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Mordfall Hinterkaifeck

51.981 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Bauernhof, Hinterkaifeck ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Mordfall Hinterkaifeck

Mordfall Hinterkaifeck

03.01.2008 um 18:28
@all

Ehrlich gesagt, würde mich zu den Tatortfotos einmal sehr die Meinung eines guten Fotografen (oder besser noch: die eines guten Fotografen und die eines Experten der Fotografie-Geschichte) interessieren:

1. Entsprach die Qualität der Fotos dem damaligen Standard oder bleiben sie dahinter zurück - und wenn, woran könnte das liegen?

2. Kann man aus der Art der Aufnahmen erkennen, ob der Fotograf ein Profi gewesen ist?

3. Oder kann man, umgekehrt, vielleicht sogar Indizien dafür finden, daß die Fotos besonders schlecht gemacht worden sind - weil den Beteiligten klar war, daß es auf diese Bilder nicht ankommt, und weil eben doch etwas vertuscht werden sollte? ("Verhaften Sie die üblichen Verdächtigen" - wie es in der Schlußszene eines Filmklassikers heißt.)

Ich denke dabei an Überlegungen zur Belichtung, zum Aufnahmewinkel, zu Licht- und Schatten-Verhältnissen, zur gewählten Entfernung usw.


@oldschool70

Die Armschlinge wegzulassen war m.E. richtig, obwohl sie von allen auf den Tatortbildern (vermeintlich) erkannten Objekten (Köpfen, Fingern, Armen und so weiter) wohl noch das deutlichste war ...


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Mordfall Hinterkaifeck

03.01.2008 um 18:30
@oldschool

Tolle Sache! Danke für die Auflistung.......


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Mordfall Hinterkaifeck

03.01.2008 um 18:46
@inquisiteur

Willkommen in Absurdistan!

In meinen Augen sind diese Aufnahmen, zumindest was die Aussagekraft betrifft, absolut amateurhaft. Wenn ich davon ausgehe, dass ich der ermittelnde Beamte wäre, dann hätte ich zumindest auch Nahaufnahmen der Opfer getätigt, was durchaus üblich wäre. Es liegt natürlich auch die Vermutung nahe, wie Bernie schon sagte, dass hier bewusst oder unbewusst die ein oder andere Aufnahme abhanden kam.

Du hast in Deinem Statement die Entfernung und den Blickwinkel angesprochen. Und genau dort beginnt doch schon das Problem......


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Mordfall Hinterkaifeck

03.01.2008 um 18:55
@hauinolo

An die Möglichkeit, daß Bilder abhanden gekommen sein könnten, hatte ich noch gar nicht gedacht.

Meine Vermutung ging dahin, daß zunächst nur sehr schnell und provisorisch einige Bilder vom Tatort gemacht worden sind, um dann später (am nächsten Tag) weitere Fotos zu machen (bei besserem Licht und in aller Ruhe) - wozu es jedoch nicht kam.


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Mordfall Hinterkaifeck

03.01.2008 um 18:59
hauinlo schrieb:
In meinen Augen sind diese Aufnahmen, zumindest was die Aussagekraft betrifft, absolut amateurhaft. Wenn ich davon ausgehe, dass ich der ermittelnde Beamte wäre, dann hätte ich zumindest auch Nahaufnahmen der Opfer getätigt, was durchaus üblich wäre.
Das ist richtig. Ich habe auch das Gefühl, nachdem ich das Leuscher Buch gelesen und hier einen Großteil der Forumsbeiträge durchgeschaut habe, dass die Ermittlungsarbeiten aus irgend welchen Gründen, auch für die damalige Zeit, sehr stümperhaft durchgeführt, bzw. bewust recht oberflächlich gehalten wurden. Als sollte der Täter gar nicht überführt werden.


