ronny70 schrieb: Ich habe mir bei dem XY-Beitrag auch die Frage gestellt, was alles "schiefgelaufen" ist. Da sind die Eltern bei Bekannten zu Besuch, also vermutl. auch mit dem Auto unterwegs und dann wird die Tochter nicht abgeholt?
Meine Eltern hätten das damals auch nicht gemacht. Warum? Ich glaube, das ist auch etwas der Zeitgeist, man kann das nicht 1:1 vergleichen. Erklärung:
Die Eltern waren wohl angefressen, das Mädchen hat sie ja praktisch vor vollendete Tatsachen gestellt und sie wollten nicht, dass das einreißt. Dazu war es ein Donnerstag, der Vater, der sie vermutlich nachts abgeholt hätte (das wäre nach 1980er Logik "Männersache" gewesen) - musste am nächsten Tag arbeiten. Man kennt das ja selbst - man kommt viel später ins Bett als normal und ist dann den gesamten Tag "lätschig". Das hätte mein Vater z.B. auch nicht gemacht. "Arbeit" war etwas, was viel mehr als heute im Mittelpunkt stand und man schaute einfach (gerade auch im ländlichen Bereich), dass man die sehr gut erledigte. Meine Mutter z.B. arbeitete später halbtags in einem Büro. Gab es zu viel zu tun, nahm sie das, was sie nicht schaffte, mit nach Hause und erledigte es dort heimlich, praktisch als unbezahlte Überstunde, weil sie Angst hatte, als faul oder nicht kompetent genug zu gelten. Man wäre einfach nicht übermüdet bei der Arbeit erschienen, nur, weil die Tochter nachts noch irgendwo auf Besuch war. Da waren die Wertigkeiten völlig anders.
Man hatte ein völlig anderes Sicherheitsempfinden. Es gab keine Fahrradhelme. Es gab erst ab 1984 ein Bußgeld, wenn man im Auto nicht angeschnallt war. Kinder und Jugendliche waren viel autarker - es gab ja auch kein Handy, die Freizeit war wesentlich unkomplizierter. Wir (mein Bruder + ich) hatten auch beide ein Fahrrad und haben damit Freunde besucht und fuhren auch oft spät nachts heim. Meine Eltern waren etwas strenger als andere Eltern, was oft dazu führte, dass ich alleine in der Dunkelheit mit dem Rad unterwegs war. Es gab allerdings auch weniger Verkehr. Ich habe das meinen Eltern oft auch verheimlicht, weil ich Angst hatte, dass ich dann gar nicht gehen durfte und ich hatte auch ein oder zweimal ziemlich gruselige Begegnungen. Es war damals ziemlich normal, dass man mit dem Fahrrad unterwegs war und einen entsprechend großen Aktionsradius hatte (ein Freund meines Bruders wohnte fast 20km entfernt, da radelte er eben hin).
ronny70 schrieb: Da denke ich als Eltern zuerst gar nicht an ein Verbrechen, sondern eher an einen Unfall. In der Dunkelheit auf einem schwach beleuchteten Fahrrad auf der Landstraße. Aber mit dieser Sache müssen die Eltern jetzt eh schon fast 40 Jahre leben.
Im Nachhinein ist man immer schlauer - aber in den 1980ern und 1990ern waren Kinder irgendwie autarker, unsere Eltern wussten oft nicht, wo wir sind. Wie oben schon ausgeführt: Das Sicherheitsempfinden war ein völlig anderes. Plus - man hatte doch ein Bewusstsein für den Preis der Ressource "Auto". Mein Sohn ist heute z.B. oft bei einem Freund drei Dörfer weiter zu Besuch - und müsste dort nur in den Bus hüpfen - der Vater fährt ihn jedes Mal heim, was ich eine unglaubliche Verschwendung von Ressourcen finde (sind 20km insgesamt), er käme ja auch mit Öffis sicher heim.
In der Zeit waren auch die Autos kleiner - man hätte das Rad oft gar nicht ins Auto gebracht - das war auch immer ein Problem, wieder an den Radstandort zu kommen. Ich glaube, die Eltern haben sich (da Zeitgeist) gar keine Gedanken gemacht.
ronny70 schrieb:Ich denke auch nicht, dass die vier Burschen mit dem VW-Bus was damit zu tun haben. Sicher hätten sie die Werkstatt verlassen können, während der Besitzer weg war. Aber die waren mitten im reparieren des Autos, außerdem ist es sehr unwahrscheinlich, dass vier Täter in Absprache gemeinsam so ein Verbrechen begehen.
Da bin ich voll bei dir - zumal sie ja gar nicht wussten, dass Simone in 700m vorbeiradeln würde.
ronny70 schrieb: Da ist sehr viel eher wahrscheinlich, dass ein einzelner Täter nachts nach einem Zufallsopfer gesucht hat. Ich denke ein Zufallsopfer war das Mädchen mit Sicherheit.
Das glaube ich auch - es war purer Zufall - wäre sie 10 Minuten früher oder später los, hätte sie vermutlich überlebt. Ich glaube nicht, dass der Täter lauerte, er überholte sie vielleicht oder fuhr ihr entgegen und beschloss dann, das Verbrechen zu begehen.
Muss ja auch jemand gewesen sein, der die gesamte Nacht unterwegs sein konnte, ohne, dass jemand Fragen stellte. (80km Verbringung kosten ja auch Zeit).