Der "große Unbekannte", den die Angeklagte als angeblichen Täter nannte, scheint keinerlei Rolle in der Verteidigungsstrategie zu spielen. Die Verteidigung kann nur noch versuchen eine Schuldunfähigkeit zu erreichen. Dafür sprechen auch die zahlreichen Anträge.
Im Laufe des Prozesstages beantragte Rechtsanwalt Thomas Seifert, kinderpornografische Inhalte in Augenschein zu nehmen, die Christianes Vater Hans-Peter U. besessen und konsumiert hat, weswegen er am 17. Januar 2013 vom Amtsgericht Mönchengladbach rechtskräftig verurteilt worden war. Seifert beantragte des Weiteren ein sexualwissenschaftlich-psychologisches Gutachten, das aufzeigen solle, dass jemand, der Kinderpornos konsumiert, auch selbst missbraucht.
Ein biometrisches Gutachten solle darüber hinaus feststellen, ob Christiane K. auf den Fotos und Videos zu sehen ist. Denn dann, so der Verteidiger, sei bewiesen, dass die Angeklagte von ihrem Vater missbraucht und/oder vergewaltigt worden sei. Ein Trauma, das "die Voraussetzung der Entwicklung einer dissoziativen Persönlichkeitsstörung" sei. In diesem Fall könnte seine Mandantin schuldunfähig sein. Psychiatrie statt Gefängnis für den mutmaßlichen Mord an Melina (1), Leonie (2), Sophie (3), Timo (6) und Luca (8).
Dies ist natürlich mehr als gewagt, da a) nicht jeder Kinderpornokonsument auch selbst missbraucht und b) nicht jedes missbräuchliche Trauma zu einer dissoziativen Persönlichkeitsstörung führt. Der Verteidiger versuchte da etwas zu suggerieren, was nicht unbedingt gegeben sein muß.
Dies sah sowohl der Staatsanwalt als auch der Richter ähnlich, die Anträge wurden abgewiesen, mMn, völlig zurecht. Einerseits, wie gesagt, sehr gewagt ausgerechnet in den Bereich der dissoziativen Persönlichkeitsstörung (multiple Persönlichkeitsstörung) zu gehen, andererseits vielleicht auch ziemlich clever, da gerade diese Art sehr schwierig zu diagnostizieren ist.
Nachdem an den offiziellen Gutachtern nicht zu rütteln war und diese wegen angeblicher Befangenheit nicht ausgetauscht wurden, soll es nun ein privates Gutachten der Verteidigung richten.
Die Anwälte haben einen privaten Gutachter beauftragt. Der Psychiater Dr. Thomas Schwarz aus München wird Christiane K. am 25. August in der JVA Köln besuchen, begutachten und als Zeuge vor Gericht aussagen. Wohlbemerkt: als Zeuge. Offizielle Gutachter in dem Fall sind und bleiben Professor Dr. Sabine Nowara und Professor Dr. Pedro Michael Faustmann.
Dies dürfte ein letzter Versuch sein, doch noch irgendwie in den Bereich der Schuldunfähigkeit zu kommen, die der offiziell bestellte Gutachter ja bereits in seinem vorläufigen Gutachten ausschloss.
Der Professor für Neurologie und Psychiatrie an der Ruhr-Universität Bochum hatte bereits ein vorläufiges Gutachten erstellt, demzufolge eine psychische Erkrankung bei Christiane K. auszuschließen ist. K. habe "weder ein gestörtes Selbstbild, noch liegt bei ihr eine emotionale Persönlichkeitsstörung vor", sagte Faustmann vor Gericht aus. Damit wäre die Angeklagte voll schuldfähig.
Quelle:
https://www.rtl.de/cms/solingen-prozess-gericht-zeigt-bilder-des-tatorts-nur-die-angeklagte-schaute-weg-4815893.html