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Mordfall Hinterkaifeck

03.01.2008 um 19:28
@Bernstein

Auch mein Eindruck war immer, daß eventuell existierende weitere Tatortfotos aufgrund der grausigen Details unter Verschluß gehalten worden sein könnten.
Es wäre entsprechend auch logisch, wenn aus diesen Gründen die "FFBler" mehr über die Verletzungen der Opfer wissen, als uns hier im Thread durch die lückenhaften Akten bekannt ist.


@all

Tür Stall/Stadel: Schloß oder nicht Schloß - das ist hier die Frage!
Sieht jemand mehr? Ich gestehe, ich kann die Fotos nicht bearbeiten - do kenn´a mi ned aus...


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Mordfall Hinterkaifeck

03.01.2008 um 19:36
@all

Ich möchte die Qualität der Bilder nicht entschuldigen, sondern nur daran erinnern, dass nach Leuschner Dr. Aumüller zur Archivierung und einer eventuellen Rekonstruktion Wert auf die Schädelkalotten gelegt hat und weniger auf Fotografien. (Mit Rekonstruktion meine ich den Abgleich einer möglichen Tatwaffe mit den Verletzungen.)

Ich kann völlig auf dem Holzweg sein, aber ich glaube, 1922 war es einfach nicht üblich hunderte von Tatortbildern zu machen. Nebenbei: Im Fall Barschel konnten die entscheidenden Tatortbilder wegen eines technischen Defektes nicht entwickelt werden, die Bilder der Stern-Reporter sind nahezu die einzigen. Was ich sagen will: Shit happens - auch in der technisierten Welt!


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Mordfall Hinterkaifeck

03.01.2008 um 19:39
/dateien/mt31345,1199385574,Tatfoto 2 500x350Original anzeigen (0,2 MB)
Es scheint tatsächlich noch mehr Bilder (zumindest vom Hof) zu geben. Auf dem von mir angehängten Bild aus dem Filmbeitrag des BR ist klar ein Baum vor den liegenden Metallsäulen zu erkennen (unten rechts). Auf dem üblichen Bild von der Hofansicht fehlt dieser Baum. Da es damals noch keinen Photoshop etc. gab, muß der Fotograph also beim Bild ohne Baum näher an den Säulen gestanden sein.


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Mordfall Hinterkaifeck

03.01.2008 um 19:48
Hallo,

ich war heute im Staatsarchiv München und habe 4 Stunden lang die Gefangenenbücher der JVA Aichach (Frauen) und der JVA Landsberg/Lech (Männer) überprüft.

Hierzu folgende Ergebnisse/Anmerkungen:

1. JVA Aichach (Viktoria):

die Frauenstrafanstalt Aichach liegt Luftlinie nur ca. 20 km von Hinterkaifeck entfernt. Viktoria wurde am 28.05.1915 wegen Blutschande zu 1 Monat Gefängnis verurteilt - also war es naheliegend, daß sie in Aichach ihre Strafe verbüßen hätte müssen.

Aber: in Aichach ist keine Viktoria Gabriel (alt. Gruber) inhaftiert gewesen !

AngRa und ich denken nun, daß Viktoria mit sehr großer Wahrscheinlichkeit diese o.a. Haftstrafe nicht verbüßt hat.

Gründe: Siehe hierzu die gestrigen Ausführungen von AngRa (Stichwort: "bedingtes Gnadenrecht" !). Zusätzlich sagte der Zeuge Jakob Sigl in einer Vernehmung vom 10.01.1952 zum Themenkomplex aus: ..., daß ich nicht mit Sicherheit sagen kann, ob auch die Viktoria Gabriel eingesperrt war."


2. JVA Landsberg/Lech (Andreas Gruber):

Nachdem mir mitgeteilt wurde, daß Gruber nicht im Zuchthaus Kaisheim inhaftiert war und er ebenfalls am 28.05.1915 wegen Blutschande zu 1 Jahr Zuchthaus verurteilt wurde, habe ich auf das Gefängnis in Landsberg getippt.

