Cpt.Germanica schrieb:Was interessiert Dich dann? Die Sache mit den Ciphers ist auch weitgehend durch.
Das stimmt. Die Ciphers waren es auch, was mich ursprünglich zu diesem Fall gebracht hat und indem das zumindest gelöst ist, hat er ein wenig an Faszination verloren. "Durch" sind die Ciphers allerdings insofern nicht, als sie dem Fall seine spezielle Charakteristik geben. Mit dem Rest hast Du nicht unrecht, ich sehe es nur sozusagen umgekehrt.
Die Frage wer es war ist natürlich nicht völlig bedeutungslos, aber für mich nur ein Nebenaspekt. X ist plausibel Y nicht - schön, dann hat man eben einen anderen Namen. Ist sicher relevant für die Polizei im Solano County, SF und sonstwo.
Allerdings ist der Fall vielschichtiger. Er weicht vom Muster des "Serienkillers" ab. Wie schon in einem anderen Post gesagt: es gibt vier Morde (was schon an der Grenze zur "Serie" ist), einer davon sozusagen "aus Versehen" (Presidio Heights). Der ist aber wiederum der Einzige, dessen Zuordnung zu Zodiac wasserdicht feststeht. Lake Beryessa hatte den Mummenschanz und den Klamauk mit der Schrift auf dem Auto, bleiben zwei Morde, die nach gleichem Muster ausgeführt wurden - die ersten beiden.
Da kommen jetzt eben doch die Schreiben (und mit ihnen die Ciphers) ins Spiel: es ist bekannt, dass Zodiac sich mit Morden gebrüstet hat, die er nicht begangen haben kann. Und auch sonst viel Klamauk produziert hat (die Urlaubs- und Helloween-Karten, die Bombendrohungen auf Schulbusse etc.). Auf jeden Fall bezweckt der Schreiber etwas damit. Und sei es nur, seine Geltungssucht zu befriedigen (ich stelle mir ja immer noch die bittere Enttäuschung vor, die er gehabt haben muss, als er vergeblich darauf gewartet hat, dass endlich einmal der 340er geknackt wird, aber das nur so nebenbei).
Da stellt sich die Frage schon, inwieweit das als "Serie" real ist. Wie auch schon gesagt: die Hoax-Theorie (der Briefeschreiber hätte mit keinem der Morde zu tun, die dann auch für sich genommen nichts miteinander zu tun hätten) ist logisch nicht haltbar, und das pièce de résistance ist ausgerechnet der PH-Mord. Hier aufzuhören und im Umkehrschluss zu sagen, die Serie muss genau so stattgefunden haben, ist aber ebenfalls logisch unzulässig. Es können z. B. die ersten beiden und der letzte Mord vom "Original-Zodiak" und Lake Beryessa von einem Nachahmungstäter begangen worden sein (nur als Beispiel wie gesagt, das heißt nicht dass ich das glaube - es ist aber logisch möglich, zumal das Argument über die Schrift am Auto geht, und Schriftvergleiche auf einem völlig anderen Medium naturgemäß nicht über jeden Zweigel erhaben sein können).
Aber selbst wenn wir die Verbindung der vier Morde als gegeben voraussetzen (und natürlich ist es das vernünftigste), stellt sich die Frage über deren Charakter. Es sind (wie gesagt) keine "normalen" Serienmorde. Die meisten "Zodiacologen" reagieren darauf so, dass sie versuchen, andere ungelöste Fälle da irgendwie in das Schema hineinzupassen, damit dann doch eine Serie entsteht. Das ist eine durchaus zulässige Vorgangsweise, die aber die Gefahr verstärkt, dass da etwas nachträglich konstruiert wird. Wie man aus vergangenenen Posts von mir wahrscheinlich schon herauslesen kann, stehe ich diesen Versuchen skeptisch gegenüber, es verstärkt bei mir den Eindruck Eindruck der Künstlichkeit und teilweisen Konstruiertheit des ganzen Falls. Man kann auch die "Serie" in Frage stellen, indem man nachsieht, ob das nicht in eine andere Richtung gehen kann.
Ein Ansatz, den ich eben deswegen interessant finde, dass die ganze Inszenierung mit den Schreiben etc. insgesamt ein Cover-Up für etwas anderes sein könnte (eine Eifersuchtstat oder ähnliches). Natürlich gibt es Sachen, die sich nie werden klären lassen (ob etwa einfach nur Betty Lou Jensen mit Darlene Ferrin verwechselt wurde, wie irgendwo weiter oben vorgeschlagen wurde - das bleibt wohl für immer spekulativ). Zwei Morde zu begehen, um die Behörden bei einem in die Irre zu führen, ist natürlich eine gewagte These, die (überhaupt mit den ganzen Schreiben) eine seltene Mischung aus Kaltblütigkeit und Geltungsdrang voraussetzt. Aber sie ist mit der Datenlage konsistent. So wie auch die weiter oben formulierte These, das Ganze habe zwar als Mordserie begonnen, aber der Täter hätte im Verlauf seiner Handlungen aber bemerkt, dass ihm das Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei den noch größeren Kick gibt als das Morden (und vielleicht hätten sie ihn in PH ja doch fast erwischt).
Langer Post, kurzer Sinn: mit dem Namen des Täters würde sich zweifellos einiges aufklären. Für mich wäre das aber mehr ein nebensächlicher Aspekt, da sich damit dann die viel grundlegendere Frage klärt, was für einen Charakter diese Morde eigentlich haben. Dass wir das jemals wissen werden, bin ich bei der einen wie der anderen Frage allerdings eher pessimistisch.