiac da sowas von raus. Umso abenteuerlicher, daß sich bestimmte Leute, die mit der Zodiac-Industrie Geld verdienen, dieses noch immer nicht eingestehen wollen..
Morill ist der etwas verschrobene, rosenzüchtende , ältere Herr aus dem Hollywood-Blockbuster, der von seinen ehemaligen Schülern zwar nicht mehr Ernst genommen wird, die ihm aber andererseits auch nicht widersprechen und damit an den Karren pinkeln wollten.
Es existiert in den Polizeiakten kein Gutachten Morills , das die handschriftliche Übereinstimmung aus der Zodiac-und Bates-Korrespondenz bestätigt. Der einzige Zusammenhang zwischen Morill und Bates ist ein Einzeiler eines unbekannten Polizisten oder Telefonisten: " Jemand, der sich Sherwood Morill nannte, hat angerufen und bestätigt, daß der Handschrifenvergleich positiv ist"
Hallo ? "Jemand , der sich Sherwood Morill nannte..."?
Das hätten Hinz oder Kunz sein können! Zumindest jemand mit einem speziellen Interesse, daß der Bates-Fall mit dem Zodiac verknüpft wird. Jemandem, wie Paul Avery zum Beispiel. ..
Dem dürfte der Zeitpunkt des "anonymen Hinweises" zum Bates-Fall Ende 1970 nämlich ganz gelegen gekommen sein. Er plante zu dieser Zeit, den Chronicle zu verlassen und sich bei der viel seriöseren " Los Angeles Times"zu bewerben. MMn offensichtlich, warum das nie geklappt hat: In L.A. wird man schnell gemerkt haben, daß Avery in der Tiefe seines Herzens ein Boulevard-Journalist war, dazu noch mit einem deftigen Alkoholproblem.
Jedenfalls dürfte der im März 1971 an die L.A.Times geschickte Brief des Zodiac "über seine Aktivitäten in Riverside" in Kombination mit der fast zeitgleich an den Chronicle geschickten und an "Paul Aver(l)y" persönlich adressierten Postkarte ein prima Bewerbungsverstärker für LA gewesen sein.
Seit Truman Capotes Bestseller "Kaltblütig" Mitte der 60s sowie der Berichterstattung über den "Boston Strangler" Anfang der 60s hatten die Printmedien zum ersten mal realisiert, daß "True Crime" Auflage verschafft! Die Option, daß Avery den spektakulären Kriminalfall mit runter nach Los Angeles bringen würde, mit der "Times" statt des "Chronicle" als Ansprechpartner des Killers, dürften auch die Zeitungsmacher aus L.A. zunächst mal was abgewonnen haben.
In den späten Sechzigern tobte in der North-Bay-Gegend ein Kampf um die Vorherrschaft auf dem Zeitungsmarkt. Obwohl zwei der größeren Formate, der "San Francisco Examiner" und der "Chronicle" , seit einigen Jahren den gleichen Herausgeber hatten, standen beide Blätter wie zwei konkurrierende Geschwister im Wettstreit miteinander, die jeweiligen Belegschaften waren sich spinnefeind.
Mit dem Hintergrund, daß "True Crime sells" , hatte ein Reporter des Konkurrenzblatts "Examiner" im Jahr vor Zodiac einen größeren, journalistischen Preis gewonnen. Seine Berichterstattung hatte offenbar sogar dazu beigetragen, einen in der Bevölkerung populären Kriminalfall zu lösen. Die Abteilung "Verbrechen" des Chronicle wurde von ihren Vorgesetzten aufgestachelt, diese "Schmach" nicht auf sich sitzen zu lassen, sondern nachzuziehen . Das waren so in etwa die Voraussetzungen , bevor der mediale Hype um den Zodiac-Killer begann...
Es gab in Kalifornien wie wahrscheinlich woanders auch ein Gesetz, daß die Kenntnis geplanter Straftaten unverzüglich angezeigt werden muß .Als der erste Brief des Zodiac an Chronicle, Examiner und Vallejo Times mit dem Geständnis dreier Morde und der Drohung , "am Wochende des 3.August wahllos Menschen zu töten" geschickt wurde, ereignete sich die fast schon witzige Geschichte, daß die "Times" die "geplante Straftat" tatsächlich noch mal zusätzlich zur Anzeige brachte, obwohl die Inhalte des Briefs der Polizei natürlich längst geläufig waren. Chronicle und Examiner haben die Anzeige verständlicherweise für überflüssig gehalten. Wwarum ist eigentlich nach der überflüssigen Anzeige, von der nur Polizisten und Journalisten wissen konnten, kein einziger Brief des Zodiac an die Times mehr geschickt worden ?