Aber: in Landsberg ist im fraglichen Zeitraum kein Andreas Gruber inhaftiert gewesen

Ich bin nach wie vor der Meinung, daß Gruber seine Strafe abgesessen hat - nur wo ? Ich denke nicht, daß hier das "bedingte Gnadenrecht" angewandt wurde, da mir das Strafmaß dafür etwas zu hoch erscheint.


Allgemeine Anmerkungen:

In den Gefangenenbüchern von Aichach sind u.a. folgende Daten der Inhaftierten vermerkt:

Name + Vorname / Heimatort / Alter / Stand / Beruf / Konfession / Delikt / Strafmaß / Vorstrafen (Anstalt) / Körpergröße / Gewicht / Auffälligkeiten

Aufgrund der aktuellen Diskussion über Körpergrößen habe ich hier besonders darauf geachtet. Ca. 90 % der inhaftierten Frauen sind zwischen 1,50 - 1,60 m groß gewesen. Die restlichen 10 % waren sogar darunter bzw. nur ganz wenige über 1,60 m !

Beispiele für die damaligen Strafmaße (Zeitraum 1912 - 1919):

Blutschande, Taglöhnerin, 51 Jahre alt = 4 Monate
Kindstötung, Dienstmagd, 18 Jahre alt = 2 Jahre + 3 Monate
Betrug, Kellnerin, 24 Jahre alt = 3 Monate + 15 Tage
Brandstiftung, Mädchen, 14 Jahre alt = 8 Monate
Diebstahl, Zimmermädchen, 19 Jahre alt = 4 Monate
Verkehr mit Kriegsgef., Frau, 24 Jahre alt = 4 Monate

Mir ist in den o.g. Unterlagen keine Haftstrafe unter 2 Monaten aufgefallen ! Das Einzugsgebiet der Strafanstalt Aichach erstreckte sich damals auf ganz Bayern + der Pfalz + ganz vereinzelt das Saargebiet.

Allerdings gab es auch Verlegungen (Vermerke im Gefangenenbuch): So muß es eine weitere Strafanstalt in Sulzbach gegeben haben. Weitere Verlegungsorte: Laufen, Würzburg, Bayreuth, Nürnberg, Stadelheim


Zum Gefängnis in Landsberg: das war offensichtlich das "Hausgefängnis" der Landgerichte Augsburg, München I und Straubing (zu jedem Häftling wurde das Datum des Gerichtsurteils und das verurteilende Gericht vermerkt).

Weitere Landgerichte (nur ganz vereinzelt): Regensburg; Memmingen; Traunstein; Kempten; Landshut; und weitere.

Ich habe jedoch keinen Häftling entdecken können, den das Landgericht Neuburg/Do. verurteilt hat. Also war von vorneherein die Wahrscheinlichkeit extrem gering auf Andreas Gruber zu stoßen.



Gruß Kcefiak


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Mordfall Hinterkaifeck

03.01.2008 um 20:10
@kcefiak

Ich bin mir ja auch ganz und gar nicht sicher, ob bei Gruber eine bedingte Begnadigung zum Tragen kam. Aber m.E. ist hierfür nicht allein die Länge der Strafe maßgeblich, sondern wie auch heute, die persönlichen Umstände des Verurteilten, insbesondere der Umstand, dass die Tat lange zurücklag und dass sich die persönliche Situation der Täter durch die Heirat und Mutterschaft inzwischen grundlegend geändert hatte und Reue (+ Geständnis).

Außerdem war das Strafrecht schon immer ein Klassenrecht. Ein armer Schlucker, wie ein Tagelöhner oder ein Knecht/Magd ist immer schlechter weggekommen, als ein Bauer mit Landbesitz von dessen Arbeitseinsatz obendrein eine ganze Familie (Kriegerwitwe) abhängig war. Teilweise ist das doch auch heute noch so. Da wollen wir uns doch gar nichts vormachen.

