dike schrieb:Lt dem auf Seite 9 eingestellten link
https://rp-online.de/nrw/panorama/bonn-camperin-in-siegaue-vergewaltigt-anklage-erhoben_aid-18026801
hatte der Täter am Tatabend eine Decke dabei (um darauf zu schlafen?), ferner eine Astsäge, mit der er das Zelt der Opfer aufschlitzte. Er ging an jenem Abend also, entsprechend bewaffnet, los in der Absicht, schwere räuberische Erpressung zu begehen. Beim Entdecken des Zeltes kann er kaum gewusst haben, dass sich darin eine "verwahrloste" Frau befindet. Er griff die Camper an und zerstörte ihr Zelt in der Absicht, sie auszurauben.
Lange Rede kurzer Sinn. Das neue Gutachten scheint mir die ursprüngliche räuberische Absicht des Täters und damit die Umstände, die zur Feststellung führten, dass ein Pärchen in dem Zelt schlief, völlig zu übergehen. "Er hätte die Tat (Vergewaltigung) begehen oder es auch sein lassen können." Das liest sich so, als hätte dèr Täter quasi gewürfelt und mehr zufällig sich dafür entschieden, dass er Sex wollte. Ich meine mich zu erinnern, im neuen Gutachten sei gar vom "Fehlen eines Motivs" die Rede. Korrigiert mich, wenn ich falsch liege.
Eigentlich hatte er aber wohl Opfer für einen Raubüberfall gesucht und sich dafür "ausgerüstet". Und das hat nunmal nichts mit narzisstischen Tendenzen, Persönlichkeitsstörung oder fraglicher Unzurechnungsfähigkeit zu tun. Sondern mit einem eiskalten Plan eine (oder mehrere) Straftaten zu begehen. Mit jeder Menge krimineller Energie also.
Die Astsäge hatte er erst kurz davor am gleichen Abend ebenfalls geklaut, und zwar mitsamt einem Rucksack, in dem sie sich befand, wohl ohne sich den Inhalt dieses Rucksacks vorher überhaupt erstmal näher anzuschauen. Insofern ist er mitnichten "entsprechend bewaffnet los [gegangen] in der Absicht, schwere räuberische Erpressung zu begehen", wie Du schreibst.
Vielmehr befand er sich auf einer allgemeinen Streiftour durch die Gegend, auf der Suche nach Gelegenheiten, um sich möglichst risikolos irgendwelche Vorteile zu verschaffen. Diebstahl, Raub oder eben auch Vergewaltigung - der Typ scheint einfach eine sehr hohe kriminelle Energie zu haben, gepaart mit einer ausgesprochenen Empathielosigkeit und einer schwer asozialen Grundhaltung, vermutlich auch gespeist durch eine archaische Sozialisation mit ausgeprägt sexistischen Zügen.
Insofern übergeht das neue Gutachten mitnichten eine ursprüngliche, spezielle Motivlage ("räuberische Absicht", wie Du es benennst) - er hatte schlicht keine konkrete Motivlage, er war einfach unterwegs, mitellos und desperat (u.A. wegen seines kurz zuvor abgelehnten Asylantrags) und wollte sich in irgendeiner Form bereichern und vermutlich auch "an der Welt rächen", von der er sich ständig benachteiligt fühlt.
Das macht alles fast noch schlimmer, finde ich: Der Mann ist eine tickende Zeitbombe, fühlt sich extrem gedemütigt und sieht die Schuld dafür nur bei der Gesellschaft, ist vollkommen rücksichtslos und voller kulturbedingter Dünkel gegenüber Frauen und Personen, die er als sozial niedrigstehender wahrnimmt.
Das von Dir inkriminierte Zitat der Gutachterin "Er hätte die Tat (Vergewaltigung) begehen oder es auch sein lassen können" soll natürlich
nicht bedeuten, daß er sich wie durch würfeln zufällig für die eine oder die andere Tat entschieden hätte. Gemeint ist, daß er nicht durch einen unabwendbaren, inneren Trieb dazu gezwungen wurde zu vergewaltigen (was dann eine verminderte Steuerungsfähigkeit = verminderte Schuldfähigkeit bedeutet hätte), sondern daß er jederzeit willentlich von der Tat hätte ablassen können.
Er wollte jedoch nicht davon ablassen, sondern hat sich bewußt für die Vergewaltigung entschieden und ist daher mit der vollen Härte des Gesetzes zu bestrafen, ohne Schuldminderung.
Hier wird genau das Gegenteil von dem ausgesagt, was Du der Gutachterin in den Mund legen wolltest.
dike schrieb:Korrigiert mich, wenn ich falsch liege.
Das mußte ich jetzt leider hiermit tun! Im Endeffekt schätzt das Gutachten Eric X aber genauso ein wie Du: Keine Person mit Persönlichkeitsstörung und daraus folgender Unzurechnungsfähigkeit, sondern ein Täter mit enormer krimineller Energie und hoher Gefährlichkeit. Nur den argumentativen Weg dorthin hast Du falsch interpretiert.