Warum schaltet der "Zodiac-Killer" eigentlich mit einem Brief Melvin Belli ein ? Antwort: der war damals durch spektakuläre Fälle einer der bekanntesten Anwälte der Staaten und Garant weiterer Publicity für den Fall.
Noch ein paar Worte zu Graysmith : der hat jeden Zodiac-Brief nach dessen Eingang für den Chronicle abfotografiert, bevor sie der Polizei ausgehändigt wurden. Er hatte jede Möglichkeit, sich einen Abzug abzuzweigen und die Schrift und den Stil zu studieren. Wer entdeckte, welche Bücher der Zodiac für seine Codes nutzte? Die Antwort ist Robert Graysmith. Er fragt, wer rausgefunden hat, aus welchen Bibiotheken genau diese Bücher gestohlen wurden ? Robert Graysmith! Er fragt, wer im Umkehrschluß als einzig bekannte Person in ALLEN dieser Bibs gewesen sein muß ? Richtig, Robert Graysmith...
Der eigentliche Zodiac-Experte des Chronicle, der die meisten Artikel zum Fall verfasste, waren aber weder Avery noch Graysmith, sondern der Journalist Keith Power, der das Gerücht "Washington/Ecke Maples" in die Welt setzte. Warumwird eigentlich genau dieser Mann in Graysmith Büchern nicht ein einziges mal erwähnt wird, obwohl ihm und nicht Avery/Graysmith die Hauptrolle im Hollywood-Blockbuster zugestanden hätte? Warum hat sich eigentlich genau dieser Mann kein einziges mal über die Mißachtung beschwert ? Bleiben mMn zwei Schlußfolgerungen: entweder war er Komplize bei der Erstellung der Briefe , oder, genau im Gegenteil , hat er von Avery und Graysmith verlangt , ihn aus deren fabrizierter Scheiße rauszuhalten, von der er nach dem Zusammenzählen von 2+2 zwar Kenntnis hatte, mit der er nichts zu tun haben wollte.
Ich hab im Thread mehrfach versucht, diesen unglaublich komplizierten Fall irgendwie unter einen Hut zu bekommen und meine eigenen Theorien gepostet, dabei auch mehrfach selbst den Verdacht geäußert, daß der Briefeschreiber bzw. Zodiac-Killer Zugriff auf die Polizeiakten mindestens vom LHR-Fall hatte und für Vallejo bzw. Benicia auch unterschiedliche Täter am Werk gewesen sein könnten.
Mittlerweile scheint es mir tatsächlich fast schon plausibler, daß diese vier Taten in keinem Zusammenhang miteinander stehen.
Der Killer tritt mal maskiert und dann wieder unmaskiert auf, ist mal Brillenträger (PH) und mal nicht (BRS), eigentlich ein Pistolenmann und nutzt plötzlich und eher ungeschickt Messer, überfällt Paare und anschließend einen Taxifahrer, raubt nur ein einziges mal (PH) die überfallene Person aus, soll mal 150 und mal 200 Pfund schwer sein, mal 25 und mal 45 Jahre alt, mal brünette (Mageau) , mal blonde (Kids am Taxi-Tatort) und mal rötliche (Fouke) Haare gehabt haben?
Ich denke mittlerweile tatsächlich, daß sich gleich mehrere Leute mit unterschiedlichster Motivation an der Kunstfigur des Zodiac bedient haben könnten und diese Briefe verfasst haben.
Z.B. , um einen mordenden Polizeiinformanten zu decken, dessen Verhaftung wahrscheinlich den Dreck mit zum Vorschein gebracht hätte, den einige Cops aus Vallejo am Stecken hatten. Oder um dem eigenen Bruder für den Überfall am LB ein Alibi zu geben. Oder genutzt von durch ihre Vorgesetzten unter Druck gesetzte Journalisten , die die Auflage einer sich im Abwärtstrend befindenen Zeitung zu steigern hatten . Oder eben auch für den persönlichen Vorteil , wie z.B. einen erhofften Karrieresprung (Avery) oder Buchpläne bei Graysmith.
Mich wundert´s auch nicht mehr wirklich , wenn die heutzutage zuständigen Behörden die immer noch regelmäßig auftauchenden , neuen TV nur noch müde weglächeln .
Es gibt nicht gerade wenige Menschen, die von der "Zodiacforschung" ihren Lebensunterhalt bestreiten, Webseiten betreiben, Bücher schreiben, in Talkshows auftreten , oder Hollywood-Regisseuren als Berater zur Seite stehen. Kein Wunder , daß die kein Interesse haben, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Die würden ja plötzlich alle auf einmal arbeitslos werden.