Hast Du denn definitiv eine Zeugenaussage darüber gelesen, dass Gruber die Strafe abgesessen hat? Wenn Victoria die Strafe nicht abgesessen hat, dann kann ja schon aus diesem Grund die Bemerkung von Pielmaier "Beide haben die Strafe verbüßt" nicht stimmen, d.h. er hat die Akte betreffend Begnadigung evtl. gar nicht eingesehen.

Ich finde es jedenfalls sehr merkwürdig, dass Andreas Grubers Name in den Haftbüchern nicht auftaucht.

Vor allem danke ich Dir für Deinen Einsatz und Deine Bemühungen über diesen Punkt Klarheit zu schaffen.


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Mordfall Hinterkaifeck

03.01.2008 um 20:36
@kcefiak

Die Zeugenaussage des Jakob Sigl vom 10.1.1952 ist mir nicht bekannt. Mir ist nur die Aussage des Sigl unmittelbar nach Auffindung der Toten bekannt. Was hat er denn 1952 überhaupt so ausgesagt?

Hat er seine früheren Aussagen zur Auffindesituation revidiert oder ergänzt? Hat er speziell etwas über das Heuseil im Stadel erwähnt? Hat er etwas über die Streitigkeiten (Prozesse mit dem LTV) erwähnt? Hat er auch etwas über die persönlichen Lebensumstände der Hinterkaifecker ausgesagt? Du hattest bereits angedeutet, dass er sich nicht sicher war, ob Victoria die Strafe auch abgesessen hatte.


Ein weiterer Punkt ist, dass im Leuschner-Buch erwähnt wird, dass Andreas Gruber nach Entlassung aus der U-Haft 1919 keine Haftentschädigung gewährt wurde. Das setzt voraus, dass er selbstbewusst Haftentschädigung beantragt hatte, denn ein solcher Anspruch wird ja nicht automatisch von Amts wegen geprüft. Hierüber muss es folglich auch irgendwo Aktenvermerke geben, wahrscheinlich wurde es auch im Bericht von StA Pielmaier aus dem Jahr 1926 erwähnt.

Zunächst ruh Dich aber von deinem heutigen Einsatz aus und lass Dir mit der Beantwortung der Fragen Zeit.


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Mordfall Hinterkaifeck

03.01.2008 um 21:38
Hallo,

@AngRa:

Nach den Recherchen in den Gefangenenbüchern habe ich noch kurz in den Bestandsübersichten des Amtsgerichts Schrobenhausen nachgesehen. Es gab hier definitiv ein Amtsgerichtsgefängnis. Allerdings konnte ich explizit keine Signatur mit der Bezeichnung "Gefangenenbücher des AG-Gefängnisses Schrobenhausen" finden.

Es gibt allerdings noch andere Bestände des AG Schrobenhausen, die ich bei Gelegenheit noch auf relevante Daten abchecken könnte - allerdings nicht in nächster Zeit. Meine Einschätzung hierzu: da dürfte vmtl. nicht mehr viel zu holen sein !

nochmal zum Strafmaß:

nach den mir vorliegenden Informationen (bitte korrigieren wenn das nicht stimmt), war hier die Rechtsgrundlage der § 173 des Reichsstrafgesetzbuches von 1871 ( = Beischlaf zwischen Verwandten).

Höchststrafmaß:

- aufsteigende Linie (Andreas Gruber) = 5 Jahre
- absteigende Linie (Viktoria Gabriel) = 2 Jahre

Das Gericht blieb also bei beiden deutlich unter dem jeweiligen Höchststrafmaß - wobei auffällt, daß bei Viktoria deutlich milder geurteilt wurde, als bei Andreas Gruber !


@AngRa + @Bernstein + @hideho:

zur Zeugenaussage des Jakob Sigl:

Jakob Sigl wird damals in seiner Wohnung in Schiltberg von Kriminalbeamten zum Mordfall Hinterkaifeck vernommen. Hintergrund für diese neuerliche Zeugeneinvernahme ist wohl der damalige Tatverdacht gegen A. Gump.

