GigiNazionale schrieb:Zwei Dinge möchte ich hierbei nochmal ansprechen. Wäre Curtis nach der Geburt in liebevolle und verantwortungsvolle Hände gekommen, dann wäre er doch niemals zu diesem Problemhund geworden. Oder sieht das jemand hier anders und würde mir das erläutern?
Ich denke da sind wir uns alle einig. Vielleicht wäre er trotzdem aufgrund seiner charakterlichen Anlagen kein einfacher Hund, wäre er aber nicht so trainiert worden und vernünftig sozialisiert, erzigen etc. halte ich die Wahrscheinlichkeit für ein derartiges Unglück wirklich für im Promillebereich.
GigiNazionale schrieb:, aber ist es vollkommen ausgeschlossen, dass man einen Hund wie Curtis wirklich "nie wieder" so umerziehen könnte, dass er sein bereits erlerntes Fehlverhalten und seine Aggressionen verliert?
Curtis zeigt keine Aggression. Das wäre tatsächlich noch "einfacher". Curtis zeigt ein übersteigertes Beutefangverhalten. Die jadliche motivation liegt (allen!) Terriern im Blut, bei Curtis wurde dies leider noch extrem verstärkt und hat sich außerdem noch verselbständigt.
Und leider ist kaum etwas so schwer zu korrigieren wie selbstbelohnendes Verhalten (was Beutefang ist). Die Hunde geraten in einen regelrechten Adrenalinrausch. Und werden wenn das so exessiv betrieben wird auch praktisch süchtig danach. Und dann ist es wohl wie bei einem Junkie oder Alkoholiker.... Curtis weiß wie er dazu kommt... mit "in irgendwas" reinbeißen... und da ist ihm halt leider auch egal wenns ein Mensch ist...
Ich denke ich fachkundigen Händen könnte Curtis ohne große Probleme geführt werden. Mit entsprechender Sachkunde, Sicherung, Vorausschätzung und Reaktiionsschnelle, jemand der schnell sieht wenn der Hund switcht.
Aber es würde weiterhin ein gefährliches Unterfangen bleiben, da trotzdem einige Schwierigkeiten bleiben. Aggressionen wären z.B. "einfacher" da sie sozial motiviert sind. Und Hund normalerweise einer gewissen Eskalationsstufe Folgen (von Drohungen bis hin zu körperlichen Aktionen). Es kann zwar passieren dass Hunde extrem schnell in der Steigerung sind oder einige Stufen auslassen (wenn sie z.B. gelernt haben dass sie nichts bringen wie bei manchen Hunden denen verboten wurde zu knurren), dennoch finden sich meist eindeutige Hinweise dass es jetzt kippt (z.B. der Hund wird steifer etc.)- Aggression dient zur sozialen INTERAKTION. Es findet ein Informationsaustausch statt.
Beutefangverhalten nicht. Die Beute ist ein "Objekt". Mit Beute kommuniziert man nicht. Man will sie ja auch nicht warnen.
Nicht dass Curtis dachte er will Elisa "erlegen", aber das Verhalten was er gezeigt hat kommt aus diesem Spektrum.
So extrem selbstbelohnendes Verhalten ist extrem schwierig - ich behaupte gar nicht - aus dem Hund wieder raus zu kriegen. Was man machen könnte, wäre es zu überdecken mit anderen Verknüpfungen (z.B. negativen Verknüpfungen) oder Strategien zu entwickeln ihn bevor er da reinkommt "abzulenken". Aber es würde da bleiben, auch wenn er es nicht zeigt.
Ich finde man kann es gut mit einem Straßensystem vergleichen. Man darf nicht vergessen: Curtis war sehr jung als er mit diesem Training anfing, leider zu einer sehr prägenden Zeit.
Unser Nervensystem und auch unsere Gedankenwelt und Handlungen sind wie eine Straße. Wird diese immer wieder befahren (das Verhalten immer wieder ausgeführt/abgefragt) wird die Straße aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens immer weiter ausgebaut. Am Anfang waren alles kleinen Landstraßen, nun wird diese aber zur Vierspurigen Autobahn ausgebaut. Man ist damit auch viel schneller am Ziel! Und man sieht die Straße bereits von weitem!
Die Autobahn ist diese übertriebene Beißfixierung.
Was kann ich jetzt tun? Ich kann eine Umgehungsstraße bauen. (Alternativverhalten aufbauen, Strategien entwickeln)
Und versuche die auch so intensiv zu befahren (das neue Verhalten immer wieder zu fördern, z.B. Impulskontrolle, Curtis darf nicht mehr ungefragt in Bälle beißen), damit die auch zur Autobahn wird (und normal wird).
Vor die andere Autobahn, die die ich nicht mehr will (und die geht gerade aus), da stelle ich ein Schild auf, nach links abbiegen. Damit er richtig abbiegt. Mein Ziel ist es dass die alte Autobahn 0 Verkehraufkommen hat (das Verhalten soll so nie wieder ausgeführt werden). In der Hoffnung dass die Autobahn dann verkommt, da Schlaglöcher entstehen und die zuwuchert. (die Frequenz, der Drang und Intensität abnimmt das ungewollte Verhalten zu zeigen)
Aber egal wie zugewuchert die ist, auch wenn man sie irgendwann kaum noch erkennen kann: sie ist noch da.
Wenn er mit zuviel Geschwindigkeit fahren würde (z.B. in eine zu hohe Erregungslage kommt), dann kann es sein dass er die Abbiegung verpasst, das Schild übersieht und wieder auf der alten Autobahn landet.
Würde ich die alte Autobahn abbreißen wollen, dann müsste ich einen Bagger nehmen. Und dann würde ich den Hund kaputt machen (was tierschutzwridig ist). Dann müsste ich ganz Elementare Dinge beim Hund zerstören. Was Missbrauch ist.
Daher denke ich dass leider die beste Alternative für Curtis die Euthanasie ist. So traurig es auch um so ein junges Tier ist das nur das gemacht hat was ihm beigebracht wurde. Curtis ist ein Opfer.