monstra schrieb:Über das Leid der Opfer kann man nicht sachlich diskutieren. Das ist da und es ist höchstpersönlich. Die Opfer haben auch nichts davon, wenn ich hier schreibe "Die tun mir total leid!" Die brauchen echtes Mitgefühl, helfende Hände, finanzielle Unterstützung. Keine Frage. Aber ein Diskussionsforum für Kriminalfälle ist da der völlig falsche Ort.
Das sehe ich etwas anders. Ein Diskussionsforum für Kriminalfälle ist durchaus ein Ort, wo (auch) über Opfersicht geredet werden muss. Denn auf Dauer wird eine Gesellschaft Regeln, also Gesetze, und deren Durchsetzung durch Gerichte und Vollzugsbeamte nur akzeptieren, wenn bei der Regelsetzung die Sicht ALLER Betroffenen, für diese sichtbar, zur Kenntnis genommen worden ist. So viel Empathie hat nämlich (fast) jeder, dass er sich bei spektakulären Kriminalfällen fragt, wie er empfinden würde, wenn er oder seine Mutter oder sein Sohn das Opfer gewesen wäre, und wie da die Ahndung der Tat aussehen sollte. Bei einer Gerechtigkeitsdiskussion, die nun mal auch zu Kriminalfällen mit Strafverfahren gehört, kann die Opfersicht nicht ersatzlos unter den Tisch fallen.
Gerade bei ungeklärten Kriminalfällen, wo es nur Opfer und Angehörige, manchmal nur Angehörige, gibt, aber bisher der Aufenthaltsort des/der Vermissten bzw. kein Tätet ermittelt werden konnte, speist sich die Diskussion überdies zu einem guten Teil aus der Sicht der Angehörigen, siehe die Fälle Madeleine McCann, Inga Gehricke, Rebecca Reusch. Ließe man diese Sicht weg, wäre das das Ende so mancher Diskussion hier bei allmy.
Das heißt natürlich nicht, dass die Opfer von Straftaten über die Art und die Höhe der Strafe für den Täter bestimmen sollen. Aber man muss nicht nur Tätern, sondern auch ihren Opfern, so gesehen der gesamten interessierten Bevölkerung, zu erklären bzw. zu vermitteln versuhen, warum im Fall der Verurteilung eines Täters diese Strafe sinnvoll und angemessen ist (oder auch nicht). Solche Antworten bzw. Diskussionsmöglichkeiten kann den Opfern weder der Weiße Ring noch eine andere Art der Opferhilfe bieten, so wertvoll und notwendig die dort geleistete Arbeit und staatliche Gelder für diese Zwecke sind.