Im wesentlichen enthält das Protokoll die bekannten Aussagen von früher. Zur Haftverbüßung des Andreas Gruber sagt Sigl folgendes aus: (nachdem er vom Krieg heimgekehrt ist) "...., erfuhr ich, daß Andreas Gruber ..... wegen Blutschande eingesperrt" (war).


@Odde:

In der Tat gibt es bisher zwei bekannte Bilder vom Hinterkaifecker Hof ! Nach meiner Ansicht folgende:

das Bild "mit Baum" und den im Hofraum abgelegten Eisenstützen = offenbar vor der Tat aufgenommen


das Bild "ohne Baum" und den auf der Geländeerhöhung abgelegten Eisenstützen = auf jeden Fall zeitnah nach der Tat aufgenommen

Anmerkung:

Die Eisenstützen waren m.E. im Hofraum nicht ausreichend vor Boden- /Staunässe (vgl. Hofraum im Bild "ohne Baum") geschützt und wurden deswegen später auf die Geländeerhöhung südlich des Hofes verbracht


Gruß Kcefiak


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Mordfall Hinterkaifeck

03.01.2008 um 22:19
@kcefiak

Du siehst es richtig. Das Gericht ist bei beiden deutlich unter der Höchststrafe geblieben.
Im Mai 1915 war die abgeurteilte Tat ( Zeitraum 1907 bis Sommer 1910) außerdem auch knapp vor der Verjährung, weil die Verjährungsfrist bei einem Höchststrafmaß von 5 Jahren nur 5 Jahre beträgt.

Ich finde ich es merkwürdig, dass einerseits Sigl ausgesagt hat, er habe nach der Rückkehr aus dem Krieg erfahren, dass Gruber eingesperrt gewesen war. Er selbst war 1915 vermutlich kriegsbedingt abwesend, aber er hat ja wohl damals schon in Gröbern gelebt und hat es vermutlich von Bekannten etc. erfahren können. Andererseits taucht der Name von Andreas Gruber nicht in den Haftbüchern der einschlägigen Zuchthäuser auf.

Ich gehe nicht davon aus, dass man in einem Amtsgerichtsgefängnis eine Zuchthausstrafe verbüßen kann. Ich denke, dass ein solches Gefängnis hauptsächlich für die Aufnahme von U-Häftlingen eingerichtet war, die auf ihren Prozess gewartet haben etc..

Ja, es bleibt weiterhin alles sehr rätselhaft.


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Mordfall Hinterkaifeck

03.01.2008 um 22:24
Hallo,

ich befasse mich erst seit 2 Tagen mit dem Thema -seit bei uns daheim das Buch Tannöd aufgetaucht ist- und bin von euren Beiträgen und Recherchen echt beeindruckt !
Versuche im Moment die paar Seiten nachzuholen, die ich verpasst hab...

Zur aktuellen Diskussion: Wenn Andreas Gruber nicht in den JVAen Kaisheim und Landsberg auftaucht, muss das nicht unbedingt was heißen. Heute werden Gefangene je nach Länge ihrer Haftstrafe der jeweiligen JVA mit der entsprechenden Sicherheitsstufe zugeteilt (ist im sog.Vollstreckungsplan festgelegt). -also nicht zwingend dem nächstgelegenen Gefängnis.
Soweit ich weiß, wurde das bereits damals ähnlich gehandhabt, wobei zu der Zeit die Gerichtsgefängnisse(aufgrund der örtlichen Nähe, man war ja damals weniger mobil) eine große Rolle gespielt haben;
auch gabs die Unterscheidung Strafanstalt - Zuchthaus.
Wenn es zur damaligen Zeit bereits so etwas wie den heutigen Vollstreckungsplan (Wahrscheinl. nicht unter der Bezeichnung Vollstreckungsplan) gegeben hat -meiner Meinung nach muss auch um 1920 eine halbwegs einheitliche Zuteilung der Gefangenen zu bestimmten Gefängnissen durchgeführt worden sein-, könnte man in diesem auf einen Blick feststellen, in welcher JVA Andreas Gruber seine Strafe verbüßen musste.
Ein Versuch wärs...


