allmy_my schrieb:ich glaube immer mehr dass sie freiwillig weg war und dann unfreiwillig in eine Situation geraten ist, in der sie nicht nach hause konnte.
Ich ab mir auch mal überlegt, wie das hätte sein können, wenn sie nicht entführt worden wäre:
Das letzte Telefonat am Dienstag war anders, als die kurz angebundenen SMS/Gespräche die Tage zuvor.
Am Montag gab es keinen Kontakt.
Zwischen den Gesprächen am Sonntag und Dienstag könnte also etwas passiert sein, was die Situation verändert hat.
Was wäre wenn Frauke Liebs bis Montag mehr oder weniger freiwillig unterwegs war, mit ein, zwei Personen. Fußball-WM, Partystimmung, mal Fünfe grade sein lassen, WM im eigenen Land - sowas gibt's ja nur einmal im Leben. Sie wollte zwar möglichst bald wieder heim, aber ließ sich dann doch immer wieder überreden zu bleiben.
Da die SMS und Mobilbox-Nachrichten auf ihr Handy einprasselten hat sie immer dann, wenn ihr jemand einen Akku lieh, auf diese mit kurzen Status-Mitteilungen reagiert: sag den Eltern Bescheid - bin in Paderborn etc. Pflichtschuldig, aber mit schlechten Gewissen, etwas verpeilt durch die anhaltende Feierlaune.
(die erste "Privat-Party" war vielleicht in Nieheim, dann waren sie immer irgendwo in der Stadt unterwegs, vielleicht Fußballschauen in Kneipen etc - es gäbe da also kein Vertuschen von Ortungen, kein "in die Irre führen", kein Reagieren auf Pressemeldungen - die ganzen Infos die sie vielleicht hatte waren die Nachrichten an sie)
Am Montag dann passierte etwas, vielleicht kam es zu irgendeiner Art von Gewaltausbruch, den sie nicht tolerieren wollte. Oder es passierte in etwa sowas: die Person(en) mit denen sie unterwegs war verursachte(n) mit dem Auto unter Alkoholeinfluß einen Unfall, und beging(en) Fahrerflucht. Frauke ist der Meinung, sowas müsse der Polizei gemeldet werden - die anderen sehen das anders.
Oder vielleicht das:
Eine dürre Meldung vom 28.06.2006 in der Neue Westfälischen:
Bad Wünnenberg. Bei einem Unfall auf der Landstraße 956 in Fahrtrichtung Bleiwäsche wurde am Montagnachmittag ein junger Mann leicht verletzt. Der 19-Jährige war gegen 15.40 Uhr mit seinem BMW nach rechts von der Fahrbahn abgekommen, hatte sich gedreht und war dann in einem fast zwei Meter tiefer liegenden Grünstreifen stehen geblieben. Der verletzte Fahrer wurde für weitere ärztliche Untersuchungen mit einem Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht.
Über die Gründe finden sich nichts: Überhöhte Geschwindigkeit? Alkoholeinfluß?
Oder kam ihm ein Auto entgegen, und er musste ausweichen? Wurde er bei einem riskanten Überholmanöver abgedrängt?
Am Dienstag weiß sie vielleicht, dass sie ein Problem mit den Personen hat, mit denen sie unterwegs ist - deswegen kommuniziert sie ausführlicher. Der spaßig-wilde Trip ist unangenehme Realität geworden. Deswegen klingt das letzte Gespräch "versöhnlicher", mit Reue, eher wie die Frauke, wie ihre Freunde sie kennen, auch wenn sie nicht allzuviel verraten wollte/konnte - sie war ja darauf angewiesen, dass ihr einer von denen einen Akku leiht, vermutlich haben die ab da genau zugehört, was sie wem sagt.
Am Ende konnte sich Frauke Liebs mit ihrem Gerechtigkeitssinn nicht durchsetzen - für ihre "Party-Gefährten" stand zuviel auf dem Spiel. (z.B. ein Medizinstudent, der durch eine Anzeige seine Karrierre gefährdet sah)
Ich finde, die Telefonate hören sich eher frei an, nicht so, als ob sie nichts sagen durfte, sondern nicht wollte.
Ihre Freunde schienen nicht über die Maßen besorgt. Das "Entführungs"-Narrativ kommt vor allem von ihrer Mutter - die sie in dieser Lebensphase vielleicht nicht all zu gut kannte, und die glaubt, wenn ihre Tochter etwas Schlimmes, Unvorhergesehenes macht, dann muss es unter dem Einfluss einer anderen Person geschehen (wie in "Mein Kind nimmt keine Drogen, es wurde dazu verführt" etc). Irgendwo hier in diesem Thread wurden ja die Charakterzuschreibung der Mutter von Personen, die Frauke Liebs nach eigenem Bekunden kannten, etwas relativiert, mit Beschreibungen wie "spontan", "flirty", "tough" etc.
So in die Richtung könnte ich mir auch eine Nicht-Entführung vorstellen.