Juris019 schrieb:Bei einem Schwangerschaftsabbruch spaziert man aber auch nicht mal eben zu seinem Gynäkologen, verlangt den Abbruch, geht am selben Tag wieder heim und das Thema ist durch. Das ganze geht nur unter bestimmten Voraussetzungen und man muss auch erstmal einen Arzt finden, der den Abbruch durchführt. Dann bedarf es eines Beratungsgesprächs, Wartezeit und das ganze muss innerhalb der ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft geschehen.
Selbstverständlich, das ist klar, dass ein Abbruch auch keine Sache ist, die "mal eben so" durchgeführt wird. Aber das ist ja eine Schwangerschaft, Geburt, und Kindstötung samt anschließender Leichenverbringung auch nicht - ganz im Gegenteil, all das dauert zusammengenommen länger und ist mit wesentlich mehr Geheimnistuerei und krimineller Aktivität verbunden, als z.B. wegen "Bauchschmerzen" zum Arzt zu gehen und den ins Vertrauen zu ziehen. Oder bei einem "Behördengang" statt zur Behörde zur Beratungsstelle zu gehen. Aber gut, ich glaube, das keyword ist hier tatsächlich "rational". Als Unbeteiligter redet es sich halt gut. Wenn ich sehe, dass es z.B. Leute gibt die, wie in dem von mir verlinkten Artikel, "nicht wissen, was sie mit dem Säugling tun sollen" - da frage ich mich schon auch, ob vielleicht der Staat in punkto sexueller Aufklärung und/oder Krisenberatung nicht stärker in die Pflicht genommen werden müsste.
Raspelbeere schrieb:Manche Menschen sind auch gut im Verdrängen und im Hoffen. Am Anfang sind's vielleicht noch sechs Monate (seit dem Bemerken der Schwangerschaft). Vielleicht endet die Schwangerschaft ja von selbst früh. Vielleicht endet sie früh wenn man etwas nachhilft.
Das ist ein guter Punkt! Wer weiß, wie oft mit irgendwelchen Hausmitteln versucht wird, selbst einen Abbruch herbeizuführen. Belastbare Zahlen dürfte es hierzu keine geben....
Raspelbeere schrieb:Immerhin, die Schwangerschaft wurde geschafft - Baby normal zur Pflege abgeben oder zur Adoption freigeben wäre, selbst ginge es einem nur um sich selbst, straffrei, man hätte seine Ruhe.
Genau das meine ich. Schwangerschaft ist ja (oft/meistens/für viele) kein Zuckerschlecken. Irgendwelche körperlichen Veränderungen oder Unbequemlichkeiten gibt es immer. Wenn man sich 9 Monate lang da durchkämpft, nur um am Ende auch noch straffällig zu werden...ich weiß nicht.
Raspelbeere schrieb:Erstmal könnte ich es mir auch nicht rational vorstellen, warum jemand z.B. das Baby dann nicht abgibt oder wenigstens einigermaßen gesichert abgibt ("vors Krankenhaus legen").
Warum das wiederum nicht getan wird, kann ich sogar ansatzweise nachvollziehen. Bei unserem Krankenhaus z.B. ist die Babyklappe zu erreichen, indem man erst einmal eine steile, gewundene Straße hinaufgeht, die mit Autos nicht befahren werden darf, weil sie gleichzeitig zur Notaufnahme und Liegendanfahrt führt und da also ständig die Rettungswagen und Notarztautos vorbeibrausen. Ganz am Anfang muß man sogar an einem großen Parkplatz vorbei. Die Klappe liegt auf halber Höhe dieser Straße, gut einsehbar an einer Ecke, wo nebenan noch ein großes Rolltor für die Ein- und Ausfahrt von...weiß ich nicht, Zulieferern, Wäschereiwagen, Feuerwehr?...ist. Etwas weiter oben, auch noch im Sichtbereich, haben die Krankenschwestern ihren Raucherbereich. Die Chance, beim Abgeben eines Babys dort von irgendjemandem gesehen zu werden, sei es beim hinaufgehen mit einem Bündel im Arm oder beim Einlegen, ist also sehr groß. Zudem bin ich überzeugt, dass dort auch Kameras angebracht sind. Ich bin mir sicher, in anderen Großstädten liegen die Klappen ähnlich blöd, und die Hemmschwelle für ein Ablegen vor der Tür zB dürfte zu hoch sein.
brigittsche schrieb:irgendwo, aber ich weiß leider nicht mehr wo, habe ich mal gelesen, dass es tatsächlich Fälle geben soll, wo Frauen die Schwangerschaft dermaßen verdrängen, dass sie dann selbst von der Geburt überrascht sind.
Aber in diesem Fall scheint ja irgendwer die Kleidung für das Baby und auch die Decke besorgt zu haben. In irgendeiner Form muss sich also jemand mit der bevorstehenden Geburt auseinandergesetzt haben. Wann das nun geschehen ist, oder wer das war, ist natürlich eine anderen Frage.
Ersteres habe ich auch schon öfter wo gelesen.
Zweiteres wirft für mich die Frage auf, ob Friedas Erstickungstod ein Versehen gewesen sein könnte, und die Entsorgung mehr oder weniger in Panik und Angst vor Beschuldigung geschah? Ich las erst letztens, dass viele frische Eltern den Fehler machen, das Babybettchen mit Kuscheltieren und Decken gemütlich auszustaffieren, dass genau das aber oft zu Erstickungstoden führt, weil die Kinder sich z.B. unter die Kissen arbeiten oder die Gesichtchen in den Kuscheltieren versenken. Wenn so etwas passiert, könnte bei einer (jungen) Mutter eventuell schon eine Reaktion à la "Oh Gott, ich bin schuld! Keiner wird mir glauben, dass das keine Absicht war!" einstellen.