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Mordfall Hinterkaifeck

03.01.2008 um 22:41
Nachtrag: Vielleicht gibts in irgendeinem Archiv auch Unterlagen des zuständigen Gerichtes, in denen das Urteil oder noch besser eine Art Strafladung abgeheftet ist, da müßte die JVA auch drinstehen.


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Mordfall Hinterkaifeck

03.01.2008 um 23:39
Hallo,

@daV

die damalige Zuteilung der Gefangenen ist mir nicht so recht klar. Soviel ich weiß, war "Zuchthaus" eine verschärfte Form der Haftstrafe. Ganz sicher bin ich mir hier nur bei Kaisheim als Zuchthaus. Welches Zuchthaus gab es noch in vernünftiger Reichweite bzw. im Zuständigkeitsbereich des damaligen Landgerichts Neuburg/Do.?

Die Akten des Gerichtsurteils sind vermutlich 1944 im Rahmen eines Bombenangriffs auf Augsburg zerstört worden.

Möglicherweise hilft bzgl. des "Vollstreckungsplans 1915" nur ein Justizhistoriker (keine Ahnung wer das sein könnte) oder evtl. eine Nachfrage im bay. Justizministerium.

Gruß Kcefiak


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Mordfall Hinterkaifeck

04.01.2008 um 00:15
@kcefiak

Zuchthaus war eine verschärfte Form der Haft, auf jeden Fall eine andere Haftform,was bei der Suche nach Andreas Gruber berücksichtigt werden muss.
Es wäre möglich, dass vor der Verlegung ins zuständige Zuchthaus zunächst die Unterbringung in einem Gerichtsgefängnis (wohl das nächstgelegene) erfolgte, quasi als Zwischenstation nach Urteilsverkündung.
Beim Justizministerium könnte zumindest geklärt werden, ob überhaupt Aussicht besteht, dementsprechende Unterlagen aufzutreiben..
Justizhistoriker wär auch a gute Idee, spontan weiß ich auch keinen, aber viell. lässt sich da was rausfinden.
Sicher weiß ich, dass 1915 in Straubing ein Zuchthaus bestand, is aber ein Stück weit weg.

Gruß daV


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Mordfall Hinterkaifeck

04.01.2008 um 00:28
Mir scheint denkbar, daß der Antritt der Haft bei Andreas Gruber nach dem Urteil im Mai 1915 erst einmal ausgesetzt wurde, weil er ja als Landwirt indirekt "kriegswichtige Arbeit" verrichtet hat. Es ist natürlich reine Spekulation, aber ich stelle mir so eine Art Deal eines Haftantritts in den Wintermonaten vor, vielleicht schon mit der stillschweigenden Übereinkunft, in nach einigen Monaten pünktlich zum nächsten Frühjahr, so daß die Feld- und Erntearbeit wiederum gewährleistet gewesen wäre, auf freien Fuß zu setzen.

Durch die schwierige Ernährungssituation schon 1915/16 (wenn ich mich recht erinnere, war schon dieser Winter der "Dotschenwinter", in dem die Bevölkerung in großem Maße Rüben verzehren mußte), könnte Gruber dann einige Monate später (ohne die Haft je anzutreten) endgültig begnadigt worden sein.
Eine gewisse Rolle könnte die Tatsache gespielt haben, daß er quasi auch Ernährer einer Kriegerwitwe und einer Halbwaise war, wie AngRa ja schon ausgeführt hat.
Ein weiterer Grund für eine eventuelle Begnadigung wäre das - zumindest in den Augen der damaligen Zeit - fortgeschrittene Alter des Gruber, bei dem man u.U. die Wiederholungsgefahr als gering ansah.

