voltago schrieb:Das denke ich auch. Ein dringender Kredit bei der Hausbank der an unmöglich zu erfüllende (aus Sicht des Täters) Bedingungen geknüpft war. Keine Kreditvergabe, Firma pleite, Frau weg, das Leben kaputt. Da wollte evtl. jemand den in seinen Augen schuldigen mal auch sowas durchleben lassen.
Ich halte es auch für wahrscheinlich, dass es dem Täter nicht primär um das Geld, sondern hauptsächlich darum ging, Maria Bögerl zu ermorden. Eine Entführung mit anschließender Lösegelderpressung ist ein riskantes Verbrechen, auf das eine empfindliche Strafe steht. Gemessen an dem Risiko, das ein Täter bei einer solchen Tat eingeht, sind 300000 Euro Lösegeld ziemlich bescheiden. Vor dem Hintergrund der selbst für ein Kidnapping riskanten Tatausführung würde ich sogar sagen sehr bescheiden. Fakt ist, dass der Täter während der Begehung der Tät die folgenden Risiken in Kauf nahm:
1. Maria Bögerl wurde aus ihrem eigenen Haus entführt, das in einer ruhigen Gegend lag, weswegen die Tat von Anwohnern hätte beobachtet werden können.
2. Die Tat ereignete sich am späten Morgen, zu diesem Zeitpunkt ist mit unerwarteten Anrufen und auch Besuchen zu rechnen. Bezeichnenderweise verpasste Maria Bögerls Sohn, der an diesem Tag von Nürnberg, wo er studierte, nach Hause fuhrt, den Täter nur knapp.
3. Der Täter benutzte das Handy seines Opfers und ging somit das Risiko ein, mithilfe der Handys geortet werden zu können.
4. Der Täter saß in Maria Bögerls Auto und nahm somit das Hinterlassen von DNA-Spuren in Kauf. Die Polizei hat ja eine "tatrelevante" DNA-Spur, allerdings weiß ich nicht, ob diese aus Maria Bögerls Auto stammt. Im XY-Beitrag ist zu sehen, wie der Täter das Auto von außen mit einem Tuch abwischt, für das Autoinnere interssiert er sich aber nicht.
5. Auf der Fahrt durch Heidenheim hätte Maria Bögerl, die laut dem XY-Film nicht geknebelt war, durch Schreie oder mit Gesten oder einer verängstigten Mimik aus sich aufmerksam machen können. Im XY-Film wird ja auch ein solcher Versuch gezeigt, der aber leider erfolglos bleibt. Außerdem hätte sie von Bekannten erkannt werden können.
Dass der Täter für 300000 Euro solch große Risiken eingehen sollte, erscheint mir nicht plausibel. Dazu kommt noch die eigentümliche Stückelung des Lösegeldes in Verbindung mit dem sehr engen Zeitfenster. Hatte sich der Täter gar keine Gedanken darüber gemacht, dass seine Forderungen nach der besagen Stückelung dazu führen könnte, dass er das Geld nicht innerhalb der von ihm festgesetzten Zeitspanne erhalten würde? Oder wollte er sich durch unerfüllbare Forderungen ein Motiv für die Ermordung der Maria Bögerl verschaffen?
Fakt ist jedoch, dass die Polizei davon ausgeht, dass Maria Bögerl bereits kurz nach ihrer Entführung und nicht nach dem Ablauf des Ultimatums für die Geldübergabe ermordet wurde. Im XY-Film wird sie nach einem missglückten Fluchtversuch ermordet, ich nehme deswegen an, dass es dafür entsprechende Indizien gibt. Vielleicht wurden die Handschellen, mit denen sie gefesselt war, halboffen gefunden, oder der erste Stich traf sie in den Rücken, womit davon auszugehen wäre, dass sie auf der Flucht war.
Dass sich der Täter aber danach noch die Mühe macht, sich nach dem Abstellen des Autos der Maria Bögerl im Innenhof eines Klosters in ein Walddstück zu begeben, einen Ast abzuschneiden, an diesem Ast ein Deutschlandfahne zu befestigen und den besagten Ast dann wie angekündigt am Rande der A7 aufzustellen, ist vor dem Hintergrund der Tatsache, dass das Lösegeld gar nicht abgeholt wurde, sehr seltsam. Wollte er Thomas Bögerl durch die nur schwer zu erfüllenden Forderungen unter Psychoterror setzen? Bereitete ihm die Gewissheit, dass Thomas Bögerl mit dem Gedanken, nicht imstande gewesen zu sein, den Tod seiner Frau zu verhindern, würde weiterleben müssen, ein sadistisches Vergnügen?
Wenn es dem Täter um das Geld gegangen wäre, könnte ich den Tathergang nur dann mit diesem Motiv vereinbaren, wenn es einen Hintermann gegeben hätte, mit dem der Täer im Kontakt stand, und von dem er vor der Geldübergabe zurückgepfiffen wurde. Möglich wäre auch, dass der Täter das Geld holen wollte, sich dabei aber beobachtet fühlte und deswegen einen Rückzieher machte.