Wenn es aber so gewesen wäre, daß Andreas Gruber die Haftstrafe niemals angetreten hat oder - 2. Variante - nur einige Wintermonate 1915/16 in Haft war, dann scheint es so, daß das Gröberner Umfeld vom Prozeß und vom Urteil weniger wußte, als wir zum Teil vermutet haben.
Ansonsten würde man doch denken, daß es über die ganz oder teilweise "geschenkte" (d.h. nicht verbüßte) Haftstrafe entsprechendes Gerede gegeben hätte, das der Polizei zu Ohren gekommen wäre.


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Mordfall Hinterkaifeck

04.01.2008 um 00:39
"Kommando (teilweise) zurück!"

Leider erst geschrieben, dann gegoogelt:

Der sogenannte "Dotschenwinter", als viele sich von Steckrüben ernähren mussten, war erst 1916/17.

Aber der grundsätzliche Gedanke, daß es bei "kriegswichtiger Arbeit" schon 1915/16 eine Art Strafrabatt gegeben haben könnte, erscheint mir nach wie vor plausibel.


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Mordfall Hinterkaifeck

04.01.2008 um 10:44
Habe mir jetzt noch einmal ein paar Dinge zu Gemüte geführt. Also die offizielle Beschreibung des Ablaufs mit der Kuh die sich losgerissen hat und dann sind alle nacheinander in den Stadel gegangen, ist vollkommen daneben.

Wäre der Grund für den "Ausflug" eine Kuh gewesen, wären die Personen entweder durch den Gang am hinteren Ende des Hauses gegangen oder vorne vom Hof durch die Türe, dass die durch den Stadel gehen ist vollkommen unrealistisch. Warum sollte man um den Stall herum gehen. Nehmen wir aber trotzdem einmal an, dass die durch den Gang gingen, einer nach dem anderen, dann hätte spätestens der 2. oder 3. über die schon dort liegenden Leichen klettern müssen. Damit ist auch dies schon einmal ausgeschlossen. Von der Stadeltüre zum Tötungsort sind es aber auch einige Meter, die folgenden Personen hätten also vom Tor zum Stadel gehen müssen, hätten sich dann gebückt und wären sicher nicht der Länge nach dort gelegen. Alle diese möglichen Tathergänge sind für mich ausgeschlossen.

Der Profiler hat ja die Bemerkung gemacht, dass die Tat auf eine emotionale Beziehung hindeutet, Abdeckung der Leichen etc. Dann muss man aber auch in Betracht ziehen, dass die Leichen evtl. positioniert wurden. Da die am Tatort eintreffenden LTV und die beiden Nachbarn die Leichenposition zunächst verändert haben, um zu sehen, wer da liegt, stimmt der Tatablauf mit Bild 1 (Andreas Gruber liegt oben auf, die anderen drunter) sicher nicht einhundertprozentig mit der wirklichen Lage überein, besonders aber nicht mit der Lage nach der Begutachtung durch LTV. Hier wurde nachgearbeitet !

Warum ist die alte Cezilia angezogen, während bei Viktoria die Schuhe fehlen und Andreas Gruber in Unterwäsche ist ? Ein treibendes Element des Ganzen ist die Blutschande. Ich denke folgendes. Andreas Gruber und Viktoria waren Im Stadel zu gange als der Täter kam. Evtl. wollte sich der Täter mit Viktoria treffen. Er erschlug dann zunächst den Gruber, würgte dann die Viktoria. Durch das Geschrei kam die alte Cezilia dazu, nun nahm er die Hacke und erschlug die alte Cezilia und die noch unter der Leiche von Andreas liegende Viktoria. Nun ging er ins Haus, erschlug die Magd und brachte die junge Cezilia in den Stadel und erschlug auch sie. Nun brachte er die restlichen Kleider von Andreas in die Wohnung um die Blutschande noch deutlicher zu machen oder weil die Kleider voll Blut waren vernichtete er sie. Und der kleine Josef mußte auch sterben als Beweis der Blutschande und mit einem festen Schlag, warum sonst wurde das auch noch erwähnt.

Nach dem Auffinden war der LTV alleine im Haus, die anderen verständigten die Polizei. Er positionierte nun die Opfer in der bekannten Stellung (Bild 1) und alle Bürger kamen als Beobachter um sich die Blutschande anzusehen. Deshalb redet keiner. Sie sahen den bis auf Unterhosen ausgezogenen Andreas auf der Viktoria liegen. Mit Stroh war das Ganze etwas abgedeckt, damit es nicht zu greuslich aussah. Siehe auch Sterbebild (Blutschande, 1 Jahr, steht da ganz unten Rache oder Strafe Gottes ?), das große Interesse bei der Beerdigung, keine Reaktion als die Grubers abgingen, jeder wußte Bescheid. Aber keiner sagte etwas, die hatten es ja verdient. Und später sagte der Pfarrer, der Täter ist Tod um weitere Nachforschungen für unnötig zu erklären.

Waffe auf dem Dachboden versteckt. Ein selten doofes Versteck. Im Heu waren Kuhlen, normalerweise hätte die Polizei dann den Dachboden gründlich durchsucht. Im Heu waren eben extra Kuhlen angelegt um die Polizei auf den Dachboden aufmerksam zu machen, auch wurde erzählt, die Grubers dachten es wäre jemand auf dem Dachboden, trotzdem fand die Polizei die Waffe nicht. Man wollte den Eindruck von fremden Bewohnern verdeutlichen. Aber der Andreas Gruber hatte ja noch den Dachboden durchsucht aber nichts gefunden, hatte er die Kuhlen im Heu übersehen ? Ein weiterer kleiner Betriebsunfall, neben dem Auffinden durch Fremde, das mißlang.

Warum war das Auffinden der Waffe wichtig ? "Ich will ihn mitten aus seinem Volk rotten 3 Moses 17, 10. Auch hier ist der Begriff der heftigen Bewegung der herrschende." Rotten oder ausrotten kommt von reuten und ist der Begriff wenn man mit der Reuthaue oder Reuthacke auch Reutte umgeht !!! Wahrscheinlich wurde deshalb sogar der Hof abgerissen um die Reuthacke endlich zu finden.

Ein besonderes Kapitel spielt die Polizei. Bestehen auf Raubmord ! Sonderbare Erklärung mit dem Locken von Personen in den Stadel, was nachweislich nicht richtig klappt. Sie setzt zwar den hohen Betrag von 100.000 Mark aus, aber der Kommissar fährt am nächsten Tag wieder ab. Das paßt nicht zusammen. Sie befragt die Leute nicht genau, den Monteur erst nach 3 Jahren, aber vor allem die Fotos. Die Fotos sind sehr schlecht. Aber was sieht man auf den Fotos besonders gut ? Genau ! Den Andreas Gruber in Unterhosen und das Viktoria unter ihm lag ! Dokumentation der Blutschande für alle die nicht da waren. Die Polizei war nicht schlammpig, sie war wahrscheinlich bewußt nachlässig.

Bleibt die letzte Frage, wer war wirklich der Täter und warum. Also eingeweiht waren viele. LTV hat die Viktoria erpreßt, da bin ich weiter überzeugt. Er ist der Täter, weil er auch wegen der Erpressung einen Grund hatte das Haus zu durchsuchen. Weil er durch seine Vaterschaftsanerkennung den Gefängnisaufenthalt von Andreas Gruber 1919 verhinderte mußte er die Bestrafung durchführen. Vielleicht wurde ihm da während der Beerdigung seines Kindes am 29.03. sogar zugeredet. Strafe Gottes für Deine Hilfe für einen Bluschänder. Vielleicht hat er die Situation sogar für eigene Zwecke ausgenutzt. Auch dies spricht dafür, dass er zwar Begleiter beim Auffinden hatte, dann aber doch alles selber machen "mußte". Die Begleiter waren nur das Alibi.

Damit ist auch die Sache mit dem Hund erklärt, vielleicht hat der sogar gebellt, aber das hat niemand gestört. Und das Vieh wurde versorgt, denn das Vieh hatte ja keine Schuld auf sich geladen.

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